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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] darvon Macareus seinem Gesellen/ oder Mit-Griechen dem Achimenides/ erzehlet/ daß sie dem Ulysses die Winde in den leeren Sack gegeben hätten/ die ihm hernach ein Ungewitter erwecket haben. Dann als sie bereits fast zu Hause waren/ und etliche vermeinten/ daß Geld drinnen wäre/ denselben deshalber entbunden: drungen die Winde heraus/ und trieben das Schiff zu rucke/ bis zum Polyphemus hin.

Vom Aeolus.

Aeolus/ König oder Verwahrer der Winde/ war ein Sohn des Hippotas und der Menecle/ oder Lygia/ einer Tochter des Actors. Etliche halten diesen Wind-Gott/ für einen Sohn des Jupiters. Er wohnte in einer der sieben Insulen/ die man nannte die Aeolus- Insulen/ nemlich in einer/ die wegen ihrer Rundigkeit/ Strongyle hieß. Sie war gelegen bey Sicilien/ darinnen auch ein Berg / der durch zwey Schlünde sehr starck Feuer ausspeite/ worvon das eine Loch 375. Schuch weit/ daraus man das helle klare Feuer überaus hoch heraus fahren sahe. in diesen Berg/ sagte man/ käme Vulcanus unterweilen/ daselbsten zu schmieden/ und dann hörte man ein grosses Getümmel/ und zwar auf 500. Stadien weit/ iedes stadium (oder Roß-Lauff) von 125. Schuhen. Es flogen Steine heraus/ die roht und blau waren. Dieser Brand gab des Nachts eine grosse Hellen von sich/ darein man so übel/ als in die Sonne/ sehen konte: des Tages aber sahe man/ auf der Spitze/ allda die Flamme des Nachts erschiene/ einen Nebel/ einer schwartzen Wolcken gleich/ und weil die Inwohner/ an diesem Rauch/ drey Tage zuvor/ zu sagen wusten/ was für Winde wehen würden: sagte man/ daß Aeolus/ der Herr dieser Insul/ ein König der Winde wäre. Auch Homerus/ im zehnden seiner Odysseen/ nennet ihn/ den Mittler und Schatzmeister der Winde/ als welcher Befehl vom Jupiter habe/ dieselbe zu erregen und zu stillen/ Von der Krafft und Wirckung der Winde. wie es ihme gut deuchte. Ehe aber Eolus solche Herrschafft über die Winde empfangen/ und sie bezähmet hätte/ sagte man/ daß sie dickmalen unter einander strittig gewesen/ und also viel übels angerichtet/ viel Städte und Länder verderbt/ und durch ihre gewaltige/ anhaltende und hart-blasende Ungestümigkeit das gantze Sicilien gespalten und von Italia abgeschieden/ ingleichen die Mitteländische See/ welche zuvor nicht war/ gemacht/ und also den Welttheil Africa von Europa gesondert hätten; indem sie/ mit grosser Gewalt/ unablässig auf dem Ocean geraset. Die Fabeln aber auf die Seite gestellt/ so solte schwerlich zu widersprechen seyn/ daß auch West-Indien an Africa oder Europa/ zum wenigsten gegen Süden und Norden/ dereinst veste gewest. Welches an ihren Abgöttereyen/ und vielen andern Sachen/ so mit der alten Heyden ihren übereinkommen/ zu spüren und abzunehmen ist. Aeolus hatte zwölff/ oder mehr Kinder. Heute zu Tage haben sie die Schiffer auf ihrem Compas/ auf zwey und dreissig vermehret. Man erzehlet/ daß Aeolus/ gegen die Fremdlinge[Spaltenumbruch] und Reisende/ sehr barmhertzig und freundlich gewest/ und unter seinem Volcke gut Recht gehalten habe/ sey ein guter Kriegs-Mann/ und in allen Dingen Aeolus Erster Erfinder der Segel. sehr klug und verständig gewest. Er soll allda in seinem Lande/ der erste Erfinder derer/ zur Seefahrt sehr dienlichen/ Segel gewest sey. An einem andern Orte aber/ war Icarus der Segel-Erfinder/ wie solches Plinius bezeuget/ im 56. Capitel/ seines siebenden Buchs. Diodorus sagt/ daß Daedalus den Mast und Segelstange erfunden. Tiphis das Ruder/ indem er das in achtgenommen/ wie die Bachsteltzen ihren Schwantz bewegten: Die von Tyrrhenen den Ancker: Neptunus das Schiff und die Seefahrt. Welches ungeachtet es eine sehr nutzbare/ wiewol auch gefährliche Kunst/ dannoch vom Horatius Flaccus/ und andern Poeten/ der See nicht viel trauten/ sehr misgepriesen und getadelt wird/ daß man mit Lebens-Gefahr sich unterstehen dörffen/ über solche Abgründe hin zu lauffen. Ja/ es muß solches allerdings der Spinnen/ beym Polydorus/ entgelten. Auch der nutzbare Flachs und Lein-Saame mag nicht frey ausgehen/ wann er saget: War das Menschliche Leben nicht stoltz und vermessen/ hervorzubringen den Fund des Hanffes/ und den Lein-Saamens/ damit man/ durch die besorgliche schnöde Segel/ auf der wilden See Sturm und Wind fangen könte/ worüber eine so grosse Menge Menschen/ durch ihr suchen/ den Tod finden/ von den Wellen verschlungen/ und in den Wallfischen/ Stöhren und anderer Fische Bäuchen begraben werden? Wir kehren Historische Erklärung über den Aeolus. aber wiederum zum Aeolus. Man sagt auch/ daß er darum ein Gott der Winde genennet worden. Weil er denen See-Leuten wissen vorzusagen/ was vor Winde wehen würden: dann er ein guter Himmels- oder Sternkündiger gewest/ und gewust/ was vor Stürme entstünden/ wann die Sonne dem Stierzeichen genahet/ was vor Winde in Hervorkommung des Hundes oder anderer himmlischer Zeichen/ zu entstehen pflegten; Und dieweil er Wetter und Wind so unterschiedlich vorzusagen wuste/ sagte man von ihm/ daß er die Winde gefangen hielte/und/ welche er wolte/ fliegen liesse. Nachdem wir nun gnugsame Erklärung gethan/ von diesem Lehrliche Auslegung auf den Aeolus. Aeolus/ ist zu wissen/ daß ein ieglicher auch ein König der Winde seyn solte: Verstehe/ daß er allen aufsteigenden Regungen seiner Begierden/ oder Seelen-Kranckheiten/ als dem Geitz/ der Unkeuschheit/ und dem blutrührenden/ Geist-entrüstenden Zorne/ welcher/ als ein grimmiger/ gefährlicher Nord-Wind/ viel Verderb und Ubel anrichten/ nicht zwar Schiffe/ sondern gantze Länder verwüsten/ und die schönsten Städte zum Untergang befördern kan/ gebieten/ und den Zaum anhencken solle. Darum hochnöhtig/ daß der Zorn/ bey grossen und kleinen/ oder hohen und niedrigen/ gemässigt/ und wol im Zügel gehalten werde/ damit er nicht endlich in eine Unsinnigkeit ausbreche. Darum müssen wir Aeoli seyn/ oder es muß die Vernunfft in uns mächtig/ und gleichsam/ als ein vorsichtiger Aeolus seyn/ die Regungen und Neigungen des Hertzens desto füglicher innen und gefangen zu halten. Es ist zwar wahr/ daß die Natur/ in den Schrancken der Mässigkeit/ dem Menschen unterweilen

[Spaltenumbruch] darvon Macareus seinem Gesellen/ oder Mit-Griechen dem Achimenides/ erzehlet/ daß sie dem Ulysses die Winde in den leeren Sack gegeben hätten/ die ihm hernach ein Ungewitter erwecket haben. Dann als sie bereits fast zu Hause waren/ und etliche vermeinten/ daß Geld drinnen wäre/ denselben deshalber entbunden: drungen die Winde heraus/ und trieben das Schiff zu rucke/ bis zum Polyphemus hin.

Vom Aeolus.

Aeolus/ König oder Verwahrer der Winde/ war ein Sohn des Hippotas und der Menecle/ oder Lygia/ einer Tochter des Actors. Etliche halten diesen Wind-Gott/ für einen Sohn des Jupiters. Er wohnte in einer der sieben Insulen/ die man nannte die Aeolus- Insulen/ nemlich in einer/ die wegen ihrer Rundigkeit/ Strongyle hieß. Sie war gelegen bey Sicilien/ darinnen auch ein Berg / der durch zwey Schlünde sehr starck Feuer ausspeite/ worvon das eine Loch 375. Schuch weit/ daraus man das helle klare Feuer überaus hoch heraus fahren sahe. in diesen Berg/ sagte man/ käme Vulcanus unterweilen/ daselbsten zu schmieden/ und dann hörte man ein grosses Getümmel/ und zwar auf 500. Stadien weit/ iedes stadium (oder Roß-Lauff) von 125. Schuhen. Es flogen Steine heraus/ die roht und blau waren. Dieser Brand gab des Nachts eine grosse Hellen von sich/ darein man so übel/ als in die Sonne/ sehen konte: des Tages aber sahe man/ auf der Spitze/ allda die Flamme des Nachts erschiene/ einen Nebel/ einer schwartzen Wolcken gleich/ und weil die Inwohner/ an diesem Rauch/ drey Tage zuvor/ zu sagen wusten/ was für Winde wehen würden: sagte man/ daß Aeolus/ der Herr dieser Insul/ ein König der Winde wäre. Auch Homerus/ im zehnden seiner Odysseen/ nennet ihn/ den Mittler und Schatzmeister der Winde/ als welcher Befehl vom Jupiter habe/ dieselbe zu erregen und zu stillen/ Von der Krafft und Wirckung der Winde. wie es ihme gut deuchte. Ehe aber Eolus solche Herrschafft über die Winde empfangen/ und sie bezähmet hätte/ sagte man/ daß sie dickmalen unter einander strittig gewesen/ und also viel übels angerichtet/ viel Städte und Länder verderbt/ und durch ihre gewaltige/ anhaltende und hart-blasende Ungestümigkeit das gantze Sicilien gespalten und von Italia abgeschieden/ ingleichen die Mitteländische See/ welche zuvor nicht war/ gemacht/ und also den Welttheil Africa von Europa gesondert hätten; indem sie/ mit grosser Gewalt/ unablässig auf dem Ocean geraset. Die Fabeln aber auf die Seite gestellt/ so solte schwerlich zu widersprechen seyn/ daß auch West-Indien an Africa oder Europa/ zum wenigsten gegen Süden und Norden/ dereinst veste gewest. Welches an ihren Abgöttereyen/ und vielen andern Sachen/ so mit der alten Heyden ihren übereinkommen/ zu spüren und abzunehmen ist. Aeolus hatte zwölff/ oder mehr Kinder. Heute zu Tage haben sie die Schiffer auf ihrem Compas/ auf zwey und dreissig vermehret. Man erzehlet/ daß Aeolus/ gegen die Fremdlinge[Spaltenumbruch] und Reisende/ sehr barmhertzig und freundlich gewest/ und unter seinem Volcke gut Recht gehalten habe/ sey ein guter Kriegs-Mann/ und in allen Dingen Aeolus Erster Erfinder der Segel. sehr klug und verständig gewest. Er soll allda in seinem Lande/ der erste Erfinder derer/ zur Seefahrt sehr dienlichen/ Segel gewest sey. An einem andern Orte aber/ war Icarus der Segel-Erfinder/ wie solches Plinius bezeuget/ im 56. Capitel/ seines siebenden Buchs. Diodorus sagt/ daß Daedalus den Mast und Segelstange erfunden. Tiphis das Ruder/ indem er das in achtgenommen/ wie die Bachsteltzen ihren Schwantz bewegten: Die von Tyrrhenen den Ancker: Neptunus das Schiff und die Seefahrt. Welches ungeachtet es eine sehr nutzbare/ wiewol auch gefährliche Kunst/ dannoch vom Horatius Flaccus/ und andern Poeten/ der See nicht viel trauten/ sehr misgepriesen und getadelt wird/ daß man mit Lebens-Gefahr sich unterstehen dörffen/ über solche Abgründe hin zu lauffen. Ja/ es muß solches allerdings der Spinnen/ beym Polydorus/ entgelten. Auch der nutzbare Flachs und Lein-Saame mag nicht frey ausgehen/ wann er saget: War das Menschliche Leben nicht stoltz und vermessen/ hervorzubringen den Fund des Hanffes/ und den Lein-Saamens/ damit man/ durch die besorgliche schnöde Segel/ auf der wilden See Sturm und Wind fangen könte/ worüber eine so grosse Menge Menschen/ durch ihr suchen/ den Tod finden/ von den Wellen verschlungen/ und in den Wallfischen/ Stöhren und anderer Fische Bäuchen begraben werden? Wir kehren Historische Erklärung über den Aeolus. aber wiederum zum Aeolus. Man sagt auch/ daß er darum ein Gott der Winde genennet worden. Weil er denen See-Leuten wissen vorzusagen/ was vor Winde wehen würden: dann er ein guter Himmels- oder Sternkündiger gewest/ und gewust/ was vor Stürme entstünden/ wann die Sonne dem Stierzeichen genahet/ was vor Winde in Hervorkommung des Hundes oder anderer himmlischer Zeichen/ zu entstehen pflegten; Und dieweil er Wetter und Wind so unterschiedlich vorzusagen wuste/ sagte man von ihm/ daß er die Winde gefangen hielte/und/ welche er wolte/ fliegen liesse. Nachdem wir nun gnugsame Erklärung gethan/ von diesem Lehrliche Auslegung auf den Aeolus. Aeolus/ ist zu wissen/ daß ein ieglicher auch ein König der Winde seyn solte: Verstehe/ daß er allen aufsteigenden Regungen seiner Begierden/ oder Seelen-Kranckheiten/ als dem Geitz/ der Unkeuschheit/ und dem blutrührenden/ Geist-entrüstenden Zorne/ welcher/ als ein grimmiger/ gefährlicher Nord-Wind/ viel Verderb und Ubel anrichten/ nicht zwar Schiffe/ sondern gantze Länder verwüsten/ und die schönsten Städte zum Untergang befördern kan/ gebieten/ und den Zaum anhencken solle. Darum hochnöhtig/ daß der Zorn/ bey grossen und kleinen/ oder hohen und niedrigen/ gemässigt/ und wol im Zügel gehalten werde/ damit er nicht endlich in eine Unsinnigkeit ausbreche. Darum müssen wir Aeoli seyn/ oder es muß die Vernunfft in uns mächtig/ und gleichsam/ als ein vorsichtiger Aeolus seyn/ die Regungen und Neigungen des Hertzens desto füglicher innen und gefangen zu halten. Es ist zwar wahr/ daß die Natur/ in den Schrancken der Mässigkeit/ dem Menschen unterweilen

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[[Metamorphosis, S. 154]/0330] darvon Macareus seinem Gesellen/ oder Mit-Griechen dem Achimenides/ erzehlet/ daß sie dem Ulysses die Winde in den leeren Sack gegeben hätten/ die ihm hernach ein Ungewitter erwecket haben. Dann als sie bereits fast zu Hause waren/ und etliche vermeinten/ daß Geld drinnen wäre/ denselben deshalber entbunden: drungen die Winde heraus/ und trieben das Schiff zu rucke/ bis zum Polyphemus hin. Vom Aeolus. Aeolus/ König oder Verwahrer der Winde/ war ein Sohn des Hippotas und der Menecle/ oder Lygia/ einer Tochter des Actors. Etliche halten diesen Wind-Gott/ für einen Sohn des Jupiters. Er wohnte in einer der sieben Insulen/ die man nannte die Aeolus- Insulen/ nemlich in einer/ die wegen ihrer Rundigkeit/ Strongyle hieß. Sie war gelegen bey Sicilien/ darinnen auch ein Berg / der durch zwey Schlünde sehr starck Feuer ausspeite/ worvon das eine Loch 375. Schuch weit/ daraus man das helle klare Feuer überaus hoch heraus fahren sahe. in diesen Berg/ sagte man/ käme Vulcanus unterweilen/ daselbsten zu schmieden/ und dann hörte man ein grosses Getümmel/ und zwar auf 500. Stadien weit/ iedes stadium (oder Roß-Lauff) von 125. Schuhen. Es flogen Steine heraus/ die roht und blau waren. Dieser Brand gab des Nachts eine grosse Hellen von sich/ darein man so übel/ als in die Sonne/ sehen konte: des Tages aber sahe man/ auf der Spitze/ allda die Flamme des Nachts erschiene/ einen Nebel/ einer schwartzen Wolcken gleich/ und weil die Inwohner/ an diesem Rauch/ drey Tage zuvor/ zu sagen wusten/ was für Winde wehen würden: sagte man/ daß Aeolus/ der Herr dieser Insul/ ein König der Winde wäre. Auch Homerus/ im zehnden seiner Odysseen/ nennet ihn/ den Mittler und Schatzmeister der Winde/ als welcher Befehl vom Jupiter habe/ dieselbe zu erregen und zu stillen/ wie es ihme gut deuchte. Ehe aber Eolus solche Herrschafft über die Winde empfangen/ und sie bezähmet hätte/ sagte man/ daß sie dickmalen unter einander strittig gewesen/ und also viel übels angerichtet/ viel Städte und Länder verderbt/ und durch ihre gewaltige/ anhaltende und hart-blasende Ungestümigkeit das gantze Sicilien gespalten und von Italia abgeschieden/ ingleichen die Mitteländische See/ welche zuvor nicht war/ gemacht/ und also den Welttheil Africa von Europa gesondert hätten; indem sie/ mit grosser Gewalt/ unablässig auf dem Ocean geraset. Die Fabeln aber auf die Seite gestellt/ so solte schwerlich zu widersprechen seyn/ daß auch West-Indien an Africa oder Europa/ zum wenigsten gegen Süden und Norden/ dereinst veste gewest. Welches an ihren Abgöttereyen/ und vielen andern Sachen/ so mit der alten Heyden ihren übereinkommen/ zu spüren und abzunehmen ist. Aeolus hatte zwölff/ oder mehr Kinder. Heute zu Tage haben sie die Schiffer auf ihrem Compas/ auf zwey und dreissig vermehret. Man erzehlet/ daß Aeolus/ gegen die Fremdlinge und Reisende/ sehr barmhertzig und freundlich gewest/ und unter seinem Volcke gut Recht gehalten habe/ sey ein guter Kriegs-Mann/ und in allen Dingen sehr klug und verständig gewest. Er soll allda in seinem Lande/ der erste Erfinder derer/ zur Seefahrt sehr dienlichen/ Segel gewest sey. An einem andern Orte aber/ war Icarus der Segel-Erfinder/ wie solches Plinius bezeuget/ im 56. Capitel/ seines siebenden Buchs. Diodorus sagt/ daß Daedalus den Mast und Segelstange erfunden. Tiphis das Ruder/ indem er das in achtgenommen/ wie die Bachsteltzen ihren Schwantz bewegten: Die von Tyrrhenen den Ancker: Neptunus das Schiff und die Seefahrt. Welches ungeachtet es eine sehr nutzbare/ wiewol auch gefährliche Kunst/ dannoch vom Horatius Flaccus/ und andern Poeten/ der See nicht viel trauten/ sehr misgepriesen und getadelt wird/ daß man mit Lebens-Gefahr sich unterstehen dörffen/ über solche Abgründe hin zu lauffen. Ja/ es muß solches allerdings der Spinnen/ beym Polydorus/ entgelten. Auch der nutzbare Flachs und Lein-Saame mag nicht frey ausgehen/ wann er saget: War das Menschliche Leben nicht stoltz und vermessen/ hervorzubringen den Fund des Hanffes/ und den Lein-Saamens/ damit man/ durch die besorgliche schnöde Segel/ auf der wilden See Sturm und Wind fangen könte/ worüber eine so grosse Menge Menschen/ durch ihr suchen/ den Tod finden/ von den Wellen verschlungen/ und in den Wallfischen/ Stöhren und anderer Fische Bäuchen begraben werden? Wir kehren aber wiederum zum Aeolus. Man sagt auch/ daß er darum ein Gott der Winde genennet worden. Weil er denen See-Leuten wissen vorzusagen/ was vor Winde wehen würden: dann er ein guter Himmels- oder Sternkündiger gewest/ und gewust/ was vor Stürme entstünden/ wann die Sonne dem Stierzeichen genahet/ was vor Winde in Hervorkommung des Hundes oder anderer himmlischer Zeichen/ zu entstehen pflegten; Und dieweil er Wetter und Wind so unterschiedlich vorzusagen wuste/ sagte man von ihm/ daß er die Winde gefangen hielte/und/ welche er wolte/ fliegen liesse. Nachdem wir nun gnugsame Erklärung gethan/ von diesem Aeolus/ ist zu wissen/ daß ein ieglicher auch ein König der Winde seyn solte: Verstehe/ daß er allen aufsteigenden Regungen seiner Begierden/ oder Seelen-Kranckheiten/ als dem Geitz/ der Unkeuschheit/ und dem blutrührenden/ Geist-entrüstenden Zorne/ welcher/ als ein grimmiger/ gefährlicher Nord-Wind/ viel Verderb und Ubel anrichten/ nicht zwar Schiffe/ sondern gantze Länder verwüsten/ und die schönsten Städte zum Untergang befördern kan/ gebieten/ und den Zaum anhencken solle. Darum hochnöhtig/ daß der Zorn/ bey grossen und kleinen/ oder hohen und niedrigen/ gemässigt/ und wol im Zügel gehalten werde/ damit er nicht endlich in eine Unsinnigkeit ausbreche. Darum müssen wir Aeoli seyn/ oder es muß die Vernunfft in uns mächtig/ und gleichsam/ als ein vorsichtiger Aeolus seyn/ die Regungen und Neigungen des Hertzens desto füglicher innen und gefangen zu halten. Es ist zwar wahr/ daß die Natur/ in den Schrancken der Mässigkeit/ dem Menschen unterweilen Von der Krafft und Wirckung der Winde. Aeolus Erster Erfinder der Segel. Historische Erklärung über den Aeolus. Lehrliche Auslegung auf den Aeolus.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 154]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/330>, abgerufen am 22.11.2024.