Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.[Spaltenumbruch]
zur Wirckung kommen lässt/ und den nicht weiß zu stillen/ wird wünschen offt/ daß das/ worzu der Schmertz den Willen und Muht beredet hat/ doch nicht geschehen wär; Weil er hat/ mit Gewalt/ beschnellt um so viel mehr zugleich auch seine Quaal/ etc. Von der Europa. Worauf die Fabel von der Europa gegründet. ANlangend die Fabel von der Europa/ so ist solche/ wie Eusebius schreibet/ eine halbe Geschicht/ indem/ wie er saget/ Asterius/ der König von Creta/ sich in des Ageons/ Königs von Phoenicien/ Tochter/ die Europa/ verliebt gehabt/ und einen seiner getreuen Bedienten/ mit einem sehr schönen Schiffe/ der Stier genannt; weil der Stier darauf abgemahlet war/ dahin gesandt. Als nun derselbe dahin gekommen/ hat er geschwind so viel erhalten und zu wege gebracht/ daß diese unvergleichliche Schönheit auf den Stier/ oder das so genannte Schiff gekommen/ dasselbe zu besehen; so bald sie aber hinein gewesen/ haben die Schiffleute/ wie ihnen befohlen war/ stracks angefangen zu Rudern/ und davon zu seglen/ selbige auch ihrem Könige nacher Creta glücklich übergebracht: welcher folgends den Minos/ und seine Brüder/ mit ihr gezeuget. Diese Europa war sehr glücklich/ also daß/ durch ihres Namens grosses Gerücht/ das dritte Theil der [Spaltenumbruch] Welt/ nach ihr/ Europa genennet worden. Herodotus/ im 1. Buche seiner Geschichten/ saget gleichfals/ auf jetzt erzehlte Weise/ daß ein Schiff nach Tyros/ in Phoenicien/ kommen/ und was darauf erfolget sey. Ferner meldet auch Natalis Comes/ Europa habe vom Jupiter erlangt/ daß der dritte Theil der Welt nach ihrem Namen genennet würde. Jedoch setzet er nichts besonders hiervon zur Erbauung oder Unterricht/ ausser/ daß er viel von der Krafft und Ungefällen oder Schäden/ so aus der Liebe zu entspringen pflegen/ erzehlet. Coelius Aug. Curio aber/ gedenckt/ in Erklärung der Fabel von der Europa. dem ersten Buch seiner Sinnbilder: daß Europa auf dem Stier gesessen/ über See gefahren/ und das Angesicht nach dem Ufer oder Lande gewendet/ bedeute die Seele des Menschen/ welche von dem Leibe/ durch das gefährliche Meer/ dieser Welt/ geführet werde/ und gleichwol mit grossem Ernste von fernen nach dem Ufer/ da sie herkommen/ das ist/ nach Gott/ ihrem Ursprunge und Schöpffer/ schaue. Dieses Meer nun/ ist der Circul der Seele/ und die Bewegung des Gemühts/ wann die Seele sich der göttlichen Dinge äussert oder darvon abziehet/ damit sie die Dinge oder Handlungen der Menschen beobachten möge; und dann endlich in ihren ersten Stand wiederkehret/ Gott/ in brünstiger Andacht/ zu betrachten und anzuschauen: wie Plato/ der grosse Philosophus/ bezeuget. Dannenhero dichten die Poeten/ Jupiter habe/ in Gestalt/ eines Stiers/ des Königs von Phoenicien/ Agenors Tochter/ die Europa/ entführt/ und über See nach Creta gebracht. Ende des Andern Buchs. Drittes Buch. [Spaltenumbruch]
Von dem Cadmus. Zwieffle fah der Ankunfft des CadmusCAdmus Agenoris/ Königes von Phönicien/ und der Telephassa Sohn/ war König von Thebe/ und ein sehr berühmter Kriegs-Held; Ulpianus aber und Euchemerus sagen/ er sey des Königs von Sidon Koch gewesen/ bey welchem er eine sehr künstliche Saiten-Spielerin/ Namens Harmonia/ bekommen/ mit welcher er des Bacchus Mutter/ die Semele/[Spaltenumbruch] gezeugt habe. Also ungewiß und zweiffelhafftig sind unterweilen die Geschlecht-Register der mächtigen und grossen Herren/ so/ durch der Poeten dichtende Federn/ heraus gestrichen und zu Welt-Wundern vorgestellet worden. Dann weil/ Cadmus ausgesandt/ seine Schwester/ die Europa/ welche sein Vatter/ mit der Nymphe Melia erzeugt hatte/ zu suchen/ und ohne dieselbe nicht wieder heim kommen durffte/ zog er/ nachdem Apollo ihm solches in geheim geoffenbart/ dahin/ woselbsten ihme die [Spaltenumbruch]
zur Wirckung kommen lässt/ und den nicht weiß zu stillen/ wird wünschen offt/ daß das/ worzu der Schmertz den Willen und Muht beredet hat/ doch nicht geschehen wär; Weil er hat/ mit Gewalt/ beschnellt um so viel mehr zugleich auch seine Quaal/ etc. Von der Europa. Worauf die Fabel von der Europa gegründet. ANlangend die Fabel von der Europa/ so ist solche/ wie Eusebius schreibet/ eine halbe Geschicht/ indem/ wie er saget/ Asterius/ der König von Creta/ sich in des Ageons/ Königs von Phoenicien/ Tochter/ die Europa/ verliebt gehabt/ und einen seiner getreuen Bedienten/ mit einem sehr schönen Schiffe/ der Stier genannt; weil der Stier darauf abgemahlet war/ dahin gesandt. Als nun derselbe dahin gekommen/ hat er geschwind so viel erhalten und zu wege gebracht/ daß diese unvergleichliche Schönheit auf den Stier/ oder das so genannte Schiff gekommen/ dasselbe zu besehen; so bald sie aber hinein gewesen/ haben die Schiffleute/ wie ihnen befohlen war/ stracks angefangen zu Rudern/ und davon zu seglen/ selbige auch ihrem Könige nacher Creta glücklich übergebracht: welcher folgends den Minos/ und seine Brüder/ mit ihr gezeuget. Diese Europa war sehr glücklich/ also daß/ durch ihres Namens grosses Gerücht/ das dritte Theil der [Spaltenumbruch] Welt/ nach ihr/ Europa genennet worden. Herodotus/ im 1. Buche seiner Geschichten/ saget gleichfals/ auf jetzt erzehlte Weise/ daß ein Schiff nach Tyros/ in Phoenicien/ kommen/ und was darauf erfolget sey. Ferner meldet auch Natalis Comes/ Europa habe vom Jupiter erlangt/ daß der dritte Theil der Welt nach ihrem Namen genennet würde. Jedoch setzet er nichts besonders hiervon zur Erbauung oder Unterricht/ ausser/ daß er viel von der Krafft und Ungefällen oder Schäden/ so aus der Liebe zu entspringen pflegen/ erzehlet. Coelius Aug. Curio aber/ gedenckt/ in Erklärung der Fabel von der Europa. dem ersten Buch seiner Sinnbilder: daß Europa auf dem Stier gesessen/ über See gefahren/ und das Angesicht nach dem Ufer oder Lande gewendet/ bedeute die Seele des Menschen/ welche von dem Leibe/ durch das gefährliche Meer/ dieser Welt/ geführet werde/ und gleichwol mit grossem Ernste von fernen nach dem Ufer/ da sie herkommen/ das ist/ nach Gott/ ihrem Ursprunge und Schöpffer/ schaue. Dieses Meer nun/ ist der Circul der Seele/ und die Bewegung des Gemühts/ wann die Seele sich der göttlichen Dinge äussert oder darvon abziehet/ damit sie die Dinge oder Handlungen der Menschen beobachten möge; und dann endlich in ihren ersten Stand wiederkehret/ Gott/ in brünstiger Andacht/ zu betrachten und anzuschauen: wie Plato/ der grosse Philosophus/ bezeuget. Dannenhero dichten die Poeten/ Jupiter habe/ in Gestalt/ eines Stiers/ des Königs von Phoenicien/ Agenors Tochter/ die Europa/ entführt/ und über See nach Creta gebracht. Ende des Andern Buchs. Drittes Buch. [Spaltenumbruch]
Von dem Cadmus. Zwieffle fah der Ankunfft des CadmusCAdmus Agenoris/ Königes von Phönicien/ und der Telephassa Sohn/ war König von Thebe/ und ein sehr berühmter Kriegs-Held; Ulpianus aber und Euchemerus sagen/ er sey des Königs von Sidon Koch gewesen/ bey welchem er eine sehr künstliche Saiten-Spielerin/ Namens Harmonia/ bekommen/ mit welcher er des Bacchus Mutter/ die Semele/[Spaltenumbruch] gezeugt habe. Also ungewiß und zweiffelhafftig sind unterweilen die Geschlecht-Register der mächtigen und grossen Herren/ so/ durch der Poeten dichtende Federn/ heraus gestrichen und zu Welt-Wundern vorgestellet worden. Dann weil/ Cadmus ausgesandt/ seine Schwester/ die Europa/ welche sein Vatter/ mit der Nymphe Melia erzeugt hatte/ zu suchen/ und ohne dieselbe nicht wieder heim kommen durffte/ zog er/ nachdem Apollo ihm solches in geheim geoffenbart/ dahin/ woselbsten ihme die <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <lg type="poem" rendition="#c"> <pb facs="#f0209" n="[Metamorphosis, S. 33]" xml:id="pb-1156"/> <cb/> <l>zur Wirckung kommen lässt/ und den nicht<lb/> weiß zu stillen/</l><lb/> <l>wird wünschen offt/ daß das/ worzu der<lb/> Schmertz den Willen</l><lb/> <l>und Muht beredet hat/ doch nicht geschehen<lb/> wär;</l><lb/> <l>Weil er hat/ mit Gewalt/ beschnellt um<lb/> so viel mehr</l><lb/> <l>zugleich auch seine Quaal/ etc.</l><lb/> </lg> <p xml:id="p1156.1" rendition="#c">Von der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-720 http://d-nb.info/gnd/118531409 http://viaf.org/viaf/22932833">Europa</persName>.</p> <p><note place="right">Worauf die Fabel von der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-720 http://d-nb.info/gnd/118531409 http://viaf.org/viaf/22932833">Europa</persName> gegründet.</note> ANlangend die Fabel von der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-720 http://d-nb.info/gnd/118531409 http://viaf.org/viaf/22932833">Europa</persName>/ so ist solche/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-477 http://d-nb.info/gnd/118531425 http://viaf.org/viaf/88876431">Eusebius</persName> schreibet/ eine halbe Geschicht/ indem/ wie er saget/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2483 http://d-nb.info/gnd/119170310 http://viaf.org/viaf/54952194">Asterius</persName>/ der König von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-642 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7012056">Creta</placeName>/ sich in des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2484">Ageons</persName>/ Königs von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-267 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=6004687">Phoenicien</placeName>/ Tochter/ die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-720 http://d-nb.info/gnd/118531409 http://viaf.org/viaf/22932833">Europa</persName>/ verliebt gehabt/ und einen seiner getreuen Bedienten/ mit einem sehr schönen Schiffe/ der Stier genannt; weil der Stier darauf abgemahlet war/ dahin gesandt. Als nun derselbe dahin gekommen/ hat er geschwind so viel erhalten und zu wege gebracht/ daß diese unvergleichliche Schönheit auf den Stier/ oder das so genannte Schiff gekommen/ dasselbe zu besehen; so bald sie aber hinein gewesen/ haben die Schiffleute/ wie ihnen befohlen war/ stracks angefangen zu Rudern/ und davon zu seglen/ selbige auch ihrem Könige nacher <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-642 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7012056">Creta</placeName> glücklich übergebracht: welcher folgends den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1566 http://d-nb.info/gnd/119146487 http://viaf.org/viaf/50029271">Minos</persName>/ und seine Brüder/ mit ihr gezeuget. 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zur Wirckung kommen lässt/ und den nicht
weiß zu stillen/
wird wünschen offt/ daß das/ worzu der
Schmertz den Willen
und Muht beredet hat/ doch nicht geschehen
wär;
Weil er hat/ mit Gewalt/ beschnellt um
so viel mehr
zugleich auch seine Quaal/ etc.
Von der Europa.
ANlangend die Fabel von der Europa/ so ist solche/ wie Eusebius schreibet/ eine halbe Geschicht/ indem/ wie er saget/ Asterius/ der König von Creta/ sich in des Ageons/ Königs von Phoenicien/ Tochter/ die Europa/ verliebt gehabt/ und einen seiner getreuen Bedienten/ mit einem sehr schönen Schiffe/ der Stier genannt; weil der Stier darauf abgemahlet war/ dahin gesandt. Als nun derselbe dahin gekommen/ hat er geschwind so viel erhalten und zu wege gebracht/ daß diese unvergleichliche Schönheit auf den Stier/ oder das so genannte Schiff gekommen/ dasselbe zu besehen; so bald sie aber hinein gewesen/ haben die Schiffleute/ wie ihnen befohlen war/ stracks angefangen zu Rudern/ und davon zu seglen/ selbige auch ihrem Könige nacher Creta glücklich übergebracht: welcher folgends den Minos/ und seine Brüder/ mit ihr gezeuget. Diese Europa war sehr glücklich/ also daß/ durch ihres Namens grosses Gerücht/ das dritte Theil der
Welt/ nach ihr/ Europa genennet worden. Herodotus/ im 1. Buche seiner Geschichten/ saget gleichfals/ auf jetzt erzehlte Weise/ daß ein Schiff nach Tyros/ in Phoenicien/ kommen/ und was darauf erfolget sey. Ferner meldet auch Natalis Comes/ Europa habe vom Jupiter erlangt/ daß der dritte Theil der Welt nach ihrem Namen genennet würde. Jedoch setzet er nichts besonders hiervon zur Erbauung oder Unterricht/ ausser/ daß er viel von der Krafft und Ungefällen oder Schäden/ so aus der Liebe zu entspringen pflegen/ erzehlet. Coelius Aug. Curio aber/ gedenckt/ in dem ersten Buch seiner Sinnbilder: daß Europa auf dem Stier gesessen/ über See gefahren/ und das Angesicht nach dem Ufer oder Lande gewendet/ bedeute die Seele des Menschen/ welche von dem Leibe/ durch das gefährliche Meer/ dieser Welt/ geführet werde/ und gleichwol mit grossem Ernste von fernen nach dem Ufer/ da sie herkommen/ das ist/ nach Gott/ ihrem Ursprunge und Schöpffer/ schaue. Dieses Meer nun/ ist der Circul der Seele/ und die Bewegung des Gemühts/ wann die Seele sich der göttlichen Dinge äussert oder darvon abziehet/ damit sie die Dinge oder Handlungen der Menschen beobachten möge; und dann endlich in ihren ersten Stand wiederkehret/ Gott/ in brünstiger Andacht/ zu betrachten und anzuschauen: wie Plato/ der grosse Philosophus/ bezeuget. Dannenhero dichten die Poeten/ Jupiter habe/ in Gestalt/ eines Stiers/ des Königs von Phoenicien/ Agenors Tochter/ die Europa/ entführt/ und über See nach Creta gebracht.
Worauf die Fabel von der Europa gegründet.
Erklärung der Fabel von der Europa.Ende des Andern Buchs.
Deutlicher
Ausleg- und Sinn-gebender
Erklärung/
über die
Bücher der Wandlung/
Des
Publius Ovidius Naso.
Drittes Buch.
Von dem Cadmus.
CAdmus Agenoris/ Königes von Phönicien/ und der Telephassa Sohn/ war König von Thebe/ und ein sehr berühmter Kriegs-Held; Ulpianus aber und Euchemerus sagen/ er sey des Königs von Sidon Koch gewesen/ bey welchem er eine sehr künstliche Saiten-Spielerin/ Namens Harmonia/ bekommen/ mit welcher er des Bacchus Mutter/ die Semele/
gezeugt habe. Also ungewiß und zweiffelhafftig sind unterweilen die Geschlecht-Register der mächtigen und grossen Herren/ so/ durch der Poeten dichtende Federn/ heraus gestrichen und zu Welt-Wundern vorgestellet worden. Dann weil/ Cadmus ausgesandt/ seine Schwester/ die Europa/ welche sein Vatter/ mit der Nymphe Melia erzeugt hatte/ zu suchen/ und ohne dieselbe nicht wieder heim kommen durffte/ zog er/ nachdem Apollo ihm solches in geheim geoffenbart/ dahin/ woselbsten ihme die
Zwieffle fah der Ankunfft des Cadmus
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 33]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/209>, abgerufen am 03.03.2025. |