Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.[Spaltenumbruch] Neue erfundene Antiche Gemählde In Cestii Piramide. besonderes Glück/ auch der Kunst zu sonderm Trost/ erst neulich unter der Erden/ gemahlte Gewölber/erfunden/ die noch/ von den heydnischen Zeiten ab herwarts/ verborgen gewesen; nemlich der Römer alten Feldherns C. Cestii, in der Stadt Rom Ringmauer halb in und halb ausstehende Pyramis oder Grabmahl: bey deren Eröffnung ein verborgen Zimmer aufgegraben worden/ darinnen viel In Fresco gemahlt. vortrefliche Mahlerey/ also In Fresco gemahlt/ die noch alle wol bewahrt/ und eben auf diese Manier/ wie nächst erzehlt/ gebraucht befunden sind. Gestaltsam wir hievon hiernächst/ nebst deren wahren Abbildung/ ein mehrers von deren antichen Gemählden/ erzehlen werden/ die alle auf nassen Kalch stehen. Dann von der edlen Kunst der Oehl-Farben wahre Kräfte zugeben/ wie durch Lein-Oel geschicht/ wusten die Alten noch nicht: weil diese nöthige Kunst erst 1410. durch Hubert und Jan von Eycke von Maseik/ erfunden worden/ ehe und bevor dieses vortreffliche Mittel der Oehl-Farben ersonnen war. Mit Wasser Farben sonst Tempera genannt zu mahlen.Unsere Alte haben/ vor solcher Erfindung der Oehl-Farben/ sehr viel mit Wasser-Farben auf Tafeln und Mauren gemahlt: wie noch bey vielen geschicht. Und damit solche Mauren nicht/ durch Schracke/ oder Kliebrisse/ das Werck verderben möchten/ hat man sie vermittels des Leims/ mit Tuch oder Leinwat/ überzogen/ dann gegypst/ und also darauf gemahlt. Dieses benamsen sie Tempera-Arbeit. Dieser Liqvor, oder Tempera wird zu bereitet/ vermittels des Eygergelbes/welches/ mit einem jungen zarten Feigenbaum-Aestlein/ wol durch einander zerschlagen seyn muß/ vermittelst solcher Feigen-Milch wird die tempera gemacht/ und die Farben dardurch angemischet: Darzu man mineral-Farben/ auch durch die alchemie gemachte/ brauchen darf: Jedoch will das blau-Azur, oder Ultromarin, wegen des Eyrgelbs/ diese Tempera nicht leiden. Wird demnach besser mit Hausen-Leim angemacht/ damit der Azur oder Blau nicht ergrüne/ sondern lange Zeit beständig bleiben möge. Dieses sey also von der dreyfachen/ unterschiedlichen Art/ in Oehlfarb/ und auch auf nassen Kalch/ und mit Wasser-Farben zumahlen/ überhaupt gedacht. Von Oel-Farben auf Mauren zumahlen. Gleichwie wir/ von allem anderm Gebrauch der Mahlerey nunmehr geredet: Also ist annoch ungemeldet blieben/ wie man die truckene Mauren/ mit Oelfarben/ zierlich/ sicher/ und zu langwierigem Bestande/ bemahlen könne. Nachdemmal ich aber solche Wissenschafft ein sehr wichtiges Stück/ und zu begreiffen nöthig befinde: als dienet hiemit zur Nachricht/ daß/ mit Oelfarben auf Erster Gebrauch wie auf Mauren mit Oel-farben zu mahlen. Mauren zu mahlen/ zweyerley Gebrauch zu halten. Erstlich: Wann die Mauer bereits mit weissen Mörtel überworffen/ oder mit dergleichen; alsdann ist solch abzuraspen/ wann Sie aber (ohne weiß) glat beworffen; alsdann muß man sie überfahren mit gesotten heissen Leinöhl/ und dieses also offt wiederholen/ bis die Mauer nicht mehr einsaugen will/ sondern trucken worden ist. Alsdann soll man/ mit dem vermischten Grund/ wie sonst auf den Tücher gründen gebraucht wird/ überfahren. Wenn dieses verrichtet/ auch trucken worden/mag[Spaltenumbruch] der Künstler seine Zeichung darauf stellen/ und das Werck zu Ende bringen; muß iedoch seine Farben immerzu im Mahlen etwas mit feisten Fürnis untermengen. Dann wann solches geschehen/ werden sie nicht leicht abweichen oder abfallen. Anderer Gebrauch mit Oelfarben auf selbige Mauren zumahlen. Der ander Gebrauch ist/ daß der Künstler entweder von Gyps/ oder von Marmor/ auch von gebackenem Stein (alles zusammen wol klein gestossen) einen Mörtel zurichtet/ und damit die Mauer säuberlich überwirft/ auch durch schärffe der Druffel/ oder Mörtelkellen wolabschabe/ebene/ mit Leinsaat-Oel wol überfahre. Hernacher ist eine mistura in ein Häff-oder Töpflein zu machen/ von Griechischen Pech/ Mastick/ und feisten Fürnis zusammen gesotten: mit solchem soll man/ vermittelst eines grossen Pinsels/ die Mauer wol glat überfahren/ und nachdem solche wieder trucken worden ist/ mit der gemeinen Grund-Farbe/ oder obgedachter mistura wol glat übergehen. Wann solche wieder trucken worden/ alsdann kan/ auf diese Mauer/ gemahlet werden/ wie sonsten/ mit der Oelfarb auf Tuch/ oder Tafel zumahlen gebräuchlich ist. Es wird zwar auch noch eine andere Manier gebraucht. Die Erfahrenheit aber/ bestetiget diese mit der Versicherung/ daß man keiner besser und sicherer folgen könne. Wie man die wol gefasste Zeichen-Kunst/ mit den Farben secundiren müsse Von dem rechten Gebrauch und Erneurung guter Mahlerey steht ferner zu melden/ daß gleichwie/ vorangedeuteter Massen/ der Zeichenkunst Vollkommenheit iedesmal den Vorzug haben solle: also hernach/ durch die Farben/ selbe todte Risse/ lebendig gemacht werden müssen/ wann diese beede Theile fein wol aufeinander treffen/ durch vernünftigen Gebrauch und Annehmung guter Manier/ welche bey dem nachcopiren andrer vortreflicher Wercke/ ihren Anfang nehmen muß/ besonderlich in grossen Bildern: so macht sich der Verstand Gute Wercken nach copiren. beqvem/ und in allen Dingen fähig:zumal wann also die gute Manier/ Geist und Tapfferkeit zusammen kommen: Welche aus nachcopiren der besten Hand zuerlangen. Alsdann soll man zu dem Leben selbsten schreiten/ um solche modellen, mit Endlich nach dem Leben. vorgefaster Warnehmung/ zu folgen. Jedoch muß Einer Ihme selbsten nicht zuviel vertrauen noch liebkosen. Dann nichts mehr betrigt/ als Man soll nicht seinen/ sondern mehr Anderen Urtheil trauen. des Menschen Urtheil in seinem eigenem Werck. Das beste Urtheil soll von Andern (auch von den Feinden selbst) und zwar eines Jeden seines angenommen/ und alle erfahrne Fehler gantz willig verbessern werden/ der mit gnugsamen Verstande versehene Mahler hat sich nicht eben völlig zubinden an Manier/ oder Gebrauch eines andern. Dann also wird er nicht ein Sohn/ sondern nur ein Enckel/ oder Auch mehr bey der Natur/ als bey Anderen zur Schul gehen. Vetter der Natur seyn/ indem er die gantze Welt vor sich hat. Worum wolte er andern in den Wincklen nachlauffen/ die doch auch allein von ihr gelernet? Man schöpffet das Wasser besser und klärer aus den Qvellbrunnen/ als aus den Bächlein Gräben und Weyern/ die von dannen geronnen seyn. Viel und oftermals begünstigt die Natur einem mehrer zuerlernen/ weder sein Meister selbst gewust. Dahero muß man ihm die Freyheit/ in der Natur selbsten zu studiren/ stets vorbehalten/ und mit beharrendem Fleiß beeyfern. [Spaltenumbruch] Neue erfundene Antiche Gemählde In Cestii Piramide. besonderes Glück/ auch der Kunst zu sonderm Trost/ erst neulich unter der Erden/ gemahlte Gewölber/erfunden/ die noch/ von den heydnischen Zeiten ab herwarts/ verborgen gewesen; nemlich der Römer alten Feldherns C. Cestii, in der Stadt Rom Ringmauer halb in und halb ausstehende Pyramis oder Grabmahl: bey deren Eröffnung ein verborgen Zimmer aufgegraben worden/ darinnen viel In Fresco gemahlt. vortrefliche Mahlerey/ also In Fresco gemahlt/ die noch alle wol bewahrt/ und eben auf diese Manier/ wie nächst erzehlt/ gebraucht befunden sind. Gestaltsam wir hievon hiernächst/ nebst deren wahren Abbildung/ ein mehrers von deren antichen Gemählden/ erzehlen werden/ die alle auf nassen Kalch stehen. Dann von der edlen Kunst der Oehl-Farben wahre Kräfte zugeben/ wie durch Lein-Oel geschicht/ wusten die Alten noch nicht: weil diese nöthige Kunst erst 1410. durch Hubert und Jan von Eycke von Maseik/ erfunden worden/ ehe und bevor dieses vortreffliche Mittel der Oehl-Farben ersonnen war. Mit Wasser Farben sonst Tempera genannt zu mahlen.Unsere Alte haben/ vor solcher Erfindung der Oehl-Farben/ sehr viel mit Wasser-Farben auf Tafeln und Mauren gemahlt: wie noch bey vielen geschicht. Und damit solche Mauren nicht/ durch Schracke/ oder Kliebrisse/ das Werck verderben möchten/ hat man sie vermittels des Leims/ mit Tuch oder Leinwat/ überzogen/ dann gegypst/ und also darauf gemahlt. Dieses benamsen sie Tempera-Arbeit. Dieser Liqvor, oder Tempera wird zu bereitet/ vermittels des Eygergelbes/welches/ mit einem jungen zarten Feigenbaum-Aestlein/ wol durch einander zerschlagen seyn muß/ vermittelst solcher Feigen-Milch wird die tempera gemacht/ und die Farben dardurch angemischet: Darzu man mineral-Farben/ auch durch die alchemie gemachte/ brauchen darf: Jedoch will das blau-Azur, oder Ultromarin, wegen des Eyrgelbs/ diese Tempera nicht leiden. Wird demnach besser mit Hausen-Leim angemacht/ damit der Azur oder Blau nicht ergrüne/ sondern lange Zeit beständig bleiben möge. Dieses sey also von der dreyfachen/ unterschiedlichen Art/ in Oehlfarb/ und auch auf nassen Kalch/ und mit Wasser-Farben zumahlen/ überhaupt gedacht. Von Oel-Farben auf Mauren zumahlen. Gleichwie wir/ von allem anderm Gebrauch der Mahlerey nunmehr geredet: Also ist annoch ungemeldet blieben/ wie man die truckene Mauren/ mit Oelfarben/ zierlich/ sicher/ und zu langwierigem Bestande/ bemahlen könne. Nachdemmal ich aber solche Wissenschafft ein sehr wichtiges Stück/ und zu begreiffen nöthig befinde: als dienet hiemit zur Nachricht/ daß/ mit Oelfarben auf Erster Gebrauch wie auf Mauren mit Oel-farben zu mahlen. Mauren zu mahlen/ zweyerley Gebrauch zu halten. Erstlich: Wann die Mauer bereits mit weissen Mörtel überworffen/ oder mit dergleichen; alsdann ist solch abzuraspen/ wann Sie aber (ohne weiß) glat beworffen; alsdann muß man sie überfahren mit gesotten heissen Leinöhl/ und dieses also offt wiederholen/ bis die Mauer nicht mehr einsaugen will/ sondern trucken worden ist. Alsdann soll man/ mit dem vermischten Grund/ wie sonst auf den Tücher gründen gebraucht wird/ überfahren. Wenn dieses verrichtet/ auch trucken worden/mag[Spaltenumbruch] der Künstler seine Zeichung darauf stellen/ und das Werck zu Ende bringen; muß iedoch seine Farben immerzu im Mahlen etwas mit feisten Fürnis untermengen. Dann wann solches geschehen/ werden sie nicht leicht abweichen oder abfallen. Anderer Gebrauch mit Oelfarben auf selbige Mauren zumahlen. Der ander Gebrauch ist/ daß der Künstler entweder von Gyps/ oder von Marmor/ auch von gebackenem Stein (alles zusammen wol klein gestossen) einen Mörtel zurichtet/ und damit die Mauer säuberlich überwirft/ auch durch schärffe der Druffel/ oder Mörtelkellen wolabschabe/ebene/ mit Leinsaat-Oel wol überfahre. Hernacher ist eine mistura in ein Häff-oder Töpflein zu machen/ von Griechischen Pech/ Mastick/ und feisten Fürnis zusammen gesotten: mit solchem soll man/ vermittelst eines grossen Pinsels/ die Mauer wol glat überfahren/ und nachdem solche wieder trucken worden ist/ mit der gemeinen Grund-Farbe/ oder obgedachter mistura wol glat übergehen. Wann solche wieder trucken worden/ alsdann kan/ auf diese Mauer/ gemahlet werden/ wie sonsten/ mit der Oelfarb auf Tuch/ oder Tafel zumahlen gebräuchlich ist. Es wird zwar auch noch eine andere Manier gebraucht. Die Erfahrenheit aber/ bestetiget diese mit der Versicherung/ daß man keiner besser und sicherer folgen könne. Wie man die wol gefasste Zeichen-Kunst/ mit den Farben secundiren müsse Von dem rechten Gebrauch und Erneurung guter Mahlerey steht ferner zu melden/ daß gleichwie/ vorangedeuteter Massen/ der Zeichenkunst Vollkommenheit iedesmal den Vorzug haben solle: also hernach/ durch die Farben/ selbe todte Risse/ lebendig gemacht werden müssen/ wann diese beede Theile fein wol aufeinander treffen/ durch vernünftigen Gebrauch und Annehmung guter Manier/ welche bey dem nachcopiren andrer vortreflicher Wercke/ ihren Anfang nehmen muß/ besonderlich in grossen Bildern: so macht sich der Verstand Gute Wercken nach copiren. beqvem/ und in allen Dingen fähig:zumal wann also die gute Manier/ Geist und Tapfferkeit zusammen kommen: Welche aus nachcopiren der besten Hand zuerlangen. Alsdann soll man zu dem Leben selbsten schreiten/ um solche modellen, mit Endlich nach dem Leben. vorgefaster Warnehmung/ zu folgen. Jedoch muß Einer Ihme selbsten nicht zuviel vertrauen noch liebkosen. Dann nichts mehr betrigt/ als Man soll nicht seinen/ sondern mehr Anderen Urtheil trauen. des Menschen Urtheil in seinem eigenem Werck. Das beste Urtheil soll von Andern (auch von den Feinden selbst) und zwar eines Jeden seines angenommen/ und alle erfahrne Fehler gantz willig verbessern werden/ der mit gnugsamen Verstande versehene Mahler hat sich nicht eben völlig zubinden an Manier/ oder Gebrauch eines andern. Dann also wird er nicht ein Sohn/ sondern nur ein Enckel/ oder Auch mehr bey der Natur/ als bey Anderen zur Schul gehen. Vetter der Natur seyn/ indem er die gantze Welt vor sich hat. Worum wolte er andern in den Wincklen nachlauffen/ die doch auch allein von ihr gelernet? Man schöpffet das Wasser besser und klärer aus den Qvellbrunnen/ als aus den Bächlein Gräben und Weyern/ die von dannen geronnen seyn. Viel und oftermals begünstigt die Natur einem mehrer zuerlernen/ weder sein Meister selbst gewust. 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Wann solche wieder trucken worden/ alsdann kan/ auf diese Mauer/ gemahlet werden/ wie sonsten/ mit der Oelfarb auf Tuch/ oder Tafel zumahlen gebräuchlich ist. Es wird zwar auch noch eine andere Manier gebraucht. 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Alsdann soll man zu dem Leben selbsten schreiten/ um solche <hi rendition="#aq">modellen,</hi> mit <note place="right">Endlich nach dem Leben.</note> vorgefaster Warnehmung/ zu folgen. Jedoch muß Einer Ihme selbsten nicht zuviel vertrauen noch liebkosen. Dann nichts mehr betrigt/ als <note place="right">Man soll nicht seinen/ sondern mehr Anderen Urtheil trauen.</note> des Menschen Urtheil in seinem eigenem Werck. Das beste Urtheil soll von Andern (auch von den Feinden selbst) und zwar eines Jeden seines angenommen/ und alle erfahrne Fehler gantz willig verbessern werden/ der mit gnugsamen Verstande versehene Mahler hat sich nicht eben völlig zubinden an Manier/ oder Gebrauch eines andern. Dann also wird er nicht ein Sohn/ sondern nur ein Enckel/ oder <note place="right">Auch mehr bey der Natur/ als bey Anderen zur Schul gehen.</note> Vetter der Natur seyn/ indem er die gantze Welt vor sich hat. Worum wolte er andern in den Wincklen nachlauffen/ die doch auch allein von ihr gelernet? Man schöpffet das Wasser besser und klärer aus den Qvellbrunnen/ als aus den Bächlein Gräben und Weyern/ die von dannen geronnen seyn. Viel und oftermals begünstigt die Natur einem mehrer zuerlernen/ weder sein Meister selbst gewust. Dahero muß man ihm die Freyheit/ in der Natur selbsten zu <hi rendition="#aq">studir</hi>en/ stets vorbehalten/ und mit beharrendem Fleiß beeyfern.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[III (Malerei), S. 17]/0023]
besonderes Glück/ auch der Kunst zu sonderm Trost/ erst neulich unter der Erden/ gemahlte Gewölber/erfunden/ die noch/ von den heydnischen Zeiten ab herwarts/ verborgen gewesen; nemlich der Römer alten Feldherns C. Cestii, in der Stadt Rom Ringmauer halb in und halb ausstehende Pyramis oder Grabmahl: bey deren Eröffnung ein verborgen Zimmer aufgegraben worden/ darinnen viel vortrefliche Mahlerey/ also In Fresco gemahlt/ die noch alle wol bewahrt/ und eben auf diese Manier/ wie nächst erzehlt/ gebraucht befunden sind. Gestaltsam wir hievon hiernächst/ nebst deren wahren Abbildung/ ein mehrers von deren antichen Gemählden/ erzehlen werden/ die alle auf nassen Kalch stehen. Dann von der edlen Kunst der Oehl-Farben wahre Kräfte zugeben/ wie durch Lein-Oel geschicht/ wusten die Alten noch nicht: weil diese nöthige Kunst erst 1410. durch Hubert und Jan von Eycke von Maseik/ erfunden worden/ ehe und bevor dieses vortreffliche Mittel der Oehl-Farben ersonnen war.
Neue erfundene Antiche Gemählde In Cestii Piramide.
In Fresco gemahlt. Unsere Alte haben/ vor solcher Erfindung der Oehl-Farben/ sehr viel mit Wasser-Farben auf Tafeln und Mauren gemahlt: wie noch bey vielen geschicht. Und damit solche Mauren nicht/ durch Schracke/ oder Kliebrisse/ das Werck verderben möchten/ hat man sie vermittels des Leims/ mit Tuch oder Leinwat/ überzogen/ dann gegypst/ und also darauf gemahlt. Dieses benamsen sie Tempera-Arbeit. Dieser Liqvor, oder Tempera wird zu bereitet/ vermittels des Eygergelbes/welches/ mit einem jungen zarten Feigenbaum-Aestlein/ wol durch einander zerschlagen seyn muß/ vermittelst solcher Feigen-Milch wird die tempera gemacht/ und die Farben dardurch angemischet: Darzu man mineral-Farben/ auch durch die alchemie gemachte/ brauchen darf: Jedoch will das blau-Azur, oder Ultromarin, wegen des Eyrgelbs/ diese Tempera nicht leiden. Wird demnach besser mit Hausen-Leim angemacht/ damit der Azur oder Blau nicht ergrüne/ sondern lange Zeit beständig bleiben möge. Dieses sey also von der dreyfachen/ unterschiedlichen Art/ in Oehlfarb/ und auch auf nassen Kalch/ und mit Wasser-Farben zumahlen/ überhaupt gedacht.
Mit Wasser Farben sonst Tempera genannt zu mahlen. Gleichwie wir/ von allem anderm Gebrauch der Mahlerey nunmehr geredet: Also ist annoch ungemeldet blieben/ wie man die truckene Mauren/ mit Oelfarben/ zierlich/ sicher/ und zu langwierigem Bestande/ bemahlen könne. Nachdemmal ich aber solche Wissenschafft ein sehr wichtiges Stück/ und zu begreiffen nöthig befinde: als dienet hiemit zur Nachricht/ daß/ mit Oelfarben auf Mauren zu mahlen/ zweyerley Gebrauch zu halten. Erstlich: Wann die Mauer bereits mit weissen Mörtel überworffen/ oder mit dergleichen; alsdann ist solch abzuraspen/ wann Sie aber (ohne weiß) glat beworffen; alsdann muß man sie überfahren mit gesotten heissen Leinöhl/ und dieses also offt wiederholen/ bis die Mauer nicht mehr einsaugen will/ sondern trucken worden ist. Alsdann soll man/ mit dem vermischten Grund/ wie sonst auf den Tücher gründen gebraucht wird/ überfahren. Wenn dieses verrichtet/ auch trucken worden/mag
der Künstler seine Zeichung darauf stellen/ und das Werck zu Ende bringen; muß iedoch seine Farben immerzu im Mahlen etwas mit feisten Fürnis untermengen. Dann wann solches geschehen/ werden sie nicht leicht abweichen oder abfallen.
Von Oel-Farben auf Mauren zumahlen.
Erster Gebrauch wie auf Mauren mit Oel-farben zu mahlen. Der ander Gebrauch ist/ daß der Künstler entweder von Gyps/ oder von Marmor/ auch von gebackenem Stein (alles zusammen wol klein gestossen) einen Mörtel zurichtet/ und damit die Mauer säuberlich überwirft/ auch durch schärffe der Druffel/ oder Mörtelkellen wolabschabe/ebene/ mit Leinsaat-Oel wol überfahre. Hernacher ist eine mistura in ein Häff-oder Töpflein zu machen/ von Griechischen Pech/ Mastick/ und feisten Fürnis zusammen gesotten: mit solchem soll man/ vermittelst eines grossen Pinsels/ die Mauer wol glat überfahren/ und nachdem solche wieder trucken worden ist/ mit der gemeinen Grund-Farbe/ oder obgedachter mistura wol glat übergehen. Wann solche wieder trucken worden/ alsdann kan/ auf diese Mauer/ gemahlet werden/ wie sonsten/ mit der Oelfarb auf Tuch/ oder Tafel zumahlen gebräuchlich ist. Es wird zwar auch noch eine andere Manier gebraucht. Die Erfahrenheit aber/ bestetiget diese mit der Versicherung/ daß man keiner besser und sicherer folgen könne.
Anderer Gebrauch mit Oelfarben auf selbige Mauren zumahlen. Von dem rechten Gebrauch und Erneurung guter Mahlerey steht ferner zu melden/ daß gleichwie/ vorangedeuteter Massen/ der Zeichenkunst Vollkommenheit iedesmal den Vorzug haben solle: also hernach/ durch die Farben/ selbe todte Risse/ lebendig gemacht werden müssen/ wann diese beede Theile fein wol aufeinander treffen/ durch vernünftigen Gebrauch und Annehmung guter Manier/ welche bey dem nachcopiren andrer vortreflicher Wercke/ ihren Anfang nehmen muß/ besonderlich in grossen Bildern: so macht sich der Verstand beqvem/ und in allen Dingen fähig:zumal wann also die gute Manier/ Geist und Tapfferkeit zusammen kommen: Welche aus nachcopiren der besten Hand zuerlangen. Alsdann soll man zu dem Leben selbsten schreiten/ um solche modellen, mit vorgefaster Warnehmung/ zu folgen. Jedoch muß Einer Ihme selbsten nicht zuviel vertrauen noch liebkosen. Dann nichts mehr betrigt/ als des Menschen Urtheil in seinem eigenem Werck. Das beste Urtheil soll von Andern (auch von den Feinden selbst) und zwar eines Jeden seines angenommen/ und alle erfahrne Fehler gantz willig verbessern werden/ der mit gnugsamen Verstande versehene Mahler hat sich nicht eben völlig zubinden an Manier/ oder Gebrauch eines andern. Dann also wird er nicht ein Sohn/ sondern nur ein Enckel/ oder Vetter der Natur seyn/ indem er die gantze Welt vor sich hat. Worum wolte er andern in den Wincklen nachlauffen/ die doch auch allein von ihr gelernet? Man schöpffet das Wasser besser und klärer aus den Qvellbrunnen/ als aus den Bächlein Gräben und Weyern/ die von dannen geronnen seyn. Viel und oftermals begünstigt die Natur einem mehrer zuerlernen/ weder sein Meister selbst gewust. Dahero muß man ihm die Freyheit/ in der Natur selbsten zu studiren/ stets vorbehalten/ und mit beharrendem Fleiß beeyfern.
Wie man die wol gefasste Zeichen-Kunst/ mit den Farben secundiren müsse
Gute Wercken nach copiren.
Endlich nach dem Leben.
Man soll nicht seinen/ sondern mehr Anderen Urtheil trauen.
Auch mehr bey der Natur/ als bey Anderen zur Schul gehen.
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(2013-05-21T09:54:31Z)
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