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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] knirrscht mit dem Zahn/ und ächzt von
Hertzen/

schwitzt eiskalt/ wann uns was gelungen/
speyt schwartzes Gifft von seiner Zungen.
Die Bleichheit macht das Wangen-Paar/
Die Dürre weist die Beine dar.
Die Speiß ihm keine Freude schafft/
noch auch der bäste Reben-Safft;
und sollt ihm Jupiter zutrincken/
und ihm zu Dienst der Hebe wincken/
und Ganymedes Wein darstrecken/
so wird es ihme doch nicht schmecken.
Er schläfft und ruht zu keiner Zeit/
die Glieder sind der Folter Beut/
so daß er rasend werden kan/
wann ihn Erinnys zündet an.
In ihm sitzt jener Höllen-Geyer/
der ihme (denckt welch Ungeheuer!)
Vernunfft und Sinnen ewig beisset/
zerfetzet/ reisst und nicht zerreisset.
Sein Hertz ist auf den Grund verwundt/
so daß ihn machen kan gesund
nicht die bewährte Chirons-Hand
nicht Phoebus und was ihm verwandt.

Ovidius/ im II seiner Verwandlungs-Bücher/ eignet ihm/ verstehe dem Neid/ eine Weibs-Gestalt zu/ (welche die Griechen als einen Menschen ausbilden/ dieweil das Griechische Wörtlein Phthonos, wordurch dieses Unthier bedeutet wird/ generis Masculini ist) und beschreibet ihn dergestalt:

Pallor in ore sedet, macies in corpo-
re toto:

Nusquam recta acies: rigent rubi-
gine dentes:

Pectora felle virent: lingua est suf-
fusa veneno.

Risus abest, nisi quem visi movere
dolores:

Nec fruitur somno, vigilantibus ex-
cita curis;

Sed videt ingratos, intabescitque
videndo,

Successus hominum carpitque, & car-
pitur una,

Suppliciumque suum est.
Die Bleichheit sitzt am Mund/ die Ma-
gerkeit am Leibe/

Er kan die Augen nie auf was Gewisses
drehn.

Die Zähnschaar starrt für Rost wie eine
Eisen-Scheibe.

Man sieht das Hertz voll Gall/ voll
Gifft die Zunge stehn.

Er lachet nie/ als wann ein finsters Un-
glück wachet/

schläfft nie/ sieht keinen Danck/ dieß Se-
hen ist ihm Pest/

[Spaltenumbruch] Er tadelt alles Thun/ und wird doch selbst
verlachet/

Ist selbsten seine Straff/ wann er sich
selbst nicht lässt.

Eben dieser beschreibet kurtz vorher die Wohnbehausung deß Neides gleichsam mit seinen eigenen Farben/ indem er saget/ daß er sich daselbst vom Fleisch der Schlangen ernehre. Plutarchus hat ein weitläuffig Werck geschrieben vom Neid oder der Mißgunst: und der grosse Basilius / in einer zum Volck gehaltenen Wem die Neidische gleich seyen. Rede/ sagt unter andern/ die Neidische seyen denen Geyern gantz gleich; dann gleichwie diese/ wann sie über lustige Felder/ oder grüne Wiesen fliegen/ nirgend sich niederlassen/ ausser wo sie ein Aas ersehen/ worvon sie doch nur die verfaulten Stücke fressen/ und das frische Fleisch liegen lassen: also sehen auch die Neidische niemaln auf etwas/ das lobwürdig ist/ sondern geben nur Acht auf das jenige/ woran sie einige Gelegenheit finden/ es zu tadeln.

Momus. Von dieser Gattung solle Momus gewesen seyn/ der zwar unter die Götter gezehlet/ und von dem Hesiodus in Theogon. ein Sohn der Nacht und deß Schlaffs genennet wird: dann dieser thäte nichts für sich/ sondern beschauete nur die Wercke der andern Götter/ und pflegte sie ohne Scheu zu tadeln. Dahero Aesopus von ihm geschrieben/ wie Aristoteles erzehlet/ er habe die Erschaffung deß Ochsen getadelt/ als dem die Hörner füglicher auf den Schuldern hätten sollen angesetzt werden/ als am Haupte/ damit er desto kräfftiger stossen könnte. Eben dieser Momus sagte auch von dem Menschen/ wie Lucianus im Hermotimo meldet/ es habe Vulcanus gewaltig gefehlet/ daß er dem Menschen nicht ein Fenster vors Hertz gemacht/ damit man seine Gedancken sehen könnte. An der Venus hat er/ wie Philostratus saget/ nichts zu tadeln gefunden/ ausser daß ihre Pantoffeln/ wann sie darinnen einher trette/ allzu sehr knarreten.

Deß Momus Bild. Seine Bildnus wird im IV Buch der Griechischen Epigrammatum beschrieben/ als eines magern/ ausgedorrten/ blassen Menschen/ der das Maul aufsperret/ auf die Erde nieder siehet/ darauf er mit einem in der Hand haltendem Stabe schläget; und solches vielleicht darum/ weil die Götter bey den Alten Kinder der Erden genennet wurden. Von diesem Momus sind diejenige/ welche der Art sind/ daß sie alles/ was ihnen nicht gefället/ zu tadeln pflegen/ Momi genennt worden; welches Laster ins gemein bey ihnen aus dem Neid entspringet/ welcher/ nach deß Euripides Aussage/ wie Aelianus erzehlet/ überaus traurig/ verkehrt und schamhafftig ist. Diese/ verstehe die Mißgunst/ bedeuteten die Alten unter dem Gedenckzeichen eines Aals; weil derselbe/ wie ebenfalls Aelianus schreibet/ von

[Spaltenumbruch] knirrscht mit dem Zahn/ und ächzt von
Hertzen/

schwitzt eiskalt/ wann uns was gelungen/
speyt schwartzes Gifft von seiner Zungen.
Die Bleichheit macht das Wangen-Paar/
Die Dürre weist die Beine dar.
Die Speiß ihm keine Freude schafft/
noch auch der bäste Reben-Safft;
und sollt ihm Jupiter zutrincken/
und ihm zu Dienst der Hebe wincken/
und Ganymedes Wein darstrecken/
so wird es ihme doch nicht schmecken.
Er schläfft und ruht zu keiner Zeit/
die Glieder sind der Folter Beut/
so daß er rasend werden kan/
wann ihn Erinnys zündet an.
In ihm sitzt jener Höllen-Geyer/
der ihme (denckt welch Ungeheuer!)
Vernunfft und Sinnen ewig beisset/
zerfetzet/ reisst und nicht zerreisset.
Sein Hertz ist auf den Grund verwundt/
so daß ihn machen kan gesund
nicht die bewährte Chirons-Hand
nicht Phoebus und was ihm verwandt.

Ovidius/ im II seiner Verwandlungs-Bücher/ eignet ihm/ verstehe dem Neid/ eine Weibs-Gestalt zu/ (welche die Griechen als einen Menschen ausbilden/ dieweil das Griechische Wörtlein Φϑόνος, wordurch dieses Unthier bedeutet wird/ generis Masculini ist) und beschreibet ihn dergestalt:

Pallor in ore sedet, macies in corpo-
re toto:

Nusquam recta acies: rigent rubi-
gine dentes:

Pectora felle virent: lingua est suf-
fusa veneno.

Risus abest, nisi quem visi movêre
dolores:

Nec fruitur somno, vigilantibus ex-
cita curis;

Sed videt ingratos, intabescitque
videndo,

Successus hominum carpitque, & car-
pitur una,

Suppliciumque suum est.
Die Bleichheit sitzt am Mund/ die Ma-
gerkeit am Leibe/

Er kan die Augen nie auf was Gewisses
drehn.

Die Zähnschaar starrt für Rost wie eine
Eisen-Scheibe.

Man sieht das Hertz voll Gall/ voll
Gifft die Zunge stehn.

Er lachet nie/ als wann ein finsters Un-
glück wachet/

schläfft nie/ sieht keinen Danck/ dieß Se-
hen ist ihm Pest/

[Spaltenumbruch] Er tadelt alles Thun/ und wird doch selbst
verlachet/

Ist selbsten seine Straff/ wann er sich
selbst nicht lässt.

Eben dieser beschreibet kurtz vorher die Wohnbehausung deß Neides gleichsam mit seinen eigenen Farben/ indem er saget/ daß er sich daselbst vom Fleisch der Schlangen ernehre. Plutarchus hat ein weitläuffig Werck geschrieben vom Neid oder der Mißgunst: und der grosse Basilius / in einer zum Volck gehaltenen Wem die Neidische gleich seyen. Rede/ sagt unter andern/ die Neidische seyen denen Geyern gantz gleich; dann gleichwie diese/ wann sie über lustige Felder/ oder grüne Wiesen fliegen/ nirgend sich niederlassen/ ausser wo sie ein Aas ersehen/ worvon sie doch nur die verfaulten Stücke fressen/ und das frische Fleisch liegen lassen: also sehen auch die Neidische niemaln auf etwas/ das lobwürdig ist/ sondern geben nur Acht auf das jenige/ woran sie einige Gelegenheit finden/ es zu tadeln.

Momus. Von dieser Gattung solle Momus gewesen seyn/ der zwar unter die Götter gezehlet/ und von dem Hesiodus in Theogon. ein Sohn der Nacht und deß Schlaffs genennet wird: dann dieser thäte nichts für sich/ sondern beschauete nur die Wercke der andern Götter/ und pflegte sie ohne Scheu zu tadeln. Dahero Aesopus von ihm geschrieben/ wie Aristoteles erzehlet/ er habe die Erschaffung deß Ochsen getadelt/ als dem die Hörner füglicher auf den Schuldern hätten sollen angesetzt werden/ als am Haupte/ damit er desto kräfftiger stossen könnte. Eben dieser Momus sagte auch von dem Menschen/ wie Lucianus im Hermotimo meldet/ es habe Vulcanus gewaltig gefehlet/ daß er dem Menschen nicht ein Fenster vors Hertz gemacht/ damit man seine Gedancken sehen könnte. An der Venus hat er/ wie Philostratus saget/ nichts zu tadeln gefunden/ ausser daß ihre Pantoffeln/ wann sie darinnen einher trette/ allzu sehr knarreten.

Deß Momus Bild. Seine Bildnus wird im IV Buch der Griechischen Epigrammatum beschrieben/ als eines magern/ ausgedorrten/ blassen Menschen/ der das Maul aufsperret/ auf die Erde nieder siehet/ darauf er mit einem in der Hand haltendem Stabe schläget; und solches vielleicht darum/ weil die Götter bey den Alten Kinder der Erden genennet wurden. Von diesem Momus sind diejenige/ welche der Art sind/ daß sie alles/ was ihnen nicht gefället/ zu tadeln pflegen/ Momi genennt worden; welches Laster ins gemein bey ihnen aus dem Neid entspringet/ welcher/ nach deß Euripides Aussage/ wie Aelianus erzehlet/ überaus traurig/ verkehrt und schamhafftig ist. Diese/ verstehe die Mißgunst/ bedeuteten die Alten unter dem Gedenckzeichen eines Aals; weil derselbe/ wie ebenfalls Aelianus schreibet/ von

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Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/254>, abgerufen am 22.11.2024.