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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] weilen zulässet/ seinen Begierden/ oder Neigungen einige Freyheit zu verstatten/ in Betrachtung/ der Zorn (wann er nicht allzufrey und ungezügelt ist) ihme dienlich seyn kan/ zu Befestigung seiner Städte: Der aber seinen Zorn sich nicht unterthänig machen kan/ wird ohnfehlbar sein Sclav werden/ und dasselbe mit allzuspater Reu beklagen müssen. Und gleichmässiges kan auch von andern Seelen-Kranckheiten geschehen. Darum weil wir/ wie Aeolus/ in der kleinen Insul unsers zeitlichen Lebens/ mitten in dem Meer allerley Anfechtungen/ Beschwerligkeiten und Elenden/ seynd/ müssen wir Fleiß anwenden/ die erzehlte Lustwinde zu dämpffen/ und in dem Zaum der Vernunfft und Mässigkeit zu halten/ auf daß wir darüber herrschende Könige seyn mögen/ die das Reich unsers Gemüts im Frieden und Ruhe besitzen. Daß aber diese geldsüchtige Knechte des Ulysses den Sturmsack auslößten/ und ihnen so grosses Nachtheil/ Hindernus/ oder Zuruckweichung dadurch widerfahren/ deutet an/ was aus der mancherley böseswirckenden Grube/ Grund/ oder Wurtzel des Geitzes/ vor Schade/ Verderb und Jammer/ in diesem wütendem Meer entspringen/ und wie weit mancher/ von seinem rechtem ruch-vollem Vatterlande/ dardurch zuruck weichen und in Irrthum der Ungerechtigkeit fallen könne.

Von der Circe.

DIe Circe war/ nach des Hesiodus Zeugnus/ eine Tochter der Sonnen/ und Perseis/ einer Tochter des Oceans. Homerus aber/ in seinem zehnten Buch der Odysseen/ nennet ihre Mutter die Persa und nicht Perseis. Einige halten sie für eine Tochter der Hecate. Orpheus/ in seiner Fließreise/saget/ sie sey vom Hyperion/ und der Asterope gezeugt/ von vortrefflicher Schönheit/ und gläntzendem Angesichte gewest: und also habe sie sich denen Fließ-Helden vorgestellt und ihnen/ in grosser Verwunderung/ durch die anmuhtige Reitzungen und Vollkommenheiten/ die sie in ihr hervor blicken sahen/ die Hertzen geraubt und abgestohlen. Dionysius Milesius Denis aber von Milleto/ in seiner Fließreise/ meldet/ sie sey eine Tochter der Hecate/ und des Aeetus/ (oder Aetae) aber Aeetus und Perseus wären Söhne der Sonnen gewesen. Aeetus (oder vielmehr Aeta) war ein König von Colchos/ und/ wie wir/ im siebenden Buche/gesagt/ solten Medea und Circe Schwestern gewest seyn. Circe nun hatte/ von ihrer Mutter/ die Kräuter-Kunst gelernt/ und war weit höher erfahren in der Zauberey/ also daß sie täglich neue Fünde erdachte. Dionysiodorus schreibt/ sie sey eine Gemahlin gewest des Königs von Sarmatien/ dem sie aber bald vergeben/ und das gantze Königreich an sich gebracht habe; Weil sie aber ihre Unterthanen allzutyrannisch tractirt/ sey sie aus dem Lande gejagt/ und mit wenig Weibs-Volcke in Italien zu fliehen gezwungen worden/ allda sie zu bewohnen bekommen ein Land und Berg/ der noch bis auf diese Stunde ihren Namen behalten/ und an der See-Küste bey la Cisterne ligt/ von daraus[Spaltenumbruch] ich ihn mehrmalen gesehen. Sie habe/ sagen Einige/ vier Dienst-Mägde gehabt/ die ihr/ in ihren Vergifftungen und Zauber-Kräutern/ gearbeitet. Unser Poet setzet ihr auch die Seegöttinnen und andere Nymphen bey. Wann sie Jemanden/ aus buhlerischer Brunst/ wolte in sich verliebt machen/ und sein Hertz an sich ziehen; gebrauchte sie sich/ zu ihrem zauberischen Mittel sehr offt eines Vögleins/ dann vor Zeiten eine Nymphe in dieses Vöglein/ verwandelt worden. Diese war eine Tochter der Svadela/ so die Göttin der Uberredung/ oder Anrahtung: Und dieweil sie etwas gemacht hatte/ daß sich Jupiter in sich verlieben solte/ wurde sie von der Juno in dieses Vöglein verändert: Dasselbe nun heisst auf Griechisch Lynx/ in Lateinischer Sprache/ Motacilla; bey uns Teutschen aber/ eine Bachstältze/ an etlichen Orten auch ein Kühling/ weil es gerne um die Kühe zu seyn pfleget. Die Circe nun soll/ mit dem Ulysses/ gehabt haben drey Kinder/ wiewol andere gar von fünffen sagen. Jedoch soll er/ wie man schreibet/ nur ein Jahr bey ihr gewest seyn/ also daß diesem wenig zu glauben: Es wäre dann/ daß sie selbige auf ein/ oder zweymal zur Welt gebracht hätte.

Auf die Circe hat man natürliche Auslegungen. Dann daß sie der Sonnen Tochter/ und des Oceans Tochter-Kind ist/ bedeutet dieses: Daß alle Dinge/ durch Hitze und Feuchtigkeit/ wachsen; Zumalen Circe so viel ist/ als vermengen/ oder mischen: Dieweil das Vermischen der Elementen zur Fortpflantzung nöhtig. Ihre vier Dienst-Mägde aber seyn die vier Elementen. Wir wollen aber dieses übergehen/ und lieber etwas/ so uns zur Lehre dienen mag/ hervor suchen. Dann die Poeten nicht vergeblich noch um eines so Geringen Willen/ so viel von der Circe geschrieben Lehrliche Auslegung/ von der Circe. haben. Die Circe wird gehalten vor der Sonnen Tochter/ und des Oceans Tochter-Kind: Dieweil/ vermittelst der Sonnen Hitze und Feuchtigkeit/ in allen Thieren die fleischliche Begierde entstehet/ welche Begierde uns dann kitzelt/ und unsere Sinnligkeit erwecket/ Gnügen und Wollust zu suchen. Wann sie uns dann mag überwinden/ drucket sie in unsern Geist und Neigungen unterschiedene Gebrechen/ nach Art der Thiere/ und komt darinnen überein mit der Stern-Schau/ (oder mit dem/ was die Sternkündiger vorgeben) einige reizen zur Hurerey/ Schwelgerey und Trunckenheit: andere leiten an/ zum Zorn/ Grausamkeit und dergleichen andern Lastern mehr. Welches Warum man gesagt die Circe mache den Menschen zum Thiere. daraus zu schliessen/ daß sie schreiben. Circe habe die Menschen in unterschiedliche Bestien verwandelt. Und weil man sagt/ daß die Sterne gleichfalls mit- wircken/ als wird gedichtet/ daß sie/ die Sterne könne fest machen/ oder an andere Oerter versetzen. Also kan der Mensch wol leichtlich solche bestialische Sitten annehmen/ dafern er nicht zum wiederstreben Göttliche Hülffe bekommt: inmassen durch den Mercurius angewiesen wird/ der dem Ulysses Raht gegeben: Wie auch das Kraut Moly/ so/ wie Plinius/ im vierdten Cap. seines 25 sten Buchs/ den Homerus anziehend/beschreibet/ für die Zauberey gut seyn soll. Also wann man

[Spaltenumbruch] weilen zulässet/ seinen Begierden/ oder Neigungen einige Freyheit zu verstatten/ in Betrachtung/ der Zorn (wann er nicht allzufrey und ungezügelt ist) ihme dienlich seyn kan/ zu Befestigung seiner Städte: Der aber seinen Zorn sich nicht unterthänig machen kan/ wird ohnfehlbar sein Sclav werden/ und dasselbe mit allzuspater Reu beklagen müssen. Und gleichmässiges kan auch von andern Seelen-Kranckheiten geschehen. Darum weil wir/ wie Aeolus/ in der kleinen Insul unsers zeitlichen Lebens/ mitten in dem Meer allerley Anfechtungen/ Beschwerligkeiten und Elenden/ seynd/ müssen wir Fleiß anwenden/ die erzehlte Lustwinde zu dämpffen/ und in dem Zaum der Vernunfft und Mässigkeit zu halten/ auf daß wir darüber herrschende Könige seyn mögen/ die das Reich unsers Gemüts im Frieden und Ruhe besitzen. Daß aber diese geldsüchtige Knechte des Ulysses den Sturmsack auslößten/ und ihnen so grosses Nachtheil/ Hindernus/ oder Zuruckweichung dadurch widerfahren/ deutet an/ was aus der mancherley böseswirckenden Grube/ Grund/ oder Wurtzel des Geitzes/ vor Schade/ Verderb und Jammer/ in diesem wütendem Meer entspringen/ und wie weit mancher/ von seinem rechtem ruch-vollem Vatterlande/ dardurch zuruck weichen und in Irrthum der Ungerechtigkeit fallen könne.

Von der Circe.

DIe Circe war/ nach des Hesiodus Zeugnus/ eine Tochter der Sonnen/ und Perseis/ einer Tochter des Oceans. Homerus aber/ in seinem zehnten Buch der Odysseen/ nennet ihre Mutter die Persa und nicht Perseis. Einige halten sie für eine Tochter der Hecate. Orpheus/ in seiner Fließreise/saget/ sie sey vom Hyperion/ und der Asterope gezeugt/ von vortrefflicher Schönheit/ und gläntzendem Angesichte gewest: und also habe sie sich denen Fließ-Helden vorgestellt und ihnen/ in grosser Verwunderung/ durch die anmuhtige Reitzungen und Vollkommenheiten/ die sie in ihr hervor blicken sahen/ die Hertzen geraubt und abgestohlen. Dionysius Milesius Denis aber von Milleto/ in seiner Fließreise/ meldet/ sie sey eine Tochter der Hecate/ und des Aeetus/ (oder Aetae) aber Aeetus und Perseus wären Söhne der Sonnen gewesen. Aeetus (oder vielmehr Aeta) war ein König von Colchos/ und/ wie wir/ im siebenden Buche/gesagt/ solten Medea und Circe Schwestern gewest seyn. Circe nun hatte/ von ihrer Mutter/ die Kräuter-Kunst gelernt/ und war weit höher erfahren in der Zauberey/ also daß sie täglich neue Fünde erdachte. Dionysiodorus schreibt/ sie sey eine Gemahlin gewest des Königs von Sarmatien/ dem sie aber bald vergeben/ und das gantze Königreich an sich gebracht habe; Weil sie aber ihre Unterthanen allzutyrannisch tractirt/ sey sie aus dem Lande gejagt/ und mit wenig Weibs-Volcke in Italien zu fliehen gezwungen worden/ allda sie zu bewohnen bekommen ein Land und Berg/ der noch bis auf diese Stunde ihren Namen behalten/ und an der See-Küste bey la Cisterne ligt/ von daraus[Spaltenumbruch] ich ihn mehrmalen gesehen. Sie habe/ sagen Einige/ vier Dienst-Mägde gehabt/ die ihr/ in ihren Vergifftungen und Zauber-Kräutern/ gearbeitet. Unser Poet setzet ihr auch die Seegöttinnen und andere Nymphen bey. Wann sie Jemanden/ aus buhlerischer Brunst/ wolte in sich verliebt machen/ und sein Hertz an sich ziehen; gebrauchte sie sich/ zu ihrem zauberischen Mittel sehr offt eines Vögleins/ dann vor Zeiten eine Nymphe in dieses Vöglein/ verwandelt worden. Diese war eine Tochter der Svadela/ so die Göttin der Uberredung/ oder Anrahtung: Und dieweil sie etwas gemacht hatte/ daß sich Jupiter in sich verlieben solte/ wurde sie von der Juno in dieses Vöglein verändert: Dasselbe nun heisst auf Griechisch Lynx/ in Lateinischer Sprache/ Motacilla; bey uns Teutschen aber/ eine Bachstältze/ an etlichen Orten auch ein Kühling/ weil es gerne um die Kühe zu seyn pfleget. Die Circe nun soll/ mit dem Ulysses/ gehabt haben drey Kinder/ wiewol andere gar von fünffen sagen. Jedoch soll er/ wie man schreibet/ nur ein Jahr bey ihr gewest seyn/ also daß diesem wenig zu glauben: Es wäre dann/ daß sie selbige auf ein/ oder zweymal zur Welt gebracht hätte.

Auf die Circe hat man natürliche Auslegungen. Dann daß sie der Sonnen Tochter/ und des Oceans Tochter-Kind ist/ bedeutet dieses: Daß alle Dinge/ durch Hitze und Feuchtigkeit/ wachsen; Zumalen Circe so viel ist/ als vermengen/ oder mischen: Dieweil das Vermischen der Elementen zur Fortpflantzung nöhtig. Ihre vier Dienst-Mägde aber seyn die vier Elementen. Wir wollen aber dieses übergehen/ und lieber etwas/ so uns zur Lehre dienen mag/ hervor suchen. Dann die Poeten nicht vergeblich noch um eines so Geringen Willen/ so viel von der Circe geschrieben Lehrliche Auslegung/ von der Circe. haben. Die Circe wird gehalten vor der Sonnen Tochter/ und des Oceans Tochter-Kind: Dieweil/ vermittelst der Sonnen Hitze und Feuchtigkeit/ in allen Thieren die fleischliche Begierde entstehet/ welche Begierde uns dann kitzelt/ und unsere Sinnligkeit erwecket/ Gnügen und Wollust zu suchen. Wann sie uns dann mag überwinden/ drucket sie in unsern Geist und Neigungen unterschiedene Gebrechen/ nach Art der Thiere/ und komt darinnen überein mit der Stern-Schau/ (oder mit dem/ was die Sternkündiger vorgeben) einige reizen zur Hurerey/ Schwelgerey und Trunckenheit: andere leiten an/ zum Zorn/ Grausamkeit und dergleichen andern Lastern mehr. Welches Warum man gesagt die Circe mache den Menschen zum Thiere. daraus zu schliessen/ daß sie schreiben. Circe habe die Menschen in unterschiedliche Bestien verwandelt. Und weil man sagt/ daß die Sterne gleichfalls mit- wircken/ als wird gedichtet/ daß sie/ die Sterne könne fest machen/ oder an andere Oerter versetzen. Also kan der Mensch wol leichtlich solche bestialische Sitten annehmen/ dafern er nicht zum wiederstreben Göttliche Hülffe bekommt: inmassen durch den Mercurius angewiesen wird/ der dem Ulysses Raht gegeben: Wie auch das Kraut Moly/ so/ wie Plinius/ im vierdten Cap. seines 25 sten Buchs/ den Homerus anziehend/beschreibet/ für die Zauberey gut seyn soll. Also wann man

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[[Metamorphosis, S. 155]/0331] weilen zulässet/ seinen Begierden/ oder Neigungen einige Freyheit zu verstatten/ in Betrachtung/ der Zorn (wann er nicht allzufrey und ungezügelt ist) ihme dienlich seyn kan/ zu Befestigung seiner Städte: Der aber seinen Zorn sich nicht unterthänig machen kan/ wird ohnfehlbar sein Sclav werden/ und dasselbe mit allzuspater Reu beklagen müssen. Und gleichmässiges kan auch von andern Seelen-Kranckheiten geschehen. Darum weil wir/ wie Aeolus/ in der kleinen Insul unsers zeitlichen Lebens/ mitten in dem Meer allerley Anfechtungen/ Beschwerligkeiten und Elenden/ seynd/ müssen wir Fleiß anwenden/ die erzehlte Lustwinde zu dämpffen/ und in dem Zaum der Vernunfft und Mässigkeit zu halten/ auf daß wir darüber herrschende Könige seyn mögen/ die das Reich unsers Gemüts im Frieden und Ruhe besitzen. Daß aber diese geldsüchtige Knechte des Ulysses den Sturmsack auslößten/ und ihnen so grosses Nachtheil/ Hindernus/ oder Zuruckweichung dadurch widerfahren/ deutet an/ was aus der mancherley böseswirckenden Grube/ Grund/ oder Wurtzel des Geitzes/ vor Schade/ Verderb und Jammer/ in diesem wütendem Meer entspringen/ und wie weit mancher/ von seinem rechtem ruch-vollem Vatterlande/ dardurch zuruck weichen und in Irrthum der Ungerechtigkeit fallen könne. Von der Circe. DIe Circe war/ nach des Hesiodus Zeugnus/ eine Tochter der Sonnen/ und Perseis/ einer Tochter des Oceans. Homerus aber/ in seinem zehnten Buch der Odysseen/ nennet ihre Mutter die Persa und nicht Perseis. Einige halten sie für eine Tochter der Hecate. Orpheus/ in seiner Fließreise/saget/ sie sey vom Hyperion/ und der Asterope gezeugt/ von vortrefflicher Schönheit/ und gläntzendem Angesichte gewest: und also habe sie sich denen Fließ-Helden vorgestellt und ihnen/ in grosser Verwunderung/ durch die anmuhtige Reitzungen und Vollkommenheiten/ die sie in ihr hervor blicken sahen/ die Hertzen geraubt und abgestohlen. Dionysius Milesius Denis aber von Milleto/ in seiner Fließreise/ meldet/ sie sey eine Tochter der Hecate/ und des Aeetus/ (oder Aetae) aber Aeetus und Perseus wären Söhne der Sonnen gewesen. Aeetus (oder vielmehr Aeta) war ein König von Colchos/ und/ wie wir/ im siebenden Buche/gesagt/ solten Medea und Circe Schwestern gewest seyn. Circe nun hatte/ von ihrer Mutter/ die Kräuter-Kunst gelernt/ und war weit höher erfahren in der Zauberey/ also daß sie täglich neue Fünde erdachte. Dionysiodorus schreibt/ sie sey eine Gemahlin gewest des Königs von Sarmatien/ dem sie aber bald vergeben/ und das gantze Königreich an sich gebracht habe; Weil sie aber ihre Unterthanen allzutyrannisch tractirt/ sey sie aus dem Lande gejagt/ und mit wenig Weibs-Volcke in Italien zu fliehen gezwungen worden/ allda sie zu bewohnen bekommen ein Land und Berg/ der noch bis auf diese Stunde ihren Namen behalten/ und an der See-Küste bey la Cisterne ligt/ von daraus ich ihn mehrmalen gesehen. Sie habe/ sagen Einige/ vier Dienst-Mägde gehabt/ die ihr/ in ihren Vergifftungen und Zauber-Kräutern/ gearbeitet. Unser Poet setzet ihr auch die Seegöttinnen und andere Nymphen bey. Wann sie Jemanden/ aus buhlerischer Brunst/ wolte in sich verliebt machen/ und sein Hertz an sich ziehen; gebrauchte sie sich/ zu ihrem zauberischen Mittel sehr offt eines Vögleins/ dann vor Zeiten eine Nymphe in dieses Vöglein/ verwandelt worden. Diese war eine Tochter der Svadela/ so die Göttin der Uberredung/ oder Anrahtung: Und dieweil sie etwas gemacht hatte/ daß sich Jupiter in sich verlieben solte/ wurde sie von der Juno in dieses Vöglein verändert: Dasselbe nun heisst auf Griechisch Lynx/ in Lateinischer Sprache/ Motacilla; bey uns Teutschen aber/ eine Bachstältze/ an etlichen Orten auch ein Kühling/ weil es gerne um die Kühe zu seyn pfleget. Die Circe nun soll/ mit dem Ulysses/ gehabt haben drey Kinder/ wiewol andere gar von fünffen sagen. Jedoch soll er/ wie man schreibet/ nur ein Jahr bey ihr gewest seyn/ also daß diesem wenig zu glauben: Es wäre dann/ daß sie selbige auf ein/ oder zweymal zur Welt gebracht hätte. Auf die Circe hat man natürliche Auslegungen. Dann daß sie der Sonnen Tochter/ und des Oceans Tochter-Kind ist/ bedeutet dieses: Daß alle Dinge/ durch Hitze und Feuchtigkeit/ wachsen; Zumalen Circe so viel ist/ als vermengen/ oder mischen: Dieweil das Vermischen der Elementen zur Fortpflantzung nöhtig. Ihre vier Dienst-Mägde aber seyn die vier Elementen. Wir wollen aber dieses übergehen/ und lieber etwas/ so uns zur Lehre dienen mag/ hervor suchen. Dann die Poeten nicht vergeblich noch um eines so Geringen Willen/ so viel von der Circe geschrieben haben. Die Circe wird gehalten vor der Sonnen Tochter/ und des Oceans Tochter-Kind: Dieweil/ vermittelst der Sonnen Hitze und Feuchtigkeit/ in allen Thieren die fleischliche Begierde entstehet/ welche Begierde uns dann kitzelt/ und unsere Sinnligkeit erwecket/ Gnügen und Wollust zu suchen. Wann sie uns dann mag überwinden/ drucket sie in unsern Geist und Neigungen unterschiedene Gebrechen/ nach Art der Thiere/ und komt darinnen überein mit der Stern-Schau/ (oder mit dem/ was die Sternkündiger vorgeben) einige reizen zur Hurerey/ Schwelgerey und Trunckenheit: andere leiten an/ zum Zorn/ Grausamkeit und dergleichen andern Lastern mehr. Welches daraus zu schliessen/ daß sie schreiben. Circe habe die Menschen in unterschiedliche Bestien verwandelt. Und weil man sagt/ daß die Sterne gleichfalls mit- wircken/ als wird gedichtet/ daß sie/ die Sterne könne fest machen/ oder an andere Oerter versetzen. Also kan der Mensch wol leichtlich solche bestialische Sitten annehmen/ dafern er nicht zum wiederstreben Göttliche Hülffe bekommt: inmassen durch den Mercurius angewiesen wird/ der dem Ulysses Raht gegeben: Wie auch das Kraut Moly/ so/ wie Plinius/ im vierdten Cap. seines 25 sten Buchs/ den Homerus anziehend/beschreibet/ für die Zauberey gut seyn soll. Also wann man Lehrliche Auslegung/ von der Circe. Warum man gesagt die Circe mache den Menschen zum Thiere.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 155]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/331>, abgerufen am 24.11.2024.