Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch] in dessen Munde überzwerch ein Bein gelegen/ sich gesteuret; über dem Knaben seye geschrieben gestanden LACHESIS, auf dem Hirnschedel aber ATROPOS. Unweit von deß Knaben rechter Seite/ hätte man eine Feuer-Flamme aufgehen sehen/ und nächst dem Jünglinge ein Kraut mit einigen Blumen; das Ubrige wäre ein dürrer Boden/ so hin und her mit Steinen belegt/ gewesen. Charon.Damit wir aber das Höllische Geschlecht einmal zu Ende bringen mögen/ wollen wir nunmehro auch den Schiff- oder Fehrmann besehen/ der/ wie man sagte/ die von den Leibern erlöste Seelen über den Fluß Achaeron geführt haben solle/ iedoch nicht alle/ sondern nur die jenigen/ die GOTT zum Feinde gehabt/ wie Dantes/ den Virgilius/ ihme solches erzehlend/ also einführet: Wiß/ daß der stille Styx wird alle diese träncken/ die nicht GOTT ihren Sinn aus Gegen- liebe schencken. Des Charons Ampt.Jedoch behaupteten die Alten/ daß/ ohne einigen Unterschied/ alle Seelen dahin zusammen kämen/ ob wol nicht alle auf gleiche Weise über den äussersten Bort gesetzt würden/ wie man aus dem IV. Buch Aeneidos des Virgilius abnehmen kan: dann die jenige allein wurden alsobald über den Fluß gesetzt/ deren Leichname die Begräbnus erlangt; im Fall selbige aber noch unbegraben lagen/ musten ihre Seelen 100 Jahr herumb irren/ ehe sie in deß Charons Schiffe tretten dorfften. Sein Bildnus vom Seneca.Den Charon hat Seneca/ in Hercule furente, also beschrieben: Hunc servat amnem, cultu & aspe- ctu horridus, Pavidosque manes sqvalidus gestat Senex. Impexa pendet barba; deformem. sinum. Nodus coercet: concavae squalent genae: Regit ipse conto portitor longo ra- tem. Am Uffer steht ein Geist unfreundlich an- zusehen/ der führet fort zu Schiff/ wohin da müssen gehen/ [Spaltenumbruch] Die Seelen Schreckens-voll/ den macht der wüste Bart/ das ungekämmte Haar/ die todt-gestalte Wangen/ die Wampen bindet er mit einem Stricke hart; das eingefallne Kien vom Koht starrt; mit der Stangen treibt er den Nachen fort. Wie ihn Virgilius beschrieben. Eben also beschreibet ihn Virgilius lib. VI. Aeneidos, mit diesen Worten: Portitor has horrendus aquas, & flu- mina servat Terribili squalore Charon, cui pluri- ma mento Canicies inculta jacet: stant lumina flamma: Sordidus ex humeris nodo depen- det amictus: Ipse ratem conto subigit, velisque ministrat, Et ferruginea subvectat corpora cymba, Jam senior, sed cruda Deo, viridisque senectus. = = = = = = Der Fährmann Cha- ron/ der vom Unflath starret und beschmutzt war hefftig sehr/ hielt diese Flüß in acht/ war schrecklich anzuse- hen/ und ließ den grauen Bart gar tieff hinun- ter gehen/ und wachsen ungekämmt: Die Augen flamm- ten ihm/ Sein Kleid war sehr bekleckt/ und hieng zerlappt herüm: Er lenckt den schwartzen Kahn mit einer Stang/ und rührte den Grund/ dem Seegel gab er nach/ und überführte die Seelen; Er war alt/ und hatte graue Haar/ doch Er dabey/ als Gott/ von frischen Kräfften war. Wie ihn Polygnotus vorgestellet. Auf gleiche Weise hatte ihn auch Polygnotus in einigen Tafeln vorgestellet/ die bey den Phocensern in deß Apollo Tempel aufbehalten wurden; und hatte Er in solcher Ausbildung sich der alten Poeten bedienet/ wie Pausanias in Phocaicis erzehlet/ der auch eines Wassers gedenket/ das allda zu sehen/ und für den Höllischen Achaerons-Fluß/ wie er meinet/ zu halten sey/ worinnen (wie er schreibet/) auch viel Rohr/ und vielmehr ein Schatten einiger Fische/ als warhaffte Fische befindlich. Wann Johann Boccatius dieses Bildes Deutung [Spaltenumbruch] in dessen Munde überzwerch ein Bein gelegen/ sich gesteuret; über dem Knaben seye geschrieben gestanden LACHESIS, auf dem Hirnschedel aber ATROPOS. Unweit von deß Knaben rechter Seite/ hätte man eine Feuer-Flamme aufgehen sehen/ und nächst dem Jünglinge ein Kraut mit einigen Blumen; das Ubrige wäre ein dürrer Boden/ so hin und her mit Steinen belegt/ gewesen. Charon.Damit wir aber das Höllische Geschlecht einmal zu Ende bringen mögen/ wollen wir nunmehro auch den Schiff- oder Fehrmann besehen/ der/ wie man sagte/ die von den Leibern erlöste Seelen über den Fluß Achaeron geführt haben solle/ iedoch nicht alle/ sondern nur die jenigen/ die GOTT zum Feinde gehabt/ wie Dantes/ den Virgilius/ ihme solches erzehlend/ also einführet: Wiß/ daß der stille Styx wird alle diese träncken/ die nicht GOTT ihren Sinn aus Gegen- liebe schencken. Des Charons Ampt.Jedoch behaupteten die Alten/ daß/ ohne einigen Unterschied/ alle Seelen dahin zusammen kämen/ ob wol nicht alle auf gleiche Weise über den äussersten Bort gesetzt würden/ wie man aus dem IV. Buch Aeneidos des Virgilius abnehmen kan: dann die jenige allein wurden alsobald über den Fluß gesetzt/ deren Leichname die Begräbnus erlangt; im Fall selbige aber noch unbegraben lagen/ musten ihre Seelen 100 Jahr herumb irren/ ehe sie in deß Charons Schiffe tretten dorfften. Sein Bildnus vom Seneca.Den Charon hat Seneca/ in Hercule furente, also beschrieben: Hunc servat amnem, cultu & aspe- ctu horridus, Pavidosque manes sqvalidus gestat Senex. Impexa pendet barba; deformem. sinum. Nodus coërcet: concavae squalent genae: Regit ipse conto portitor longo ra- tem. Am Uffer steht ein Geist unfreundlich an- zusehen/ der führet fort zu Schiff/ wohin da müssen gehen/ [Spaltenumbruch] Die Seelen Schreckens-voll/ den macht der wüste Bart/ das ungekämmte Haar/ die todt-gestalte Wangen/ die Wampen bindet er mit einem Stricke hart; das eingefallne Kien vom Koht starrt; mit der Stangen treibt er den Nachen fort. Wie ihn Virgilius beschrieben. Eben also beschreibet ihn Virgilius lib. VI. Aeneidos, mit diesen Worten: Portitor has horrendus aquas, & flu- mina servat Terribili squalore Charon, cui pluri- ma mento Canicies inculta jacet: stant lumina flamma: Sordidus ex humeris nodo depen- det amictus: Ipse ratem conto subigit, velisque ministrat, Et ferruginea subvectat corpora cymba, Jam senior, sed cruda Deo, viridisque senectus. = = = = = = Der Fährmann Cha- ron/ der vom Unflath starret und beschmutzt war hefftig sehr/ hielt diese Flüß in acht/ war schrecklich anzuse- hen/ und ließ den grauen Bart gar tieff hinun- ter gehen/ und wachsen ungekämmt: Die Augen flamm- ten ihm/ Sein Kleid war sehr bekleckt/ und hieng zerlappt herüm: Er lenckt den schwartzen Kahn mit einer Stang/ und rührte den Grund/ dem Seegel gab er nach/ und überführte die Seelen; Er war alt/ und hatte graue Haar/ doch Er dabey/ als Gott/ von frischen Kräfften war. Wie ihn Polygnotus vorgestellet. Auf gleiche Weise hatte ihn auch Polygnotus in einigen Tafeln vorgestellet/ die bey den Phocensern in deß Apollo Tempel aufbehalten wurden; und hatte Er in solcher Ausbildung sich der alten Poeten bedienet/ wie Pausanias in Phocaicis erzehlet/ der auch eines Wassers gedenket/ das allda zu sehen/ und für den Höllischen Achaerons-Fluß/ wie er meinet/ zu halten sey/ worinnen (wie er schreibet/) auch viel Rohr/ und vielmehr ein Schatten einiger Fische/ als warhaffte Fische befindlich. 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Wann <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1067 http://d-nb.info/gnd/11851217X http://viaf.org/viaf/64002165">Johann Boccatius</persName> dieses Bildes Deutung </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [TA 1680, Iconologia Deorum, S. 109/0181]
in dessen Munde überzwerch ein Bein gelegen/ sich gesteuret; über dem Knaben seye geschrieben gestanden LACHESIS, auf dem Hirnschedel aber ATROPOS. Unweit von deß Knaben rechter Seite/ hätte man eine Feuer-Flamme aufgehen sehen/ und nächst dem Jünglinge ein Kraut mit einigen Blumen; das Ubrige wäre ein dürrer Boden/ so hin und her mit Steinen belegt/ gewesen.
Damit wir aber das Höllische Geschlecht einmal zu Ende bringen mögen/ wollen wir nunmehro auch den Schiff- oder Fehrmann besehen/ der/ wie man sagte/ die von den Leibern erlöste Seelen über den Fluß Achaeron geführt haben solle/ iedoch nicht alle/ sondern nur die jenigen/ die GOTT zum Feinde gehabt/ wie Dantes/ den Virgilius/ ihme solches erzehlend/ also einführet:
Charon. Scito, animas, quarum divinum.
haud numen amicum,
Una omnes stygias huc undique ten-
dere ad undas.
Wiß/ daß der stille Styx wird alle diese
träncken/
die nicht GOTT ihren Sinn aus Gegen-
liebe schencken.
Jedoch behaupteten die Alten/ daß/ ohne einigen Unterschied/ alle Seelen dahin zusammen kämen/ ob wol nicht alle auf gleiche Weise über den äussersten Bort gesetzt würden/ wie man aus dem IV. Buch Aeneidos des Virgilius abnehmen kan: dann die jenige allein wurden alsobald über den Fluß gesetzt/ deren Leichname die Begräbnus erlangt; im Fall selbige aber noch unbegraben lagen/ musten ihre Seelen 100 Jahr herumb irren/ ehe sie in deß Charons Schiffe tretten dorfften. Den Charon hat Seneca/ in Hercule furente, also beschrieben:
Des Charons Ampt.
Sein Bildnus vom Seneca. Hunc servat amnem, cultu & aspe-
ctu horridus,
Pavidosque manes sqvalidus gestat
Senex.
Impexa pendet barba; deformem.
sinum.
Nodus coërcet: concavae squalent
genae:
Regit ipse conto portitor longo ra-
tem.
Am Uffer steht ein Geist unfreundlich an-
zusehen/
der führet fort zu Schiff/ wohin da müssen
gehen/
Die Seelen Schreckens-voll/ den macht
der wüste Bart/
das ungekämmte Haar/ die todt-gestalte
Wangen/
die Wampen bindet er mit einem Stricke
hart;
das eingefallne Kien vom Koht starrt;
mit der Stangen
treibt er den Nachen fort.
Eben also beschreibet ihn Virgilius lib. VI. Aeneidos, mit diesen Worten:
Wie ihn Virgilius beschrieben. Portitor has horrendus aquas, & flu-
mina servat
Terribili squalore Charon, cui pluri-
ma mento
Canicies inculta jacet: stant lumina
flamma:
Sordidus ex humeris nodo depen-
det amictus:
Ipse ratem conto subigit, velisque
ministrat,
Et ferruginea subvectat corpora
cymba,
Jam senior, sed cruda Deo, viridisque
senectus.
= = = = = = Der Fährmann Cha-
ron/ der
vom Unflath starret und beschmutzt war
hefftig sehr/
hielt diese Flüß in acht/ war schrecklich anzuse-
hen/
und ließ den grauen Bart gar tieff hinun-
ter gehen/
und wachsen ungekämmt: Die Augen flamm-
ten ihm/
Sein Kleid war sehr bekleckt/ und hieng
zerlappt herüm:
Er lenckt den schwartzen Kahn mit einer
Stang/ und rührte
den Grund/ dem Seegel gab er nach/ und
überführte
die Seelen; Er war alt/ und hatte graue
Haar/
doch Er dabey/ als Gott/ von frischen
Kräfften war.
Auf gleiche Weise hatte ihn auch Polygnotus in einigen Tafeln vorgestellet/ die bey den Phocensern in deß Apollo Tempel aufbehalten wurden; und hatte Er in solcher Ausbildung sich der alten Poeten bedienet/ wie Pausanias in Phocaicis erzehlet/ der auch eines Wassers gedenket/ das allda zu sehen/ und für den Höllischen Achaerons-Fluß/ wie er meinet/ zu halten sey/ worinnen (wie er schreibet/) auch viel Rohr/ und vielmehr ein Schatten einiger Fische/ als warhaffte Fische befindlich. Wann Johann Boccatius dieses Bildes Deutung
Wie ihn Polygnotus vorgestellet.
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