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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] Theils schütteln Flammen ab/ und drohen
Feuergüsse

von ihrer Fackeln Bech/ aufdaß er un-
tergeh/

die Myrrha schneidet ihr den Bauch/ und
wirfft den Armen

mit Agdstein von dem Stock/ der theu-
re Thrähnen schwitzt;

theils stellen sich/ als ob sie hätten ein Er-
barmen/

nur daß ihm ihre Rach recht in die Au-
gen blitzt;

theils stechen ihn so an/ daß ihn die Spitz
soll ritzen/

daher von dessen Blut die zarte Ros
entsteht.

Theils liessen ihm/ zu Trutz/ selbst seine
Fackel hitzen.

Auch seine Mutter/ die in gleicher Straf-
fe geht/

die Venus kommet an/ und hülffet Zorn
entzünden

der Plag-Göttinnen Hertz. Sie häuffet
seine That/

durch ihr erwiesnen Schimpf: dieweil er
einst zu binden

ans Bett sie und den Mars (wie frech?)
geholffen hat.

Er hat die Schuld/ sprach sie/ daß Priap
aller Orten

mit seiner grossen Schaam/ und Eryx
werd verlacht/

wie auch Hermaphrodit. Doch bleibt es
nicht bey Worten/

zur Straff der Anfang wird durch Ro-
senkräntz gemacht.

[Spaltenumbruch] Indem die Venus nun anhält mit ihren
Schlägen/

so rinnt der rote Safft dem Knaben aus
der Seit.

Diß hart Verfahren kunnt die Heldinnen
bewegen/

daß sie ein scheel Gesicht gelegt in diesen
Streit:

Die Rache schien so groß/ daß man sie schul-
dig fande;

drum legt man Vorbitt ein/ zu Amors
grossem Glück/

und jede Heldin ihn ohn alle Schuld er-
kannte/

die gantze Schuld deß Tods bracht man
auf das Geschick.

Drauf Venus sagte Danck/ und ließ den
Frieden schaffen.

So geht es bey der Nacht/ so wird die
Ruh verstört/

so wird sie zugebracht. Diß sieht man in
dem Schlaffen.

Als nun so Amors Sorg wurd durch die
Nacht gemehrt/

floh er davon/ und da die Wach ihn wollt
bescheinen/

schwang er zun Göttern sich durchs Thor
von Helffenbeinen.



Die Venus. [Spaltenumbruch]

EHe ich die Bildnus der Venus beschreibe/ habe ich vor nöhtig erachtet/ ihre Natur mit wenigen abzubilden/ um dardurch die Ursach derer Dinge Venus/ Göttin der Geilheit. zu verstehen/ worvon wir weiter unten reden wollen. Es wurde aber die Venus für eine Göttin der unreinen Lust und Geilheit gehalten/ gleich als ob sie die PLATTE Z. Geilheit und unreine Gedancken den menschlichen Gemütern einpflantze/ und ihnen/ selbige ins Werck zu setzen/ behülfflich wäre. Daher die Alten gedichtet/ sie sey deß Amors Mutter/ weil nemlich nimmermehr ein Mann sich mit einem Weibe verbindet ohne Zuthun desselben. Diese haben die Alten/ nebenst dem Hymenaeus und der Juno/ den Hochzeit-Begängnüssen vorgesetzt/ weil selbige deßwegen vollzogen werden/ damit aus dem Beyschlaff[Spaltenumbruch] der Ehesegen und Kinder folgen mögen. Ja man hielte auch darfür/ daß die Schönheit in der Venus Gewalt stünde/ die sie geben oder nehmen könnte nach eigenem Belieben. Diese ist/ nach Aussag der Naturkündiger/ in allen lebendigen Creaturen die eingepflantzte Krafft/ wordurch sie zur Fortpflantzung angetrieben werden. Dannenhero diejenige so darfür halten/ daß unsere Seele vom Himmel in den Leib komme/ und aus jedweder Himmels-Kugel mancherley Affecten an sich nehme/ sagen/ sie bekomme von der Venus die Lust und Begierde zur fleischlichen Vermischung. Andere aber/ so die Fabeln auf natürliche Dinge ziehen/ geben vor/ die Venus/ Juno/ Luna/ Proserpina/ Diana und etliche andere Göttinnen seyen eine einige göttliche Macht/ die unter mancherley Namen verschiedene Kräfften vorbilde/ inmassen allhier aus

[Spaltenumbruch] Theils schütteln Flammen ab/ und drohen
Feuergüsse

von ihrer Fackeln Bech/ aufdaß er un-
tergeh/

die Myrrha schneidet ihr den Bauch/ und
wirfft den Armen

mit Agdstein von dem Stock/ der theu-
re Thrähnen schwitzt;

theils stellen sich/ als ob sie hätten ein Er-
barmen/

nur daß ihm ihre Rach recht in die Au-
gen blitzt;

theils stechen ihn so an/ daß ihn die Spitz
soll ritzen/

daher von dessen Blut die zarte Ros
entsteht.

Theils liessen ihm/ zu Trutz/ selbst seine
Fackel hitzen.

Auch seine Mutter/ die in gleicher Straf-
fe geht/

die Venus kommet an/ und hülffet Zorn
entzünden

der Plag-Göttinnen Hertz. Sie häuffet
seine That/

durch ihr erwiesnen Schimpf: dieweil er
einst zu binden

ans Bett sie und den Mars (wie frech?)
geholffen hat.

Er hat die Schuld/ sprach sie/ daß Priap
aller Orten

mit seiner grossen Schaam/ und Eryx
werd verlacht/

wie auch Hermaphrodit. Doch bleibt es
nicht bey Worten/

zur Straff der Anfang wird durch Ro-
senkräntz gemacht.

[Spaltenumbruch] Indem die Venus nun anhält mit ihren
Schlägen/

so rinnt der rote Safft dem Knaben aus
der Seit.

Diß hart Verfahren kunnt die Heldinnen
bewegen/

daß sie ein scheel Gesicht gelegt in diesen
Streit:

Die Rache schien so groß/ daß man sie schul-
dig fande;

drum legt man Vorbitt ein/ zu Amors
grossem Glück/

und jede Heldin ihn ohn alle Schuld er-
kannte/

die gantze Schuld deß Tods bracht man
auf das Geschick.

Drauf Venus sagte Danck/ und ließ den
Frieden schaffen.

So geht es bey der Nacht/ so wird die
Ruh verstört/

so wird sie zugebracht. Diß sieht man in
dem Schlaffen.

Als nun so Amors Sorg wurd durch die
Nacht gemehrt/

floh er davon/ und da die Wach ihn wollt
bescheinen/

schwang er zun Göttern sich durchs Thor
von Helffenbeinen.



Die Venus. [Spaltenumbruch]

EHe ich die Bildnus der Venus beschreibe/ habe ich vor nöhtig erachtet/ ihre Natur mit wenigen abzubilden/ um dardurch die Ursach derer Dinge Venus/ Göttin der Geilheit. zu verstehen/ worvon wir weiter unten reden wollen. Es wurde aber die Venus für eine Göttin der unreinen Lust und Geilheit gehalten/ gleich als ob sie die PLATTE Z. Geilheit und unreine Gedancken den menschlichen Gemütern einpflantze/ und ihnen/ selbige ins Werck zu setzen/ behülfflich wäre. Daher die Alten gedichtet/ sie sey deß Amors Mutter/ weil nemlich nimmermehr ein Mann sich mit einem Weibe verbindet ohne Zuthun desselben. Diese haben die Alten/ nebenst dem Hymenaeus und der Juno/ den Hochzeit-Begängnüssen vorgesetzt/ weil selbige deßwegen vollzogen werden/ damit aus dem Beyschlaff[Spaltenumbruch] der Ehesegen und Kinder folgen mögen. Ja man hielte auch darfür/ daß die Schönheit in der Venus Gewalt stünde/ die sie geben oder nehmen könnte nach eigenem Belieben. Diese ist/ nach Aussag der Naturkündiger/ in allen lebendigen Creaturen die eingepflantzte Krafft/ wordurch sie zur Fortpflantzung angetrieben werden. Dannenhero diejenige so darfür halten/ daß unsere Seele vom Himmel in den Leib komme/ und aus jedweder Himmels-Kugel mancherley Affecten an sich nehme/ sagen/ sie bekomme von der Venus die Lust und Begierde zur fleischlichen Vermischung. Andere aber/ so die Fabeln auf natürliche Dinge ziehen/ geben vor/ die Venus/ Juno/ Luna/ Proserpina/ Diana und etliche andere Göttinnen seyen eine einige göttliche Macht/ die unter mancherley Namen verschiedene Kräfften vorbilde/ inmassen allhier aus

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 184/0278] Theils schütteln Flammen ab/ und drohen Feuergüsse von ihrer Fackeln Bech/ aufdaß er un- tergeh/ die Myrrha schneidet ihr den Bauch/ und wirfft den Armen mit Agdstein von dem Stock/ der theu- re Thrähnen schwitzt; theils stellen sich/ als ob sie hätten ein Er- barmen/ nur daß ihm ihre Rach recht in die Au- gen blitzt; theils stechen ihn so an/ daß ihn die Spitz soll ritzen/ daher von dessen Blut die zarte Ros entsteht. Theils liessen ihm/ zu Trutz/ selbst seine Fackel hitzen. Auch seine Mutter/ die in gleicher Straf- fe geht/ die Venus kommet an/ und hülffet Zorn entzünden der Plag-Göttinnen Hertz. Sie häuffet seine That/ durch ihr erwiesnen Schimpf: dieweil er einst zu binden ans Bett sie und den Mars (wie frech?) geholffen hat. Er hat die Schuld/ sprach sie/ daß Priap aller Orten mit seiner grossen Schaam/ und Eryx werd verlacht/ wie auch Hermaphrodit. Doch bleibt es nicht bey Worten/ zur Straff der Anfang wird durch Ro- senkräntz gemacht. Indem die Venus nun anhält mit ihren Schlägen/ so rinnt der rote Safft dem Knaben aus der Seit. Diß hart Verfahren kunnt die Heldinnen bewegen/ daß sie ein scheel Gesicht gelegt in diesen Streit: Die Rache schien so groß/ daß man sie schul- dig fande; drum legt man Vorbitt ein/ zu Amors grossem Glück/ und jede Heldin ihn ohn alle Schuld er- kannte/ die gantze Schuld deß Tods bracht man auf das Geschick. Drauf Venus sagte Danck/ und ließ den Frieden schaffen. So geht es bey der Nacht/ so wird die Ruh verstört/ so wird sie zugebracht. Diß sieht man in dem Schlaffen. Als nun so Amors Sorg wurd durch die Nacht gemehrt/ floh er davon/ und da die Wach ihn wollt bescheinen/ schwang er zun Göttern sich durchs Thor von Helffenbeinen. Die Venus. EHe ich die Bildnus der Venus beschreibe/ habe ich vor nöhtig erachtet/ ihre Natur mit wenigen abzubilden/ um dardurch die Ursach derer Dinge zu verstehen/ worvon wir weiter unten reden wollen. Es wurde aber die Venus für eine Göttin der unreinen Lust und Geilheit gehalten/ gleich als ob sie die Geilheit und unreine Gedancken den menschlichen Gemütern einpflantze/ und ihnen/ selbige ins Werck zu setzen/ behülfflich wäre. Daher die Alten gedichtet/ sie sey deß Amors Mutter/ weil nemlich nimmermehr ein Mann sich mit einem Weibe verbindet ohne Zuthun desselben. Diese haben die Alten/ nebenst dem Hymenaeus und der Juno/ den Hochzeit-Begängnüssen vorgesetzt/ weil selbige deßwegen vollzogen werden/ damit aus dem Beyschlaff der Ehesegen und Kinder folgen mögen. Ja man hielte auch darfür/ daß die Schönheit in der Venus Gewalt stünde/ die sie geben oder nehmen könnte nach eigenem Belieben. Diese ist/ nach Aussag der Naturkündiger/ in allen lebendigen Creaturen die eingepflantzte Krafft/ wordurch sie zur Fortpflantzung angetrieben werden. Dannenhero diejenige so darfür halten/ daß unsere Seele vom Himmel in den Leib komme/ und aus jedweder Himmels-Kugel mancherley Affecten an sich nehme/ sagen/ sie bekomme von der Venus die Lust und Begierde zur fleischlichen Vermischung. Andere aber/ so die Fabeln auf natürliche Dinge ziehen/ geben vor/ die Venus/ Juno/ Luna/ Proserpina/ Diana und etliche andere Göttinnen seyen eine einige göttliche Macht/ die unter mancherley Namen verschiedene Kräfften vorbilde/ inmassen allhier aus Venus/ Göttin der Geilheit. PLATTE Z.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/278>, abgerufen am 18.11.2024.