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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] Agenoria. deß Worts/ sie die Göttin Agenoria / ab agendo, oder vom Thun und Wircken also Die Stimula. benamset/ weil sie die Menschen zum arbeiten antreibe; wie sie dann auch die Stimula/ a stimulando, vom Anreitzen/ und die Horta/ ab hortando, vom Ermahnen genennt/ verehret haben. Plutarchus meldet in Problematibus, Die Horta. von dieser Göttin Horta/ daß ihr Tempel niemals sey verschlossen worden/ und zwar darumb/ dieweil man allezeit und ohne Aufhören ermahnt werde/ etwas rühmliches zu verrichten.

Wir müssen aber wieder zur Angerona kehren/ die ihren Namen/ wie erwähnt/ ab angore, oder der Aengstigung und Bekümnernus hat; oder weil man sagt/ es sey das Römische Volck auf ein gewisses dieser Göttin gethanes Gelübde/ von einer schwehren Kranckheit / und der Bräune/ erlöset und befreyet worden. Aus dieser Ursach ist ihr Hals vielleicht auch mit einer Binden umwunden gewesen/ wormit auch der Mund bedeckt war. Macrobius erzehlt im I Buch Saturnal. aus Masurio/ es sey dieser Göttin Bildnus mit verbundnem und versiegelten Munde deßwegen auf dem Altar der Volupia gestanden; weil die jenige/ so ihre Schmertzen und Bekümmernussen verbergen/ vermittelst der Gedult/ zur höchsten Belustigung gelangen. Plinius im III Buch/ und Solinus schreiben/ es seye diese Göttin also gebildet worden/ dardurch iederman zu verständigen/ daß die Religions-Geheimnissen nicht einem ieden zu offenbahren oder gemein zu machen seyen. Welches auch Numa/ der andere Römische König/ also verordnet Die Göttin Tacita./ da Er eine Göttin/ Tacita genannt/ zu verehren gebotten; weil man die Göttliche Dinge verschweigen muß. Dannenhero die Egypter den Gott deß Schweigens unter ihre vornehmste Götter gezehlet/ und hoch geehret Harpocrates. haben. Diesen nennten sie den Harpocrates/ welcher von den Griechen Sigalion benamset wurde.

Apulejus und Martianus im I Buche stellen ihn vor als einen zierlichen Knaben/ welcher den Zeiger-Finger auf dem Munde liegen hatte/ gleichsam als ob Er zum Stillschweigen ermahnen wollte. Dieser Gott der Verschwiegenheit wurde unterweilen gebildet ohne rechte Vorstellung deß Angesichts/ das Haupt war mit einem Hut bedeckt/ umb den Leib aber trug er eine Wolfs-Haut/ auf welcher viel Augen und Ohren gebildet zu sehen; dardurch anzudeuten/ daß man zwar viel sehen/ und hören/ aber wenig reden müsse; daß ein iedweder/ wanns ihm beliebe/ schweigen/ aber nicht eben auch reden könne/ welches auch durch den Hut/ als ein Kennzeichen der Freyheit Der Wolff bedeutet das Stillschweigen./ bedeutet worden. Vom Wolff wird gesagt/ daß er den jenigen/ dessen er eher ansichtig werde/ stumm mache/ und/ nachdem er etwas geraubt/ also stillschweigend davon wische/ daß er sich auch im geringsten nicht hören lasse.

[Spaltenumbruch]

Der Baum Persea ist dem Harpocrates gewidmet. Das Egyptenland hat dem Harpocrates den Baum Persea gewidmet/ weil die Zweige dieses Baums der Zunge/ die Früchte aber dem Herzen sehr ähnlich seyn sollen/ eben wie die Zunge das jenige/ so im Hertzen verborgen liget/ zu eröffnen pfleget; welches aber nicht eher geschehen solle/ es sey dann eine lange und reiffe Uberlegung vorher gegangen. Dannenhero es nicht eine geringe Tugend ist/ zu rechter Zeit schweigen können/ wie die Minerva angezeigt/ Die Krähe wird von der Minerva ausgetrieben. da sie die Krähe/ als einen schwatzhafften Vogel/ von sich getrieben; weil einem verständigen Menschen nicht geziemet/ die Zeit mit Narrentheidungen zuzubringen/ sondern mit stillem Gemüht zuvor das jenige wol zu bedencken/ was er von iedem Dinge reden und vorbringen solle. Dahin hat vielleicht gesehen jene bey den Messeniern befindliche Statua der Minerva; die/ nach deß Pausanias Zeugnus Eine Krähe in der Hand der Minerva. in Messenicis/ eine Krähe in der Hand hielte; nämlich/ daß ein verständiger Mann die Rede in seiner Gewalt haben soll/ um selbige/ wann es ihme vorträglich/ entweder im Zaum zu halten/ oder von sich hören zu lassen.

Es hat auch die Minerva/ wie allbereit erwähnt/ eine Lantzen in der Hand/ und schwinget dieselbe/ wie Apulejus im X Buche schreibet/ Furcht und Schrecken begleiten die Minerva. hebet auch den Arm auf/ und zeiget den Schild. Eben derselbe füget ihr zween Knaben bey/ die mit blossen Schwerdtern iederman zu drohen scheinen/ deren einer den Schrecken/ der ander die Furcht vorstellet/ welche im Kriege die Oberhand haben. Dannenhero Statius im VII. Buch Thebaid: da er dichtet/ wie der Mars vom Jupiter gesandt worden/ den Krieg zwischen den Argiven und Thebanern zu erregen/ unter andern saget/ er habe die Furcht oder den Graus und Schrecken zu sich genommen/ die er beyde folgender Gestalt abbildet:

Inde unum dira comitum de plebe
Pavorem

Quadrupedes anteire jubet: non al-
ter anhelos

Insinuare Metus, animumque aver-
tere veris,

Aptior: innumerae monstro voces-
que, manusque,

Et facies quaecunque libet; bonus
omnia credi

Auctor; & horrificis lymphare in-
cursibus urbes:

Si geminos soles, ruituraque svadeat
astra,

Aut mutare solum, aut veteres de-
scendere sylvas

Ah miseri vidisse putent.

[Spaltenumbruch] Agenoria. deß Worts/ sie die Göttin Agenoria / ab agendo, oder vom Thun und Wircken also Die Stimula. benamset/ weil sie die Menschen zum arbeiten antreibe; wie sie dann auch die Stimula/ à stimulando, vom Anreitzen/ und die Horta/ ab hortando, vom Ermahnen genennt/ verehret haben. Plutarchus meldet in Problematibus, Die Horta. von dieser Göttin Horta/ daß ihr Tempel niemals sey verschlossen worden/ und zwar darumb/ dieweil man allezeit und ohne Aufhören ermahnt werde/ etwas rühmliches zu verrichten.

Wir müssen aber wieder zur Angerona kehren/ die ihren Namen/ wie erwähnt/ ab angore, oder der Aengstigung und Bekümnernus hat; oder weil man sagt/ es sey das Römische Volck auf ein gewisses dieser Göttin gethanes Gelübde/ von einer schwehren Kranckheit / und der Bräune/ erlöset und befreyet worden. Aus dieser Ursach ist ihr Hals vielleicht auch mit einer Binden umwunden gewesen/ wormit auch der Mund bedeckt war. Macrobius erzehlt im I Buch Saturnal. aus Masurio/ es sey dieser Göttin Bildnus mit verbundnem und versiegelten Munde deßwegen auf dem Altar der Volupia gestanden; weil die jenige/ so ihre Schmertzen und Bekümmernussen verbergen/ vermittelst der Gedult/ zur höchsten Belustigung gelangen. Plinius im III Buch/ und Solinus schreiben/ es seye diese Göttin also gebildet worden/ dardurch iederman zu verständigen/ daß die Religions-Geheimnissen nicht einem ieden zu offenbahren oder gemein zu machen seyen. Welches auch Numa/ der andere Römische König/ also verordnet Die Göttin Tacita./ da Er eine Göttin/ Tacita genannt/ zu verehren gebotten; weil man die Göttliche Dinge verschweigen muß. Dannenhero die Egypter den Gott deß Schweigens unter ihre vornehmste Götter gezehlet/ und hoch geehret Harpocrates. haben. Diesen nennten sie den Harpocrates/ welcher von den Griechen Sigalion benamset wurde.

Apulejus und Martianus im I Buche stellen ihn vor als einen zierlichen Knaben/ welcher den Zeiger-Finger auf dem Munde liegen hatte/ gleichsam als ob Er zum Stillschweigen ermahnen wollte. Dieser Gott der Verschwiegenheit wurde unterweilen gebildet ohne rechte Vorstellung deß Angesichts/ das Haupt war mit einem Hut bedeckt/ umb den Leib aber trug er eine Wolfs-Haut/ auf welcher viel Augen und Ohren gebildet zu sehen; dardurch anzudeuten/ daß man zwar viel sehen/ und hören/ aber wenig reden müsse; daß ein iedweder/ wanns ihm beliebe/ schweigen/ aber nicht eben auch reden könne/ welches auch durch den Hut/ als ein Kennzeichen der Freyheit Der Wolff bedeutet das Stillschweigen./ bedeutet worden. Vom Wolff wird gesagt/ daß er den jenigen/ dessen er eher ansichtig werde/ stumm mache/ und/ nachdem er etwas geraubt/ also stillschweigend davon wische/ daß er sich auch im geringsten nicht hören lasse.

[Spaltenumbruch]

Der Baum Persea ist dem Harpocrates gewidmet. Das Egyptenland hat dem Harpocrates den Baum Persea gewidmet/ weil die Zweige dieses Baums der Zunge/ die Früchte aber dem Herzen sehr ähnlich seyn sollen/ eben wie die Zunge das jenige/ so im Hertzen verborgen liget/ zu eröffnen pfleget; welches aber nicht eher geschehen solle/ es sey dann eine lange und reiffe Uberlegung vorher gegangen. Dannenhero es nicht eine geringe Tugend ist/ zu rechter Zeit schweigen können/ wie die Minerva angezeigt/ Die Krähe wird von der Minerva ausgetrieben. da sie die Krähe/ als einen schwatzhafften Vogel/ von sich getrieben; weil einem verständigen Menschen nicht geziemet/ die Zeit mit Narrentheidungen zuzubringen/ sondern mit stillem Gemüht zuvor das jenige wol zu bedencken/ was er von iedem Dinge reden und vorbringen solle. Dahin hat vielleicht gesehen jene bey den Messeniern befindliche Statua der Minerva; die/ nach deß Pausanias Zeugnus Eine Krähe in der Hand der Minerva. in Messenicis/ eine Krähe in der Hand hielte; nämlich/ daß ein verständiger Mann die Rede in seiner Gewalt haben soll/ um selbige/ wann es ihme vorträglich/ entweder im Zaum zu halten/ oder von sich hören zu lassen.

Es hat auch die Minerva/ wie allbereit erwähnt/ eine Lantzen in der Hand/ und schwinget dieselbe/ wie Apulejus im X Buche schreibet/ Furcht und Schrecken begleiten die Minerva. hebet auch den Arm auf/ und zeiget den Schild. Eben derselbe füget ihr zween Knaben bey/ die mit blossen Schwerdtern iederman zu drohen scheinen/ deren einer den Schrecken/ der ander die Furcht vorstellet/ welche im Kriege die Oberhand haben. Dannenhero Statius im VII. Buch Thebaid: da er dichtet/ wie der Mars vom Jupiter gesandt worden/ den Krieg zwischen den Argiven und Thebanern zu erregen/ unter andern saget/ er habe die Furcht oder den Graus und Schrecken zu sich genommen/ die er beyde folgender Gestalt abbildet:

Inde unum dira comitum de plebe
Pavorem

Quadrupedes anteire jubet: non al-
ter anhelos

Insinuare Metus, animumque aver-
tere veris,

Aptior: innumerae monstro voces-
que, manusque,

Et facies quaecunque libet; bonus
omnia credi

Auctor; & horrificis lymphare in-
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Ah miseri vidisse putent.
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Harpocrates.Apulejus und Martianus im I Buche stellen ihn vor als einen zierlichen Knaben/ welcher den Zeiger-Finger auf dem Munde liegen hatte/ gleichsam als ob Er zum Stillschweigen ermahnen wollte. Dieser Gott der Verschwiegenheit wurde unterweilen gebildet ohne rechte Vorstellung deß Angesichts/ das Haupt war mit einem Hut bedeckt/ umb den Leib aber trug er eine Wolfs-Haut/ auf welcher viel Augen und Ohren gebildet zu sehen; dardurch anzudeuten/ daß man zwar viel sehen/ und hören/ aber wenig reden müsse; daß ein iedweder/ wanns ihm beliebe/ schweigen/ aber nicht eben auch reden könne/ welches auch durch den Hut/ als ein Kennzeichen der Freyheit / bedeutet worden. Vom Wolff wird gesagt/ daß er den jenigen/ dessen er eher ansichtig werde/ stumm mache/ und/ nachdem er etwas geraubt/ also stillschweigend davon wische/ daß er sich auch im geringsten nicht hören lasse. Der Wolff bedeutet das Stillschweigen. Das Egyptenland hat dem Harpocrates den Baum Persea gewidmet/ weil die Zweige dieses Baums der Zunge/ die Früchte aber dem Herzen sehr ähnlich seyn sollen/ eben wie die Zunge das jenige/ so im Hertzen verborgen liget/ zu eröffnen pfleget; welches aber nicht eher geschehen solle/ es sey dann eine lange und reiffe Uberlegung vorher gegangen. Dannenhero es nicht eine geringe Tugend ist/ zu rechter Zeit schweigen können/ wie die Minerva angezeigt/ da sie die Krähe/ als einen schwatzhafften Vogel/ von sich getrieben; weil einem verständigen Menschen nicht geziemet/ die Zeit mit Narrentheidungen zuzubringen/ sondern mit stillem Gemüht zuvor das jenige wol zu bedencken/ was er von iedem Dinge reden und vorbringen solle. Dahin hat vielleicht gesehen jene bey den Messeniern befindliche Statua der Minerva; die/ nach deß Pausanias Zeugnus in Messenicis/ eine Krähe in der Hand hielte; nämlich/ daß ein verständiger Mann die Rede in seiner Gewalt haben soll/ um selbige/ wann es ihme vorträglich/ entweder im Zaum zu halten/ oder von sich hören zu lassen. Der Baum Persea ist dem Harpocrates gewidmet. Die Krähe wird von der Minerva ausgetrieben. Eine Krähe in der Hand der Minerva.Es hat auch die Minerva/ wie allbereit erwähnt/ eine Lantzen in der Hand/ und schwinget dieselbe/ wie Apulejus im X Buche schreibet/ hebet auch den Arm auf/ und zeiget den Schild. Eben derselbe füget ihr zween Knaben bey/ die mit blossen Schwerdtern iederman zu drohen scheinen/ deren einer den Schrecken/ der ander die Furcht vorstellet/ welche im Kriege die Oberhand haben. Dannenhero Statius im VII. Buch Thebaid: da er dichtet/ wie der Mars vom Jupiter gesandt worden/ den Krieg zwischen den Argiven und Thebanern zu erregen/ unter andern saget/ er habe die Furcht oder den Graus und Schrecken zu sich genommen/ die er beyde folgender Gestalt abbildet: Furcht und Schrecken begleiten die Minerva.Inde unum dira comitum de plebe Pavorem Quadrupedes anteire jubet: non al- ter anhelos Insinuare Metus, animumque aver- tere veris, Aptior: innumerae monstro voces- que, manusque, Et facies quaecunque libet; bonus omnia credi Auctor; & horrificis lymphare in- cursibus urbes: Si geminos soles, ruituraque svadeat astra, Aut mutare solum, aut veteres de- scendere sylvas Ah miseri vidisse putent.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2014-06-24T13:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2014-06-24T13:18:31Z)

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Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/210>, abgerufen am 24.11.2024.