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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] ansichtig worden/ von der Seelen-Kranckheit/ die man Liebe nennet/ gefangen wurde. Dieses aber hatte die Venus/ so dem Hyppolitus/ wegen seiner grossen Keuschheit/ und dieweil er sich der Diana gantz zu eigen ergeben hatte/ sehr abgünstig und gehässig war/ angestifftet. Die Phaedra gab/ in ihrer unsinnigen Hitze/ solches ihrer Ammen zu verstehen. Welche/ ihr zu Gefallen/ eine Kupplerinn spielen wolte/ und es dem Hippolytus hinterbrachte: der aber/ für diesem schändlichen Begehren/ einen Eckel hatte/ und diese leichtfertige unreine Lust seiner Stiefmutter sehr hart bestraffte. Als aber dieselbe sich von ihm so gar veracht und beschämt sahe/ wurde sie von Scham und Schmach sehr entrüstet/ und fieng an diesen Hippolytus/ gegen ihren Gemahl/ zu beschuldigen/ als ob er ihrer in Unehren begehrt hätte. Worauf Theseus/ zu leichtglaubig/ den Hippolytus verjagt/ aus dem Lande gebannt/ und seinen Vatter den Neptunus gebeten/ denselben zu tödten. Worinnen er auch erhöret wurde; dieweil ihme Neptunus drey Bitten zu gewehren versprochen hatte. Als nun Hippolytus langs dem Strande/ mit seinem Wagen traurig dahin reiste: erweckte Neptunus ein schrecklich Ungewitter/ mit einem so greulichen Brausen/ als ob Des Hippolytus Tod. es schrecklich donnerte/ es kam eine grosse schaumenden Welle/ und aus derselben aufs Land ein grosser ungeheurer Seestier/ sehr ungestalt/ aus der Kehle und Nase grosse Wasserwellen schnaubend. Wordurch seine Pferde hefftig erschrocken/ ins lauffen und ausreissen geriethen/ und ohne aufhalten über Stock und Steine dahingiengen: so daß Hippolytus/ vom Wagen fallend/ sehr jämmerlich überfahren/ und alle seine Glieder zerquetscht wurden. Diana/ Seine durch den Aesculapius beschehene Wieder-Erweckung. hierüber Mitleiden habend/ ließ ihn/ durch den Aesculapius, wiederum erwecken: und damit er nicht erkandt werden möchte/ machte sie ihm eine ältere Gestalt/ weder er zuvor gehabt/ und nannte ihn Virbius/ als zweymal geboren/ oder Mann worden. Einige wollen/ er sey unter die Sterne gesetzt/ und allda der Fuhrmann genannt. Die Phaedra über dieses Unglück/ weil es aus ihrer Unkeuschheit und Untreu geschehen/ voller Betrübnus/ ward endlich so trostlos/ daß sie hinging und sich selbsten erhing. Einige vermeinen/ sie habe sich damals alsobald erhängt/ als ihr vom Jüngling ihr Begehren abgeschlagen worden/ und sie sich nun in solcher Verachtung befunden; iedoch habe sie vorher die falsche Beschuldigung/ ihrer Ehre zu Beschön- und Erhaltung an ihre Hand gebunden. Lehrliche Anweisung auf den Hippolytus. Diese Fabel lehret/ wie sehr die Tugend/ Standhafftigkeit/ Keuschheit/ Gerechtigkeit und Treue/ auch mit Lügen-strahlen beschossen/ wie greulich mit den grausamen Verfolgungs-Wellen und ungestalter Falschheit überfallen und beängstigt werde/ doch endlich ihren lieben Besitzer tröste/ gleichsam als zum Leben wieder erwecke/ und einen hellgläntzenden Ruhm zuwegen bringe/ der so hell-leuchtend und beständig/ als die Sterne sind.

Geschichtliche Erklärung über die Fabel von Tages. Die Fabel von dem Kinde Tages/ das aus der Erden gewachsen seyn soll/ wollen Einige/ sey aus einer Geschicht genommen/ indem einer/ des Namens/ aus seinem Dorffe sich auf eine Reise begeben/ [Spaltenumbruch] an einen weit-entlegnen Ort/ daselbsten die Wahrsager-Kunst zu lernen/ der sich in Tuscanien/ allwo er geboren worden/ und jung ausgezogen war/ nicht sehen lassen/ bis auf die Stunde/ da er in dieser Kunst/ ein vortrefflich-erfahrner Meister gewest: Als er sich nun seinen Landsleuten zu erkennen gegeben/ hab er ihnen zugleich seine Wahrsagers-Kunst offenbart/ und sehr seltsame Dinge hören lassen: dannenhero es/ bey denen/ die ihn in der Kindheit gekandt/ ietzo wieder zu seinem besten Alter gekommen/ und im wahrsagen so geschickt vor sich sahen/ das Ansehen hatte/ als ob er unversehens aus der Erden wieder hervor gewachsen/ und stracks alles vorher sagen könte.

Vom Cippus Die Fabel vom Cyppus/ der unter dem grünen Lorbeer-Krantze/ seine aus der Stirn hervorragende Hörner (die er nach Uberwindung seiner Feinde bekommen) verbarg/ und nicht gern der Römer König werden/ sondern lieber im Elende herum wallen wollen/ es wäre dann/ daß es dem gemeinen Wesen zum Besten dienen mögen/ und von Gott also vorsehen wäre/ und als er es also zuseyn verstanden/ freywillig ins Exilium gezogen/ will zu erkennen geben/ durch was für ein Volck oder Beherrscher Rom seinen Anfang und Wachsthum bekommen habe; als der Königliche guldne Scepter und elffenbeinerne Burgermeister-Stab; mit dem Pfluge so grosse Gemeinschafft hatten: als der eigennutzige Geitz noch gantz darnieder lag/ und man mehr/ in schlechter Armut/ des Vatterlands Wolfahrt liebte und suchte/ als Königreiche zu besitzen; als man in den Burgermeisters-Kisten nichts fande/ dann die ledige Böden/ oder so wenig/ daß es nicht langte ihre todte Leiber zu begraben/ oder einer Lehrliche und sinngebende Erklär- oder Auslegung/ vom Cippus und mit seinen Hörnern. Tochter ein Heyrathgut zu geben. Durch diesen Cippus/ wird sehr eigentlich vorgebildet ein aufrichtig/ tugendhafft und gutwilliger Regent/ Fürst oder König/ der lieber die gantze Lebens-zeit im Elende herum schweben/ oder in schlechtem gemeinem Stande sein Leben schliessen/ denn zum Nachtheil der Gemeine mit tyrannischer Unterdruckung oder Verderbung des Vatterlands zu herrschen/ begehrt; der auch seinen erlangten Sieg Gott zuschreibet/ ihn deswegen lobet und dancket/ sich seiner eignen Macht oder Tapfferkeit/ die mit den Hörnern abgebildet wird/ nicht rühmet/ sondern unter dem Lorbeer/ der sonst dem Apollo zugeeignet; verdecket/ das ist/ Gott allein die Ehre gibt/ und weil er sihet/ daß ihn Gott zu herrschen beruffen/ sich nicht weigert; iedoch anders nicht/ dann auf ietzt besagte Weise/ zur Erhaltung/ Wolfahrt und Glückseligkeit des Reichs/ oder gemeinen Staats. Eines solchen frommen Beherrschers Macht ist dann die rechte Weisheit und Vorsichtigkeit/ so die Städte und derselben Thore bewahrt: welches mit denen/ auf den Thoren befestigten/ guldnen Hörnern angedeutet: zumahl die Weisheit auch mit dem puren/ reinem/ und unverderblichen Lehrliche Erklärung auf die Römer/ da sie mit der Pest heimgesucht wurden. Golde verglichen wird. Nunmehro folget die Noth der Römer/ daß sie/ nachdem sie von der erschröcklichen Seuche der Pestilentz unter dem Volcke grossen Schaden erlitten/ ihre Zuflucht zum Phoebus genommen. Welches uns andeutet/ daß

[Spaltenumbruch] ansichtig worden/ von der Seelen-Kranckheit/ die man Liebe nennet/ gefangen wurde. Dieses aber hatte die Venus/ so dem Hyppolitus/ wegen seiner grossen Keuschheit/ und dieweil er sich der Diana gantz zu eigen ergeben hatte/ sehr abgünstig und gehässig war/ angestifftet. Die Phaedra gab/ in ihrer unsinnigen Hitze/ solches ihrer Ammen zu verstehen. Welche/ ihr zu Gefallen/ eine Kupplerinn spielen wolte/ und es dem Hippolytus hinterbrachte: der aber/ für diesem schändlichen Begehren/ einen Eckel hatte/ und diese leichtfertige unreine Lust seiner Stiefmutter sehr hart bestraffte. Als aber dieselbe sich von ihm so gar veracht und beschämt sahe/ wurde sie von Scham und Schmach sehr entrüstet/ und fieng an diesen Hippolytus/ gegen ihren Gemahl/ zu beschuldigen/ als ob er ihrer in Unehren begehrt hätte. Worauf Theseus/ zu leichtglaubig/ den Hippolytus verjagt/ aus dem Lande gebannt/ und seinen Vatter den Neptunus gebeten/ denselben zu tödten. Worinnen er auch erhöret wurde; dieweil ihme Neptunus drey Bitten zu gewehren versprochen hatte. Als nun Hippolytus langs dem Strande/ mit seinem Wagen traurig dahin reiste: erweckte Neptunus ein schrecklich Ungewitter/ mit einem so greulichen Brausen/ als ob Des Hippolytus Tod. es schrecklich donnerte/ es kam eine grosse schaumenden Welle/ und aus derselben aufs Land ein grosser ungeheurer Seestier/ sehr ungestalt/ aus der Kehle und Nase grosse Wasserwellen schnaubend. Wordurch seine Pferde hefftig erschrocken/ ins lauffen und ausreissen geriethen/ und ohne aufhalten über Stock und Steine dahingiengen: so daß Hippolytus/ vom Wagen fallend/ sehr jämmerlich überfahren/ und alle seine Glieder zerquetscht wurden. Diana/ Seine durch den Aesculapius beschehene Wieder-Erweckung. hierüber Mitleiden habend/ ließ ihn/ durch den Aesculapius, wiederum erwecken: und damit er nicht erkandt werden möchte/ machte sie ihm eine ältere Gestalt/ weder er zuvor gehabt/ und nannte ihn Virbius/ als zweymal geboren/ oder Mann worden. Einige wollen/ er sey unter die Sterne gesetzt/ und allda der Fuhrmann genannt. Die Phaedra über dieses Unglück/ weil es aus ihrer Unkeuschheit und Untreu geschehen/ voller Betrübnus/ ward endlich so trostlos/ daß sie hinging und sich selbsten erhing. Einige vermeinen/ sie habe sich damals alsobald erhängt/ als ihr vom Jüngling ihr Begehren abgeschlagen worden/ und sie sich nun in solcher Verachtung befunden; iedoch habe sie vorher die falsche Beschuldigung/ ihrer Ehre zu Beschön- und Erhaltung an ihre Hand gebunden. Lehrliche Anweisung auf den Hippolytus. Diese Fabel lehret/ wie sehr die Tugend/ Standhafftigkeit/ Keuschheit/ Gerechtigkeit und Treue/ auch mit Lügen-strahlen beschossen/ wie greulich mit den grausamen Verfolgungs-Wellen und ungestalter Falschheit überfallen und beängstigt werde/ doch endlich ihren lieben Besitzer tröste/ gleichsam als zum Leben wieder erwecke/ und einen hellgläntzenden Ruhm zuwegen bringe/ der so hell-leuchtend und beständig/ als die Sterne sind.

Geschichtliche Erklärung über die Fabel von Tages. Die Fabel von dem Kinde Tages/ das aus der Erden gewachsen seyn soll/ wollen Einige/ sey aus einer Geschicht genommen/ indem einer/ des Namens/ aus seinem Dorffe sich auf eine Reise begeben/ [Spaltenumbruch] an einen weit-entlegnen Ort/ daselbsten die Wahrsager-Kunst zu lernen/ der sich in Tuscanien/ allwo er geboren worden/ und jung ausgezogen war/ nicht sehen lassen/ bis auf die Stunde/ da er in dieser Kunst/ ein vortrefflich-erfahrner Meister gewest: Als er sich nun seinen Landsleuten zu erkennen gegeben/ hab er ihnen zugleich seine Wahrsagers-Kunst offenbart/ und sehr seltsame Dinge hören lassen: dannenhero es/ bey denen/ die ihn in der Kindheit gekandt/ ietzo wieder zu seinem besten Alter gekommen/ und im wahrsagen so geschickt vor sich sahen/ das Ansehen hatte/ als ob er unversehens aus der Erden wieder hervor gewachsen/ und stracks alles vorher sagen könte.

Vom Cippus Die Fabel vom Cyppus/ der unter dem grünen Lorbeer-Krantze/ seine aus der Stirn hervorragende Hörner (die er nach Uberwindung seiner Feinde bekommen) verbarg/ und nicht gern der Römer König werden/ sondern lieber im Elende herum wallen wollen/ es wäre dann/ daß es dem gemeinen Wesen zum Besten dienen mögen/ und von Gott also vorsehen wäre/ und als er es also zuseyn verstanden/ freywillig ins Exilium gezogen/ will zu erkennen geben/ durch was für ein Volck oder Beherrscher Rom seinen Anfang und Wachsthum bekommen habe; als der Königliche guldne Scepter und elffenbeinerne Burgermeister-Stab; mit dem Pfluge so grosse Gemeinschafft hatten: als der eigennutzige Geitz noch gantz darnieder lag/ und man mehr/ in schlechter Armut/ des Vatterlands Wolfahrt liebte und suchte/ als Königreiche zu besitzen; als man in den Burgermeisters-Kisten nichts fande/ dann die ledige Böden/ oder so wenig/ daß es nicht langte ihre todte Leiber zu begraben/ oder einer Lehrliche und sinngebende Erklär- oder Auslegung/ vom Cippus und mit seinen Hörnern. Tochter ein Heyrathgut zu geben. Durch diesen Cippus/ wird sehr eigentlich vorgebildet ein aufrichtig/ tugendhafft und gutwilliger Regent/ Fürst oder König/ der lieber die gantze Lebens-zeit im Elende herum schweben/ oder in schlechtem gemeinem Stande sein Leben schliessen/ denn zum Nachtheil der Gemeine mit tyrannischer Unterdruckung oder Verderbung des Vatterlands zu herrschen/ begehrt; der auch seinen erlangten Sieg Gott zuschreibet/ ihn deswegen lobet und dancket/ sich seiner eignen Macht oder Tapfferkeit/ die mit den Hörnern abgebildet wird/ nicht rühmet/ sondern unter dem Lorbeer/ der sonst dem Apollo zugeeignet; verdecket/ das ist/ Gott allein die Ehre gibt/ und weil er sihet/ daß ihn Gott zu herrschen beruffen/ sich nicht weigert; iedoch anders nicht/ dann auf ietzt besagte Weise/ zur Erhaltung/ Wolfahrt und Glückseligkeit des Reichs/ oder gemeinen Staats. Eines solchen frommen Beherrschers Macht ist dann die rechte Weisheit und Vorsichtigkeit/ so die Städte und derselben Thore bewahrt: welches mit denen/ auf den Thoren befestigten/ guldnen Hörnern angedeutet: zumahl die Weisheit auch mit dem puren/ reinem/ und unverderblichen Lehrliche Erklärung auf die Römer/ da sie mit der Pest heimgesucht wurden. Golde verglichen wird. Nunmehro folget die Noth der Römer/ daß sie/ nachdem sie von der erschröcklichen Seuche der Pestilentz unter dem Volcke grossen Schaden erlitten/ ihre Zuflucht zum Phoebus genommen. Welches uns andeutet/ daß

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[[Metamorphosis, S. 167]/0343] ansichtig worden/ von der Seelen-Kranckheit/ die man Liebe nennet/ gefangen wurde. Dieses aber hatte die Venus/ so dem Hyppolitus/ wegen seiner grossen Keuschheit/ und dieweil er sich der Diana gantz zu eigen ergeben hatte/ sehr abgünstig und gehässig war/ angestifftet. Die Phaedra gab/ in ihrer unsinnigen Hitze/ solches ihrer Ammen zu verstehen. Welche/ ihr zu Gefallen/ eine Kupplerinn spielen wolte/ und es dem Hippolytus hinterbrachte: der aber/ für diesem schändlichen Begehren/ einen Eckel hatte/ und diese leichtfertige unreine Lust seiner Stiefmutter sehr hart bestraffte. Als aber dieselbe sich von ihm so gar veracht und beschämt sahe/ wurde sie von Scham und Schmach sehr entrüstet/ und fieng an diesen Hippolytus/ gegen ihren Gemahl/ zu beschuldigen/ als ob er ihrer in Unehren begehrt hätte. Worauf Theseus/ zu leichtglaubig/ den Hippolytus verjagt/ aus dem Lande gebannt/ und seinen Vatter den Neptunus gebeten/ denselben zu tödten. 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Seine durch den Aesculapius beschehene Wieder-Erweckung. Lehrliche Anweisung auf den Hippolytus. Die Fabel von dem Kinde Tages/ das aus der Erden gewachsen seyn soll/ wollen Einige/ sey aus einer Geschicht genommen/ indem einer/ des Namens/ aus seinem Dorffe sich auf eine Reise begeben/ an einen weit-entlegnen Ort/ daselbsten die Wahrsager-Kunst zu lernen/ der sich in Tuscanien/ allwo er geboren worden/ und jung ausgezogen war/ nicht sehen lassen/ bis auf die Stunde/ da er in dieser Kunst/ ein vortrefflich-erfahrner Meister gewest: Als er sich nun seinen Landsleuten zu erkennen gegeben/ hab er ihnen zugleich seine Wahrsagers-Kunst offenbart/ und sehr seltsame Dinge hören lassen: dannenhero es/ bey denen/ die ihn in der Kindheit gekandt/ ietzo wieder zu seinem besten Alter gekommen/ und im wahrsagen so geschickt vor sich sahen/ das Ansehen hatte/ als ob er unversehens aus der Erden wieder hervor gewachsen/ und stracks alles vorher sagen könte. Geschichtliche Erklärung über die Fabel von Tages. Die Fabel vom Cyppus/ der unter dem grünen Lorbeer-Krantze/ seine aus der Stirn hervorragende Hörner (die er nach Uberwindung seiner Feinde bekommen) verbarg/ und nicht gern der Römer König werden/ sondern lieber im Elende herum wallen wollen/ es wäre dann/ daß es dem gemeinen Wesen zum Besten dienen mögen/ und von Gott also vorsehen wäre/ und als er es also zuseyn verstanden/ freywillig ins Exilium gezogen/ will zu erkennen geben/ durch was für ein Volck oder Beherrscher Rom seinen Anfang und Wachsthum bekommen habe; als der Königliche guldne Scepter und elffenbeinerne Burgermeister-Stab; mit dem Pfluge so grosse Gemeinschafft hatten: als der eigennutzige Geitz noch gantz darnieder lag/ und man mehr/ in schlechter Armut/ des Vatterlands Wolfahrt liebte und suchte/ als Königreiche zu besitzen; als man in den Burgermeisters-Kisten nichts fande/ dann die ledige Böden/ oder so wenig/ daß es nicht langte ihre todte Leiber zu begraben/ oder einer Tochter ein Heyrathgut zu geben. Durch diesen Cippus/ wird sehr eigentlich vorgebildet ein aufrichtig/ tugendhafft und gutwilliger Regent/ Fürst oder König/ der lieber die gantze Lebens-zeit im Elende herum schweben/ oder in schlechtem gemeinem Stande sein Leben schliessen/ denn zum Nachtheil der Gemeine mit tyrannischer Unterdruckung oder Verderbung des Vatterlands zu herrschen/ begehrt; der auch seinen erlangten Sieg Gott zuschreibet/ ihn deswegen lobet und dancket/ sich seiner eignen Macht oder Tapfferkeit/ die mit den Hörnern abgebildet wird/ nicht rühmet/ sondern unter dem Lorbeer/ der sonst dem Apollo zugeeignet; verdecket/ das ist/ Gott allein die Ehre gibt/ und weil er sihet/ daß ihn Gott zu herrschen beruffen/ sich nicht weigert; iedoch anders nicht/ dann auf ietzt besagte Weise/ zur Erhaltung/ Wolfahrt und Glückseligkeit des Reichs/ oder gemeinen Staats. Eines solchen frommen Beherrschers Macht ist dann die rechte Weisheit und Vorsichtigkeit/ so die Städte und derselben Thore bewahrt: welches mit denen/ auf den Thoren befestigten/ guldnen Hörnern angedeutet: zumahl die Weisheit auch mit dem puren/ reinem/ und unverderblichen Golde verglichen wird. Nunmehro folget die Noth der Römer/ daß sie/ nachdem sie von der erschröcklichen Seuche der Pestilentz unter dem Volcke grossen Schaden erlitten/ ihre Zuflucht zum Phoebus genommen. Welches uns andeutet/ daß Vom Cippus Lehrliche und sinngebende Erklär- oder Auslegung/ vom Cippus und mit seinen Hörnern. Lehrliche Erklärung auf die Römer/ da sie mit der Pest heimgesucht wurden.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 167]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/343>, abgerufen am 27.11.2024.