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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] und die Glückseligkeit in rechter Masse zu tragen/ und zu gebrauchen/ so wol auch das Unglück mit Gedult zu erdulden: also soll es mit dem Amphion auch zugangen seyn/ indem er hochtrabend und muhtig wegen seiner Kunst/ ebenmässig/ als wie seine thörichte Niobe/ wider die Latona war/ in schändliches lästeren ausgebrochen/ und sich vergriffen/ aber da er endlich sein Geschlecht von des Apollo Geschütz/ oder der Pest/ ausgerottet sahe/ sich selbsten mit einem Schwert/ wie unser Poet sagt/ umgebracht haben. Andere schreiben/ daß er/ sich zu rächen/ des Apollo Kirche abbrechen/ und zu Grunde verderben wollen/ weswegen er dann auch/ wie die andere/ von ihme getödtet worden/ und ohne seine erqvickende Leyer blind in die Hölle gemust/ also daß er ebenfals rechtmässig/ wie der vortrefliche Thracische Musicus Thamyris/ der sich/ mit seiner Kunst/ den Musen widersetzen dörffen/ gestrafft worden sey. Diese Gedichte nun zu verstehen/ so ist zu wissen/ daß Amphion ein Sohn des Jupiters genennet worden/ dieweil man/ vor alten Zeiten/ alle vortrefliche Männer in sonderbaren Ubungen/ des Jupiters Kinder zu nennen pflegen. Pausanias schreibet/ ihm habe eins ein Egypter gesagt/ Amphion und Orpheus wären zween Schwartz-künstler und Zauberer/ auch Einer derselben im Geschrey gewesen/ daß er die Klippen und Steine; der andere/ daß er die Thiere und Bäume/ aus ihren Orten/ versetzen können/ wann es ihnen beliebet habe. Allein ich halte darfür/ daß/ wie wir/ im zehnten Buche von dem Orpheus/ erklären werden/ anders nichts darmit gemeint werde/ als die Kunst einer lieblichen Wolredenheit; und daß dieser Amphion vorgehabt/ wilde/ rauhe und unverständige Menschen/ so weit zerstreuet von einander wohneten/ durch seine weise Worte/ Gesetze und Sitten/ zu einem politischem Körper und städtischem Leben/ zu versammlen/ auch im Bau der Häuser zu unterrichten/ und die Stadt mit Mauren zu umzingelen. Wie dann ein Ober-Regent von gutem Ansehen/ wann er seine Gemühts- oder Hertzens-Meinung/ mit einer rechtmässigen Behändigkeit/ unterscheiden kan/ offtermalen/ durch seine vortrefliche Ernsthafftigkeit/ und dann wiederum/ nach Gelegenheit und Nohtdurfft/ mit Verständig-freundlicher bekandter Lieblich- oder Annehmlichkeit/ die allerstärkeste Stadtmaueren/ welches seine gehorsame und einträchtige Bürger sind/ machen und zusammen bringen kan. Dann Eintracht gebieret Macht und Gewalt/ die geschickt obzusiegen/ und schwerlich zu überwinden ist. Nunmehro kommen wir zu der Latona.

Von der Latona.

LAtona war eine Tochter des Coeus und der Phoebe: wie Apollodorus und Hesiodus bezeugen. Homerus aber/ in seinem Lobgesang des Apollo/ verkaufft sie/ für eine Tochter des Saturnus. Sie soll/ in einem gesunden und fruchtbarem Eylande/ so gegen Norden gelegen/ und nicht geringer den Sicilien ist/ geboren seyn: Als sie Jupiter so gar schön gesehen/ habe er sie beschlaffen: Wie aber die Juno vernommen/ daß sie/ von ihrem [Spaltenumbruch] Gemahl/ schwanger wäre/ hat sie selbige aus dem Himmel verjagt/ und dem Drachen Python befohlen/ sie zu verfolgen. Ebenmässig muste sich ihr die Erde/ mit einem Eyde/ verbinden/ daß sie der Latona keinen Raum zu gebären geben wolte/ als allein in der Insul Delos/ welches dazumal nicht fest lag/ sondern von den Wellen des Meers hin und her getrieben ward. Allein Neptunus machte es zu einem festem Lande/ auf daß die Göttin allda niederkommen/ oder gebären möchte. Dieses Eyland wird Delos genannt/ welches offenbar oder scheinbar bedeutet. Sie soll/ in diese Insul/ kommen seyn/ in Gestalt einer Wachtel/ durch Hülffe des Jupiters/ damit sie von der Juno nicht erkannt/ und dieselbe also betrogen werden möchte. Deswegen auch diese Insul Ortygia genannt wird/ dann Ortyx (ortux) in Griechischem eine Wachtel bedeutet. Sie genaß/ im Schatten eines Palm- und Olivenbaums/ welches Andere für zween Brunnen dieses Namens ausgeben: Die Cureter betäubten die Juno/ mit einem Schalle/ sonsten würde sie/ weil sie fleissig auf ihrer Hut war/ hinder dieses Gebären wol kommen seyn/ und es vernommen haben. Latona fasste den Palmbaum in ihre Arme/ und genaß zweyer Kinder/ nemlich der Diana/ und des Apollo/ auf einmal. Und weil Diana erst zur Welt kam; diente sie ihrer Mutter/ an statt der Hebamme/ als sie den Apollo/ ihren Bruder/ gebahr. Diese zwey haben ihrer Mutter Feind/ den Drachen Python/ getödtet/ dieweil er sie grausamlich geqvählt hatte. Worvon die Auslegung/ im ersten Buche/ zu sehen ist.

Belangend dann die Latona/ so sagen einige/ daß sie die Music/ welche dem Menschen ihres Elends und Kummers vergessen macht/ erfunden habe/ und darum Latona/ das ist/ auf Griechisch/ Vergessen/ genannt worden sey. Andere sagen/ daß Diana/ die Göttin der Jägerey/ eine Tochter der Latona wäre: Weil die Ubung der Jagt grosse Krafft habe/ des Menschen Anligen des Geistes und Hertzens-Kummers zu vergessen. Latona war eine Tochter des Coeus und der Phoebe: Coeus war ein Sohn des Himmels/ weiln derselbe/ als ein Vatter und Ursprung alles Guten/ und der göttliche Geist/ seiner Güte alle die da leben/ theilhafftig machet/ und kein gutes nirgend zufinden ist/ welches nicht/ durch die Güte Gottes/ vom Himmel/ komme. So ist dann die Vergessung alles Ubels Latona/ eine Tochter der Klarheit des Himmels. Diese/ voller Schönheit der Hoffnung vom Himmel/ kommende/ wird erschrecket/ vom Menschlichem Elende/ als von einer greuelichen Schlange oder Pythonischem Drachen/ der sie verfolgen solte. Durch göttliche Hülffe aber/ gebahr sie diejenige/ welche diese Schlange oder Drachen tödteten. Andere natürliche Auslegungen/ so nicht viel dienlich/ habe ich alhier willig übergangen.

Vom Apollo/ oder
Phoebus.

APollo war/ als wir ietzo erzehlt haben/ ein Sohn des Jupiters und der Latona: Andere ungemeine und zweiffelhaffte Meinungen

[Spaltenumbruch] und die Glückseligkeit in rechter Masse zu tragen/ und zu gebrauchen/ so wol auch das Unglück mit Gedult zu erdulden: also soll es mit dem Amphion auch zugangen seyn/ indem er hochtrabend und muhtig wegen seiner Kunst/ ebenmässig/ als wie seine thörichte Niobe/ wider die Latona war/ in schändliches lästeren ausgebrochen/ und sich vergriffen/ aber da er endlich sein Geschlecht von des Apollo Geschütz/ oder der Pest/ ausgerottet sahe/ sich selbsten mit einem Schwert/ wie unser Poet sagt/ umgebracht haben. Andere schreiben/ daß er/ sich zu rächen/ des Apollo Kirche abbrechen/ und zu Grunde verderben wollen/ weswegen er dann auch/ wie die andere/ von ihme getödtet worden/ und ohne seine erqvickende Leyer blind in die Hölle gemust/ also daß er ebenfals rechtmässig/ wie der vortrefliche Thracische Musicus Thamyris/ der sich/ mit seiner Kunst/ den Musen widersetzen dörffen/ gestrafft worden sey. Diese Gedichte nun zu verstehen/ so ist zu wissen/ daß Amphion ein Sohn des Jupiters genennet worden/ dieweil man/ vor alten Zeiten/ alle vortrefliche Männer in sonderbaren Ubungen/ des Jupiters Kinder zu nennen pflegen. Pausanias schreibet/ ihm habe eins ein Egypter gesagt/ Amphion und Orpheus wären zween Schwartz-künstler und Zauberer/ auch Einer derselben im Geschrey gewesen/ daß er die Klippen und Steine; der andere/ daß er die Thiere und Bäume/ aus ihren Orten/ versetzen können/ wann es ihnen beliebet habe. Allein ich halte darfür/ daß/ wie wir/ im zehnten Buche von dem Orpheus/ erklären werden/ anders nichts darmit gemeint werde/ als die Kunst einer lieblichen Wolredenheit; und daß dieser Amphion vorgehabt/ wilde/ rauhe und unverständige Menschen/ so weit zerstreuet von einander wohneten/ durch seine weise Worte/ Gesetze und Sitten/ zu einem politischem Körper und städtischem Leben/ zu versammlen/ auch im Bau der Häuser zu unterrichten/ und die Stadt mit Mauren zu umzingelen. Wie dann ein Ober-Regent von gutem Ansehen/ wann er seine Gemühts- oder Hertzens-Meinung/ mit einer rechtmässigen Behändigkeit/ unterscheiden kan/ offtermalen/ durch seine vortrefliche Ernsthafftigkeit/ und dann wiederum/ nach Gelegenheit und Nohtdurfft/ mit Verständig-freundlicher bekandter Lieblich- oder Annehmlichkeit/ die allerstärkeste Stadtmaueren/ welches seine gehorsame und einträchtige Bürger sind/ machen und zusammen bringen kan. Dann Eintracht gebieret Macht und Gewalt/ die geschickt obzusiegen/ und schwerlich zu überwinden ist. Nunmehro kommen wir zu der Latona.

Von der Latona.

LAtona war eine Tochter des Coeus und der Phoebe: wie Apollodorus und Hesiodus bezeugen. Homerus aber/ in seinem Lobgesang des Apollo/ verkaufft sie/ für eine Tochter des Saturnus. Sie soll/ in einem gesunden und fruchtbarem Eylande/ so gegen Norden gelegen/ und nicht geringer den Sicilien ist/ geboren seyn: Als sie Jupiter so gar schön gesehen/ habe er sie beschlaffen: Wie aber die Juno vernommen/ daß sie/ von ihrem [Spaltenumbruch] Gemahl/ schwanger wäre/ hat sie selbige aus dem Himmel verjagt/ und dem Drachen Python befohlen/ sie zu verfolgen. Ebenmässig muste sich ihr die Erde/ mit einem Eyde/ verbinden/ daß sie der Latona keinen Raum zu gebären geben wolte/ als allein in der Insul Delos/ welches dazumal nicht fest lag/ sondern von den Wellen des Meers hin und her getrieben ward. Allein Neptunus machte es zu einem festem Lande/ auf daß die Göttin allda niederkommen/ oder gebären möchte. Dieses Eyland wird Delos genannt/ welches offenbar oder scheinbar bedeutet. Sie soll/ in diese Insul/ kommen seyn/ in Gestalt einer Wachtel/ durch Hülffe des Jupiters/ damit sie von der Juno nicht erkannt/ und dieselbe also betrogen werden möchte. Deswegen auch diese Insul Ortygia genannt wird/ dann Ortyx (ὀρτυξ) in Griechischem eine Wachtel bedeutet. Sie genaß/ im Schatten eines Palm- und Olivenbaums/ welches Andere für zween Brunnen dieses Namens ausgeben: Die Cureter betäubten die Juno/ mit einem Schalle/ sonsten würde sie/ weil sie fleissig auf ihrer Hut war/ hinder dieses Gebären wol kommen seyn/ und es vernommen haben. Latona fasste den Palmbaum in ihre Arme/ und genaß zweyer Kinder/ nemlich der Diana/ und des Apollo/ auf einmal. Und weil Diana erst zur Welt kam; diente sie ihrer Mutter/ an statt der Hebamme/ als sie den Apollo/ ihren Bruder/ gebahr. Diese zwey haben ihrer Mutter Feind/ den Drachen Python/ getödtet/ dieweil er sie grausamlich geqvählt hatte. Worvon die Auslegung/ im ersten Buche/ zu sehen ist.

Belangend dann die Latona/ so sagen einige/ daß sie die Music/ welche dem Menschen ihres Elends und Kummers vergessen macht/ erfunden habe/ und darum Latona/ das ist/ auf Griechisch/ Vergessen/ genannt worden sey. Andere sagen/ daß Diana/ die Göttin der Jägerey/ eine Tochter der Latona wäre: Weil die Ubung der Jagt grosse Krafft habe/ des Menschen Anligen des Geistes und Hertzens-Kummers zu vergessen. Latona war eine Tochter des Coeus und der Phoebe: Coeus war ein Sohn des Himmels/ weiln derselbe/ als ein Vatter und Ursprung alles Guten/ und der göttliche Geist/ seiner Güte alle die da leben/ theilhafftig machet/ und kein gutes nirgend zufinden ist/ welches nicht/ durch die Güte Gottes/ vom Himmel/ komme. So ist dann die Vergessung alles Ubels Latona/ eine Tochter der Klarheit des Himmels. Diese/ voller Schönheit der Hoffnung vom Himmel/ kommende/ wird erschrecket/ vom Menschlichem Elende/ als von einer greuelichen Schlange oder Pythonischem Drachen/ der sie verfolgen solte. Durch göttliche Hülffe aber/ gebahr sie diejenige/ welche diese Schlange oder Drachen tödteten. Andere natürliche Auslegungen/ so nicht viel dienlich/ habe ich alhier willig übergangen.

Vom Apollo/ oder
Phoebus.

APollo war/ als wir ietzo erzehlt haben/ ein Sohn des Jupiters und der Latona: Andere ungemeine und zweiffelhaffte Meinungen

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[[Metamorphosis, S. 75]/0251] und die Glückseligkeit in rechter Masse zu tragen/ und zu gebrauchen/ so wol auch das Unglück mit Gedult zu erdulden: also soll es mit dem Amphion auch zugangen seyn/ indem er hochtrabend und muhtig wegen seiner Kunst/ ebenmässig/ als wie seine thörichte Niobe/ wider die Latona war/ in schändliches lästeren ausgebrochen/ und sich vergriffen/ aber da er endlich sein Geschlecht von des Apollo Geschütz/ oder der Pest/ ausgerottet sahe/ sich selbsten mit einem Schwert/ wie unser Poet sagt/ umgebracht haben. Andere schreiben/ daß er/ sich zu rächen/ des Apollo Kirche abbrechen/ und zu Grunde verderben wollen/ weswegen er dann auch/ wie die andere/ von ihme getödtet worden/ und ohne seine erqvickende Leyer blind in die Hölle gemust/ also daß er ebenfals rechtmässig/ wie der vortrefliche Thracische Musicus Thamyris/ der sich/ mit seiner Kunst/ den Musen widersetzen dörffen/ gestrafft worden sey. Diese Gedichte nun zu verstehen/ so ist zu wissen/ daß Amphion ein Sohn des Jupiters genennet worden/ dieweil man/ vor alten Zeiten/ alle vortrefliche Männer in sonderbaren Ubungen/ des Jupiters Kinder zu nennen pflegen. Pausanias schreibet/ ihm habe eins ein Egypter gesagt/ Amphion und Orpheus wären zween Schwartz-künstler und Zauberer/ auch Einer derselben im Geschrey gewesen/ daß er die Klippen und Steine; der andere/ daß er die Thiere und Bäume/ aus ihren Orten/ versetzen können/ wann es ihnen beliebet habe. Allein ich halte darfür/ daß/ wie wir/ im zehnten Buche von dem Orpheus/ erklären werden/ anders nichts darmit gemeint werde/ als die Kunst einer lieblichen Wolredenheit; und daß dieser Amphion vorgehabt/ wilde/ rauhe und unverständige Menschen/ so weit zerstreuet von einander wohneten/ durch seine weise Worte/ Gesetze und Sitten/ zu einem politischem Körper und städtischem Leben/ zu versammlen/ auch im Bau der Häuser zu unterrichten/ und die Stadt mit Mauren zu umzingelen. Wie dann ein Ober-Regent von gutem Ansehen/ wann er seine Gemühts- oder Hertzens-Meinung/ mit einer rechtmässigen Behändigkeit/ unterscheiden kan/ offtermalen/ durch seine vortrefliche Ernsthafftigkeit/ und dann wiederum/ nach Gelegenheit und Nohtdurfft/ mit Verständig-freundlicher bekandter Lieblich- oder Annehmlichkeit/ die allerstärkeste Stadtmaueren/ welches seine gehorsame und einträchtige Bürger sind/ machen und zusammen bringen kan. Dann Eintracht gebieret Macht und Gewalt/ die geschickt obzusiegen/ und schwerlich zu überwinden ist. Nunmehro kommen wir zu der Latona. Von der Latona. LAtona war eine Tochter des Coeus und der Phoebe: wie Apollodorus und Hesiodus bezeugen. Homerus aber/ in seinem Lobgesang des Apollo/ verkaufft sie/ für eine Tochter des Saturnus. Sie soll/ in einem gesunden und fruchtbarem Eylande/ so gegen Norden gelegen/ und nicht geringer den Sicilien ist/ geboren seyn: Als sie Jupiter so gar schön gesehen/ habe er sie beschlaffen: Wie aber die Juno vernommen/ daß sie/ von ihrem Gemahl/ schwanger wäre/ hat sie selbige aus dem Himmel verjagt/ und dem Drachen Python befohlen/ sie zu verfolgen. Ebenmässig muste sich ihr die Erde/ mit einem Eyde/ verbinden/ daß sie der Latona keinen Raum zu gebären geben wolte/ als allein in der Insul Delos/ welches dazumal nicht fest lag/ sondern von den Wellen des Meers hin und her getrieben ward. Allein Neptunus machte es zu einem festem Lande/ auf daß die Göttin allda niederkommen/ oder gebären möchte. Dieses Eyland wird Delos genannt/ welches offenbar oder scheinbar bedeutet. Sie soll/ in diese Insul/ kommen seyn/ in Gestalt einer Wachtel/ durch Hülffe des Jupiters/ damit sie von der Juno nicht erkannt/ und dieselbe also betrogen werden möchte. Deswegen auch diese Insul Ortygia genannt wird/ dann Ortyx (ὀρτυξ) in Griechischem eine Wachtel bedeutet. Sie genaß/ im Schatten eines Palm- und Olivenbaums/ welches Andere für zween Brunnen dieses Namens ausgeben: Die Cureter betäubten die Juno/ mit einem Schalle/ sonsten würde sie/ weil sie fleissig auf ihrer Hut war/ hinder dieses Gebären wol kommen seyn/ und es vernommen haben. Latona fasste den Palmbaum in ihre Arme/ und genaß zweyer Kinder/ nemlich der Diana/ und des Apollo/ auf einmal. Und weil Diana erst zur Welt kam; diente sie ihrer Mutter/ an statt der Hebamme/ als sie den Apollo/ ihren Bruder/ gebahr. Diese zwey haben ihrer Mutter Feind/ den Drachen Python/ getödtet/ dieweil er sie grausamlich geqvählt hatte. Worvon die Auslegung/ im ersten Buche/ zu sehen ist. Belangend dann die Latona/ so sagen einige/ daß sie die Music/ welche dem Menschen ihres Elends und Kummers vergessen macht/ erfunden habe/ und darum Latona/ das ist/ auf Griechisch/ Vergessen/ genannt worden sey. Andere sagen/ daß Diana/ die Göttin der Jägerey/ eine Tochter der Latona wäre: Weil die Ubung der Jagt grosse Krafft habe/ des Menschen Anligen des Geistes und Hertzens-Kummers zu vergessen. Latona war eine Tochter des Coeus und der Phoebe: Coeus war ein Sohn des Himmels/ weiln derselbe/ als ein Vatter und Ursprung alles Guten/ und der göttliche Geist/ seiner Güte alle die da leben/ theilhafftig machet/ und kein gutes nirgend zufinden ist/ welches nicht/ durch die Güte Gottes/ vom Himmel/ komme. So ist dann die Vergessung alles Ubels Latona/ eine Tochter der Klarheit des Himmels. Diese/ voller Schönheit der Hoffnung vom Himmel/ kommende/ wird erschrecket/ vom Menschlichem Elende/ als von einer greuelichen Schlange oder Pythonischem Drachen/ der sie verfolgen solte. Durch göttliche Hülffe aber/ gebahr sie diejenige/ welche diese Schlange oder Drachen tödteten. Andere natürliche Auslegungen/ so nicht viel dienlich/ habe ich alhier willig übergangen. Vom Apollo/ oder Phoebus. APollo war/ als wir ietzo erzehlt haben/ ein Sohn des Jupiters und der Latona: Andere ungemeine und zweiffelhaffte Meinungen

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 75]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/251>, abgerufen am 22.11.2024.