Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.Deß Judae Barth/ Pfarr-Herrn begeben/ allwo er sein schuldige Andacht ver-richt. Aber sihe! wie Gott für solche Spöttler so bald ein scharpffe Laug siedet. Als obbenandter Gestrenger Herr Frantz Ramirez von dem Altar hinweg geht/ ver- merckt er einen vnverhofften Schmertzen in seinem An- sicht/ vnd gedunckt ihm/ als wolt sich auch sein Nasen auffbläen/ weilen er ohne das im Gemüth ein auffgeblas- sener Mensch ware. Vnd als er derenthalben an die Na- sen gegriffen/ hat er alsbald gespüret/ daß die gantze Hand voll mit Nasen/ nimbt auch beynebens wahr/ daß andere Umbstehende ihn gar seltzam anschauen/ auch seiner nit wenig lachten/ welches ihme dann ein gnugsamen Anlaß geben nacher Hauß zueillen/ wo selbst er gleich den Spie- gel vmb Rath gefragt/ welcher ihme dann ohne Scheu das schändliche/ das rothe/ das mit rothen Rubin versetz- te Angesicht deß Pfarrherrns vorgestellet/ vnd zwar so ei- gentlich/ daß man die Copey von dem Original nicht vn- terschaiden kunte. Diß hat dem guten Spanischen Jun- cker dermassen das Hertz getroffen/ daß er hierüber rödt- lich erkranckte/ vnd innerhalb acht Tagen mit sonderer Gonsalez Fernandez de Ovie- do.Reu seines begangenen Freffels/ nach deme er die heilige Sacramenta vom besagten Pfarrherrn empfangen/ das Leben gelassen. In deme du mein Spöttler vnd Beschnar- cher zulehrnen hast/ daß man keinen Menschen wegen sei- ner Vngestalt außhönnen soll: weilen so wol vnder die Geschöpff der Göttlichen Hand gehöret/ als ein schöner/ gerader/ vnd wolgeschaffener Absalon. Uber das/ so must du auß der Schaid nicht allzeit den Degen urtlen: wie offt ist in einer schlechten zerrissenen Schaid ein ansehliche Klingen. Es ist wol öffter ein schöner Schatz in einer höl- tzernen Druchen; es ist wol öffter ein Speck vnder dem Kraut: es ist wol öffter ein stattliches Buch in einem schlechten Einbund: es seynd wol öffter gut gewichtige Duca-
Deß Judæ Barth/ Pfarꝛ-Herꝛn begeben/ allwo er ſein ſchuldige Andacht ver-richt. Aber ſihe! wie Gott fuͤr ſolche Spoͤttler ſo bald ein ſcharpffe Laug ſiedet. Als obbenandter Geſtrenger Herꝛ Frantz Ramirez von dem Altar hinweg geht/ ver- merckt er einen vnverhofften Schmertzen in ſeinem An- ſicht/ vnd gedunckt ihm/ als wolt ſich auch ſein Naſen auffblaͤen/ weilen er ohne das im Gemuͤth ein auffgeblaſ- ſener Menſch ware. Vnd als er derenthalben an die Na- ſen gegriffen/ hat er alsbald geſpuͤret/ daß die gantze Hand voll mit Naſen/ nimbt auch beynebens wahr/ daß andere Umbſtehende ihn gar ſeltzam anſchauen/ auch ſeiner nit wenig lachten/ welches ihme dann ein gnugſamen Anlaß geben nacher Hauß zueillen/ wo ſelbſt er gleich den Spie- gel vmb Rath gefragt/ welcher ihme dann ohne Scheu das ſchaͤndliche/ das rothe/ das mit rothen Rubin verſetz- te Angeſicht deß Pfarꝛherꝛns vorgeſtellet/ vnd zwar ſo ei- gentlich/ daß man die Copey von dem Original nicht vn- terſchaiden kunte. Diß hat dem guten Spaniſchen Jun- cker dermaſſen das Hertz getroffen/ daß er hieruͤber roͤdt- lich erkranckte/ vnd innerhalb acht Tagen mit ſonderer Gonſalez Fernandez de Ovie- do.Reu ſeines begangenen Freffels/ nach deme er die heilige Sacramenta vom beſagten Pfarꝛherꝛn empfangen/ das Leben gelaſſen. In deme du mein Spoͤttler vnd Beſchnar- cher zulehrnen haſt/ daß man keinen Menſchen wegen ſei- ner Vngeſtalt außhoͤnnen ſoll: weilen ſo wol vnder die Geſchoͤpff der Goͤttlichen Hand gehoͤret/ als ein ſchoͤner/ gerader/ vnd wolgeſchaffener Abſalon. Uber das/ ſo muſt du auß der Schaid nicht allzeit den Degen urtlen: wie offt iſt in einer ſchlechten zerriſſenen Schaid ein anſehliche Klingen. Es iſt wol oͤffter ein ſchoͤner Schatz in einer hoͤl- tzernen Druchen; es iſt wol oͤffter ein Speck vnder dem Kraut: es iſt wol oͤffter ein ſtattliches Buch in einem ſchlechten Einbund: es ſeynd wol oͤffter gut gewichtige Duca-
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Deß Judæ Barth/
Pfarꝛ-Herꝛn begeben/ allwo er ſein ſchuldige Andacht ver-
richt. Aber ſihe! wie Gott fuͤr ſolche Spoͤttler ſo bald ein
ſcharpffe Laug ſiedet. Als obbenandter Geſtrenger
Herꝛ Frantz Ramirez von dem Altar hinweg geht/ ver-
merckt er einen vnverhofften Schmertzen in ſeinem An-
ſicht/ vnd gedunckt ihm/ als wolt ſich auch ſein Naſen
auffblaͤen/ weilen er ohne das im Gemuͤth ein auffgeblaſ-
ſener Menſch ware. Vnd als er derenthalben an die Na-
ſen gegriffen/ hat er alsbald geſpuͤret/ daß die gantze Hand
voll mit Naſen/ nimbt auch beynebens wahr/ daß andere
Umbſtehende ihn gar ſeltzam anſchauen/ auch ſeiner nit
wenig lachten/ welches ihme dann ein gnugſamen Anlaß
geben nacher Hauß zueillen/ wo ſelbſt er gleich den Spie-
gel vmb Rath gefragt/ welcher ihme dann ohne Scheu
das ſchaͤndliche/ das rothe/ das mit rothen Rubin verſetz-
te Angeſicht deß Pfarꝛherꝛns vorgeſtellet/ vnd zwar ſo ei-
gentlich/ daß man die Copey von dem Original nicht vn-
terſchaiden kunte. Diß hat dem guten Spaniſchen Jun-
cker dermaſſen das Hertz getroffen/ daß er hieruͤber roͤdt-
lich erkranckte/ vnd innerhalb acht Tagen mit ſonderer
Reu ſeines begangenen Freffels/ nach deme er die heilige
Sacramenta vom beſagten Pfarꝛherꝛn empfangen/ das
Leben gelaſſen. In deme du mein Spoͤttler vnd Beſchnar-
cher zulehrnen haſt/ daß man keinen Menſchen wegen ſei-
ner Vngeſtalt außhoͤnnen ſoll: weilen ſo wol vnder die
Geſchoͤpff der Goͤttlichen Hand gehoͤret/ als ein ſchoͤner/
gerader/ vnd wolgeſchaffener Abſalon. Uber das/ ſo muſt
du auß der Schaid nicht allzeit den Degen urtlen: wie offt
iſt in einer ſchlechten zerriſſenen Schaid ein anſehliche
Klingen. Es iſt wol oͤffter ein ſchoͤner Schatz in einer hoͤl-
tzernen Druchen; es iſt wol oͤffter ein Speck vnder dem
Kraut: es iſt wol oͤffter ein ſtattliches Buch in einem
ſchlechten Einbund: es ſeynd wol oͤffter gut gewichtige
Duca-
Gonſalez
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