Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] Schwester zu suchen verbotten/ und dargegen gebotten war eine Stadt zu bauen/ wie unser Poet ferner erzehlt. Endlich tödtete Cadmus/ bey dem Brunnen Dirce/ die grausame Schlange/ welche von dem Marte gezeuget war; weswegen ihn Mars gezwungen/ ihme ein Jahr lang unterworffen und dienstbar zu seyn: welches Jahr jedoch damals so lang war/ als anjetzo acht Jahre zu seyn pflegen. Hernach hat die Minerva den Königlichen Hoff des Cadmus/ sehr herrlich geziert/ und Jupiter ihn/ mit der Harmonia/ ehlich vertrauet. Verehligung und herrliche Hochzeit des Cadmus Diese Harmonia/ sagt Diodorus/ in seinem sechstem Buche/ sey eine Tochter des Jupiters/ und der Electra. Hesiodus aber wil/ daß Mars und Venus ihre Eltern seyn. Diese Hochzeit ward gezieret/ mit der Gegenwart aller Götter/ so auch die Braut mit Geschencken beehrten; als die Ceres mit Korne/ einer Frucht ihrer Erfindung; Mercurius mit einer Lauten; die Pallas/ mit Juwelen und Flöten; die Electra/ mit Zimbalen und Paucken. Apollo der Musicant bey den Hochzeiten/ mit einer Zitter; Des Cadmus Nachkömmlinge. und die Musen/ mit Pfeiffen. Die andere Götter aber beehrten sie/ mit andern herrlichen Gaben. Aus dieser Ehe/ ward gezeuget Polydorus; von dem Polydorus/ Labdacus; von diesem wiederum Laius/ der Vatter des Oedipus; von welchem/ im neundten Buche/ gehandelt werden soll.

Dieser Cadmus hatte auch vier Töchter/ als die Ino/ Semele/ Agave/ und Antonoe. Nachdem er nun unglaublich viel Widerwärtigkeiten/ um seiner Töchter und Nachkömlinge willen/ erlitten hatte; satzte er auf den Königlichen Thebaischen Stuhl den Pentheus/ einen Sohn des Echions/ und seiner Tochter Agave/ und erhub sich/ mit seiner Harmonia/ zu dem Encheles/ in Dalmatien: weil ihn das Volck seiner angräntzenden Landen/ als sie beängstiget wurden/ auf Raht des Orakels/ dahin zu kommen/ ersuchen lassen/ nachdem ihnen geweissaget worden/ daß sie/ durch den Cadmus/ erlöset werden sollen. Als er nun/ von diesem Volck/ zum Kriegs-Haupt erwählt worden/ erhielte er den Sieg wider die Feinde/ und ward also König von Dalmatien; welches er dann/ mit gutem Frieden und Glück/ regiert und besessen; allda aber auch er/ und seine Gemahlin/ in Schlangen verwandelt; worvon/ im vierdten Buch/ wie auch von des Mars und der Venus Tochter/ der Harmonia/ fernere Ausführligkeit Historische Erklärung über des Cadmus Drachen-Tödtung. erfolgen soll. Belangend dann/ daß Cadmus/ als er/ seine Schwester zusuchen/ ausgesandt war/ einen grimmigen Drachen/ in dem Brunnen Dirce/ getödet haben soll; steckt/ unter selbigem Gedichte/ diese Warheit/ daß er umgebracht einen erschröcklichen Rauber/ welcher Drach genennet ward/ und denen allda vorüber reisenden Fremdlingen viel Grausamkeit und Gewalts anlegte/ auch albereits Einigen von den Seinen den Hals abgeschnitten hatte. Man sagt/ er habe die Zähne des Drachen gesäet/ und will damit anzeigen/ als sein Anhang oder Spießgesellen gesehen/ daß ihr Haupt geschlagen worden/ hätten sie die Flucht genommen/ und wären also gleichsam gesäet/ oder einer hier/ der ander dort hinaus/ zerstreuet worden. Einige schreiben/ daß Cadmus/ auf der Minerva Raht/ einen Stein mitten unter die Brüder/ so aus den [Spaltenumbruch] Drachenzähnen hervor gewachsen/ geworffen hätte/ und weil einer getroffen worden/ habe er sich gäntzlich eingebildet/ es wäre ihm solches von einem seiner Mitbrüder geschehen: dahero er es/ mit dem Todschlage/ gerochen: welches wiederum ein anderer/ an diesem/ gerochen/ und also immer Einer den Andern umgebracht/ daß ihrer mehr nicht/ dann fünffe/ darvon lebend blieben. Dieses/ wollen einige/ sey eine vorbedeutende Anweisung gewesen der Zwiespaltungen und Kriege/ welche die Thebaner ins künfftige beschweren und qvählen würden: dann hernach sehr schwere und verderbliche einheimische oder bürgerliche Kriege und Blutvergiessen unter ihnen entstanden sind. Gleichwie zum öfftern/ aus einem geringen Schaden und Mishandlung oder anderer schlechten Ursache/ grosse Unruhen/ und unwiederbringlicher Schade und Verderbnüsse/ zu entstehen pflegen: und zwar nicht allein/ unter Bürgern und Freunden; sondern auch wol/ unter Brüdern/ und andern nahen Blutverwanden. Dann/ wie Plutarchus/ in der Brüderlichen Freundschafft/ erzehlt; so müssen sie den brennenden Eifer und der Hartnäckigkeit gleich anfangs widerstehen/ sich gewöhnen einander nachzugeben/ und aus Liebe sich überwinden lassen/ auch sich erfreuen/ wann sie einander gefallen mögen: Und eben dieses war auch die eigentliche Meynung und der rechte Verstand des alten Sprichtworts: der Cadmische Sieg.

Wir müssen aber anietzo die gantze Fabel vom Anfang wiederholen: damit wir die darunter verborgene Lehren erklären und vorstellen können. Fürs erste war dem Cadmus/ vom Orakel/ verbotten/ seine Schwester zu suchen oder auszuforschen/ er muste dem Ochsen/ welcher ihm/ zum Führer oder Wegweiser verordnet war/ nachfolgen/ und die Boeotische Stadt Thebas/ allda der Ochse ruhen würde/ auferbauen. Dieser Cadmus ist alhier ein Vorbild der Jugend/ oder eines Jünglings/ welcher dem Göttlichen oder tugendlichen Raht oder Triebe gehorsamet/ das faule/ träge/ zur Fröligkeit geneigte/ wollüstige Leben/ Art und Wesen/ verlässt/ ein Männlich-ernsthafftes Gemüht ergreiffet/ und dem Ochsen/ wordurch die Arbeit verstanden wird/ nachfolget/ auf daß er/ durch diesen tugendlichen Weg der Arbeit/ zur Ehr und Ruhe gelangen möge. Er bauete eine Stadt/ die er nannte nach Gott/ welcher ihm den Weg gelehret hatte/ und dem Ochsen/ der ihm geholffen hatte/ dahin zukommen; nemlich/ erstbesagte Stadt Thebas/ welche hernach eine sehr mächtige Stadt worden. Dann ohne Gott/ kan des Menschen Arbeit nicht gedeyen: wann aber Gott die Arbeit/ das Gebäu/ oder Zimmerung darzu gethan/ so wird es guten Fortgang haben/ wol Wurtzeln und bekleiben/ was auch vor unglückliche Schwerigkeiten darwider aufsteigen oder vorkommen; dafern man nur/ in großmühtiger Gedult/ Lehrliche Erklärung über die Tödtung des Drachen/ und dem Streit der/ aus den gesäeten Drachen-Zähn gewachsenen Brüder. beständig darinnen beharret. Die Knechte oder Gesellen des Cadmus/ die von dem Drachen getödtet waren/ bedeuten das eitele Beginnen der Jugend/ so/ mit der Zeit/ durch der Weisheit/ (durch die Schlange zuverstehen) verworffen wird: dann die rechte vollkommene Weisheit verwirffet und tödtet viel eitele närrische Gedancken und Begierden/ darmit wir/ in unserer unbedachtsamen blinden

[Spaltenumbruch] Schwester zu suchen verbotten/ und dargegen gebotten war eine Stadt zu bauen/ wie unser Poet ferner erzehlt. Endlich tödtete Cadmus/ bey dem Brunnen Dirce/ die grausame Schlange/ welche von dem Marte gezeuget war; weswegen ihn Mars gezwungen/ ihme ein Jahr lang unterworffen und dienstbar zu seyn: welches Jahr jedoch damals so lang war/ als anjetzo acht Jahre zu seyn pflegen. Hernach hat die Minerva den Königlichen Hoff des Cadmus/ sehr herrlich geziert/ und Jupiter ihn/ mit der Harmonia/ ehlich vertrauet. Verehligung und herrliche Hochzeit des Cadmus Diese Harmonia/ sagt Diodorus/ in seinem sechstem Buche/ sey eine Tochter des Jupiters/ und der Electra. Hesiodus aber wil/ daß Mars und Venus ihre Eltern seyn. Diese Hochzeit ward gezieret/ mit der Gegenwart aller Götter/ so auch die Braut mit Geschencken beehrten; als die Ceres mit Korne/ einer Frucht ihrer Erfindung; Mercurius mit einer Lauten; die Pallas/ mit Juwelen und Flöten; die Electra/ mit Zimbalen und Paucken. Apollo der Musicant bey den Hochzeiten/ mit einer Zitter; Des Cadmus Nachkömmlinge. und die Musen/ mit Pfeiffen. Die andere Götter aber beehrten sie/ mit andern herrlichen Gaben. Aus dieser Ehe/ ward gezeuget Polydorus; von dem Polydorus/ Labdacus; von diesem wiederum Laius/ der Vatter des Oedipus; von welchem/ im neundten Buche/ gehandelt werden soll.

Dieser Cadmus hatte auch vier Töchter/ als die Ino/ Semele/ Agave/ und Antonoe. Nachdem er nun unglaublich viel Widerwärtigkeiten/ um seiner Töchter und Nachkömlinge willen/ erlitten hatte; satzte er auf den Königlichen Thebaischen Stuhl den Pentheus/ einen Sohn des Echions/ und seiner Tochter Agave/ und erhub sich/ mit seiner Harmonia/ zu dem Encheles/ in Dalmatien: weil ihn das Volck seiner angräntzenden Landen/ als sie beängstiget wurden/ auf Raht des Orakels/ dahin zu kommen/ ersuchen lassen/ nachdem ihnen geweissaget worden/ daß sie/ durch den Cadmus/ erlöset werden sollen. Als er nun/ von diesem Volck/ zum Kriegs-Haupt erwählt worden/ erhielte er den Sieg wider die Feinde/ und ward also König von Dalmatien; welches er dann/ mit gutem Frieden und Glück/ regiert und besessen; allda aber auch er/ und seine Gemahlin/ in Schlangen verwandelt; worvon/ im vierdten Buch/ wie auch von des Mars und der Venus Tochter/ der Harmonia/ fernere Ausführligkeit Historische Erklärung über des Cadmus Drachen-Tödtung. erfolgen soll. Belangend dann/ daß Cadmus/ als er/ seine Schwester zusuchen/ ausgesandt war/ einen grimmigen Drachen/ in dem Brunnen Dirce/ getödet haben soll; steckt/ unter selbigem Gedichte/ diese Warheit/ daß er umgebracht einen erschröcklichen Rauber/ welcher Drach genennet ward/ und denen allda vorüber reisenden Fremdlingen viel Grausamkeit und Gewalts anlegte/ auch albereits Einigen von den Seinen den Hals abgeschnitten hatte. Man sagt/ er habe die Zähne des Drachen gesäet/ und will damit anzeigen/ als sein Anhang oder Spießgesellen gesehen/ daß ihr Haupt geschlagen worden/ hätten sie die Flucht genommen/ und wären also gleichsam gesäet/ oder einer hier/ der ander dort hinaus/ zerstreuet worden. Einige schreiben/ daß Cadmus/ auf der Minerva Raht/ einen Stein mitten unter die Brüder/ so aus den [Spaltenumbruch] Drachenzähnen hervor gewachsen/ geworffen hätte/ und weil einer getroffen worden/ habe er sich gäntzlich eingebildet/ es wäre ihm solches von einem seiner Mitbrüder geschehen: dahero er es/ mit dem Todschlage/ gerochen: welches wiederum ein anderer/ an diesem/ gerochen/ und also immer Einer den Andern umgebracht/ daß ihrer mehr nicht/ dann fünffe/ darvon lebend blieben. Dieses/ wollen einige/ sey eine vorbedeutende Anweisung gewesen der Zwiespaltungen und Kriege/ welche die Thebaner ins künfftige beschweren und qvählen würden: dann hernach sehr schwere und verderbliche einheimische oder bürgerliche Kriege und Blutvergiessen unter ihnen entstanden sind. Gleichwie zum öfftern/ aus einem geringen Schaden und Mishandlung oder anderer schlechten Ursache/ grosse Unruhen/ und unwiederbringlicher Schade und Verderbnüsse/ zu entstehen pflegen: und zwar nicht allein/ unter Bürgern und Freunden; sondern auch wol/ unter Brüdern/ und andern nahen Blutverwanden. Dann/ wie Plutarchus/ in der Brüderlichen Freundschafft/ erzehlt; so müssen sie den brennenden Eifer und der Hartnäckigkeit gleich anfangs widerstehen/ sich gewöhnen einander nachzugeben/ und aus Liebe sich überwinden lassen/ auch sich erfreuen/ wann sie einander gefallen mögen: Und eben dieses war auch die eigentliche Meynung und der rechte Verstand des alten Sprichtworts: der Cadmische Sieg.

Wir müssen aber anietzo die gantze Fabel vom Anfang wiederholen: damit wir die darunter verborgene Lehren erklären und vorstellen können. Fürs erste war dem Cadmus/ vom Orakel/ verbotten/ seine Schwester zu suchen oder auszuforschen/ er muste dem Ochsen/ welcher ihm/ zum Führer oder Wegweiser verordnet war/ nachfolgen/ und die Boeotische Stadt Thebas/ allda der Ochse ruhen würde/ auferbauen. Dieser Cadmus ist alhier ein Vorbild der Jugend/ oder eines Jünglings/ welcher dem Göttlichen oder tugendlichen Raht oder Triebe gehorsamet/ das faule/ träge/ zur Fröligkeit geneigte/ wollüstige Leben/ Art und Wesen/ verlässt/ ein Männlich-ernsthafftes Gemüht ergreiffet/ und dem Ochsen/ wordurch die Arbeit verstanden wird/ nachfolget/ auf daß er/ durch diesen tugendlichen Weg der Arbeit/ zur Ehr und Ruhe gelangen möge. Er bauete eine Stadt/ die er nannte nach Gott/ welcher ihm den Weg gelehret hatte/ und dem Ochsen/ der ihm geholffen hatte/ dahin zukommen; nemlich/ erstbesagte Stadt Thebas/ welche hernach eine sehr mächtige Stadt worden. Dann ohne Gott/ kan des Menschen Arbeit nicht gedeyen: wann aber Gott die Arbeit/ das Gebäu/ oder Zimmerung darzu gethan/ so wird es guten Fortgang haben/ wol Wurtzeln und bekleiben/ was auch vor unglückliche Schwerigkeiten darwider aufsteigen oder vorkommen; dafern man nur/ in großmühtiger Gedult/ Lehrliche Erklärung über die Tödtung des Drachen/ und dem Streit der/ aus den gesäeten Drachen-Zähn gewachsenen Brüder. beständig darinnen beharret. Die Knechte oder Gesellen des Cadmus/ die von dem Drachen getödtet waren/ bedeuten das eitele Beginnen der Jugend/ so/ mit der Zeit/ durch der Weisheit/ (durch die Schlange zuverstehen) verworffen wird: dann die rechte vollkommene Weisheit verwirffet und tödtet viel eitele närrische Gedancken und Begierden/ darmit wir/ in unserer unbedachtsamen blinden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <div xml:id="d1156.1">
            <p><pb facs="#f0210" xml:id="pb-1157" n="[Metamorphosis, S. 34]"/><cb/>
Schwester zu suchen verbotten/ und dargegen gebotten war eine Stadt zu bauen/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-350 http://d-nb.info/gnd/118590995 http://viaf.org/viaf/88342447">unser Poet</persName> ferner erzehlt. Endlich tödtete <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName>/ bey dem Brunnen Dirce/ die grausame Schlange/ welche von dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-18 http://d-nb.info/gnd/118731181 http://viaf.org/viaf/101084029">Marte</persName> gezeuget war; weswegen ihn <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-18 http://d-nb.info/gnd/118731181 http://viaf.org/viaf/101084029">Mars</persName> gezwungen/ ihme ein Jahr lang unterworffen und dienstbar zu seyn: welches Jahr jedoch damals so lang war/ als anjetzo acht Jahre zu seyn pflegen. Hernach hat die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName> den Königlichen Hoff des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName>/ sehr herrlich geziert/ und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiter</persName> ihn/ mit der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2487 http://d-nb.info/gnd/118930230 http://viaf.org/viaf/30335994">Harmonia</persName>/ ehlich vertrauet. <note place="right">Verehligung und herrliche Hochzeit des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName></note> Diese <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2487 http://d-nb.info/gnd/118930230 http://viaf.org/viaf/30335994">Harmonia</persName>/ sagt <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-97 http://d-nb.info/gnd/118679627 http://viaf.org/viaf/10639948">Diodorus</persName>/ in seinem sechstem Buche/ sey eine Tochter des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiters</persName>/ und der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4380">Electra</persName>. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1273 http://d-nb.info/gnd/118550292 http://viaf.org/viaf/122220717">Hesiodus</persName> aber wil/ daß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-18 http://d-nb.info/gnd/118731181 http://viaf.org/viaf/101084029">Mars</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-126 http://d-nb.info/gnd/11876800X http://viaf.org/viaf/30332680">Venus</persName> ihre Eltern seyn. Diese Hochzeit ward gezieret/ mit der Gegenwart aller Götter/ so auch die Braut mit Geschencken beehrten; als die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-128 http://d-nb.info/gnd/118862294 http://viaf.org/viaf/15567160">Ceres</persName> mit Korne/ einer Frucht ihrer Erfindung; <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-342 http://d-nb.info/gnd/118641077 http://viaf.org/viaf/102459012">Mercurius</persName> mit einer Lauten; die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-295 http://d-nb.info/gnd/118504851 http://viaf.org/viaf/74643725">Pallas</persName>/ mit Juwelen und Flöten; die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4380">Electra</persName>/ mit Zimbalen und Paucken. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-59 http://d-nb.info/gnd/118503642 http://viaf.org/viaf/3261638">Apollo</persName> der Musicant bey den Hochzeiten/ mit einer Zitter; <note place="right">Des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName> Nachkömmlinge.</note> und die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1666 http://d-nb.info/gnd/118820656 http://viaf.org/viaf/5727734">Musen</persName>/ mit Pfeiffen. Die andere Götter aber beehrten sie/ mit andern herrlichen Gaben. Aus dieser Ehe/ ward gezeuget <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3912">Polydorus</persName>; von dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3912">Polydorus</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2489">Labdacus</persName>; von diesem wiederum <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2490">Laius</persName>/ der Vatter des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2491 http://d-nb.info/gnd/118589393 http://viaf.org/viaf/804472">Oedipus</persName>; von welchem/ im neundten Buche/ gehandelt werden soll.</p>
            <p>Dieser <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName> hatte auch vier Töchter/ als die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2659 http://d-nb.info/gnd/119362511 http://viaf.org/viaf/820054">Ino</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1563 http://d-nb.info/gnd/119216388 http://viaf.org/viaf/40183415">Semele</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2493">Agave</persName>/ und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2494">Antonoe</persName>. Nachdem er nun unglaublich viel Widerwärtigkeiten/ um seiner Töchter und Nachkömlinge willen/ erlitten hatte; satzte er auf den Königlichen Thebaischen Stuhl den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2366">Pentheus</persName>/ einen Sohn des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2496">Echions</persName>/ und seiner Tochter <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2493">Agave</persName>/ und erhub sich/ mit seiner <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2487 http://d-nb.info/gnd/118930230 http://viaf.org/viaf/30335994">Harmonia</persName>/ zu dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Encheles</persName>/ in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-104 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7015451">Dalmatien</placeName>: weil ihn das Volck seiner angräntzenden Landen/ als sie beängstiget wurden/ auf Raht des Orakels/ dahin zu kommen/ ersuchen lassen/ nachdem ihnen geweissaget worden/ daß sie/ durch den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName>/ erlöset werden sollen. Als er nun/ von diesem Volck/ zum Kriegs-Haupt erwählt worden/ erhielte er den Sieg wider die Feinde/ und ward also König von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-104 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7015451">Dalmatien</placeName>; welches er dann/ mit gutem Frieden und Glück/ regiert und besessen; allda aber auch er/ und seine Gemahlin/ in Schlangen verwandelt; worvon/ im vierdten Buch/ wie auch von des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-18 http://d-nb.info/gnd/118731181 http://viaf.org/viaf/101084029">Mars</persName> und der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-126 http://d-nb.info/gnd/11876800X http://viaf.org/viaf/30332680">Venus</persName> Tochter/ der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2487 http://d-nb.info/gnd/118930230 http://viaf.org/viaf/30335994">Harmonia</persName>/ fernere Ausführligkeit <note place="right">Historische Erklärung über des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019"><choice><sic>Camus</sic><corr>Cadmus</corr></choice></persName> Drachen-Tödtung.</note> erfolgen soll. Belangend dann/ daß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName>/ als er/ seine Schwester zusuchen/ ausgesandt war/ einen grimmigen Drachen/ in dem Brunnen Dirce/ getödet haben soll; steckt/ unter selbigem Gedichte/ diese Warheit/ daß er umgebracht einen erschröcklichen Rauber/ welcher Drach genennet ward/ und denen allda vorüber reisenden Fremdlingen viel Grausamkeit und Gewalts anlegte/ auch albereits Einigen von den Seinen den Hals abgeschnitten hatte. Man sagt/ er habe die Zähne des Drachen gesäet/ und will damit anzeigen/ als sein Anhang oder Spießgesellen gesehen/ daß ihr Haupt geschlagen worden/ hätten sie die Flucht genommen/ und wären also gleichsam gesäet/ oder einer hier/ der ander dort hinaus/ zerstreuet worden. Einige schreiben/ daß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName>/ auf der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName> Raht/ einen Stein mitten unter die Brüder/ so aus den <cb/>
Drachenzähnen hervor gewachsen/ geworffen hätte/ und weil einer getroffen worden/ habe er sich gäntzlich eingebildet/ es wäre ihm solches von einem seiner Mitbrüder geschehen: dahero er es/ mit dem Todschlage/ gerochen: welches wiederum ein anderer/ an diesem/ gerochen/ und also immer Einer den Andern umgebracht/ daß ihrer mehr nicht/ dann fünffe/ darvon lebend blieben. Dieses/ wollen einige/ sey eine vorbedeutende Anweisung gewesen der Zwiespaltungen und Kriege/ welche die Thebaner ins künfftige beschweren und qvählen würden: dann hernach sehr schwere und verderbliche einheimische oder bürgerliche Kriege und Blutvergiessen unter ihnen entstanden sind. Gleichwie zum öfftern/ aus einem geringen Schaden und Mishandlung oder anderer schlechten Ursache/ grosse Unruhen/ und unwiederbringlicher Schade und Verderbnüsse/ zu entstehen pflegen: und zwar nicht allein/ unter Bürgern und Freunden; sondern auch wol/ unter Brüdern/ und andern nahen Blutverwanden. Dann/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-343 http://d-nb.info/gnd/118595237 http://viaf.org/viaf/32140876">Plutarchus</persName>/ in der Brüderlichen Freundschafft/ erzehlt; so müssen sie den brennenden Eifer und der Hartnäckigkeit gleich anfangs widerstehen/ sich gewöhnen einander nachzugeben/ und aus Liebe sich überwinden lassen/ auch sich erfreuen/ wann sie einander gefallen mögen: Und eben dieses war auch die eigentliche Meynung und der rechte Verstand des alten Sprichtworts: der Cadmische Sieg.</p>
            <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">Wir</persName> müssen aber anietzo die gantze Fabel vom Anfang wiederholen: damit <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">wir</persName> die darunter verborgene Lehren erklären und vorstellen können. Fürs erste war dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName>/ vom Orakel/ verbotten/ seine Schwester zu suchen oder auszuforschen/ er muste dem Ochsen/ welcher ihm/ zum Führer oder Wegweiser verordnet war/ nachfolgen/ und die Boeotische Stadt <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1011 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7029383">Thebas</placeName>/ allda der Ochse ruhen würde/ auferbauen. Dieser <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName> ist alhier ein Vorbild der Jugend/ oder eines Jünglings/ welcher dem Göttlichen oder tugendlichen Raht oder Triebe gehorsamet/ das faule/ träge/ zur Fröligkeit geneigte/ wollüstige Leben/ Art und Wesen/ verlässt/ ein Männlich-ernsthafftes Gemüht ergreiffet/ und dem Ochsen/ wordurch die Arbeit verstanden wird/ nachfolget/ auf daß er/ durch diesen tugendlichen Weg der Arbeit/ zur Ehr und Ruhe gelangen möge. Er bauete eine Stadt/ die er nannte nach <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4146 http://d-nb.info/gnd/4021469-2">Gott</persName>/ welcher ihm den Weg gelehret hatte/ und dem Ochsen/ der ihm geholffen hatte/ dahin zukommen; nemlich/ erstbesagte Stadt <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1011 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7029383">Thebas</placeName>/ welche hernach eine sehr mächtige Stadt worden. Dann ohne <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4146 http://d-nb.info/gnd/4021469-2">Gott</persName>/ kan des Menschen Arbeit nicht gedeyen: wann aber <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4146 http://d-nb.info/gnd/4021469-2">Gott</persName> die Arbeit/ das Gebäu/ oder Zimmerung darzu gethan/ so wird es guten Fortgang haben/ wol Wurtzeln und bekleiben/ was auch vor unglückliche Schwerigkeiten darwider aufsteigen oder vorkommen; dafern man nur/ in großmühtiger Gedult/ <note place="right">Lehrliche Erklärung über die Tödtung des Drachen/ und dem Streit der/ aus den gesäeten Drachen-Zähn gewachsenen Brüder.</note> beständig darinnen beharret. Die Knechte oder Gesellen des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-719 http://d-nb.info/gnd/118930222 http://viaf.org/viaf/42637019">Cadmus</persName>/ die von dem Drachen getödtet waren/ bedeuten das eitele Beginnen der Jugend/ so/ mit der Zeit/ durch der Weisheit/ (durch die Schlange zuverstehen) verworffen wird: dann die rechte vollkommene Weisheit verwirffet und tödtet viel eitele närrische Gedancken und Begierden/ darmit wir/ in unserer unbedachtsamen blinden
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[Metamorphosis, S. 34]/0210] Schwester zu suchen verbotten/ und dargegen gebotten war eine Stadt zu bauen/ wie unser Poet ferner erzehlt. Endlich tödtete Cadmus/ bey dem Brunnen Dirce/ die grausame Schlange/ welche von dem Marte gezeuget war; weswegen ihn Mars gezwungen/ ihme ein Jahr lang unterworffen und dienstbar zu seyn: welches Jahr jedoch damals so lang war/ als anjetzo acht Jahre zu seyn pflegen. Hernach hat die Minerva den Königlichen Hoff des Cadmus/ sehr herrlich geziert/ und Jupiter ihn/ mit der Harmonia/ ehlich vertrauet. Diese Harmonia/ sagt Diodorus/ in seinem sechstem Buche/ sey eine Tochter des Jupiters/ und der Electra. Hesiodus aber wil/ daß Mars und Venus ihre Eltern seyn. Diese Hochzeit ward gezieret/ mit der Gegenwart aller Götter/ so auch die Braut mit Geschencken beehrten; als die Ceres mit Korne/ einer Frucht ihrer Erfindung; Mercurius mit einer Lauten; die Pallas/ mit Juwelen und Flöten; die Electra/ mit Zimbalen und Paucken. Apollo der Musicant bey den Hochzeiten/ mit einer Zitter; und die Musen/ mit Pfeiffen. Die andere Götter aber beehrten sie/ mit andern herrlichen Gaben. Aus dieser Ehe/ ward gezeuget Polydorus; von dem Polydorus/ Labdacus; von diesem wiederum Laius/ der Vatter des Oedipus; von welchem/ im neundten Buche/ gehandelt werden soll. Verehligung und herrliche Hochzeit des Cadmus Des Cadmus Nachkömmlinge. Dieser Cadmus hatte auch vier Töchter/ als die Ino/ Semele/ Agave/ und Antonoe. Nachdem er nun unglaublich viel Widerwärtigkeiten/ um seiner Töchter und Nachkömlinge willen/ erlitten hatte; satzte er auf den Königlichen Thebaischen Stuhl den Pentheus/ einen Sohn des Echions/ und seiner Tochter Agave/ und erhub sich/ mit seiner Harmonia/ zu dem Encheles/ in Dalmatien: weil ihn das Volck seiner angräntzenden Landen/ als sie beängstiget wurden/ auf Raht des Orakels/ dahin zu kommen/ ersuchen lassen/ nachdem ihnen geweissaget worden/ daß sie/ durch den Cadmus/ erlöset werden sollen. Als er nun/ von diesem Volck/ zum Kriegs-Haupt erwählt worden/ erhielte er den Sieg wider die Feinde/ und ward also König von Dalmatien; welches er dann/ mit gutem Frieden und Glück/ regiert und besessen; allda aber auch er/ und seine Gemahlin/ in Schlangen verwandelt; worvon/ im vierdten Buch/ wie auch von des Mars und der Venus Tochter/ der Harmonia/ fernere Ausführligkeit erfolgen soll. Belangend dann/ daß Cadmus/ als er/ seine Schwester zusuchen/ ausgesandt war/ einen grimmigen Drachen/ in dem Brunnen Dirce/ getödet haben soll; steckt/ unter selbigem Gedichte/ diese Warheit/ daß er umgebracht einen erschröcklichen Rauber/ welcher Drach genennet ward/ und denen allda vorüber reisenden Fremdlingen viel Grausamkeit und Gewalts anlegte/ auch albereits Einigen von den Seinen den Hals abgeschnitten hatte. Man sagt/ er habe die Zähne des Drachen gesäet/ und will damit anzeigen/ als sein Anhang oder Spießgesellen gesehen/ daß ihr Haupt geschlagen worden/ hätten sie die Flucht genommen/ und wären also gleichsam gesäet/ oder einer hier/ der ander dort hinaus/ zerstreuet worden. Einige schreiben/ daß Cadmus/ auf der Minerva Raht/ einen Stein mitten unter die Brüder/ so aus den Drachenzähnen hervor gewachsen/ geworffen hätte/ und weil einer getroffen worden/ habe er sich gäntzlich eingebildet/ es wäre ihm solches von einem seiner Mitbrüder geschehen: dahero er es/ mit dem Todschlage/ gerochen: welches wiederum ein anderer/ an diesem/ gerochen/ und also immer Einer den Andern umgebracht/ daß ihrer mehr nicht/ dann fünffe/ darvon lebend blieben. Dieses/ wollen einige/ sey eine vorbedeutende Anweisung gewesen der Zwiespaltungen und Kriege/ welche die Thebaner ins künfftige beschweren und qvählen würden: dann hernach sehr schwere und verderbliche einheimische oder bürgerliche Kriege und Blutvergiessen unter ihnen entstanden sind. Gleichwie zum öfftern/ aus einem geringen Schaden und Mishandlung oder anderer schlechten Ursache/ grosse Unruhen/ und unwiederbringlicher Schade und Verderbnüsse/ zu entstehen pflegen: und zwar nicht allein/ unter Bürgern und Freunden; sondern auch wol/ unter Brüdern/ und andern nahen Blutverwanden. Dann/ wie Plutarchus/ in der Brüderlichen Freundschafft/ erzehlt; so müssen sie den brennenden Eifer und der Hartnäckigkeit gleich anfangs widerstehen/ sich gewöhnen einander nachzugeben/ und aus Liebe sich überwinden lassen/ auch sich erfreuen/ wann sie einander gefallen mögen: Und eben dieses war auch die eigentliche Meynung und der rechte Verstand des alten Sprichtworts: der Cadmische Sieg. Historische Erklärung über des Cadmus Drachen-Tödtung. Wir müssen aber anietzo die gantze Fabel vom Anfang wiederholen: damit wir die darunter verborgene Lehren erklären und vorstellen können. Fürs erste war dem Cadmus/ vom Orakel/ verbotten/ seine Schwester zu suchen oder auszuforschen/ er muste dem Ochsen/ welcher ihm/ zum Führer oder Wegweiser verordnet war/ nachfolgen/ und die Boeotische Stadt Thebas/ allda der Ochse ruhen würde/ auferbauen. Dieser Cadmus ist alhier ein Vorbild der Jugend/ oder eines Jünglings/ welcher dem Göttlichen oder tugendlichen Raht oder Triebe gehorsamet/ das faule/ träge/ zur Fröligkeit geneigte/ wollüstige Leben/ Art und Wesen/ verlässt/ ein Männlich-ernsthafftes Gemüht ergreiffet/ und dem Ochsen/ wordurch die Arbeit verstanden wird/ nachfolget/ auf daß er/ durch diesen tugendlichen Weg der Arbeit/ zur Ehr und Ruhe gelangen möge. Er bauete eine Stadt/ die er nannte nach Gott/ welcher ihm den Weg gelehret hatte/ und dem Ochsen/ der ihm geholffen hatte/ dahin zukommen; nemlich/ erstbesagte Stadt Thebas/ welche hernach eine sehr mächtige Stadt worden. Dann ohne Gott/ kan des Menschen Arbeit nicht gedeyen: wann aber Gott die Arbeit/ das Gebäu/ oder Zimmerung darzu gethan/ so wird es guten Fortgang haben/ wol Wurtzeln und bekleiben/ was auch vor unglückliche Schwerigkeiten darwider aufsteigen oder vorkommen; dafern man nur/ in großmühtiger Gedult/ beständig darinnen beharret. Die Knechte oder Gesellen des Cadmus/ die von dem Drachen getödtet waren/ bedeuten das eitele Beginnen der Jugend/ so/ mit der Zeit/ durch der Weisheit/ (durch die Schlange zuverstehen) verworffen wird: dann die rechte vollkommene Weisheit verwirffet und tödtet viel eitele närrische Gedancken und Begierden/ darmit wir/ in unserer unbedachtsamen blinden Lehrliche Erklärung über die Tödtung des Drachen/ und dem Streit der/ aus den gesäeten Drachen-Zähn gewachsenen Brüder.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/210
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 34]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/210>, abgerufen am 22.11.2024.