Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.[Spaltenumbruch] endlich das wenige Liecht/ so sie annoch hatten/ von einiger Erkändtnus der Vernunfft/ vollends gar verlieren/ und zu denselben nicht mehr kommen können/ sondern an Mittage/ wie in der Nacht/ mit der Hand tappen/ und in alle Ewigkeit nicht mehr daraus kommen können. Daß aber Galathea nicht gerne bey ihm war/ ist ein Beweiß/ daß grausame tyrannische Leute von niemand geliebt sind. Nun mangelt uns allhier noch Glaucus/ der vorbenannte See-Gott/ welcher seine Liebe auf die Scylla geworffen. Vom Glaucus. DIeser Glaucus war/ (wie sie sagen/ und auch wol zu glauben ist) nur ein Mensch: Ist aber nachmals ein Seegott worden/ so wol als Triton/ Palämon/ oder Proteus selbst. Strabo/ in seinem neundten Buche/schreibt/ er wäre der Sohn eines mit Namen Anthedon aus Boeotien. Theophrastus/ in seinem fünften Buch/ machet ihn zu einem Sohn des Polybus/ des Sohns Mercurii. Promathidas von Heraclea meldet/ er sey ein Sohn des Phorbas und der Panopaea/ und geboren zu Anthedon/ einer schönen und herrlichen Stadt in Boeotien. Wiederum von einem Andern wird ihm einer/ Namens Nopeus/ zum Vatter gegeben. Mehrere Mishelligkeiten von seiner Geburt/ alhier zu übergehen; so ist zu wissen/ daß unterschiedene dieses Namens gewesen. Und unter andern auch einer ein Sohn des Hippolochus/ Alt gemein Sprichwort von des Glaucus Tausch. der ein Sohn war des Bellerophons: Welcher einfältige Glaucus/ als er/ vor Troja/ mit dem Diomedes/ zu fechten kam/ mit ihme Freundschafft machte/ und seinen guldnen Harnisch/ für des Diomedes seinen Kupffernen/ dahin gabe/ woraus hernach das Sprichwort entstanden: Der Tausch des Glaucus und Diomedes. Auch war noch ein anderer Glaucus/ des Sisyphus Sohn/ der seine Pferde mit Menschen-Fleisch fütterte/ und endlich von ihnen selbst zerrissen wurde: Und noch andere mehr. Allein den/ welchen wir vor uns haben/[Spaltenumbruch] halten einige für den Zimmermann des Schiffes Argo/ der selbiges Schiff auch regierte/ als Jason Historische Erklärung auf des Glaucus ver: See-Götten. die Toscaner zu bekriegen reisete. Es sind unterschiedene Gedichte/ von der Art und Weise/ wie er zum Seegott worden/ auf welche auch unser Poet seine Fabel gegründet hat. Unser Glaucus aber ist gewest ein Fischer/ und ausbündiger Schwimmer und Täucher/ oder Wassertreter/ der auf eine Zeit/ im Angesicht der Burger von Anthedon/ in die See sprang/ sich unter das Wasser tauchte/ sehr weit vom Hafen/ da er hinein gesprungen/ wiederum heraus kam/ und einige Tage allda blieb. Als er nun wiederum in den Hafen geschwommen kam/ und viel Volcks umher stunde/ beredete er dasselbe/ er wäre so lang unter dem Wasser gewest. Dieses grosse Wunder besteiffte er noch mehr: Indem er des Winters/ da seine Mitgesellen nichts fingen/ seinen Burgern allerley Fische/ wie sie selbige verlangten/ zu wegen brachte: Dann er derselben/ von langer Hand her/ in einem verstopfften Seewinckel viel versammlet hatte. Und als ihn endlich ein Meerwunder verschlungen/ lief das Gerücht/ daß er/ vermittelst eines Krauts/ welches er gessen/ zu Lehrliche Auslegung/ auf den Glaucus. einem Meergott worden. Was wil aber hierdurch verstanden werden/ daß unser Poet macht/ daß des Glaucus Fische so geschwind wiederum in die See springen? anders gewißlich nichts/ dann daß die Wollüste dieser Welt (darum wir doch öffters viel Arbeit thun müssen) kurtz und flüchtig/ gleich als ob sie Flügel hätten. Und dafern wir denselben wollen nachfolgen in das wilde Meer dieser Welt/ durch den Geschmack des Krauts dieser zeitlichen Vergnügungen/ wir unsere vernunfftliche Natur verändern/ in den Tugenden gantz lau und kalt/ als die Fische zu seyn pflegen/werden/ und uns schwerlich mehr aus den ungestümmen Wellen des bösen Lebens hervor arbeiten/ oder erheben/ und auf das trockne Land eines aufrichtigen ehrlichen Wandels/ schwimmen und kommen können. Ende des dreyzehnten Buchs. [Abbildung]
![]() [Spaltenumbruch] endlich das wenige Liecht/ so sie annoch hatten/ von einiger Erkändtnus der Vernunfft/ vollends gar verlieren/ und zu denselben nicht mehr kommen können/ sondern an Mittage/ wie in der Nacht/ mit der Hand tappen/ und in alle Ewigkeit nicht mehr daraus kommen können. Daß aber Galathea nicht gerne bey ihm war/ ist ein Beweiß/ daß grausame tyrannische Leute von niemand geliebt sind. Nun mangelt uns allhier noch Glaucus/ der vorbenannte See-Gott/ welcher seine Liebe auf die Scylla geworffen. Vom Glaucus. DIeser Glaucus war/ (wie sie sagen/ und auch wol zu glauben ist) nur ein Mensch: Ist aber nachmals ein Seegott worden/ so wol als Triton/ Palämon/ oder Proteus selbst. Strabo/ in seinem neundten Buche/schreibt/ er wäre der Sohn eines mit Namen Anthedon aus Boeotien. Theophrastus/ in seinem fünften Buch/ machet ihn zu einem Sohn des Polybus/ des Sohns Mercurii. Promathidas von Heraclea meldet/ er sey ein Sohn des Phorbas und der Panopaea/ und geboren zu Anthedon/ einer schönen und herrlichen Stadt in Boeotien. Wiederum von einem Andern wird ihm einer/ Namens Nopeus/ zum Vatter gegeben. Mehrere Mishelligkeiten von seiner Geburt/ alhier zu übergehen; so ist zu wissen/ daß unterschiedene dieses Namens gewesen. Und unter andern auch einer ein Sohn des Hippolochus/ Alt gemein Sprichwort von des Glaucus Tausch. der ein Sohn war des Bellerophons: Welcher einfältige Glaucus/ als er/ vor Troja/ mit dem Diomedes/ zu fechten kam/ mit ihme Freundschafft machte/ und seinen guldnen Harnisch/ für des Diomedes seinen Kupffernen/ dahin gabe/ woraus hernach das Sprichwort entstanden: Der Tausch des Glaucus und Diomedes. Auch war noch ein anderer Glaucus/ des Sisyphus Sohn/ der seine Pferde mit Menschen-Fleisch fütterte/ und endlich von ihnen selbst zerrissen wurde: Und noch andere mehr. Allein den/ welchen wir vor uns haben/[Spaltenumbruch] halten einige für den Zimmermann des Schiffes Argo/ der selbiges Schiff auch regierte/ als Jason Historische Erklärung auf des Glaucus ver: See-Götten. die Toscaner zu bekriegen reisete. Es sind unterschiedene Gedichte/ von der Art und Weise/ wie er zum Seegott worden/ auf welche auch unser Poet seine Fabel gegründet hat. Unser Glaucus aber ist gewest ein Fischer/ und ausbündiger Schwimmer und Täucher/ oder Wassertreter/ der auf eine Zeit/ im Angesicht der Burger von Anthedon/ in die See sprang/ sich unter das Wasser tauchte/ sehr weit vom Hafen/ da er hinein gesprungen/ wiederum heraus kam/ und einige Tage allda blieb. Als er nun wiederum in den Hafen geschwommen kam/ und viel Volcks umher stunde/ beredete er dasselbe/ er wäre so lang unter dem Wasser gewest. Dieses grosse Wunder besteiffte er noch mehr: Indem er des Winters/ da seine Mitgesellen nichts fingen/ seinen Burgern allerley Fische/ wie sie selbige verlangten/ zu wegen brachte: Dann er derselben/ von langer Hand her/ in einem verstopfften Seewinckel viel versammlet hatte. Und als ihn endlich ein Meerwunder verschlungen/ lief das Gerücht/ daß er/ vermittelst eines Krauts/ welches er gessen/ zu Lehrliche Auslegung/ auf den Glaucus. einem Meergott worden. Was wil aber hierdurch verstanden werden/ daß unser Poet macht/ daß des Glaucus Fische so geschwind wiederum in die See springen? anders gewißlich nichts/ dann daß die Wollüste dieser Welt (darum wir doch öffters viel Arbeit thun müssen) kurtz und flüchtig/ gleich als ob sie Flügel hätten. Und dafern wir denselben wollen nachfolgen in das wilde Meer dieser Welt/ durch den Geschmack des Krauts dieser zeitlichen Vergnügungen/ wir unsere vernunfftliche Natur verändern/ in den Tugenden gantz lau und kalt/ als die Fische zu seyn pflegen/werden/ und uns schwerlich mehr aus den ungestümmen Wellen des bösen Lebens hervor arbeiten/ oder erheben/ und auf das trockne Land eines aufrichtigen ehrlichen Wandels/ schwimmen und kommen können. Ende des dreyzehnten Buchs. [Abbildung]
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Und als ihn endlich ein Meerwunder verschlungen/ lief das Gerücht/ daß er/ vermittelst eines Krauts/ welches er gessen/ zu <note place="right">Lehrliche Auslegung/ auf den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName>.</note> einem Meergott worden. Was wil aber hierdurch verstanden werden/ daß unser Poet macht/ daß des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName> Fische so geschwind wiederum in die See springen? anders gewißlich nichts/ dann daß die Wollüste dieser Welt (darum wir doch öffters viel Arbeit thun müssen) kurtz und flüchtig/ gleich als ob sie Flügel hätten. Und dafern wir denselben wollen nachfolgen in das wilde Meer dieser Welt/ durch den Geschmack des Krauts dieser zeitlichen Vergnügungen/ wir unsere vernunfftliche Natur verändern/ in den Tugenden gantz lau und kalt/ als die Fische zu seyn pflegen/werden/ und uns schwerlich mehr aus den ungestümmen Wellen des bösen Lebens hervor arbeiten/ oder erheben/ und auf das trockne Land eines aufrichtigen ehrlichen Wandels/ schwimmen und kommen können.</p> <p rendition="#c">Ende des dreyzehnten Buchs.</p> <figure rendition="#c" xml:id="figure-1274.1"> <figure facs="graphic-1274-1.jpg"/> </figure> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[Metamorphosis, S. 151]/0327]
endlich das wenige Liecht/ so sie annoch hatten/ von einiger Erkändtnus der Vernunfft/ vollends gar verlieren/ und zu denselben nicht mehr kommen können/ sondern an Mittage/ wie in der Nacht/ mit der Hand tappen/ und in alle Ewigkeit nicht mehr daraus kommen können. Daß aber Galathea nicht gerne bey ihm war/ ist ein Beweiß/ daß grausame tyrannische Leute von niemand geliebt sind. Nun mangelt uns allhier noch Glaucus/ der vorbenannte See-Gott/ welcher seine Liebe auf die Scylla geworffen.
Vom Glaucus.
DIeser Glaucus war/ (wie sie sagen/ und auch wol zu glauben ist) nur ein Mensch: Ist aber nachmals ein Seegott worden/ so wol als Triton/ Palämon/ oder Proteus selbst. Strabo/ in seinem neundten Buche/schreibt/ er wäre der Sohn eines mit Namen Anthedon aus Boeotien. Theophrastus/ in seinem fünften Buch/ machet ihn zu einem Sohn des Polybus/ des Sohns Mercurii. Promathidas von Heraclea meldet/ er sey ein Sohn des Phorbas und der Panopaea/ und geboren zu Anthedon/ einer schönen und herrlichen Stadt in Boeotien. Wiederum von einem Andern wird ihm einer/ Namens Nopeus/ zum Vatter gegeben. Mehrere Mishelligkeiten von seiner Geburt/ alhier zu übergehen; so ist zu wissen/ daß unterschiedene dieses Namens gewesen. Und unter andern auch einer ein Sohn des Hippolochus/ der ein Sohn war des Bellerophons: Welcher einfältige Glaucus/ als er/ vor Troja/ mit dem Diomedes/ zu fechten kam/ mit ihme Freundschafft machte/ und seinen guldnen Harnisch/ für des Diomedes seinen Kupffernen/ dahin gabe/ woraus hernach das Sprichwort entstanden: Der Tausch des Glaucus und Diomedes. Auch war noch ein anderer Glaucus/ des Sisyphus Sohn/ der seine Pferde mit Menschen-Fleisch fütterte/ und endlich von ihnen selbst zerrissen wurde: Und noch andere mehr. Allein den/ welchen wir vor uns haben/
halten einige für den Zimmermann des Schiffes Argo/ der selbiges Schiff auch regierte/ als Jason die Toscaner zu bekriegen reisete. Es sind unterschiedene Gedichte/ von der Art und Weise/ wie er zum Seegott worden/ auf welche auch unser Poet seine Fabel gegründet hat. Unser Glaucus aber ist gewest ein Fischer/ und ausbündiger Schwimmer und Täucher/ oder Wassertreter/ der auf eine Zeit/ im Angesicht der Burger von Anthedon/ in die See sprang/ sich unter das Wasser tauchte/ sehr weit vom Hafen/ da er hinein gesprungen/ wiederum heraus kam/ und einige Tage allda blieb. Als er nun wiederum in den Hafen geschwommen kam/ und viel Volcks umher stunde/ beredete er dasselbe/ er wäre so lang unter dem Wasser gewest. Dieses grosse Wunder besteiffte er noch mehr: Indem er des Winters/ da seine Mitgesellen nichts fingen/ seinen Burgern allerley Fische/ wie sie selbige verlangten/ zu wegen brachte: Dann er derselben/ von langer Hand her/ in einem verstopfften Seewinckel viel versammlet hatte. Und als ihn endlich ein Meerwunder verschlungen/ lief das Gerücht/ daß er/ vermittelst eines Krauts/ welches er gessen/ zu einem Meergott worden. Was wil aber hierdurch verstanden werden/ daß unser Poet macht/ daß des Glaucus Fische so geschwind wiederum in die See springen? anders gewißlich nichts/ dann daß die Wollüste dieser Welt (darum wir doch öffters viel Arbeit thun müssen) kurtz und flüchtig/ gleich als ob sie Flügel hätten. Und dafern wir denselben wollen nachfolgen in das wilde Meer dieser Welt/ durch den Geschmack des Krauts dieser zeitlichen Vergnügungen/ wir unsere vernunfftliche Natur verändern/ in den Tugenden gantz lau und kalt/ als die Fische zu seyn pflegen/werden/ und uns schwerlich mehr aus den ungestümmen Wellen des bösen Lebens hervor arbeiten/ oder erheben/ und auf das trockne Land eines aufrichtigen ehrlichen Wandels/ schwimmen und kommen können.
Alt gemein Sprichwort von des Glaucus Tausch.
Historische Erklärung auf des Glaucus ver: See-Götten.
Lehrliche Auslegung/ auf den Glaucus. Ende des dreyzehnten Buchs.
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 151]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/327>, abgerufen am 17.02.2025. |