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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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Judas ein vngetreuer Jünger/
von einem Advocaten/ welcher vil Jahr manchen vnbill i-
chen Handl defendirt vnnd gerechtfertiget. Diser gienge
einmahls auß der Statt/ in seinen vnfern entlegenen
Mayrhoff spatzieren. Gleich aber ausser der Statt-Por-
ten gesellet sich der Teuffel zu ihm/ als ein Raiß-Gespann/
welche Beglaitschafft dem Herrn Doctor gar nit wolte
gefallen. Etwann hat ihm schon der nagende Gwissens-
Wurm/ wegen seiner manigfaltigen begangenen Unbillich-
keiten/ das Hertz gezwicket/ in deme dise ihren Weeg also
fortgenommen/ so ist ihme ein Baur begegnet/ welcher
ein grosses Mästschwein an einem Strick führete/ ver-
muthlich auff den Marckt/ weilen aber diser faiste Speck-
Wuest nit wolte gehen/ so hat der Baur hierüber er-
zürnet/ vnd in den gewöhnlichen Fluech außgebrochen/
gehe/ daß dich der Teuffel holl! der Advocat wend
sich vnverzüglich zum Teuffel/ den er gern von der Seyten
hätte Allo! Teuffel dise Sau gehört dir zu/ warumben
hollest du sie nit? nein/ nein spricht der Schwartze/ er
maints nit von Hertzen/ der Baur hats nur auß Zorn
geredet. Zum andern/ acht ich nicht vil das schweinerne
Fleisch/ meine beste Bißl seynd die Seelen. Wie sie nun
weiter fortgangen/ so treffen sie ein Mutter an vor der
Haußthür/ welche ihrem Kind die Haar außkamplet/
vnd weilen solches kleine Büberl den Kampl/ rauffens hal-
ber/ waigerte/ hat die Mutter auß Ungedult auffgeschryen.
Halt du Fratz/ daß dich der Teuffel holl! Wor-
auff der Doctor mehrmahlen den Teuffel angeredet.
Warumben er doch das Kind nicht nemme? da hab er ein
Seel zum besten. Hat sich wol nemmen/ sagt darauff der
saubere Camerad/ diß ist nur ein gemainer Mutter-Fluch/
es ist ihr bey weiten nicht also vmbs Hertz: beynebens ist
das Kind vnschuldig/ vnd hab ich kein Gwalt zu ihm. End-

lich
R r 2

Judas ein vngetreuer Juͤnger/
von einem Advocaten/ welcher vil Jahr manchen vnbill i-
chen Handl defendirt vnnd gerechtfertiget. Diſer gienge
einmahls auß der Statt/ in ſeinen vnfern entlegenen
Mayrhoff ſpatzieren. Gleich aber auſſer der Statt-Por-
ten geſellet ſich der Teuffel zu ihm/ als ein Raiß-Geſpann/
welche Beglaitſchafft dem Herꝛn Doctor gar nit wolte
gefallen. Etwann hat ihm ſchon der nagende Gwiſſens-
Wurm/ wegen ſeiner manigfaltigen begangenen Unbillich-
keiten/ das Hertz gezwicket/ in deme diſe ihren Weeg alſo
fortgenommen/ ſo iſt ihme ein Baur begegnet/ welcher
ein groſſes Maͤſtſchwein an einem Strick fuͤhrete/ ver-
muthlich auff den Marckt/ weilen aber diſer faiſte Speck-
Wueſt nit wolte gehen/ ſo hat der Baur hieruͤber er-
zuͤrnet/ vnd in den gewoͤhnlichen Fluech außgebrochen/
gehe/ daß dich der Teuffel holl! der Advocat wend
ſich vnverzuͤglich zum Teuffel/ den er gern von der Seyten
haͤtte Allo! Teuffel diſe Sau gehoͤrt dir zu/ warumben
holleſt du ſie nit? nein/ nein ſpricht der Schwartze/ er
maints nit von Hertzen/ der Baur hats nur auß Zorn
geredet. Zum andern/ acht ich nicht vil das ſchweinerne
Fleiſch/ meine beſte Bißl ſeynd die Seelen. Wie ſie nun
weiter fortgangen/ ſo treffen ſie ein Mutter an vor der
Haußthuͤr/ welche ihrem Kind die Haar außkamplet/
vnd weilen ſolches kleine Buͤberl den Kampl/ rauffens hal-
ber/ waigerte/ hat die Mutter auß Ungedult auffgeſchryen.
Halt du Fratz/ daß dich der Teuffel holl! Wor-
auff der Doctor mehrmahlen den Teuffel angeredet.
Warumben er doch das Kind nicht nemme? da hab er ein
Seel zum beſten. Hat ſich wol nemmen/ ſagt darauff der
ſaubere Camerad/ diß iſt nur ein gemainer Mutter-Fluch/
es iſt ihr bey weiten nicht alſo vmbs Hertz: beynebens iſt
das Kind vnſchuldig/ vnd hab ich kein Gwalt zu ihm. End-

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[315/0351] Judas ein vngetreuer Juͤnger/ von einem Advocaten/ welcher vil Jahr manchen vnbill i- chen Handl defendirt vnnd gerechtfertiget. Diſer gienge einmahls auß der Statt/ in ſeinen vnfern entlegenen Mayrhoff ſpatzieren. Gleich aber auſſer der Statt-Por- ten geſellet ſich der Teuffel zu ihm/ als ein Raiß-Geſpann/ welche Beglaitſchafft dem Herꝛn Doctor gar nit wolte gefallen. Etwann hat ihm ſchon der nagende Gwiſſens- Wurm/ wegen ſeiner manigfaltigen begangenen Unbillich- keiten/ das Hertz gezwicket/ in deme diſe ihren Weeg alſo fortgenommen/ ſo iſt ihme ein Baur begegnet/ welcher ein groſſes Maͤſtſchwein an einem Strick fuͤhrete/ ver- muthlich auff den Marckt/ weilen aber diſer faiſte Speck- Wueſt nit wolte gehen/ ſo hat der Baur hieruͤber er- zuͤrnet/ vnd in den gewoͤhnlichen Fluech außgebrochen/ gehe/ daß dich der Teuffel holl! der Advocat wend ſich vnverzuͤglich zum Teuffel/ den er gern von der Seyten haͤtte Allo! Teuffel diſe Sau gehoͤrt dir zu/ warumben holleſt du ſie nit? nein/ nein ſpricht der Schwartze/ er maints nit von Hertzen/ der Baur hats nur auß Zorn geredet. Zum andern/ acht ich nicht vil das ſchweinerne Fleiſch/ meine beſte Bißl ſeynd die Seelen. Wie ſie nun weiter fortgangen/ ſo treffen ſie ein Mutter an vor der Haußthuͤr/ welche ihrem Kind die Haar außkamplet/ vnd weilen ſolches kleine Buͤberl den Kampl/ rauffens hal- ber/ waigerte/ hat die Mutter auß Ungedult auffgeſchryen. Halt du Fratz/ daß dich der Teuffel holl! Wor- auff der Doctor mehrmahlen den Teuffel angeredet. Warumben er doch das Kind nicht nemme? da hab er ein Seel zum beſten. Hat ſich wol nemmen/ ſagt darauff der ſaubere Camerad/ diß iſt nur ein gemainer Mutter-Fluch/ es iſt ihr bey weiten nicht alſo vmbs Hertz: beynebens iſt das Kind vnſchuldig/ vnd hab ich kein Gwalt zu ihm. End- lich R r 2

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/351>, abgerufen am 22.11.2024.