Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.[Spaltenumbruch] auf ein Gebirge geführt/ allda sie mit lieblichen Winden erfrischt/ und mit schönem Qvellwasser/ gelabet und gestärckt/ dieser ansteckenden Seuche glücklich wieder entgangen wären. Diesen Berg nennet er denn/ die Dicke des Oberschenckels: dannenhero die Griechen Ursach genommen/ zu sagen/ er seye in den Oberschenckel des Jupiters genähet worden. Daß ihn die Nymphen solten gesäuget haben/ scheinet daher erdacht zu seyn/ weil der Weinstock/ unter allen Bäumen/ der feuchteste zu seyn/ und/ indem er mässiglich mit Wasser angefeuchtet wird/ desto besser zuwachsen/ und um so viel fruchtbarer zu werden pfleget. Ferner hat auch der Wein/ seine gewaltige und strenge Hitze zu dämpffen/ in vielen Stücken/ des Wassers vonnöhten. Man schreibet/ daß Bachus gemeiniglich die Musen in seiner Gesellschafft gehabt: welches zuverstehen geben wil/ daß die Hitze des Weins den Menschlichen Geist aufmuntere. Sein Bildnus ward nackend gemahlet; weil er die Geheimnüsse zu offenbaren gewohnet/ besage des alten Griechischen Sprichworts: Die Warheit ligt im Wein/ oder wie wir es aussprechen: Trunckner Mund redet von Hertzen grund. Des Bachus Wagen ward gezogen von Pantherthieren: weil die Menschen/ durch allzu-vieles Weintrincken/ nach Art dieser Thiere/ grimmig und grausam werden. Philostratus sagt/ daß diese Thiere darum dem Bachus zugeeignet worden/ weil sie sehr hitziger Natur/ und leichtlich aufspringen/ gleichwie auch diejenige/ so dem Bachus dienen/ zu thun pflegen/ und die Menschen durch den Wein mehr/ dann von Natur/ und erwärmer werden. Er ward auch begleitet von einem Theil Doemonum oder böser und betrüglicher Geister und Gespenster: dieweil der Voll- und Trunckenheit insgemein folget: Plaudern/ Unbedachtsamkeit/ Vergeudung/ Uberfluß/ Unkeuschkeit/ Feindschafft/ Hader und andere dergleichen abscheuliche Laster mehr. Daß er von denen Titanen zerrissen worden/ deutet an/ daß die Weintrauben/ als Kinder der Rhea/ welches die Erde ist/ von denen Landbauern/ gesammet oder gelesen/ und unter einander getretten werden/ aus deren Gliedern dann hervorkommt der köstliche Safft des Weins/ vereinigt zu einem Körper; da er zuvor in viel theilen zerstreuet war. Auch wird der Wein/ in etlichen Landen/ denselben lange zu erhalten/ gekocht und gesotten. So lieset man auch im Natalis Comes, daß Bachus/ oder Dionysius/ nicht allein den Wein erfunden: sondern auch denen Völckern/ so in unbeqvemen Orten oder Ländern wohnten/ da man keinen Wein pflantzen können/ Bachus der erste Bierbräuer. Bier zu bräuen gewiesen habe. Nächst diesem sind auch noch andere Dinge von ihm zu lesen/ als von seinem Kriege wider den Saturn; Imgleichen/ daß er/ für den Apollo/ oder die Sonne gehalten wird; und der gleichen Dinge mehr/ so alhier unnötig beyzubringen sind: dann einem wol/ durch seine Krafft/ das Haupt erwarmen solte/ wann man länger mit ihm umginge; bevorab wir auch nichts besonders mehr von ihm vorzubringen haben. Wir wollen uns derhalben nunmehro zu dem schönen Narcissus wenden/ da dann nicht undienlich seyn wird/ gleich Anfangs zuerzehlen/ wer er gewesen/ daß er nachgehends [Spaltenumbruch] in eine Blume verwandelt worden ist. Ankunft des Narcissus. NArcisus ist gewest ein Sohn des Flusses Cephisus/ der seinen Ursprung hat bey Lilea; Laufft bey dem Parnassus durch Delphos/ und fället endlich in das Aegeische/ oder das zwischen Asien und Europa fliessende/ Meer. Seine Mutter war eine Meer-göttin/ genannt Liriope/ eine Tochter des Oceans und der Tethys. Dann als diese sich/ in den Fluhten des Cephisus/ ermüdet/ wurde sie von ihm befruchtet/ und gebar den Narcissus. Narcissus aber deutet/ in Griechischer Sprache/ so viel an/ als steiff und unempfindlich. Er war/ in seinen Jünglings Jahren/ ein Jäger/ und von den Nymphen geliebt/ insonderheit von der Nymphen Echo/ einer Tochter der Lufft und Zunge. Oder wie eine bekandte Feder/ unserer Zeit/ sie beschriebet: Echo du Tochter der Thäler und Wälder Blosser Geist/ schnelle Durch-Schallung der Felder: Ewiges Vorbild der thörigten Liebe/ Hörerin/ alles behaltend im Siebe/ Sage mir Nymphe! was machet uns schwinden Glieder und Schönheit/ wie Blumen vor winden ? Löse die Fragen mit eintzelnen Worten. Welche dich fordern aus einsamen Orten: Gib Antwort/ du Lufft-Kind/ fein hurtig/ zu allen! E. allen. Was würckt es/ wenn Jungfern in Liebes- Brunst fallen? E. fallen was kostet die Liebe ohn alles Besinnen? E. Sinnen. Vergleiche die Räncke/ so Buhler erspin- nen. E. Spinnen. Muß Klugheit und Wolfahrt/ durch Buhl- schafft/ ersterben? E. Sterben was pfleget vernünfftige Liebe zu erben? E. Erben was meynen zweytreulich-verliebete Her- tzen? E. Hertzen. Was brüten der Buhler süß-thörichte Schmertzen? E. Schmertzen. Viel besser/ daß Einer die Buhlschafft ver- meide. E. Meide nun Jungfrau des Schalles/ leb frölig! ich scheide. E. Scheide! Und/ wie eben dieselbige Feder anderswo/ mit dem Gegenruff/ unter der Person der Philirosen/ auff nachgesetzte Weise/ schertzet. Beschwatzte Nymphe/ sag/ was hast du doch empfunden/ als dich Narcissus Glantz und Schönheit überwunden? E. Wunden. Vielleicht/ dieweil er dich verschmäht/ aus falschen Mut. [Spaltenumbruch] auf ein Gebirge geführt/ allda sie mit lieblichen Winden erfrischt/ und mit schönem Qvellwasser/ gelabet und gestärckt/ dieser ansteckenden Seuche glücklich wieder entgangen wären. Diesen Berg nennet er denn/ die Dicke des Oberschenckels: dannenhero die Griechen Ursach genommen/ zu sagen/ er seye in den Oberschenckel des Jupiters genähet worden. Daß ihn die Nymphen solten gesäuget haben/ scheinet daher erdacht zu seyn/ weil der Weinstock/ unter allen Bäumen/ der feuchteste zu seyn/ und/ indem er mässiglich mit Wasser angefeuchtet wird/ desto besser zuwachsen/ und um so viel fruchtbarer zu werden pfleget. Ferner hat auch der Wein/ seine gewaltige und strenge Hitze zu dämpffen/ in vielen Stücken/ des Wassers vonnöhten. Man schreibet/ daß Bachus gemeiniglich die Musen in seiner Gesellschafft gehabt: welches zuverstehen geben wil/ daß die Hitze des Weins den Menschlichen Geist aufmuntere. Sein Bildnus ward nackend gemahlet; weil er die Geheimnüsse zu offenbaren gewohnet/ besage des alten Griechischen Sprichworts: Die Warheit ligt im Wein/ oder wie wir es aussprechen: Trunckner Mund redet von Hertzen grund. Des Bachus Wagen ward gezogen von Pantherthieren: weil die Menschen/ durch allzu-vieles Weintrincken/ nach Art dieser Thiere/ grimmig und grausam werden. Philostratus sagt/ daß diese Thiere darum dem Bachus zugeeignet worden/ weil sie sehr hitziger Natur/ und leichtlich aufspringen/ gleichwie auch diejenige/ so dem Bachus dienen/ zu thun pflegen/ und die Menschen durch den Wein mehr/ dann von Natur/ und erwärmer werden. Er ward auch begleitet von einem Theil Doemonum oder böser und betrüglicher Geister und Gespenster: dieweil der Voll- und Trunckenheit insgemein folget: Plaudern/ Unbedachtsamkeit/ Vergeudung/ Uberfluß/ Unkeuschkeit/ Feindschafft/ Hader und andere dergleichen abscheuliche Laster mehr. Daß er von denen Titanen zerrissen worden/ deutet an/ daß die Weintrauben/ als Kinder der Rhea/ welches die Erde ist/ von denen Landbauern/ gesammet oder gelesen/ und unter einander getretten werden/ aus deren Gliedern dann hervorkommt der köstliche Safft des Weins/ vereinigt zu einem Körper; da er zuvor in viel theilen zerstreuet war. Auch wird der Wein/ in etlichen Landen/ denselben lange zu erhalten/ gekocht und gesotten. So lieset man auch im Natalis Comes, daß Bachus/ oder Dionysius/ nicht allein den Wein erfunden: sondern auch denen Völckern/ so in unbeqvemen Orten oder Ländern wohnten/ da man keinen Wein pflantzen können/ Bachus der erste Bierbräuer. Bier zu bräuen gewiesen habe. Nächst diesem sind auch noch andere Dinge von ihm zu lesen/ als von seinem Kriege wider den Saturn; Imgleichen/ daß er/ für den Apollo/ oder die Sonne gehalten wird; und der gleichen Dinge mehr/ so alhier unnötig beyzubringen sind: dann einem wol/ durch seine Krafft/ das Haupt erwarmen solte/ wann man länger mit ihm umginge; bevorab wir auch nichts besonders mehr von ihm vorzubringen haben. Wir wollen uns derhalben nunmehro zu dem schönen Narcissus wenden/ da dann nicht undienlich seyn wird/ gleich Anfangs zuerzehlen/ wer er gewesen/ daß er nachgehends [Spaltenumbruch] in eine Blume verwandelt worden ist. Ankunft des Narcissus. NArcisus ist gewest ein Sohn des Flusses Cephisus/ der seinen Ursprung hat bey Lilea; Laufft bey dem Parnassus durch Delphos/ und fället endlich in das Aegeische/ oder das zwischen Asien und Europa fliessende/ Meer. Seine Mutter war eine Meer-göttin/ genannt Liriope/ eine Tochter des Oceans und der Tethys. Dann als diese sich/ in den Fluhten des Cephisus/ ermüdet/ wurde sie von ihm befruchtet/ und gebar den Narcissus. Narcissus aber deutet/ in Griechischer Sprache/ so viel an/ als steiff und unempfindlich. Er war/ in seinen Jünglings Jahren/ ein Jäger/ und von den Nymphen geliebt/ insonderheit von der Nymphen Echo/ einer Tochter der Lufft und Zunge. Oder wie eine bekandte Feder/ unserer Zeit/ sie beschriebet: Echo du Tochter der Thäler und Wälder Blosser Geist/ schnelle Durch-Schallung der Felder: Ewiges Vorbild der thörigten Liebe/ Hörerin/ alles behaltend im Siebe/ Sage mir Nymphe! was machet uns schwinden Glieder und Schönheit/ wie Blumen vor winden ? Löse die Fragen mit eintzelnen Worten. Welche dich fordern aus einsamen Orten: Gib Antwort/ du Lufft-Kind/ fein hurtig/ zu allen! E. allen. Was würckt es/ wenn Jungfern in Liebes- Brunst fallen? E. fallen was kostet die Liebe ohn alles Besinnen? E. Sinnen. Vergleiche die Räncke/ so Buhler erspin- nen. E. Spinnen. Muß Klugheit und Wolfahrt/ durch Buhl- schafft/ ersterben? E. Sterben was pfleget vernünfftige Liebe zu erben? E. Erben was meynen zweytreulich-verliebete Her- tzen? E. Hertzen. Was brüten der Buhler süß-thörichte Schmertzen? E. Schmertzen. Viel besser/ daß Einer die Buhlschafft ver- meide. E. Meide nun Jungfrau des Schalles/ leb frölig! ich scheide. E. Scheide! Und/ wie eben dieselbige Feder anderswo/ mit dem Gegenruff/ unter der Person der Philirosen/ auff nachgesetzte Weise/ schertzet. Beschwatzte Nymphe/ sag/ was hast du doch empfunden/ als dich Narcissus Glantz und Schönheit überwunden? E. Wunden. Vielleicht/ dieweil er dich verschmäht/ aus falschen Mut. <TEI> <text> <body> <div> <div> <div xml:id="d1156.1"> <p><pb facs="#f0215" xml:id="pb-1162" n="[Metamorphosis, S. 39]"/><cb/> auf ein Gebirge geführt/ allda sie mit lieblichen Winden erfrischt/ und mit schönem Qvellwasser/ gelabet und gestärckt/ dieser ansteckenden Seuche glücklich wieder entgangen wären. 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auf ein Gebirge geführt/ allda sie mit lieblichen Winden erfrischt/ und mit schönem Qvellwasser/ gelabet und gestärckt/ dieser ansteckenden Seuche glücklich wieder entgangen wären. Diesen Berg nennet er denn/ die Dicke des Oberschenckels: dannenhero die Griechen Ursach genommen/ zu sagen/ er seye in den Oberschenckel des Jupiters genähet worden. Daß ihn die Nymphen solten gesäuget haben/ scheinet daher erdacht zu seyn/ weil der Weinstock/ unter allen Bäumen/ der feuchteste zu seyn/ und/ indem er mässiglich mit Wasser angefeuchtet wird/ desto besser zuwachsen/ und um so viel fruchtbarer zu werden pfleget. Ferner hat auch der Wein/ seine gewaltige und strenge Hitze zu dämpffen/ in vielen Stücken/ des Wassers vonnöhten. Man schreibet/ daß Bachus gemeiniglich die Musen in seiner Gesellschafft gehabt: welches zuverstehen geben wil/ daß die Hitze des Weins den Menschlichen Geist aufmuntere. Sein Bildnus ward nackend gemahlet; weil er die Geheimnüsse zu offenbaren gewohnet/ besage des alten Griechischen Sprichworts: Die Warheit ligt im Wein/ oder wie wir es aussprechen: Trunckner Mund redet von Hertzen grund. Des Bachus Wagen ward gezogen von Pantherthieren: weil die Menschen/ durch allzu-vieles Weintrincken/ nach Art dieser Thiere/ grimmig und grausam werden. Philostratus sagt/ daß diese Thiere darum dem Bachus zugeeignet worden/ weil sie sehr hitziger Natur/ und leichtlich aufspringen/ gleichwie auch diejenige/ so dem Bachus dienen/ zu thun pflegen/ und die Menschen durch den Wein mehr/ dann von Natur/ und erwärmer werden. Er ward auch begleitet von einem Theil Doemonum oder böser und betrüglicher Geister und Gespenster: dieweil der Voll- und Trunckenheit insgemein folget: Plaudern/ Unbedachtsamkeit/ Vergeudung/ Uberfluß/ Unkeuschkeit/ Feindschafft/ Hader und andere dergleichen abscheuliche Laster mehr. Daß er von denen Titanen zerrissen worden/ deutet an/ daß die Weintrauben/ als Kinder der Rhea/ welches die Erde ist/ von denen Landbauern/ gesammet oder gelesen/ und unter einander getretten werden/ aus deren Gliedern dann hervorkommt der köstliche Safft des Weins/ vereinigt zu einem Körper; da er zuvor in viel theilen zerstreuet war. Auch wird der Wein/ in etlichen Landen/ denselben lange zu erhalten/ gekocht und gesotten. So lieset man auch im Natalis Comes, daß Bachus/ oder Dionysius/ nicht allein den Wein erfunden: sondern auch denen Völckern/ so in unbeqvemen Orten oder Ländern wohnten/ da man keinen Wein pflantzen können/ Bier zu bräuen gewiesen habe. Nächst diesem sind auch noch andere Dinge von ihm zu lesen/ als von seinem Kriege wider den Saturn; Imgleichen/ daß er/ für den Apollo/ oder die Sonne gehalten wird; und der gleichen Dinge mehr/ so alhier unnötig beyzubringen sind: dann einem wol/ durch seine Krafft/ das Haupt erwarmen solte/ wann man länger mit ihm umginge; bevorab wir auch nichts besonders mehr von ihm vorzubringen haben. Wir wollen uns derhalben nunmehro zu dem schönen Narcissus wenden/ da dann nicht undienlich seyn wird/ gleich Anfangs zuerzehlen/ wer er gewesen/ daß er nachgehends
in eine Blume verwandelt worden ist.
Bachus der erste Bierbräuer. Vom Narcissus und dem
Echo.
NArcisus ist gewest ein Sohn des Flusses Cephisus/ der seinen Ursprung hat bey Lilea; Laufft bey dem Parnassus durch Delphos/ und fället endlich in das Aegeische/ oder das zwischen Asien und Europa fliessende/ Meer. Seine Mutter war eine Meer-göttin/ genannt Liriope/ eine Tochter des Oceans und der Tethys. Dann als diese sich/ in den Fluhten des Cephisus/ ermüdet/ wurde sie von ihm befruchtet/ und gebar den Narcissus. Narcissus aber deutet/ in Griechischer Sprache/ so viel an/ als steiff und unempfindlich. Er war/ in seinen Jünglings Jahren/ ein Jäger/ und von den Nymphen geliebt/ insonderheit von der Nymphen Echo/ einer Tochter der Lufft und Zunge. Oder wie eine bekandte Feder/ unserer Zeit/ sie beschriebet:
Ankunft des Narcissus. Echo du Tochter der Thäler und
Wälder
Blosser Geist/ schnelle Durch-Schallung
der Felder:
Ewiges Vorbild der thörigten Liebe/
Hörerin/ alles behaltend im Siebe/
Sage mir Nymphe! was machet uns
schwinden
Glieder und Schönheit/ wie Blumen
vor winden ?
Löse die Fragen mit eintzelnen Worten.
Welche dich fordern aus einsamen Orten:
Gib Antwort/ du Lufft-Kind/ fein hurtig/
zu allen! E. allen.
Was würckt es/ wenn Jungfern in Liebes-
Brunst fallen? E. fallen
was kostet die Liebe ohn alles Besinnen?
E. Sinnen.
Vergleiche die Räncke/ so Buhler erspin-
nen. E. Spinnen.
Muß Klugheit und Wolfahrt/ durch Buhl-
schafft/ ersterben? E. Sterben
was pfleget vernünfftige Liebe zu erben?
E. Erben
was meynen zweytreulich-verliebete Her-
tzen? E. Hertzen.
Was brüten der Buhler süß-thörichte
Schmertzen? E. Schmertzen.
Viel besser/ daß Einer die Buhlschafft ver-
meide. E. Meide
nun Jungfrau des Schalles/ leb frölig!
ich scheide. E. Scheide!
Und/ wie eben dieselbige Feder anderswo/ mit dem Gegenruff/ unter der Person der Philirosen/ auff nachgesetzte Weise/ schertzet.
Beschwatzte Nymphe/ sag/ was hast du
doch empfunden/
als dich Narcissus Glantz und Schönheit
überwunden? E. Wunden.
Vielleicht/ dieweil er dich verschmäht/ aus
falschen Mut.
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URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679 |
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 39]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/215>, abgerufen am 16.02.2025. |