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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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Juno Lucina! komm mit deiner Hülff in
Eil/

und zeig mir/ Wertheste! in dieser Noht
dein Heil.

Der Juno Bildnus. Diese wurde von den Alten gebildet/ wie in der Faustina Numismatibus zu sehen/ in einer ansehnlichen mit einem langen Rock bekleideten und stehenden Matronen Gestalt/ welche in der Rechten eine Schale/ in der Lincken aber eine Lantzen hielte/ mit dieser Uberschrifft: JUNONI LUCINAE: Wie dann die Alten fast allen Bildern der Götter Lantzen zugeeignet/ als bereits aus denen erklärten und vorgestellten Bildnußen erhellet/ und in den meisten andern noch rückständigen klärlich soll gezeiget werden: Dannenhero dessen Ursach meines Erachtens nicht länger aufzuschieben; Warum den Göttern Lanzen zugeeignet worden. und ob sie wohl anderswo vielleicht füglicher zugeben scheinen möchte/ können und wollen wir iedoch allhier nicht unschicklich ein und anders darvon berühren; dann sich mancher verwundern möchte/ warumb die Juno/ welche doch vor eine friedfertige Göttin gehalten wird/ eine Lantze/ die der Kriegs-Leute eigen ist/ zu tragen pflege? allein es ist dieses nicht allezeit wahr geredt: dann sie zum öfftern sich sehr grausam erzeigt zu haben beschrieben wird/ und zwar dazumal/ als sie den Griechen wider die Trojaner Hülffe geleistet/ wider die sie alle ihre Kräffte daran gestreckt/ auch/ dafern wir dem Homerus glauben dörffen/ gewaffnet auf den Wagen gestiegen/ und sampt Der Juno Wagen. der Minerva in das Lager kommen. Ihr Wagen (dann die tapffersten Helden damahls gewohnt waren/ auf ihren Wägen zu fechten) wird von dem Homerus also beschrieben: das Zwergholtz/ worauf der Wagen stunde/ war mit Eisen beschlagen/ die Räder waren ehern/ mit acht Speichen/ die Radschienen gülden/ mit Ertz überzogen/ und die Achse mit Silber beschlagen: Oben war der Göttin Sitz mit güldnen und silbernen Riemen gewirckt/ die Deichsel von puren Silber/ die Deichselwag von Golde gemacht/ und der Pferde-Zeug gulden; dann ob man wohl sonsten lieset/ daß ihr Wagen von Vögeln gezogen werde/ so waren doch zu der Zeit die Pferde vonnöhten. So beschreibet auch Virgilius eben diesen Wagen und Waffen/ wann er von Carthago im ersten Buch Aeneidos redend also spricht:

--- --- Hic illius arma,
Hic currus fuit. &c.
Es war ein alte Stadt Carthago/ die vor-
dessen

das Volck der Tyrier gebauet und beses-
sen/

Stieß gegen Welschland zu und an den
Tyberstrand/

an Gütern reich/ an Zucht deß strengen
Kriegs bekannt.

[Spaltenumbruch] Darein hat Juno/ wie man sagt/ vor an-
dern allen/

auch Samos nachgesetzt/ ihr lassen wol-
gefallen

zu haben ihren Sitz: hier war ihr Feur
und Herd/

ihr Wagen/ Heergeräht/ hier wurde sie
geehrt.

Fernere Ursach/ warum der Juno und andern Göttern eine Lantze beygefüget worden. Dannenhero niemanden frembd vorkommen darff/ warumb der Juno von den Alten eine Lantze gegeben/ und von mir alhier die Ursach angedeutet werde/ warumb den meisten Bildern der Götter Lantzen beygefügt worden. Die Ursach aus dem Justinus ist diese: Vor Alters pflegten die Könige an statt der Kronen und anderer Königlicher Zierrahten eine Lantze zu tragen; und hatten im Anfang der Welt die Menschen keine Bilder einiger Götter/ außer die Lantzen/ welche sie sehr heilig zu verehren pflegten. Nachdem man aber angefangen die Götter in menschlicher Die Lantzen wurden vor Zeiten Götlich verehret. Gestalt zu bilden/ hat man auch die Statuen/ und nicht mehr die Lantzen Göttlich zu verehren begonnen. Doch damit gleichwohl auch noch einige Merckmahle der Alten Religion vorhanden wären/ haben sie den Bildern Lantzen beygefüget. Wann Anchises beym Virgilius/ im VI. Buch Aeneidos, deß Aeneas Geschlecht/ so von ihm künfftig herkommen solte/ anweiset/ fänget er von einem Jüngling an/ der an einer Lantzen hänget/ allda Servius anmercket/ daß die Lantze bey den Alten eine Belohnung der jenigen Jünglinge gewesen/ welche mit Erlegung eines Feindes im Treffen ihrer Tapfferkeit erste Probe gethan; und daß die Lantze von den Alten sehr hoch geachtet/ und andern Waffen vorgesetzt worden/ dieweil sie der Vortrefflichkeit und deß Regiments Anzeigung gewesen/ und dannenher tapffern Helden verehret wurde; Ja/ auch die Auctionen und Ausruffungen pflegten unter der Lantzen zu geschehen. Die Athenienser haben den Römern durch Uberschickung einer Lantzen den Krieg angekündigt. Svidas erzehlet/ es sey zu Athen der Brauch gewesen/ daß/ wann ein todter Cörper eines Erschlagenen hinausgetragen worden/ man iederzeit in der Procession eine Lantze vorgetragen/ oder dieselbe zum Haupten beym Grab gehäfftet/ durch welche Gewonheit sie zu verstehen gegeben/ daß der Todschläger der Straffe nicht entgehen würde; Deßwegen die Lantze vor Zeiten hoch geachtet und für die schönste Zierde gehalten worden/ und aus dieser Ursache hat man sie den Was der Juno Wagen bedeute. heiligen Bildern beygefüget. Von der Juno Wagen/ wie er vom Homerus beschrieben/ könte man sagen/ er bedeute die mancherley Farben/ so unterweilen in der Lufft erscheinen. Aber Boccatius ist im IX. Buch von der Götter Genealog. einer andern Meinung/ und sagt/ er sey darumb dermassen herrlich und schön/ weil Juno für die Göttin des Reichthums

[Spaltenumbruch]
Juno Lucina! komm mit deiner Hülff in
Eil/

und zeig mir/ Wertheste! in dieser Noht
dein Heil.

Der Juno Bildnus. Diese wurde von den Alten gebildet/ wie in der Faustina Numismatibus zu sehen/ in einer ansehnlichen mit einem langen Rock bekleideten und stehenden Matronen Gestalt/ welche in der Rechten eine Schale/ in der Lincken aber eine Lantzen hielte/ mit dieser Uberschrifft: JUNONI LUCINAE: Wie dann die Alten fast allen Bildern der Götter Lantzen zugeeignet/ als bereits aus denen erklärten und vorgestellten Bildnußen erhellet/ und in den meisten andern noch rückständigen klärlich soll gezeiget werden: Dannenhero dessen Ursach meines Erachtens nicht länger aufzuschieben; Warum den Göttern Lanzen zugeeignet worden. und ob sie wohl anderswo vielleicht füglicher zugeben scheinen möchte/ können und wollen wir iedoch allhier nicht unschicklich ein und anders darvon berühren; dann sich mancher verwundern möchte/ warumb die Juno/ welche doch vor eine friedfertige Göttin gehalten wird/ eine Lantze/ die der Kriegs-Leute eigen ist/ zu tragen pflege? allein es ist dieses nicht allezeit wahr geredt: dann sie zum öfftern sich sehr grausam erzeigt zu haben beschrieben wird/ und zwar dazumal/ als sie den Griechen wider die Trojaner Hülffe geleistet/ wider die sie alle ihre Kräffte daran gestreckt/ auch/ dafern wir dem Homerus glauben dörffen/ gewaffnet auf den Wagen gestiegen/ und sampt Der Juno Wagen. der Minerva in das Lager kommen. Ihr Wagen (dann die tapffersten Helden damahls gewohnt waren/ auf ihren Wägen zu fechten) wird von dem Homerus also beschrieben: das Zwergholtz/ worauf der Wagen stunde/ war mit Eisen beschlagen/ die Räder waren ehern/ mit acht Speichen/ die Radschienen gülden/ mit Ertz überzogen/ und die Achse mit Silber beschlagen: Oben war der Göttin Sitz mit güldnen und silbernen Riemen gewirckt/ die Deichsel von puren Silber/ die Deichselwag von Golde gemacht/ und der Pferde-Zeug gulden; dann ob man wohl sonsten lieset/ daß ihr Wagen von Vögeln gezogen werde/ so waren doch zu der Zeit die Pferde vonnöhten. So beschreibet auch Virgilius eben diesen Wagen und Waffen/ wann er von Carthago im ersten Buch Aeneidos redend also spricht:

--- --- Hic illius arma,
Hic currus fuit. &c.
Es war ein alte Stadt Carthago/ die vor-
dessen

das Volck der Tyrier gebauet und beses-
sen/

Stieß gegen Welschland zu und an den
Tyberstrand/

an Gütern reich/ an Zucht deß strengen
Kriegs bekannt.

[Spaltenumbruch] Darein hat Juno/ wie man sagt/ vor an-
dern allen/

auch Samos nachgesetzt/ ihr lassen wol-
gefallen

zu haben ihren Sitz: hier war ihr Feur
und Herd/

ihr Wagen/ Heergeräht/ hier wurde sie
geehrt.

Fernere Ursach/ warum der Juno und andern Göttern eine Lantze beygefüget worden. Dannenhero niemanden frembd vorkommen darff/ warumb der Juno von den Alten eine Lantze gegeben/ und von mir alhier die Ursach angedeutet werde/ warumb den meisten Bildern der Götter Lantzen beygefügt worden. Die Ursach aus dem Justinus ist diese: Vor Alters pflegten die Könige an statt der Kronen und anderer Königlicher Zierrahten eine Lantze zu tragen; und hatten im Anfang der Welt die Menschen keine Bilder einiger Götter/ außer die Lantzen/ welche sie sehr heilig zu verehren pflegten. Nachdem man aber angefangen die Götter in menschlicher Die Lantzen wurden vor Zeiten Götlich verehret. Gestalt zu bilden/ hat man auch die Statuen/ und nicht mehr die Lantzen Göttlich zu verehren begonnen. Doch damit gleichwohl auch noch einige Merckmahle der Alten Religion vorhanden wären/ haben sie den Bildern Lantzen beygefüget. Wann Anchises beym Virgilius/ im VI. Buch Aeneidos, deß Aeneas Geschlecht/ so von ihm künfftig herkommen solte/ anweiset/ fänget er von einem Jüngling an/ der an einer Lantzen hänget/ allda Servius anmercket/ daß die Lantze bey den Alten eine Belohnung der jenigen Jünglinge gewesen/ welche mit Erlegung eines Feindes im Treffen ihrer Tapfferkeit erste Probe gethan; und daß die Lantze von den Alten sehr hoch geachtet/ und andern Waffen vorgesetzt worden/ dieweil sie der Vortrefflichkeit und deß Regiments Anzeigung gewesen/ und dannenher tapffern Helden verehret wurde; Ja/ auch die Auctionen und Ausruffungen pflegten unter der Lantzen zu geschehen. Die Athenienser haben den Römern durch Uberschickung einer Lantzen den Krieg angekündigt. Svidas erzehlet/ es sey zu Athen der Brauch gewesen/ daß/ wann ein todter Cörper eines Erschlagenen hinausgetragen worden/ man iederzeit in der Procession eine Lantze vorgetragen/ oder dieselbe zum Haupten beym Grab gehäfftet/ durch welche Gewonheit sie zu verstehen gegeben/ daß der Todschläger der Straffe nicht entgehen würde; Deßwegen die Lantze vor Zeiten hoch geachtet und für die schönste Zierde gehalten worden/ und aus dieser Ursache hat man sie den Was der Juno Wagen bedeute. heiligen Bildern beygefüget. Von der Juno Wagen/ wie er vom Homerus beschrieben/ könte man sagen/ er bedeute die mancherley Farben/ so unterweilen in der Lufft erscheinen. Aber Boccatius ist im IX. Buch von der Götter Genealog. einer andern Meinung/ und sagt/ er sey darumb dermassen herrlich und schön/ weil Juno für die Göttin des Reichthums

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Ihr Wagen (dann die tapffersten Helden damahls gewohnt waren/ auf ihren Wägen zu fechten) wird von dem Homerus also beschrieben: das Zwergholtz/ worauf der Wagen stunde/ war mit Eisen beschlagen/ die Räder waren ehern/ mit acht Speichen/ die Radschienen gülden/ mit Ertz überzogen/ und die Achse mit Silber beschlagen: Oben war der Göttin Sitz mit güldnen und silbernen Riemen gewirckt/ die Deichsel von puren Silber/ die Deichselwag von Golde gemacht/ und der Pferde-Zeug gulden; dann ob man wohl sonsten lieset/ daß ihr Wagen von Vögeln gezogen werde/ so waren doch zu der Zeit die Pferde vonnöhten. So beschreibet auch Virgilius eben diesen Wagen und Waffen/ wann er von Carthago im ersten Buch Aeneidos redend also spricht: Der Juno Bildnus. Warum den Göttern Lanzen zugeeignet worden. Der Juno Wagen. --- --- Hic illius arma, Hic currus fuit. &c. Es war ein alte Stadt Carthago/ die vor- dessen das Volck der Tyrier gebauet und beses- sen/ Stieß gegen Welschland zu und an den Tyberstrand/ an Gütern reich/ an Zucht deß strengen Kriegs bekannt. Darein hat Juno/ wie man sagt/ vor an- dern allen/ auch Samos nachgesetzt/ ihr lassen wol- gefallen zu haben ihren Sitz: hier war ihr Feur und Herd/ ihr Wagen/ Heergeräht/ hier wurde sie geehrt. Dannenhero niemanden frembd vorkommen darff/ warumb der Juno von den Alten eine Lantze gegeben/ und von mir alhier die Ursach angedeutet werde/ warumb den meisten Bildern der Götter Lantzen beygefügt worden. Die Ursach aus dem Justinus ist diese: Vor Alters pflegten die Könige an statt der Kronen und anderer Königlicher Zierrahten eine Lantze zu tragen; und hatten im Anfang der Welt die Menschen keine Bilder einiger Götter/ außer die Lantzen/ welche sie sehr heilig zu verehren pflegten. Nachdem man aber angefangen die Götter in menschlicher Gestalt zu bilden/ hat man auch die Statuen/ und nicht mehr die Lantzen Göttlich zu verehren begonnen. Doch damit gleichwohl auch noch einige Merckmahle der Alten Religion vorhanden wären/ haben sie den Bildern Lantzen beygefüget. Wann Anchises beym Virgilius/ im VI. Buch Aeneidos, deß Aeneas Geschlecht/ so von ihm künfftig herkommen solte/ anweiset/ fänget er von einem Jüngling an/ der an einer Lantzen hänget/ allda Servius anmercket/ daß die Lantze bey den Alten eine Belohnung der jenigen Jünglinge gewesen/ welche mit Erlegung eines Feindes im Treffen ihrer Tapfferkeit erste Probe gethan; und daß die Lantze von den Alten sehr hoch geachtet/ und andern Waffen vorgesetzt worden/ dieweil sie der Vortrefflichkeit und deß Regiments Anzeigung gewesen/ und dannenher tapffern Helden verehret wurde; Ja/ auch die Auctionen und Ausruffungen pflegten unter der Lantzen zu geschehen. Die Athenienser haben den Römern durch Uberschickung einer Lantzen den Krieg angekündigt. Svidas erzehlet/ es sey zu Athen der Brauch gewesen/ daß/ wann ein todter Cörper eines Erschlagenen hinausgetragen worden/ man iederzeit in der Procession eine Lantze vorgetragen/ oder dieselbe zum Haupten beym Grab gehäfftet/ durch welche Gewonheit sie zu verstehen gegeben/ daß der Todschläger der Straffe nicht entgehen würde; Deßwegen die Lantze vor Zeiten hoch geachtet und für die schönste Zierde gehalten worden/ und aus dieser Ursache hat man sie den heiligen Bildern beygefüget. Von der Juno Wagen/ wie er vom Homerus beschrieben/ könte man sagen/ er bedeute die mancherley Farben/ so unterweilen in der Lufft erscheinen. Aber Boccatius ist im IX. Buch von der Götter Genealog. einer andern Meinung/ und sagt/ er sey darumb dermassen herrlich und schön/ weil Juno für die Göttin des Reichthums Fernere Ursach/ warum der Juno und andern Göttern eine Lantze beygefüget worden. Die Lantzen wurden vor Zeiten Götlich verehret. Was der Juno Wagen bedeute.

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Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/125>, abgerufen am 23.11.2024.