Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch] Paulo Veronese, und erhielte auch ein Gedächtnus von seiner Hand. Sonsten hab ich von denen alten Mahlern oft hören sagen/ daß Zucchero die Zeichnung der zweyen Quader in der Capellen bey S. Sebastian copirt/ und in einer seiner Poesi die Pittura eingeführt/ um darbey der Gaben zu gedenken/ mit welchen dieser Mahler geziert gewesen/ darvon er also redet: Ma che diro di Paolo Veronese, Die Denksprüche Pauli. Man erzehlet auch von Paulo etliche denkwürdige Reden/ welche er gethan haben solle/ daß keiner von der Mahl-Kunst einiges recht verständiges Urtheil fällen könne/ welcher in derselben Kunst nicht selbst wol unterwiesen/ aldieweiln solche eine Gabe vom Himmel seye. Item, daß/ ob sich gleich einer in solcher eusserst bemühte/ und aber ihme die Natur selbsten nicht darzu verhülflich wäre/ eben so viel nutze/ als auf die Meeres-Wellen säen. Wiederum/ daß der fürnehmste Theil der Mahl-Kunst in Zucht/ Erbarkeit und guten Sitten bestunde/ auch daß die Bilder der Engel und Heiligen von köstlichen und guten Mahlern gemacht werden müssen/ weiln dieselbe Verwunderung und Anmuht zu erwecken hätten. Titian, der Vatter dieser Kunst/ eherte und hielte Veronese sehr hoch/ und ließ sich auch den sinnreichen Verstand Tintorets wol gefallen/ an welchem er nur allein dieses getadelt/ daß er mit seinem Mahlen auf allerley Weiß denen Meistern einen großen Schaden zugefüget. Aber/ nach allen solchen herrlichen Werken/ lasset uns auch kommen zu der herrlichen Leichbegängnus Verones, allwo die Gratien/ Veneres und Liebes-Götter/ die von dessen Pensel zum öftern sehr zierlich gebildet worden/ alle in Flor und schwarzen Traur-Kleidern erscheinen sollen/ und sonderlich die edle Pittura, mit einem schwarzen Klag-Tuch bedecket/ einhergehen/ seinen Schmerz-vollen Hintritt[Spaltenumbruch] biß anitzo/ sonder allen empfindlichen Trost/ zu beweinen; Die Nymphen die sollen Myrrhen- und Cypressen-Bäum herbey bringen/ und damit sein Ruh-Bettlein bestreuen/ die Musen aber ein klägliches Traur-Gedicht auf ihren gewöhnlichen Seitenspiel anstimmen. Demnach so ware diesem Künstler von GOtt dem Allmächtigen Sein Tod. das 1588. Jahr zum Tod bestellt/ um zu erweisen/ daß denen Menschen solche hohe Gaben nur auf ein geringe Zeit seyen geliehen und vertrauet worden/ dann eben/ als Papst Sixtus der fünfte/ in einer solennen Procession, Ablaß der Sünden ertheilt/ wurde Verones von einem hitzigen Fieber überfallen/ worauf er sich dann zu der Hinfahrt gerüstet/ und gleich den andern Oster-Feyertag/ in dem 50. Jahr seines Alters/ verschieden/ über welchen großen Verlust dann die Welt und alle Kunst-liebende geseufzet/ und in Wehmuht Seine Begräbnus. gerahten. Sein entseelter Leichnam ist hernach/ mit herrlichem Pomp und Pracht/ von seinen Kindern und Bruder/ zu S. Sebastian, in die Mitte seiner Werk/ die er/ an statt einer Begräbnus/ als eine trefliche Schau-Bühn seiner Ehren/ zugerichtet/ begraben/ und auch seine Bildnus in das Eck der Orgel/ von Camillo Bozzetti sehr herrlich ausgehauen/ gestellet worden/ die hernachmals sein jüngst-hinterlassener Sohn Gabriel wieder erneuren/ Seine Grabschrift. und mit folgender Grab-Schrift verehren lassen: Paulo Caliario Veronensi Pictori, Und auf dem Stein/ unter welchem seine Gebeine ruhen/ ware diese kurze Gedächtnis gesezt: Paulo Caliario Veronensi Pictori Celeberrimo, Filii, & Benedic. Frater Pientiss. & sibi Posterisque. Decessit XII. Calend. Maji Anno M. D. LXXXVIII. Sein Contrefät ist in der Kupferblatten mit R. bezeichnet zu finden. [Abbildung]
![]() [Spaltenumbruch] Paulo Veronese, und erhielte auch ein Gedächtnus von seiner Hand. Sonsten hab ich von denen alten Mahlern oft hören sagen/ daß Zucchero die Zeichnung der zweyen Quader in der Capellen bey S. Sebastian copirt/ und in einer seiner Poësi die Pittura eingeführt/ um darbey der Gaben zu gedenken/ mit welchen dieser Mahler geziert gewesen/ darvon er also redet: Mà che dirò di Paolo Veronese, Die Denksprüche Pauli. Man erzehlet auch von Paulo etliche denkwürdige Reden/ welche er gethan haben solle/ daß keiner von der Mahl-Kunst einiges recht verständiges Urtheil fällen könne/ welcher in derselben Kunst nicht selbst wol unterwiesen/ aldieweiln solche eine Gabe vom Himmel seye. Item, daß/ ob sich gleich einer in solcher eusserst bemühte/ und aber ihme die Natur selbsten nicht darzu verhülflich wäre/ eben so viel nutze/ als auf die Meeres-Wellen säen. Wiederum/ daß der fürnehmste Theil der Mahl-Kunst in Zucht/ Erbarkeit und guten Sitten bestunde/ auch daß die Bilder der Engel und Heiligen von köstlichen und guten Mahlern gemacht werden müssen/ weiln dieselbe Verwunderung und Anmuht zu erwecken hätten. Titian, der Vatter dieser Kunst/ eherte und hielte Veronese sehr hoch/ und ließ sich auch den sinnreichen Verstand Tintorets wol gefallen/ an welchem er nur allein dieses getadelt/ daß er mit seinem Mahlen auf allerley Weiß denen Meistern einen großen Schaden zugefüget. Aber/ nach allen solchen herrlichen Werken/ lasset uns auch kommen zu der herrlichen Leichbegängnus Verones, allwo die Gratien/ Veneres und Liebes-Götter/ die von dessen Pensel zum öftern sehr zierlich gebildet worden/ alle in Flor und schwarzen Traur-Kleidern erscheinen sollen/ und sonderlich die edle Pittura, mit einem schwarzen Klag-Tuch bedecket/ einhergehen/ seinen Schmerz-vollen Hintritt[Spaltenumbruch] biß anitzo/ sonder allen empfindlichen Trost/ zu beweinen; Die Nymphen die sollen Myrrhen- und Cypressen-Bäum herbey bringen/ und damit sein Ruh-Bettlein bestreuen/ die Musen aber ein klägliches Traur-Gedicht auf ihren gewöhnlichen Seitenspiel anstimmen. Demnach so ware diesem Künstler von GOtt dem Allmächtigen Sein Tod. das 1588. Jahr zum Tod bestellt/ um zu erweisen/ daß denen Menschen solche hohe Gaben nur auf ein geringe Zeit seyen geliehen und vertrauet worden/ dann eben/ als Papst Sixtus der fünfte/ in einer solennen Procession, Ablaß der Sünden ertheilt/ wurde Verones von einem hitzigen Fieber überfallen/ worauf er sich dann zu der Hinfahrt gerüstet/ und gleich den andern Oster-Feyertag/ in dem 50. Jahr seines Alters/ verschieden/ über welchen großen Verlust dann die Welt und alle Kunst-liebende geseufzet/ und in Wehmuht Seine Begräbnus. gerahten. Sein entseelter Leichnam ist hernach/ mit herrlichem Pomp und Pracht/ von seinen Kindern und Bruder/ zu S. Sebastian, in die Mitte seiner Werk/ die er/ an statt einer Begräbnus/ als eine trefliche Schau-Bühn seiner Ehren/ zugerichtet/ begraben/ und auch seine Bildnus in das Eck der Orgel/ von Camillo Bozzetti sehr herrlich ausgehauen/ gestellet worden/ die hernachmals sein jüngst-hinterlassener Sohn Gabriel wieder erneuren/ Seine Grabschrift. und mit folgender Grab-Schrift verehren lassen: Paulo Caliario Veronensi Pictori, Und auf dem Stein/ unter welchem seine Gebeine ruhen/ ware diese kurze Gedächtnis gesezt: Paulo Caliario Veronensi Pictori Celeberrimo, Filii, & Benedic. Frater Pientiss. & sibi Posterisque. Decessit XII. Calend. Maji Anno M. D. LXXXVIII. Sein Contrefät ist in der Kupferblatten mit R. bezeichnet zu finden. [Abbildung]
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Paulo Veronese, und erhielte auch ein Gedächtnus von seiner Hand. Sonsten hab ich von denen alten Mahlern oft hören sagen/ daß Zucchero die Zeichnung der zweyen Quader in der Capellen bey S. Sebastian copirt/ und in einer seiner Poësi die Pittura eingeführt/ um darbey der Gaben zu gedenken/ mit welchen dieser Mahler geziert gewesen/ darvon er also redet:
Mà che dirò di Paolo Veronese,
Magnanimo, Cortese, ed eccellente,
Che diede sine à mille belle imprese.
Delle più ricche gemme d’ Oriente
Questo mi pose una collana al collo,
E di candide perle un gran pendente.
Man erzehlet auch von Paulo etliche denkwürdige Reden/ welche er gethan haben solle/ daß keiner von der Mahl-Kunst einiges recht verständiges Urtheil fällen könne/ welcher in derselben Kunst nicht selbst wol unterwiesen/ aldieweiln solche eine Gabe vom Himmel seye. Item, daß/ ob sich gleich einer in solcher eusserst bemühte/ und aber ihme die Natur selbsten nicht darzu verhülflich wäre/ eben so viel nutze/ als auf die Meeres-Wellen säen. Wiederum/ daß der fürnehmste Theil der Mahl-Kunst in Zucht/ Erbarkeit und guten Sitten bestunde/ auch daß die Bilder der Engel und Heiligen von köstlichen und guten Mahlern gemacht werden müssen/ weiln dieselbe Verwunderung und Anmuht zu erwecken hätten. Titian, der Vatter dieser Kunst/ eherte und hielte Veronese sehr hoch/ und ließ sich auch den sinnreichen Verstand Tintorets wol gefallen/ an welchem er nur allein dieses getadelt/ daß er mit seinem Mahlen auf allerley Weiß denen Meistern einen großen Schaden zugefüget.
Die Denksprüche Pauli. Aber/ nach allen solchen herrlichen Werken/ lasset uns auch kommen zu der herrlichen Leichbegängnus Verones, allwo die Gratien/ Veneres und Liebes-Götter/ die von dessen Pensel zum öftern sehr zierlich gebildet worden/ alle in Flor und schwarzen Traur-Kleidern erscheinen sollen/ und sonderlich die edle Pittura, mit einem schwarzen Klag-Tuch bedecket/ einhergehen/ seinen Schmerz-vollen Hintritt
biß anitzo/ sonder allen empfindlichen Trost/ zu beweinen; Die Nymphen die sollen Myrrhen- und Cypressen-Bäum herbey bringen/ und damit sein Ruh-Bettlein bestreuen/ die Musen aber ein klägliches Traur-Gedicht auf ihren gewöhnlichen Seitenspiel anstimmen.
Demnach so ware diesem Künstler von GOtt dem Allmächtigen das 1588. Jahr zum Tod bestellt/ um zu erweisen/ daß denen Menschen solche hohe Gaben nur auf ein geringe Zeit seyen geliehen und vertrauet worden/ dann eben/ als Papst Sixtus der fünfte/ in einer solennen Procession, Ablaß der Sünden ertheilt/ wurde Verones von einem hitzigen Fieber überfallen/ worauf er sich dann zu der Hinfahrt gerüstet/ und gleich den andern Oster-Feyertag/ in dem 50. Jahr seines Alters/ verschieden/ über welchen großen Verlust dann die Welt und alle Kunst-liebende geseufzet/ und in Wehmuht gerahten. Sein entseelter Leichnam ist hernach/ mit herrlichem Pomp und Pracht/ von seinen Kindern und Bruder/ zu S. Sebastian, in die Mitte seiner Werk/ die er/ an statt einer Begräbnus/ als eine trefliche Schau-Bühn seiner Ehren/ zugerichtet/ begraben/ und auch seine Bildnus in das Eck der Orgel/ von Camillo Bozzetti sehr herrlich ausgehauen/ gestellet worden/ die hernachmals sein jüngst-hinterlassener Sohn Gabriel wieder erneuren/ und mit folgender Grab-Schrift verehren lassen:
Sein Tod.
Seine Begräbnus.
Seine Grabschrift. Paulo Caliario Veronensi Pictori,
Naturae Aemulo, Artis Miraculo,
Superstite Fatis Fama Victuro.
Und auf dem Stein/ unter welchem seine Gebeine ruhen/ ware diese kurze Gedächtnis gesezt:
Paulo Caliario Veronensi Pictori Celeberrimo, Filii, & Benedic. Frater Pientiss. & sibi Posterisque. Decessit XII. Calend. Maji Anno M. D. LXXXVIII.
Sein Contrefät ist in der Kupferblatten mit R. bezeichnet zu finden.
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 175]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/209>, abgerufen am 16.07.2024. |