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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

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[Spaltenumbruch] im Umriß und Schatten künstlich herfür kommen/ doch kan man auch mit einem schwarzen/ und in den nassen Kalk gelassenen Saft die Vertieffung herfür bringen/ auf welche Manier Cosimo viele schöne facciaten in Florenz gemacht/ dernthalben er auch allenthalben zu Hochzeitlichen und Begräbnis-Auszierungen gebraucht wurde. Er ware gutherzig/ und in seiner Arbeit fleißig/ dabey aber sehr furchtsam und ganz melancholisch/ so daß er sich wol selbst ermordet hätte/ wo nicht einer seiner Mitgesellen ihn fleißig beobachtet hätte/ dannenhero er sein Leben biß ins 64. Jahr erstrecket/ mit welchem er dasselbe geendet/ hinterlassend ein gutes Lob/ daß er ein solcher Meister von Verzierungen gewesen/ von welchem andere viel erlernet.

L. MORTO DA FELTRO.DIeser unser Andrea hat sich in seiner ersten Jugend aufgehalten bey MORTO DA FELTRO, einem verständigen Meister in Zierrahten/ welchem also derselbe nachgefolget. Morto aber/ war ein schwermütiger einsamer Mensch/ und kam in seiner Jugend/ zu Zeiten Papsts Alexanders des Sechsten/ nach Rom/ woselbst er in alten Gebäuen und ruinen ohne Unterlaß zeichnete/ und an dergleichen Groteschen seine höchste Lust hatte/ wordurch er auch in diesem studio also zugenommen/ daß er den Blättern einen sonderbaren Schlag zu geben wuste. Er war auch viele Monaten zu Tivoli in villa Adriana, und zeichnete daselbst alle Grotten ober und unter der Erden/ auch hernach zu Puzzolo die zierliche alte Mauren/ und andere erhabene Arbeit von stucco, wie auch alle denkwürdige Begräbnissen/ und in Campana den Antichen-Weeg/ und zu Trullo bey der See / auch in allen Tempeln und Grotten zu Baja und Mercato, so daß er in dieser Grotten-Arbeit ein vollkommener Künstler worden.

Nachdem er zurück nach Rom gekommen/ legte er sich auf die Bilder-Mahlerey/ und da er von des Leonardo da Vince und Michael Angelo Cartonen hörte/ begab er sich nach Florenz/ um solche Werke zu sehen/ verlohre aber zugleich die Hoffnung und den Muht/ zu solcher Vollkommenheit zu gelangen/ begab sich deßhalben wider auf seine Verzierungen/ und kame zu Andrea di Cosimo. Als er aber auch müd ware/ zu Florenz zu wohnen/ zog er nach Venedig zu Giorgione, welchem er geholfen an den Zierrahten des Teutschen Hauses/ reiste aber auch von dort bald weg nach Friaul, und weil der Staat von Venedig damals Wird ein Soldat. eben Soldaten annahme/ begab er sich in Krieg/ wurde ein Officier über 200. Mann/ und kam mit denselben nach Zara in Sclavonien: Da er sich nun einsmals in einem Scharmützel wider den Türken/ großmühtig vornen hin begeben/ wurd er erschlagen/ im 45ten Jahr seines Alters/ und erlangte damit/ was ihm sein Namen Morto täglich geprophezeyet/ jedoch sturbe mit ihm sein gutes Gerücht nicht zugleich/ sintemal man ihme noch heut rühmlich nachsaget/ daß er fast der erste gewesen/ welcher in Zierrahten die antiche-manier wieder herfürgebracht/ und die Groteschen auf die alte Weiß gemacht/ welchen daher dieser Namen zugewachsen/ daß die Antiche, sonderlich in Rom/[Spaltenumbruch] solche Auszierungen/ unter der Erden gemacht/ welche die Italiener nachmals Grotten genennet haben.

LI. MARCO aus Calabrien Mahler.WAnn in der Welt ein neues Liecht einer sonderbaren schönen Wissenschaft oder Kunst aufgehet/ so wirft dasselbe seine Stralen nicht in alle Länder gleichmäßig aus/ sondern es theilet etlichen Provinzien und Städten viel/ etlichen aber wenig zu: Eben wie man befindet/ daß die menschliche Vernunft zu einer oder andern Kunst an diesem oder jenem Ort viel geneigter und fähiger ist/ als an andern: Ja es scheinet/ daß die Lust selber in einem Land tauglicher und bequemer seye/ als in dem andern: Aus dieser Ursach verließe der Mahler MARCO sein Vatterland Calabrien/ und erwehlte sich das sehr lustige/ und mit allerhand anlockenden Zierlichkeiten angefüllete Neapel: Zwar hatte er sich vorgenommen/ die Mahlerey-studien fortzusetzen/ nach Rom zu reisen/ weil er aber ein Komt nach Neapel. guter Lautenist ware/ und zu Neapel viele Liebhabere fande/ ließe er sich durch dieselbe/ und durch die Süßigkeit der Landfrüchten in dieser Stadt gerne anhalten. Daselbst nun machte er manche schöne Werke von Oelfarben und in fresco, dergleichen bezeuget die fürtrefliche Altar-Tafel/ so er nach Aversa, 10. Meil von Neapel/ in die Kirche des Heil. Augustini gemacht/ darinn disputiret der Heil. Augustinus mit den Ketzern. Oben und an den Seiten sind unterschiedliche Historien/ von dem HErrn Christo und andern Heiligen/ samt vielen andern Verzierungen: Darinn siehet man des Mahlers Verstand im Zeichnen/ neben einer großen Behändigkeit im coloriren: Er war sonst gar lustigen humors, machte sich viel Ergetzlichkeit/ und da ein Mahler ihne zuwider aufstehen wolte/ stürzte er denselben bald in die Pfütze der Verachtung/ durch die Gunst des ihne sehr lieben Neapolitanischen Adels: Seine Werke wurden ihm wol bezahlt/ und sind zwischen dem 1508 und 1542. Jahr gefärtiget worden/ wann er aber gebohren oder gestorben/ finde ich nicht/ aber wol/ daß er im 55ten Jahr seines Alters gestorben seye.

LII. NICOLAO aus Calabrien/ Mahler.JEztgedachten Marco Mit-Gesell und Landsmann ware NICOLAO, insgemein Meister GOLA von Matriae genannt/ derselbe machte zu Ascoli in Calabrien und zu Norica unterschiedliche herrliche Werke/ und bekame daher das Lob des bästen Meisters in selbigen Landen/ zumal weil er sich auch auf die Architectur verstunde/ und alle Gebäude zu Ascoli und um dieselbe Stadt auf dem Lande/ welche damals aufgeführet wurden/ anordnete. Er wohnte allezeit zu Ascoli, lebte mit seiner an Tugend und Geschlecht edlen Haußfrauen in zuläßiger Frölichkeit/ und bemühte sich nicht Rom/ als damals die Academie aller Mahler/ zu sehen.

Bey seinen Lebzeiten kame Papst Paulus III. nach Ascoli, da kame dieser Künstler in Ungelegenheit mit etlichen Päpstlichen Bedienten/ daß er dernthalben die Flucht nehmen/ und sich von Ascoli wegmachen muste; Seine getreue Haußfrau wolte

[Spaltenumbruch] im Umriß und Schatten künstlich herfür kommen/ doch kan man auch mit einem schwarzen/ und in den nassen Kalk gelassenen Saft die Vertieffung herfür bringen/ auf welche Manier Cosimo viele schöne facciaten in Florenz gemacht/ dernthalben er auch allenthalben zu Hochzeitlichen und Begräbnis-Auszierungen gebraucht wurde. Er ware gutherzig/ und in seiner Arbeit fleißig/ dabey aber sehr furchtsam und ganz melancholisch/ so daß er sich wol selbst ermordet hätte/ wo nicht einer seiner Mitgesellen ihn fleißig beobachtet hätte/ dannenhero er sein Leben biß ins 64. Jahr erstrecket/ mit welchem er dasselbe geendet/ hinterlassend ein gutes Lob/ daß er ein solcher Meister von Verzierungen gewesen/ von welchem andere viel erlernet.

L. MORTO DA FELTRO.DIeser unser Andrea hat sich in seiner ersten Jugend aufgehalten bey MORTO DA FELTRO, einem verständigen Meister in Zierrahten/ welchem also derselbe nachgefolget. Morto aber/ war ein schwermütiger einsamer Mensch/ und kam in seiner Jugend/ zu Zeiten Papsts Alexanders des Sechsten/ nach Rom/ woselbst er in alten Gebäuen und ruinen ohne Unterlaß zeichnete/ und an dergleichen Groteschen seine höchste Lust hatte/ wordurch er auch in diesem studio also zugenommen/ daß er den Blättern einen sonderbaren Schlag zu geben wuste. Er war auch viele Monaten zu Tivoli in villa Adriana, und zeichnete daselbst alle Grotten ober und unter der Erden/ auch hernach zu Puzzolo die zierliche alte Mauren/ und andere erhabene Arbeit von stucco, wie auch alle denkwürdige Begräbnissen/ und in Campana den Antichen-Weeg/ und zu Trullo bey der See / auch in allen Tempeln und Grotten zu Baja und Mercato, so daß er in dieser Grotten-Arbeit ein vollkommener Künstler worden.

Nachdem er zurück nach Rom gekommen/ legte er sich auf die Bilder-Mahlerey/ und da er von des Leonardo da Vince und Michaël Angelo Cartonen hörte/ begab er sich nach Florenz/ um solche Werke zu sehen/ verlohre aber zugleich die Hoffnung und den Muht/ zu solcher Vollkommenheit zu gelangen/ begab sich deßhalben wider auf seine Verzierungen/ und kame zu Andrea di Cosimo. Als er aber auch müd ware/ zu Florenz zu wohnen/ zog er nach Venedig zu Giorgione, welchem er geholfen an den Zierrahten des Teutschen Hauses/ reiste aber auch von dort bald weg nach Friaul, und weil der Staat von Venedig damals Wird ein Soldat. eben Soldaten annahme/ begab er sich in Krieg/ wurde ein Officier über 200. Mann/ und kam mit denselben nach Zara in Sclavonien: Da er sich nun einsmals in einem Scharmützel wider den Türken/ großmühtig vornen hin begeben/ wurd er erschlagen/ im 45ten Jahr seines Alters/ und erlangte damit/ was ihm sein Namen Morto täglich geprophezeyet/ jedoch sturbe mit ihm sein gutes Gerücht nicht zugleich/ sintemal man ihme noch heut rühmlich nachsaget/ daß er fast der erste gewesen/ welcher in Zierrahten die antiche-manier wieder herfürgebracht/ und die Groteschen auf die alte Weiß gemacht/ welchen daher dieser Namen zugewachsen/ daß die Antiche, sonderlich in Rom/[Spaltenumbruch] solche Auszierungen/ unter der Erden gemacht/ welche die Italiener nachmals Grotten genennet haben.

LI. MARCO aus Calabrien Mahler.WAnn in der Welt ein neues Liecht einer sonderbaren schönen Wissenschaft oder Kunst aufgehet/ so wirft dasselbe seine Stralen nicht in alle Länder gleichmäßig aus/ sondern es theilet etlichen Provinzien und Städten viel/ etlichen aber wenig zu: Eben wie man befindet/ daß die menschliche Vernunft zu einer oder andern Kunst an diesem oder jenem Ort viel geneigter und fähiger ist/ als an andern: Ja es scheinet/ daß die Lust selber in einem Land tauglicher und bequemer seye/ als in dem andern: Aus dieser Ursach verließe der Mahler MARCO sein Vatterland Calabrien/ und erwehlte sich das sehr lustige/ und mit allerhand anlockenden Zierlichkeiten angefüllete Neapel: Zwar hatte er sich vorgenommen/ die Mahlerey-studien fortzusetzen/ nach Rom zu reisen/ weil er aber ein Komt nach Neapel. guter Lautenist ware/ und zu Neapel viele Liebhabere fande/ ließe er sich durch dieselbe/ und durch die Süßigkeit der Landfrüchten in dieser Stadt gerne anhalten. Daselbst nun machte er manche schöne Werke von Oelfarben und in fresco, dergleichen bezeuget die fürtrefliche Altar-Tafel/ so er nach Aversa, 10. Meil von Neapel/ in die Kirche des Heil. Augustini gemacht/ darinn disputiret der Heil. Augustinus mit den Ketzern. Oben und an den Seiten sind unterschiedliche Historien/ von dem HErrn Christo und andern Heiligen/ samt vielen andern Verzierungen: Darinn siehet man des Mahlers Verstand im Zeichnen/ neben einer großen Behändigkeit im coloriren: Er war sonst gar lustigen humors, machte sich viel Ergetzlichkeit/ und da ein Mahler ihne zuwider aufstehen wolte/ stürzte er denselben bald in die Pfütze der Verachtung/ durch die Gunst des ihne sehr lieben Neapolitanischen Adels: Seine Werke wurden ihm wol bezahlt/ und sind zwischen dem 1508 und 1542. Jahr gefärtiget worden/ wann er aber gebohren oder gestorben/ finde ich nicht/ aber wol/ daß er im 55ten Jahr seines Alters gestorben seye.

LII. NICOLAO aus Calabrien/ Mahler.JEztgedachten Marco Mit-Gesell und Landsmann ware NICOLAO, insgemein Meister GOLA von Matriae genannt/ derselbe machte zu Ascoli in Calabrien und zu Norica unterschiedliche herrliche Werke/ und bekame daher das Lob des bästen Meisters in selbigen Landen/ zumal weil er sich auch auf die Architectur verstunde/ und alle Gebäude zu Ascoli und um dieselbe Stadt auf dem Lande/ welche damals aufgeführet wurden/ anordnete. Er wohnte allezeit zu Ascoli, lebte mit seiner an Tugend und Geschlecht edlen Haußfrauen in zuläßiger Frölichkeit/ und bemühte sich nicht Rom/ als damals die Academie aller Mahler/ zu sehen.

Bey seinen Lebzeiten kame Papst Paulus III. nach Ascoli, da kame dieser Künstler in Ungelegenheit mit etlichen Päpstlichen Bedienten/ daß er dernthalben die Flucht nehmen/ und sich von Ascoli wegmachen muste; Seine getreue Haußfrau wolte

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[[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 108]/0136] im Umriß und Schatten künstlich herfür kommen/ doch kan man auch mit einem schwarzen/ und in den nassen Kalk gelassenen Saft die Vertieffung herfür bringen/ auf welche Manier Cosimo viele schöne facciaten in Florenz gemacht/ dernthalben er auch allenthalben zu Hochzeitlichen und Begräbnis-Auszierungen gebraucht wurde. Er ware gutherzig/ und in seiner Arbeit fleißig/ dabey aber sehr furchtsam und ganz melancholisch/ so daß er sich wol selbst ermordet hätte/ wo nicht einer seiner Mitgesellen ihn fleißig beobachtet hätte/ dannenhero er sein Leben biß ins 64. Jahr erstrecket/ mit welchem er dasselbe geendet/ hinterlassend ein gutes Lob/ daß er ein solcher Meister von Verzierungen gewesen/ von welchem andere viel erlernet. DIeser unser Andrea hat sich in seiner ersten Jugend aufgehalten bey MORTO DA FELTRO, einem verständigen Meister in Zierrahten/ welchem also derselbe nachgefolget. Morto aber/ war ein schwermütiger einsamer Mensch/ und kam in seiner Jugend/ zu Zeiten Papsts Alexanders des Sechsten/ nach Rom/ woselbst er in alten Gebäuen und ruinen ohne Unterlaß zeichnete/ und an dergleichen Groteschen seine höchste Lust hatte/ wordurch er auch in diesem studio also zugenommen/ daß er den Blättern einen sonderbaren Schlag zu geben wuste. Er war auch viele Monaten zu Tivoli in villa Adriana, und zeichnete daselbst alle Grotten ober und unter der Erden/ auch hernach zu Puzzolo die zierliche alte Mauren/ und andere erhabene Arbeit von stucco, wie auch alle denkwürdige Begräbnissen/ und in Campana den Antichen-Weeg/ und zu Trullo bey der See / auch in allen Tempeln und Grotten zu Baja und Mercato, so daß er in dieser Grotten-Arbeit ein vollkommener Künstler worden. L. MORTO DA FELTRO. Nachdem er zurück nach Rom gekommen/ legte er sich auf die Bilder-Mahlerey/ und da er von des Leonardo da Vince und Michaël Angelo Cartonen hörte/ begab er sich nach Florenz/ um solche Werke zu sehen/ verlohre aber zugleich die Hoffnung und den Muht/ zu solcher Vollkommenheit zu gelangen/ begab sich deßhalben wider auf seine Verzierungen/ und kame zu Andrea di Cosimo. Als er aber auch müd ware/ zu Florenz zu wohnen/ zog er nach Venedig zu Giorgione, welchem er geholfen an den Zierrahten des Teutschen Hauses/ reiste aber auch von dort bald weg nach Friaul, und weil der Staat von Venedig damals eben Soldaten annahme/ begab er sich in Krieg/ wurde ein Officier über 200. Mann/ und kam mit denselben nach Zara in Sclavonien: Da er sich nun einsmals in einem Scharmützel wider den Türken/ großmühtig vornen hin begeben/ wurd er erschlagen/ im 45ten Jahr seines Alters/ und erlangte damit/ was ihm sein Namen Morto täglich geprophezeyet/ jedoch sturbe mit ihm sein gutes Gerücht nicht zugleich/ sintemal man ihme noch heut rühmlich nachsaget/ daß er fast der erste gewesen/ welcher in Zierrahten die antiche-manier wieder herfürgebracht/ und die Groteschen auf die alte Weiß gemacht/ welchen daher dieser Namen zugewachsen/ daß die Antiche, sonderlich in Rom/ solche Auszierungen/ unter der Erden gemacht/ welche die Italiener nachmals Grotten genennet haben. Wird ein Soldat. WAnn in der Welt ein neues Liecht einer sonderbaren schönen Wissenschaft oder Kunst aufgehet/ so wirft dasselbe seine Stralen nicht in alle Länder gleichmäßig aus/ sondern es theilet etlichen Provinzien und Städten viel/ etlichen aber wenig zu: Eben wie man befindet/ daß die menschliche Vernunft zu einer oder andern Kunst an diesem oder jenem Ort viel geneigter und fähiger ist/ als an andern: Ja es scheinet/ daß die Lust selber in einem Land tauglicher und bequemer seye/ als in dem andern: Aus dieser Ursach verließe der Mahler MARCO sein Vatterland Calabrien/ und erwehlte sich das sehr lustige/ und mit allerhand anlockenden Zierlichkeiten angefüllete Neapel: Zwar hatte er sich vorgenommen/ die Mahlerey-studien fortzusetzen/ nach Rom zu reisen/ weil er aber ein guter Lautenist ware/ und zu Neapel viele Liebhabere fande/ ließe er sich durch dieselbe/ und durch die Süßigkeit der Landfrüchten in dieser Stadt gerne anhalten. Daselbst nun machte er manche schöne Werke von Oelfarben und in fresco, dergleichen bezeuget die fürtrefliche Altar-Tafel/ so er nach Aversa, 10. Meil von Neapel/ in die Kirche des Heil. Augustini gemacht/ darinn disputiret der Heil. Augustinus mit den Ketzern. Oben und an den Seiten sind unterschiedliche Historien/ von dem HErrn Christo und andern Heiligen/ samt vielen andern Verzierungen: Darinn siehet man des Mahlers Verstand im Zeichnen/ neben einer großen Behändigkeit im coloriren: Er war sonst gar lustigen humors, machte sich viel Ergetzlichkeit/ und da ein Mahler ihne zuwider aufstehen wolte/ stürzte er denselben bald in die Pfütze der Verachtung/ durch die Gunst des ihne sehr lieben Neapolitanischen Adels: Seine Werke wurden ihm wol bezahlt/ und sind zwischen dem 1508 und 1542. Jahr gefärtiget worden/ wann er aber gebohren oder gestorben/ finde ich nicht/ aber wol/ daß er im 55ten Jahr seines Alters gestorben seye. LI. MARCO aus Calabrien Mahler. Komt nach Neapel. JEztgedachten Marco Mit-Gesell und Landsmann ware NICOLAO, insgemein Meister GOLA von Matriae genannt/ derselbe machte zu Ascoli in Calabrien und zu Norica unterschiedliche herrliche Werke/ und bekame daher das Lob des bästen Meisters in selbigen Landen/ zumal weil er sich auch auf die Architectur verstunde/ und alle Gebäude zu Ascoli und um dieselbe Stadt auf dem Lande/ welche damals aufgeführet wurden/ anordnete. Er wohnte allezeit zu Ascoli, lebte mit seiner an Tugend und Geschlecht edlen Haußfrauen in zuläßiger Frölichkeit/ und bemühte sich nicht Rom/ als damals die Academie aller Mahler/ zu sehen. LII. NICOLAO aus Calabrien/ Mahler. Bey seinen Lebzeiten kame Papst Paulus III. nach Ascoli, da kame dieser Künstler in Ungelegenheit mit etlichen Päpstlichen Bedienten/ daß er dernthalben die Flucht nehmen/ und sich von Ascoli wegmachen muste; Seine getreue Haußfrau wolte

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 108]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/136>, abgerufen am 24.11.2024.