Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch]
Theils schütteln Flammen ab/ und drohen Die Venus.
[Spaltenumbruch]
EHe ich die Bildnus der Venus beschreibe/ habe ich vor nöhtig erachtet/ ihre Natur mit wenigen abzubilden/ um dardurch die Ursach derer Dinge Venus/ Göttin der Geilheit. zu verstehen/ worvon wir weiter unten reden wollen. Es wurde aber die Venus für eine Göttin der unreinen Lust und Geilheit gehalten/ gleich als ob sie die PLATTE Z. Geilheit und unreine Gedancken den menschlichen Gemütern einpflantze/ und ihnen/ selbige ins Werck zu setzen/ behülfflich wäre. Daher die Alten gedichtet/ sie sey deß Amors Mutter/ weil nemlich nimmermehr ein Mann sich mit einem Weibe verbindet ohne Zuthun desselben. Diese haben die Alten/ nebenst dem Hymenaeus und der Juno/ den Hochzeit-Begängnüssen vorgesetzt/ weil selbige deßwegen vollzogen werden/ damit aus dem Beyschlaff[Spaltenumbruch] der Ehesegen und Kinder folgen mögen. Ja man hielte auch darfür/ daß die Schönheit in der Venus Gewalt stünde/ die sie geben oder nehmen könnte nach eigenem Belieben. Diese ist/ nach Aussag der Naturkündiger/ in allen lebendigen Creaturen die eingepflantzte Krafft/ wordurch sie zur Fortpflantzung angetrieben werden. Dannenhero diejenige so darfür halten/ daß unsere Seele vom Himmel in den Leib komme/ und aus jedweder Himmels-Kugel mancherley Affecten an sich nehme/ sagen/ sie bekomme von der Venus die Lust und Begierde zur fleischlichen Vermischung. Andere aber/ so die Fabeln auf natürliche Dinge ziehen/ geben vor/ die Venus/ Juno/ Luna/ Proserpina/ Diana und etliche andere Göttinnen seyen eine einige göttliche Macht/ die unter mancherley Namen verschiedene Kräfften vorbilde/ inmassen allhier aus [Spaltenumbruch]
Theils schütteln Flammen ab/ und drohen Die Venus.
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EHe ich die Bildnus der Venus beschreibe/ habe ich vor nöhtig erachtet/ ihre Natur mit wenigen abzubilden/ um dardurch die Ursach derer Dinge Venus/ Göttin der Geilheit. zu verstehen/ worvon wir weiter unten reden wollen. Es wurde aber die Venus für eine Göttin der unreinen Lust und Geilheit gehalten/ gleich als ob sie die PLATTE Z. Geilheit und unreine Gedancken den menschlichen Gemütern einpflantze/ und ihnen/ selbige ins Werck zu setzen/ behülfflich wäre. Daher die Alten gedichtet/ sie sey deß Amors Mutter/ weil nemlich nimmermehr ein Mann sich mit einem Weibe verbindet ohne Zuthun desselben. Diese haben die Alten/ nebenst dem Hymenaeus und der Juno/ den Hochzeit-Begängnüssen vorgesetzt/ weil selbige deßwegen vollzogen werden/ damit aus dem Beyschlaff[Spaltenumbruch] der Ehesegen und Kinder folgen mögen. Ja man hielte auch darfür/ daß die Schönheit in der Venus Gewalt stünde/ die sie geben oder nehmen könnte nach eigenem Belieben. Diese ist/ nach Aussag der Naturkündiger/ in allen lebendigen Creaturen die eingepflantzte Krafft/ wordurch sie zur Fortpflantzung angetrieben werden. Dannenhero diejenige so darfür halten/ daß unsere Seele vom Himmel in den Leib komme/ und aus jedweder Himmels-Kugel mancherley Affecten an sich nehme/ sagen/ sie bekomme von der Venus die Lust und Begierde zur fleischlichen Vermischung. Andere aber/ so die Fabeln auf natürliche Dinge ziehen/ geben vor/ die Venus/ Juno/ Luna/ Proserpina/ Diana und etliche andere Göttinnen seyen eine einige göttliche Macht/ die unter mancherley Namen verschiedene Kräfften vorbilde/ inmassen allhier aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="d1535.1"> <lg> <pb facs="#f0278" xml:id="pb-1550" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 184"/> <cb/> <l>Theils schütteln Flammen ab/ und drohen<lb/> Feuergüsse</l><lb/> <l>von ihrer Fackeln Bech/ aufdaß er un-<lb/> tergeh/</l><lb/> <l>die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3713 http://d-nb.info/gnd/130251801 http://viaf.org/viaf/70031808">Myrrha</persName> schneidet ihr den Bauch/ und<lb/> wirfft den Armen</l><lb/> <l>mit Agdstein von dem Stock/ der theu-<lb/> re Thrähnen schwitzt;</l><lb/> <l>theils stellen sich/ als ob sie hätten ein Er-<lb/> barmen/</l><lb/> <l>nur daß ihm ihre Rach recht in die Au-<lb/> gen blitzt;</l><lb/> <l>theils stechen ihn so an/ daß ihn die Spitz<lb/> soll ritzen/</l><lb/> <l>daher von dessen Blut die zarte Ros<lb/> entsteht.</l><lb/> <l>Theils liessen ihm/ zu Trutz/ selbst seine<lb/> Fackel hitzen.</l><lb/> <l>Auch seine Mutter/ die in gleicher Straf-<lb/> fe geht/</l><lb/> <l>die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-126 http://d-nb.info/gnd/11876800X http://viaf.org/viaf/30332680">Venus</persName> kommet an/ und hülffet Zorn<lb/> entzünden</l><lb/> <l>der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3508 http://d-nb.info/gnd/118694332 http://viaf.org/viaf/59878509">Plag-Göttinnen</persName> Hertz. 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Dannenhero diejenige so darfür halten/ daß unsere Seele vom Himmel in den Leib komme/ und aus jedweder Himmels-Kugel mancherley Affecten an sich nehme/ sagen/ sie bekomme von der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-126 http://d-nb.info/gnd/11876800X http://viaf.org/viaf/30332680">Venus</persName> die Lust und Begierde zur fleischlichen Vermischung. Andere aber/ so die Fabeln auf natürliche Dinge ziehen/ geben vor/ die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-126 http://d-nb.info/gnd/11876800X http://viaf.org/viaf/30332680">Venus</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-100 http://d-nb.info/gnd/118800574 http://viaf.org/viaf/47558229">Juno</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3295 http://d-nb.info/gnd/118634615 http://viaf.org/viaf/45095692">Luna</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-341 http://d-nb.info/gnd/11851122X http://viaf.org/viaf/25393445">Proserpina</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-60 http://d-nb.info/gnd/118678132 http://viaf.org/viaf/806296">Diana</persName> und etliche andere Göttinnen seyen eine einige göttliche Macht/ die unter mancherley Namen verschiedene Kräfften vorbilde/ inmassen allhier aus </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [TA 1680, Iconologia Deorum, S. 184/0278]
Theils schütteln Flammen ab/ und drohen
Feuergüsse
von ihrer Fackeln Bech/ aufdaß er un-
tergeh/
die Myrrha schneidet ihr den Bauch/ und
wirfft den Armen
mit Agdstein von dem Stock/ der theu-
re Thrähnen schwitzt;
theils stellen sich/ als ob sie hätten ein Er-
barmen/
nur daß ihm ihre Rach recht in die Au-
gen blitzt;
theils stechen ihn so an/ daß ihn die Spitz
soll ritzen/
daher von dessen Blut die zarte Ros
entsteht.
Theils liessen ihm/ zu Trutz/ selbst seine
Fackel hitzen.
Auch seine Mutter/ die in gleicher Straf-
fe geht/
die Venus kommet an/ und hülffet Zorn
entzünden
der Plag-Göttinnen Hertz. Sie häuffet
seine That/
durch ihr erwiesnen Schimpf: dieweil er
einst zu binden
ans Bett sie und den Mars (wie frech?)
geholffen hat.
Er hat die Schuld/ sprach sie/ daß Priap
aller Orten
mit seiner grossen Schaam/ und Eryx
werd verlacht/
wie auch Hermaphrodit. Doch bleibt es
nicht bey Worten/
zur Straff der Anfang wird durch Ro-
senkräntz gemacht.
Indem die Venus nun anhält mit ihren
Schlägen/
so rinnt der rote Safft dem Knaben aus
der Seit.
Diß hart Verfahren kunnt die Heldinnen
bewegen/
daß sie ein scheel Gesicht gelegt in diesen
Streit:
Die Rache schien so groß/ daß man sie schul-
dig fande;
drum legt man Vorbitt ein/ zu Amors
grossem Glück/
und jede Heldin ihn ohn alle Schuld er-
kannte/
die gantze Schuld deß Tods bracht man
auf das Geschick.
Drauf Venus sagte Danck/ und ließ den
Frieden schaffen.
So geht es bey der Nacht/ so wird die
Ruh verstört/
so wird sie zugebracht. Diß sieht man in
dem Schlaffen.
Als nun so Amors Sorg wurd durch die
Nacht gemehrt/
floh er davon/ und da die Wach ihn wollt
bescheinen/
schwang er zun Göttern sich durchs Thor
von Helffenbeinen.
Die Venus.
EHe ich die Bildnus der Venus beschreibe/ habe ich vor nöhtig erachtet/ ihre Natur mit wenigen abzubilden/ um dardurch die Ursach derer Dinge zu verstehen/ worvon wir weiter unten reden wollen. Es wurde aber die Venus für eine Göttin der unreinen Lust und Geilheit gehalten/ gleich als ob sie die Geilheit und unreine Gedancken den menschlichen Gemütern einpflantze/ und ihnen/ selbige ins Werck zu setzen/ behülfflich wäre. Daher die Alten gedichtet/ sie sey deß Amors Mutter/ weil nemlich nimmermehr ein Mann sich mit einem Weibe verbindet ohne Zuthun desselben. Diese haben die Alten/ nebenst dem Hymenaeus und der Juno/ den Hochzeit-Begängnüssen vorgesetzt/ weil selbige deßwegen vollzogen werden/ damit aus dem Beyschlaff
der Ehesegen und Kinder folgen mögen. Ja man hielte auch darfür/ daß die Schönheit in der Venus Gewalt stünde/ die sie geben oder nehmen könnte nach eigenem Belieben. Diese ist/ nach Aussag der Naturkündiger/ in allen lebendigen Creaturen die eingepflantzte Krafft/ wordurch sie zur Fortpflantzung angetrieben werden. Dannenhero diejenige so darfür halten/ daß unsere Seele vom Himmel in den Leib komme/ und aus jedweder Himmels-Kugel mancherley Affecten an sich nehme/ sagen/ sie bekomme von der Venus die Lust und Begierde zur fleischlichen Vermischung. Andere aber/ so die Fabeln auf natürliche Dinge ziehen/ geben vor/ die Venus/ Juno/ Luna/ Proserpina/ Diana und etliche andere Göttinnen seyen eine einige göttliche Macht/ die unter mancherley Namen verschiedene Kräfften vorbilde/ inmassen allhier aus
Venus/ Göttin der Geilheit.
PLATTE Z.
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