Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch]
Endymion. Welches sie zu dem Ende saget/ dieweil in den Fabeln stehet/ es habe sich die Luna in den Hirten Endymion verliebt/ deßwegen sie ihn auf einem einsamen Berge eingeschläffert/ damit sie seiner Liebe desto freyer geniessen mögte: welches darum erdichtet worden/ weil Endymion/ wie Plinius im II Buche schreibet/ der erste gewesen/ so den Lauff der Sternen soll erfunden haben. So meldet auch Alexander Aphrodiseus in seinen Problematibus: es sey Endymion ein sehr fleissiger Erkündiger der Himmlischen Dinge gewesen/ und habe überaus grosse Müh angewandt/ deß Monds Lauff/ und die Ursach/ warumb er stetig seine Gestalt verändere/ zu erforschen; dieweil er aber deß Tages geschlaffen/ und deß Nachts gewacht/ habe man von ihm gesagt/ er hänge deß Monds Liebe nach. Eben dieses könte man vielleicht auf die Thessalier appliciren/ welche/ weil sie anders nichts gethan/ als wie sie deß Monds Natur erforschen mögten/ nachmahls dafür gehalten haben/ als ob sie ihn vom Himmel herab zögen/ und zwar zu der Zeit/ wann er eine Finsternus litte: dann der unverständig und thörichte gemeine Mann bildete sich gäntzlich ein/ er leide zu solcher Zeit wegen der Thessalier Zauberey; und damit sie hierwider Raht schaffen möchten/ machten sie ein gewaltig Gethöne/ wordurch sie ihm/ ihrer Meinung nach/ seine Schmertzen empfindlich linderten/ und nach deß Plinius Zeugnus/ durch solches Gethöne/ das zauberische Murmeln verhinderten/ damit es nicht zu deß Mondes Ohren dringen könte/ und also ihme keinen Schaden zufügen mögte. Dannenhero Propertius saget/ es würde durch Bezauberung der Mond von seinem Wagen herunter gestürtzet werden/ wofern ihme nicht das Gethöne vom Ertz zu Hülff käme. Und Juvenalis/ wann er von einem sehr wäschhafftigen Weibe redet/ saget/ es sey nicht mehr nöhtig/ auf ehrinnen Gefässen ein Gethöne zu machen/ weil sie allein mit ihrem Plaudern ein solches Geräusche verursache/ daß der Mond von aller Zauberey befreyet werde. Sistrum oder Klangspiel. Das Klangspiel in der Isis Hand bedeutet/ wie etliche wollen/ den Laut deß Monds/ den er von sich giebt/ wann er die himmlische Sphaeren umblaufft. Dieses pflegten sie nicht allein ehrin/ sondern/ wie Apulejus bezeuget/ da er von den Geheimnußen der Isis redet/ auch silbern und gülden zu machen. An selbigem waren/ wie Coelius Calcagninus erzehlet/ von aussen vier Gesichter ausgegraben/ die in einen Kreiß umgedreht werden konnten/ und dieses Unter-Rund/ so unter dem Mond zu sehen/ andeuteten; worinnen alle Dinge aus den vier Elementen zusammen gesetzt/ dem Anfang und Untergang unterworffen sind. Innwendig bildeten sie am eussersten Ende eine Katz mit einem menschlichen Angesicht/ daselbst man auch zwey Häupter sahe/ welche unter besagten vier Gesichtern sich bewegten/ [Spaltenumbruch] deren eines die Isis bedeutete/ das andere die Nephehia vorbildete/ als durch welche aller Dinge Gebährung und Untergang/ so aus der Elementen Veränderung herrührt/ angedeutet wurde. Die Katz ist ein Vorbild der Luna. Die Katz war deß Mondes Vorbildung: dann/ wie in denen Fabeln gedichtet/ und vom Ovidius erzehlt wird/ als die Götter für deß Typhons Grimme aus Egypten flohen/ und sich daselbsten nicht allerdings gesichert hielten/ nahm einer diese/ der ander eine andere Gestalt eines Thiers an sich/ dahero sich die Diana in eine Katz veränderte; weil dieses Thier überaus veränderlich ist/ deß Nachts siehet/ und die Augen mit Zu- oder Abnehmung deß Liechts/ nach Art der Anwachs- und Verkürzung deß Mondes/ gleichfals verändert. Diese bildeten sie mit einem menschlichen Gesichte/ damit anzudeuten/ daß die Monds-Bewegung nicht von ohngefähr geschehe/ sondern von einer obern Krafft regieret werde. Dergleichen geheime Bedeutungen waren auch bey dem Klang-Spiele/ so nur allein von den Alten im Gottesdienst der Isis gebräuchlich war/ und ihr Apulejus/ wie wir oben gedacht/ in die Hand gegeben. Vom Gefäß/ das sie in der lincken Hand trug/ kan ebenmässig über das/ was wir berührt/ gesagt werden/ daß dardurch die Bewegung der aufschwellenden Gewässer/ die aus der Feuchtigkeit deß Monds ihr Wachsthumb haben/ bedeutet werde. Aus welcher Ursach auch einige den Zu- und Abfluß deß Meers dem Anwachs- und Abnehmen deß Mondes zugeschrieben haben. Wir können aber aus deß Mondes Bildnußen nicht allein viel Dinge/ so zur Erkänntnus der Natur-Wunder dienen/ erlernen; sondern auch/ welches der Mühe noch mehr werth ist/ aus desselben Beschauung viel nehmen/ das zur Besserung unserer Sitten uns gute Anleitung gibt. Es ist mit Fleiß zu mercken/ was hiervon Ambrosius schreibet/ wann er aus dem Schein oder Liecht des Mondes/ der immerdar verändert wird/ die Ungewißheit und Flüchtigkeit aller menschlichen Dinge uns vor Augen stellt/ und ermahnet/ daß wir unser Vertrauen nicht auf deren Hinfälligkeit setzen sollen/ weil sie wie ein Rauch in der Lufft zu verschwinden pflegen. Dannenhero einige darvor gehalten/ es haben vor Zeiten die Römische Patricii auf ihre Schuhe kleine Monden gehäfftet gehabt/ damit wann sie selbige anschauen/ sie sich dieser Dinge Unbeständigkeit erinnern/ und in guten Tagen nicht schwülstig und hoffärtig werden möchten: dann der Reichthumb/ und alles andere/ so von dem Menschen sehr hoch geachtet wird/ mag gar füglich mit dem Monde verglichen werden/ der bißweilen gantz hell ist/ bißweilen aber seinen Schein so gar verliehret/ daß er kaum mag gesehen werden: also pfleget auch diß Vergängliche unterweilen denen/ so drauf sehen/ eine [Spaltenumbruch]
Endymion. Welches sie zu dem Ende saget/ dieweil in den Fabeln stehet/ es habe sich die Luna in den Hirten Endymion verliebt/ deßwegen sie ihn auf einem einsamen Berge eingeschläffert/ damit sie seiner Liebe desto freyer geniessen mögte: welches darum erdichtet worden/ weil Endymion/ wie Plinius im II Buche schreibet/ der erste gewesen/ so den Lauff der Sternen soll erfunden haben. So meldet auch Alexander Aphrodiseus in seinen Problematibus: es sey Endymion ein sehr fleissiger Erkündiger der Himmlischen Dinge gewesen/ und habe überaus grosse Müh angewandt/ deß Monds Lauff/ und die Ursach/ warumb er stetig seine Gestalt verändere/ zu erforschen; dieweil er aber deß Tages geschlaffen/ und deß Nachts gewacht/ habe man von ihm gesagt/ er hänge deß Monds Liebe nach. Eben dieses könte man vielleicht auf die Thessalier appliciren/ welche/ weil sie anders nichts gethan/ als wie sie deß Monds Natur erforschen mögten/ nachmahls dafür gehalten haben/ als ob sie ihn vom Himmel herab zögen/ und zwar zu der Zeit/ wann er eine Finsternus litte: dann der unverständig und thörichte gemeine Mann bildete sich gäntzlich ein/ er leide zu solcher Zeit wegen der Thessalier Zauberey; und damit sie hierwider Raht schaffen möchten/ machten sie ein gewaltig Gethöne/ wordurch sie ihm/ ihrer Meinung nach/ seine Schmertzen empfindlich linderten/ und nach deß Plinius Zeugnus/ durch solches Gethöne/ das zauberische Murmeln verhinderten/ damit es nicht zu deß Mondes Ohren dringen könte/ und also ihme keinen Schaden zufügen mögte. Dannenhero Propertius saget/ es würde durch Bezauberung der Mond von seinem Wagen herunter gestürtzet werden/ wofern ihme nicht das Gethöne vom Ertz zu Hülff käme. Und Juvenalis/ wann er von einem sehr wäschhafftigen Weibe redet/ saget/ es sey nicht mehr nöhtig/ auf ehrinnen Gefässen ein Gethöne zu machen/ weil sie allein mit ihrem Plaudern ein solches Geräusche verursache/ daß der Mond von aller Zauberey befreyet werde. Sistrum oder Klangspiel. Das Klangspiel in der Isis Hand bedeutet/ wie etliche wollen/ den Laut deß Monds/ den er von sich giebt/ wann er die himmlische Sphaeren umblaufft. Dieses pflegten sie nicht allein ehrin/ sondern/ wie Apulejus bezeuget/ da er von den Geheimnußen der Isis redet/ auch silbern und gülden zu machen. An selbigem waren/ wie Coelius Calcagninus erzehlet/ von aussen vier Gesichter ausgegraben/ die in einen Kreiß umgedreht werden konnten/ und dieses Unter-Rund/ so unter dem Mond zu sehen/ andeuteten; worinnen alle Dinge aus den vier Elementen zusammen gesetzt/ dem Anfang und Untergang unterworffen sind. Innwendig bildeten sie am eussersten Ende eine Katz mit einem menschlichen Angesicht/ daselbst man auch zwey Häupter sahe/ welche unter besagten vier Gesichtern sich bewegten/ [Spaltenumbruch] deren eines die Isis bedeutete/ das andere die Nephehia vorbildete/ als durch welche aller Dinge Gebährung und Untergang/ so aus der Elementen Veränderung herrührt/ angedeutet wurde. Die Katz ist ein Vorbild der Luna. Die Katz war deß Mondes Vorbildung: dann/ wie in denen Fabeln gedichtet/ und vom Ovidius erzehlt wird/ als die Götter für deß Typhons Grimme aus Egypten flohen/ und sich daselbsten nicht allerdings gesichert hielten/ nahm einer diese/ der ander eine andere Gestalt eines Thiers an sich/ dahero sich die Diana in eine Katz veränderte; weil dieses Thier überaus veränderlich ist/ deß Nachts siehet/ und die Augen mit Zu- oder Abnehmung deß Liechts/ nach Art der Anwachs- und Verkürzung deß Mondes/ gleichfals verändert. Diese bildeten sie mit einem menschlichen Gesichte/ damit anzudeuten/ daß die Monds-Bewegung nicht von ohngefähr geschehe/ sondern von einer obern Krafft regieret werde. Dergleichen geheime Bedeutungen waren auch bey dem Klang-Spiele/ so nur allein von den Alten im Gottesdienst der Isis gebräuchlich war/ und ihr Apulejus/ wie wir oben gedacht/ in die Hand gegeben. Vom Gefäß/ das sie in der lincken Hand trug/ kan ebenmässig über das/ was wir berührt/ gesagt werden/ daß dardurch die Bewegung der aufschwellenden Gewässer/ die aus der Feuchtigkeit deß Monds ihr Wachsthumb haben/ bedeutet werde. Aus welcher Ursach auch einige den Zu- und Abfluß deß Meers dem Anwachs- und Abnehmen deß Mondes zugeschrieben haben. Wir können aber aus deß Mondes Bildnußen nicht allein viel Dinge/ so zur Erkänntnus der Natur-Wunder dienen/ erlernen; sondern auch/ welches der Mühe noch mehr werth ist/ aus desselben Beschauung viel nehmen/ das zur Besserung unserer Sitten uns gute Anleitung gibt. Es ist mit Fleiß zu mercken/ was hiervon Ambrosius schreibet/ wann er aus dem Schein oder Liecht des Mondes/ der immerdar verändert wird/ die Ungewißheit und Flüchtigkeit aller menschlichen Dinge uns vor Augen stellt/ und ermahnet/ daß wir unser Vertrauen nicht auf deren Hinfälligkeit setzen sollen/ weil sie wie ein Rauch in der Lufft zu verschwinden pflegen. Dannenhero einige darvor gehalten/ es haben vor Zeiten die Römische Patricii auf ihre Schuhe kleine Monden gehäfftet gehabt/ damit wann sie selbige anschauen/ sie sich dieser Dinge Unbeständigkeit erinnern/ und in guten Tagen nicht schwülstig und hoffärtig werden möchten: dann der Reichthumb/ und alles andere/ so von dem Menschen sehr hoch geachtet wird/ mag gar füglich mit dem Monde verglichen werden/ der bißweilen gantz hell ist/ bißweilen aber seinen Schein so gar verliehret/ daß er kaum mag gesehen werden: also pfleget auch diß Vergängliche unterweilen denen/ so drauf sehen/ eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="d1383.1"> <pb facs="#f0104" xml:id="pb-1394" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 46"/> <cb/> <p xml:id="p1394.1"><note place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1396 http://d-nb.info/gnd/118682040 http://viaf.org/viaf/67259758">Endymion</persName>.</note> Welches sie zu dem Ende saget/ dieweil in den Fabeln stehet/ es habe sich die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3295 http://d-nb.info/gnd/118634615 http://viaf.org/viaf/45095692">Luna</persName> in den Hirten <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1396 http://d-nb.info/gnd/118682040 http://viaf.org/viaf/67259758">Endymion</persName> verliebt/ deßwegen sie ihn auf einem einsamen Berge eingeschläffert/ damit sie seiner Liebe desto freyer geniessen mögte: welches darum erdichtet worden/ weil <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1396 http://d-nb.info/gnd/118682040 http://viaf.org/viaf/67259758">Endymion</persName>/ wie <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-1348"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-326 http://d-nb.info/gnd/118595083 http://viaf.org/viaf/100219162">Plinius</persName> im <hi rendition="#aq">II</hi> Buche</ref></bibl> schreibet/ der erste gewesen/ so den Lauff der Sternen soll erfunden haben. 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Eben dieses könte man vielleicht auf die Thessalier appliciren/ welche/ weil sie anders nichts gethan/ als wie sie deß Monds Natur erforschen mögten/ nachmahls dafür gehalten haben/ als ob sie ihn vom Himmel herab zögen/ und zwar zu der Zeit/ wann er eine Finsternus litte: dann der unverständig und thörichte gemeine Mann bildete sich gäntzlich ein/ er leide zu solcher Zeit wegen der Thessalier Zauberey; und damit sie hierwider Raht schaffen möchten/ machten sie ein gewaltig Gethöne/ wordurch sie ihm/ ihrer Meinung nach/ seine Schmertzen empfindlich linderten/ und nach deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-326 http://d-nb.info/gnd/118595083 http://viaf.org/viaf/100219162">Plinius</persName> Zeugnus/ durch solches Gethöne/ das zauberische Murmeln verhinderten/ damit es nicht zu deß Mondes Ohren dringen könte/ und also ihme keinen Schaden zufügen mögte. 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Diese bildeten sie mit einem menschlichen Gesichte/ damit anzudeuten/ daß die Monds-Bewegung nicht von ohngefähr geschehe/ sondern von einer obern Krafft regieret werde. Dergleichen geheime Bedeutungen waren auch bey dem Klang-Spiele/ so nur allein von den Alten im Gottesdienst der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-105 http://d-nb.info/gnd/118932640 http://viaf.org/viaf/67264837">Isis</persName> gebräuchlich war/ und ihr <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1509 http://d-nb.info/gnd/11850374X http://viaf.org/viaf/77901738">Apulejus</persName>/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">wir</persName> oben gedacht/ in die Hand gegeben. Vom Gefäß/ das sie in der lincken Hand trug/ kan ebenmässig über das/ was <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">wir</persName> berührt/ gesagt werden/ daß dardurch die Bewegung der aufschwellenden Gewässer/ die aus der Feuchtigkeit deß Monds ihr Wachsthumb haben/ bedeutet werde. Aus welcher Ursach auch einige den Zu- und Abfluß deß Meers dem Anwachs- und Abnehmen deß Mondes zugeschrieben haben.</p> <p>Wir können aber aus deß Mondes Bildnußen nicht allein viel Dinge/ so zur Erkänntnus der Natur-Wunder dienen/ erlernen; sondern auch/ welches der Mühe noch mehr werth ist/ aus desselben Beschauung viel nehmen/ das zur Besserung unserer Sitten uns gute Anleitung gibt. Es ist mit Fleiß zu mercken/ was hiervon <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1551 http://d-nb.info/gnd/11850245X http://viaf.org/viaf/100227669">Ambrosius</persName> schreibet/ wann er aus dem Schein oder Liecht des Mondes/ der immerdar verändert wird/ die Ungewißheit und Flüchtigkeit aller menschlichen Dinge uns vor Augen stellt/ und ermahnet/ daß wir unser Vertrauen nicht auf deren Hinfälligkeit setzen sollen/ weil sie wie ein Rauch in der Lufft zu verschwinden pflegen. Dannenhero einige darvor gehalten/ es haben vor Zeiten die Römische <hi rendition="#aq">Patricii</hi> auf ihre Schuhe kleine Monden gehäfftet gehabt/ damit wann sie selbige anschauen/ sie sich dieser Dinge Unbeständigkeit erinnern/ und in guten Tagen nicht schwülstig und hoffärtig werden möchten: dann der Reichthumb/ und alles andere/ so von dem Menschen sehr hoch geachtet wird/ mag gar füglich mit dem Monde verglichen werden/ der bißweilen gantz hell ist/ bißweilen aber seinen Schein so gar verliehret/ daß er kaum mag gesehen werden: also pfleget auch diß Vergängliche unterweilen denen/ so drauf sehen/ eine </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [TA 1680, Iconologia Deorum, S. 46/0104]
Welches sie zu dem Ende saget/ dieweil in den Fabeln stehet/ es habe sich die Luna in den Hirten Endymion verliebt/ deßwegen sie ihn auf einem einsamen Berge eingeschläffert/ damit sie seiner Liebe desto freyer geniessen mögte: welches darum erdichtet worden/ weil Endymion/ wie Plinius im II Buche schreibet/ der erste gewesen/ so den Lauff der Sternen soll erfunden haben. So meldet auch Alexander Aphrodiseus in seinen Problematibus: es sey Endymion ein sehr fleissiger Erkündiger der Himmlischen Dinge gewesen/ und habe überaus grosse Müh angewandt/ deß Monds Lauff/ und die Ursach/ warumb er stetig seine Gestalt verändere/ zu erforschen; dieweil er aber deß Tages geschlaffen/ und deß Nachts gewacht/ habe man von ihm gesagt/ er hänge deß Monds Liebe nach. Eben dieses könte man vielleicht auf die Thessalier appliciren/ welche/ weil sie anders nichts gethan/ als wie sie deß Monds Natur erforschen mögten/ nachmahls dafür gehalten haben/ als ob sie ihn vom Himmel herab zögen/ und zwar zu der Zeit/ wann er eine Finsternus litte: dann der unverständig und thörichte gemeine Mann bildete sich gäntzlich ein/ er leide zu solcher Zeit wegen der Thessalier Zauberey; und damit sie hierwider Raht schaffen möchten/ machten sie ein gewaltig Gethöne/ wordurch sie ihm/ ihrer Meinung nach/ seine Schmertzen empfindlich linderten/ und nach deß Plinius Zeugnus/ durch solches Gethöne/ das zauberische Murmeln verhinderten/ damit es nicht zu deß Mondes Ohren dringen könte/ und also ihme keinen Schaden zufügen mögte. Dannenhero Propertius saget/ es würde durch Bezauberung der Mond von seinem Wagen herunter gestürtzet werden/ wofern ihme nicht das Gethöne vom Ertz zu Hülff käme. Und Juvenalis/ wann er von einem sehr wäschhafftigen Weibe redet/ saget/ es sey nicht mehr nöhtig/ auf ehrinnen Gefässen ein Gethöne zu machen/ weil sie allein mit ihrem Plaudern ein solches Geräusche verursache/ daß der Mond von aller Zauberey befreyet werde.
Endymion. Das Klangspiel in der Isis Hand bedeutet/ wie etliche wollen/ den Laut deß Monds/ den er von sich giebt/ wann er die himmlische Sphaeren umblaufft. Dieses pflegten sie nicht allein ehrin/ sondern/ wie Apulejus bezeuget/ da er von den Geheimnußen der Isis redet/ auch silbern und gülden zu machen. An selbigem waren/ wie Coelius Calcagninus erzehlet/ von aussen vier Gesichter ausgegraben/ die in einen Kreiß umgedreht werden konnten/ und dieses Unter-Rund/ so unter dem Mond zu sehen/ andeuteten; worinnen alle Dinge aus den vier Elementen zusammen gesetzt/ dem Anfang und Untergang unterworffen sind. Innwendig bildeten sie am eussersten Ende eine Katz mit einem menschlichen Angesicht/ daselbst man auch zwey Häupter sahe/ welche unter besagten vier Gesichtern sich bewegten/
deren eines die Isis bedeutete/ das andere die Nephehia vorbildete/ als durch welche aller Dinge Gebährung und Untergang/ so aus der Elementen Veränderung herrührt/ angedeutet wurde.
Sistrum oder Klangspiel. Die Katz war deß Mondes Vorbildung: dann/ wie in denen Fabeln gedichtet/ und vom Ovidius erzehlt wird/ als die Götter für deß Typhons Grimme aus Egypten flohen/ und sich daselbsten nicht allerdings gesichert hielten/ nahm einer diese/ der ander eine andere Gestalt eines Thiers an sich/ dahero sich die Diana in eine Katz veränderte; weil dieses Thier überaus veränderlich ist/ deß Nachts siehet/ und die Augen mit Zu- oder Abnehmung deß Liechts/ nach Art der Anwachs- und Verkürzung deß Mondes/ gleichfals verändert. Diese bildeten sie mit einem menschlichen Gesichte/ damit anzudeuten/ daß die Monds-Bewegung nicht von ohngefähr geschehe/ sondern von einer obern Krafft regieret werde. Dergleichen geheime Bedeutungen waren auch bey dem Klang-Spiele/ so nur allein von den Alten im Gottesdienst der Isis gebräuchlich war/ und ihr Apulejus/ wie wir oben gedacht/ in die Hand gegeben. Vom Gefäß/ das sie in der lincken Hand trug/ kan ebenmässig über das/ was wir berührt/ gesagt werden/ daß dardurch die Bewegung der aufschwellenden Gewässer/ die aus der Feuchtigkeit deß Monds ihr Wachsthumb haben/ bedeutet werde. Aus welcher Ursach auch einige den Zu- und Abfluß deß Meers dem Anwachs- und Abnehmen deß Mondes zugeschrieben haben.
Die Katz ist ein Vorbild der Luna.Wir können aber aus deß Mondes Bildnußen nicht allein viel Dinge/ so zur Erkänntnus der Natur-Wunder dienen/ erlernen; sondern auch/ welches der Mühe noch mehr werth ist/ aus desselben Beschauung viel nehmen/ das zur Besserung unserer Sitten uns gute Anleitung gibt. Es ist mit Fleiß zu mercken/ was hiervon Ambrosius schreibet/ wann er aus dem Schein oder Liecht des Mondes/ der immerdar verändert wird/ die Ungewißheit und Flüchtigkeit aller menschlichen Dinge uns vor Augen stellt/ und ermahnet/ daß wir unser Vertrauen nicht auf deren Hinfälligkeit setzen sollen/ weil sie wie ein Rauch in der Lufft zu verschwinden pflegen. Dannenhero einige darvor gehalten/ es haben vor Zeiten die Römische Patricii auf ihre Schuhe kleine Monden gehäfftet gehabt/ damit wann sie selbige anschauen/ sie sich dieser Dinge Unbeständigkeit erinnern/ und in guten Tagen nicht schwülstig und hoffärtig werden möchten: dann der Reichthumb/ und alles andere/ so von dem Menschen sehr hoch geachtet wird/ mag gar füglich mit dem Monde verglichen werden/ der bißweilen gantz hell ist/ bißweilen aber seinen Schein so gar verliehret/ daß er kaum mag gesehen werden: also pfleget auch diß Vergängliche unterweilen denen/ so drauf sehen/ eine
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