Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,1. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch] man einen Faden hinten vom Kopf-Wirbel bis zu Ende des Halses spannet. Weiter/ von Anfang des Haars auf der Stirne abwarts/ bis wo des Menschen Brust am höchsten erhoben ist/ wird sich ein Sechst-theil befinden: wann man aber das übrige des Kopfs von oben an darzu rechnet/ so wird just ein Vier-theil kommen. der Stirn und Nase. Von Anfang des Haares bis zwischen die Augbrauen an die Nase von dannen wieder bis zu Ende der Nasen/ und von dar bis unter das Kien/ ist jedes ein drittheil vom Angesicht/ und also dieses des Fußes/ drey Nasen lang. Von des Fußes hinterster Fersen an/ bis zu Ende der zweyten Zehe/ ist ein sechsttheil vom Menschen/ nämlich sechs Fuß-Länge. Von der Brust. der Brust/ wo der Bauch anfahet/ oberhalb des Nabels/ bis unter das Kien/ länget sich ein vierter Theil des Menschen. Wann ein Mann ausgestreckt auf der Erden liget/ und man ihm einen Zirkel-Spitz auf den Nabel setzet/ folgends den andern herum führet: so kommet jedesmal am Ende der der Nabel ist Mittelpunct/ in des Leibes Zirkel-Runde. Zehen und Finger/ just ein vierter Theil. Also ist der Nabel der rechte Mittelpunct am menschlichen Leib: und findet sich/ von dar bis zum Haupt/ auch bis zu Ende des längsten Fingers und der Fuß-Solen/ ein vollkommen-runder Zirkel; wovon dann auch ein Viereck zu machen. Die meiste antiche Statuen zu Rom hab ich fast alle in der Gestalt befunden/ mit welcher Plinius Länge des Menschlichen Leibs. und Vitruvius übereinstimmen/ daß nämlich des Menschen Länge sey/ so weit er in die quäre mit ausgestreckten beyden Armen klastern und reichen kan: und solches wird durch die Experienz Der Antichen Cubiten oder Elnbogen. bekräftiget. Der Antichen Cubitus oder Elnbogen/ ist sechs Hände/ auch jede Hand vier Daumen/ breit; und vier Hand-breiten geben die Länge des Fußes. Hiervon ist ein mehrers bey der Scultura gedacht. Albrecht Dürer/ theilet den Menschlichen Leib mit Daum-breiten/ Minuten/ und andern noch kleinern dimensionen oder Abmessungen: die aber mehr den Bildhauern Viel messen siehet mehr den Bildhauern zu/ als den Mahlern./ als Mahlern/ anstehen. Ich habe oft hören discurriren/ daß/ der zuviel messet/ nur ein Abmesser bleibet/ und sonst nichts ausrichtet. Vitruvius und andere vernünftige Künstlere melden/ es werde/ durch all zukleine Messereyen des Haupts/ Füße/ Nasen und Solen/ die Jugend nur aufgehalten. Er zeiget aber diesen kürzesten Weg/ daß/ von des Menschen Haupt an bis auf seine Fuß-Solen/ die Länge acht Häupter/ jedes Haupt vier Nasen lang sey. Wann man also den Menschen Wie der Leib nach acht Häupter Länge zu messen. mit acht Häuptern will abmessen/ soll man daß Bild an eine hangende Bley-Linie stellen: alsdann messet man/ vom Kopf bis an das Kien/ eine Kopfs-Länge; von dem Kien bis auf die Brust-Warzen/ die andere; von dar bis auf den Nabel/ die dritte; von dem Nabel bis auf das Männliche Glied/ die vierte; von dannen bis zum halben Schenkel/ die fünfte; von dar bis zum Knie/ die sechste; vom Knie bis zum halben Schienbein/ die siebende; und endlich von dar bis zur Fuß Sole/ die lezte. [Spaltenumbruch]Nach der Breite aber/ von der rechten zur Breite des Männlichen linken Achsel/ soll der Mann zwey Haupt- und von einer Hüfte zur andern/ zwey Angesicht-Längen und Weiblichen Leibes. haben. Der Frauen Leiber sind etwas völliger und runder vom Fleisch/ auch die Musculen linder und erfüllter/ mit Falten/ (wie bey Kindern) und mit Grüblein/ sonderlich auf den Händen/ Kniehen und beyden Elnbogen. Des Weibs Hüfte/ gleichwie auch des Manns Achsel/ ist um eine Nase breiter. Die Kinder sind ingemein fünf Häupter lang: davon rechnet man dreye mit der Schamheit/ und zwey an Kniehen und Proportion der Kinder. Beinen. Das Leben/ gibt auch kurz- und länglichte Kinder. Sonst haben sie/ nach Plinii Aussag/ im dritten Jahr/ den halben Theil ihrer Länge. Wir finden/ nicht allein im Leben/ sondern auch in den Kunststucken der vortreflichsten Meistern Kürzere und längere Bilder:/ kürzere und längere Bilder: maßen diese/ der Zierde halben/ sie in 10/11 und 12 Köpfe die längern sind weniger verwerflich. lang proportioniret. Es wird aber von allen Vernünftigen/ mehr den kurzen als den lang-gestalteten Bildern/ widersprochen. Wer ein mehrers hierinn studiren will/ kan sich der Schrifften Albrecht Dürers bedienen/ auch insonderheit Man muß hiervon in Büchern und Bildern studiren. bey den fürnehmsten Antichen und Statuen/ in die Schule gehen: maßen/ zu solchem Behuf/ droben im Ersten Buch von der Scultura, alle berühmteste zu Rom befindliche Bilder/ in Kupferstichen/ diesem Werk eingerucket worden. Ich erinnere aber nochmals/ daß das zuviele Im messen Maß zu halten/ und kleine Abmessen mehr schädlich als nutzlich seye: weil oftmals eines Glied absonderlich in dem zureichenden oder hergebenden über die maß zu verlängern oder zu schreiten/ Ursach gibet. Man soll und mus dißfalls/ auch in vorstellung der fürnemsten Bilder einer Historie/ zuweilen und in gebogenen Gliedern nachzugeben. vergrößern/ auch im ausdrucken/ ausdehnen/ strecken/ biegen/ umkehren/ einziehen/ verkürzen und einbucken/ viel Veränderung machen/ und zu besserer Erzeigung der Affecten/ mehren und mindern. Figur hiervon. Zu bässerer und klärerer Unterweisung/ ist allhier in beygefügtem Abdruck ein Mann/ welcher mit aller Eilfärtigkeit und Gewalt/ einen Strumpf an seinen naßen Fuß zu ziehen ihm eiferigst angelegen seyn lässet/ zu ersehen: da dann erscheinet/ wie durch dessen starken Affect von vornen her sein Leib um den sechsten Theil kürzer worden/ also daß/ wann diese Verkürzung wäre unterlassen worden/ ein so höchstnötiger Affect nicht hätte deutlich genug können ausgedruckt und vorgestellet werden. Im gegentheil wird sich jederzeit befinden/ daß ein gebogner Arm eines achten Theils länger wird/ als wann er gerad ausgestrecket: welches einig und allein daher entstehet/ weil/ im biegen des Armes/ der Knopf des Elnbogens sich heraus begiebt/ wie auch auf gleiche Weise im Biegen des Fußes die Fersen sich mehr heraus begeben/ und gleiche Vergrößerungen verursachen. [Spaltenumbruch] man einen Faden hinten vom Kopf-Wirbel bis zu Ende des Halses spannet. Weiter/ von Anfang des Haars auf der Stirne abwarts/ bis wo des Menschen Brust am höchsten erhoben ist/ wird sich ein Sechst-theil befinden: wann man aber das übrige des Kopfs von oben an darzu rechnet/ so wird just ein Vier-theil kommen. der Stirn und Nase. Von Anfang des Haares bis zwischen die Augbrauen an die Nase von dannen wieder bis zu Ende der Nasen/ und von dar bis unter das Kien/ ist jedes ein drittheil vom Angesicht/ und also dieses des Fußes/ drey Nasen lang. Von des Fußes hinterster Fersen an/ bis zu Ende der zweyten Zehe/ ist ein sechsttheil vom Menschen/ nämlich sechs Fuß-Länge. Von der Brust. der Brust/ wo der Bauch anfahet/ oberhalb des Nabels/ bis unter das Kien/ länget sich ein vierter Theil des Menschen. Wann ein Mann ausgestreckt auf der Erden liget/ und man ihm einen Zirkel-Spitz auf den Nabel setzet/ folgends den andern herum führet: so kommet jedesmal am Ende der der Nabel ist Mittelpunct/ in des Leibes Zirkel-Runde. Zehen und Finger/ just ein vierter Theil. Also ist der Nabel der rechte Mittelpunct am menschlichen Leib: und findet sich/ von dar bis zum Haupt/ auch bis zu Ende des längsten Fingers und der Fuß-Solen/ ein vollkommen-runder Zirkel; wovon dann auch ein Viereck zu machen. Die meiste antiche Statuen zu Rom hab ich fast alle in der Gestalt befunden/ mit welcher Plinius Länge des Menschlichen Leibs. und Vitruvius übereinstimmen/ daß nämlich des Menschen Länge sey/ so weit er in die quäre mit ausgestreckten beyden Armen klastern und reichen kan: und solches wird durch die Experienz Der Antichen Cubiten oder Elnbogen. bekräftiget. Der Antichen Cubitus oder Elnbogen/ ist sechs Hände/ auch jede Hand vier Daumen/ breit; und vier Hand-breiten geben die Länge des Fußes. Hiervon ist ein mehrers bey der Scultura gedacht. Albrecht Dürer/ theilet den Menschlichen Leib mit Daum-breiten/ Minuten/ und andern noch kleinern dimensionen oder Abmessungen: die aber mehr den Bildhauern Viel messen siehet mehr den Bildhauern zu/ als den Mahlern./ als Mahlern/ anstehen. Ich habe oft hören discurriren/ daß/ der zuviel messet/ nur ein Abmesser bleibet/ und sonst nichts ausrichtet. Vitruvius und andere vernünftige Künstlere melden/ es werde/ durch all zukleine Messereyen des Haupts/ Füße/ Nasen und Solen/ die Jugend nur aufgehalten. Er zeiget aber diesen kürzesten Weg/ daß/ von des Menschen Haupt an bis auf seine Fuß-Solen/ die Länge acht Häupter/ jedes Haupt vier Nasen lang sey. Wann man also den Menschen Wie der Leib nach acht Häupter Länge zu messen. mit acht Häuptern will abmessen/ soll man daß Bild an eine hangende Bley-Linie stellen: alsdann messet man/ vom Kopf bis an das Kien/ eine Kopfs-Länge; von dem Kien bis auf die Brust-Warzen/ die andere; von dar bis auf den Nabel/ die dritte; von dem Nabel bis auf das Männliche Glied/ die vierte; von dannen bis zum halben Schenkel/ die fünfte; von dar bis zum Knie/ die sechste; vom Knie bis zum halben Schienbein/ die siebende; und endlich von dar bis zur Fuß Sole/ die lezte. [Spaltenumbruch]Nach der Breite aber/ von der rechten zur Breite des Männlichen linken Achsel/ soll der Mann zwey Haupt- und von einer Hüfte zur andern/ zwey Angesicht-Längen und Weiblichen Leibes. haben. Der Frauen Leiber sind etwas völliger und runder vom Fleisch/ auch die Musculen linder und erfüllter/ mit Falten/ (wie bey Kindern) und mit Grüblein/ sonderlich auf den Händen/ Kniehen und beyden Elnbogen. Des Weibs Hüfte/ gleichwie auch des Manns Achsel/ ist um eine Nase breiter. Die Kinder sind ingemein fünf Häupter lang: davon rechnet man dreye mit der Schamheit/ und zwey an Kniehen und Proportion der Kinder. Beinen. Das Leben/ gibt auch kurz- und länglichte Kinder. Sonst haben sie/ nach Plinii Aussag/ im dritten Jahr/ den halben Theil ihrer Länge. Wir finden/ nicht allein im Leben/ sondern auch in den Kunststucken der vortreflichsten Meistern Kürzere und längere Bilder:/ kürzere und längere Bilder: maßen diese/ der Zierde halben/ sie in 10/11 und 12 Köpfe die längern sind weniger verwerflich. lang proportioniret. Es wird aber von allen Vernünftigen/ mehr den kurzen als den lang-gestalteten Bildern/ widersprochen. Wer ein mehrers hierinn studiren will/ kan sich der Schrifften Albrecht Dürers bedienen/ auch insonderheit Man muß hiervon in Büchern und Bildern studiren. bey den fürnehmsten Antichen und Statuen/ in die Schule gehen: maßen/ zu solchem Behuf/ droben im Ersten Buch von der Scultura, alle berühmteste zu Rom befindliche Bilder/ in Kupferstichen/ diesem Werk eingerucket worden. Ich erinnere aber nochmals/ daß das zuviele Im messen Maß zu halten/ und kleine Abmessen mehr schädlich als nutzlich seye: weil oftmals eines Glied absonderlich in dem zureichenden oder hergebenden über die maß zu verlängern oder zu schreiten/ Ursach gibet. Man soll und mus dißfalls/ auch in vorstellung der fürnemsten Bilder einer Historie/ zuweilen und in gebogenen Gliedern nachzugeben. vergrößern/ auch im ausdrucken/ ausdehnen/ strecken/ biegen/ umkehren/ einziehen/ verkürzen und einbucken/ viel Veränderung machen/ und zu besserer Erzeigung der Affecten/ mehren und mindern. Figur hiervon. Zu bässerer und klärerer Unterweisung/ ist allhier in beygefügtem Abdruck ein Mann/ welcher mit aller Eilfärtigkeit und Gewalt/ einen Strumpf an seinen naßen Fuß zu ziehen ihm eiferigst angelegen seyn lässet/ zu ersehen: da dann erscheinet/ wie durch dessen starken Affect von vornen her sein Leib um den sechsten Theil kürzer worden/ also daß/ wann diese Verkürzung wäre unterlassen worden/ ein so höchstnötiger Affect nicht hätte deutlich genug können ausgedruckt und vorgestellet werden. Im gegentheil wird sich jederzeit befinden/ daß ein gebogner Arm eines achten Theils länger wird/ als wann er gerad ausgestrecket: welches einig und allein daher entstehet/ weil/ im biegen des Armes/ der Knopf des Elnbogens sich heraus begiebt/ wie auch auf gleiche Weise im Biegen des Fußes die Fersen sich mehr heraus begeben/ und gleiche Vergrößerungen verursachen. <TEI> <text xml:id="ta1675"> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div> <p xml:id="p154.4"><pb facs="#f0247" xml:id="pb-155" n="[I, Buch 3 (Malerei), S. 68]"/><cb/> man einen Faden hinten vom Kopf-Wirbel bis zu Ende des Halses spannet.</p> <p xml:id="p155.1">Weiter/ von Anfang des Haars auf der Stirne abwarts/ bis wo des Menschen Brust am höchsten erhoben ist/ wird sich ein Sechst-theil befinden: wann man aber das übrige des Kopfs von oben an darzu rechnet/ so wird just ein Vier-theil kommen. <note place="right">der Stirn und Nase.</note> Von Anfang des Haares bis zwischen die Augbrauen an die Nase von dannen wieder bis zu Ende der Nasen/ und von dar bis unter das Kien/ ist jedes ein drittheil vom Angesicht/ und also dieses <note place="right">des Fußes/</note> drey Nasen lang. Von des Fußes hinterster Fersen an/ bis zu Ende der zweyten Zehe/ ist ein sechsttheil vom Menschen/ nämlich sechs Fuß-Länge. Von <note place="right">der Brust.</note> der Brust/ wo der Bauch anfahet/ oberhalb des Nabels/ bis unter das Kien/ länget sich ein vierter Theil des Menschen. Wann ein Mann ausgestreckt auf der Erden liget/ und man ihm einen Zirkel-Spitz auf den Nabel setzet/ folgends den andern herum führet: so kommet jedesmal am Ende der <note place="right">der Nabel ist Mittelpunct/ in des Leibes Zirkel-Runde.</note> Zehen und Finger/ just ein vierter Theil. 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Man soll und mus dißfalls/ auch in vorstellung der fürnemsten Bilder einer Historie/ zuweilen <note place="right">und in gebogenen Gliedern nachzugeben.</note> vergrößern/ auch im ausdrucken/ ausdehnen/ strecken/ biegen/ umkehren/ einziehen/ verkürzen und einbucken/ viel Veränderung machen/ und zu besserer Erzeigung der <hi rendition="#aq">Affect</hi>en/ mehren und mindern.</p> <p xml:id="p155.7"><note place="right">Figur hiervon.</note> Zu bässerer und klärerer Unterweisung/ ist allhier in beygefügtem Abdruck ein Mann/ welcher mit aller Eilfärtigkeit und Gewalt/ einen Strumpf an seinen naßen Fuß zu ziehen ihm eiferigst angelegen seyn lässet/ zu ersehen: da dann erscheinet/ wie durch dessen starken <hi rendition="#aq">Affect</hi> von vornen her sein Leib um den sechsten Theil kürzer worden/ also daß/ wann diese Verkürzung wäre unterlassen worden/ ein so höchstnötiger <hi rendition="#aq">Affect</hi> nicht hätte deutlich genug können ausgedruckt und vorgestellet werden. Im gegentheil wird sich jederzeit befinden/ daß ein gebogner Arm eines achten Theils länger wird/ als wann er gerad ausgestrecket: welches einig und allein daher entstehet/ weil/ im biegen des Armes/ der Knopf des Elnbogens sich heraus begiebt/ wie auch auf gleiche Weise im Biegen des Fußes die Fersen sich mehr heraus begeben/ und gleiche Vergrößerungen verursachen.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[I, Buch 3 (Malerei), S. 68]/0247]
man einen Faden hinten vom Kopf-Wirbel bis zu Ende des Halses spannet.
Weiter/ von Anfang des Haars auf der Stirne abwarts/ bis wo des Menschen Brust am höchsten erhoben ist/ wird sich ein Sechst-theil befinden: wann man aber das übrige des Kopfs von oben an darzu rechnet/ so wird just ein Vier-theil kommen. Von Anfang des Haares bis zwischen die Augbrauen an die Nase von dannen wieder bis zu Ende der Nasen/ und von dar bis unter das Kien/ ist jedes ein drittheil vom Angesicht/ und also dieses drey Nasen lang. Von des Fußes hinterster Fersen an/ bis zu Ende der zweyten Zehe/ ist ein sechsttheil vom Menschen/ nämlich sechs Fuß-Länge. Von der Brust/ wo der Bauch anfahet/ oberhalb des Nabels/ bis unter das Kien/ länget sich ein vierter Theil des Menschen. Wann ein Mann ausgestreckt auf der Erden liget/ und man ihm einen Zirkel-Spitz auf den Nabel setzet/ folgends den andern herum führet: so kommet jedesmal am Ende der Zehen und Finger/ just ein vierter Theil. Also ist der Nabel der rechte Mittelpunct am menschlichen Leib: und findet sich/ von dar bis zum Haupt/ auch bis zu Ende des längsten Fingers und der Fuß-Solen/ ein vollkommen-runder Zirkel; wovon dann auch ein Viereck zu machen.
der Stirn und Nase.
des Fußes/
der Brust.
der Nabel ist Mittelpunct/ in des Leibes Zirkel-Runde.Die meiste antiche Statuen zu Rom hab ich fast alle in der Gestalt befunden/ mit welcher Plinius und Vitruvius übereinstimmen/ daß nämlich des Menschen Länge sey/ so weit er in die quäre mit ausgestreckten beyden Armen klastern und reichen kan: und solches wird durch die Experienz bekräftiget. Der Antichen Cubitus oder Elnbogen/ ist sechs Hände/ auch jede Hand vier Daumen/ breit; und vier Hand-breiten geben die Länge des Fußes. Hiervon ist ein mehrers bey der Scultura gedacht. Albrecht Dürer/ theilet den Menschlichen Leib mit Daum-breiten/ Minuten/ und andern noch kleinern dimensionen oder Abmessungen: die aber mehr den Bildhauern / als Mahlern/ anstehen. Ich habe oft hören discurriren/ daß/ der zuviel messet/ nur ein Abmesser bleibet/ und sonst nichts ausrichtet. Vitruvius und andere vernünftige Künstlere melden/ es werde/ durch all zukleine Messereyen des Haupts/ Füße/ Nasen und Solen/ die Jugend nur aufgehalten.
Länge des Menschlichen Leibs.
Der Antichen Cubiten oder Elnbogen.
Viel messen siehet mehr den Bildhauern zu/ als den Mahlern.Er zeiget aber diesen kürzesten Weg/ daß/ von des Menschen Haupt an bis auf seine Fuß-Solen/ die Länge acht Häupter/ jedes Haupt vier Nasen lang sey. Wann man also den Menschen mit acht Häuptern will abmessen/ soll man daß Bild an eine hangende Bley-Linie stellen: alsdann messet man/ vom Kopf bis an das Kien/ eine Kopfs-Länge; von dem Kien bis auf die Brust-Warzen/ die andere; von dar bis auf den Nabel/ die dritte; von dem Nabel bis auf das Männliche Glied/ die vierte; von dannen bis zum halben Schenkel/ die fünfte; von dar bis zum Knie/ die sechste; vom Knie bis zum halben Schienbein/ die siebende; und endlich von dar bis zur Fuß Sole/ die lezte.
Wie der Leib nach acht Häupter Länge zu messen.
Nach der Breite aber/ von der rechten zur linken Achsel/ soll der Mann zwey Haupt- und von einer Hüfte zur andern/ zwey Angesicht-Längen haben. Der Frauen Leiber sind etwas völliger und runder vom Fleisch/ auch die Musculen linder und erfüllter/ mit Falten/ (wie bey Kindern) und mit Grüblein/ sonderlich auf den Händen/ Kniehen und beyden Elnbogen. Des Weibs Hüfte/ gleichwie auch des Manns Achsel/ ist um eine Nase breiter. Die Kinder sind ingemein fünf Häupter lang: davon rechnet man dreye mit der Schamheit/ und zwey an Kniehen und Beinen. Das Leben/ gibt auch kurz- und länglichte Kinder. Sonst haben sie/ nach Plinii Aussag/ im dritten Jahr/ den halben Theil ihrer Länge.
Breite des Männlichen
und Weiblichen Leibes.
Proportion der Kinder.Wir finden/ nicht allein im Leben/ sondern auch in den Kunststucken der vortreflichsten Meistern / kürzere und längere Bilder: maßen diese/ der Zierde halben/ sie in 10/11 und 12 Köpfe lang proportioniret. Es wird aber von allen Vernünftigen/ mehr den kurzen als den lang-gestalteten Bildern/ widersprochen. Wer ein mehrers hierinn studiren will/ kan sich der Schrifften Albrecht Dürers bedienen/ auch insonderheit bey den fürnehmsten Antichen und Statuen/ in die Schule gehen: maßen/ zu solchem Behuf/ droben im Ersten Buch von der Scultura, alle berühmteste zu Rom befindliche Bilder/ in Kupferstichen/ diesem Werk eingerucket worden.
Kürzere und längere Bilder:
die längern sind weniger verwerflich.
Man muß hiervon in Büchern und Bildern studiren.Ich erinnere aber nochmals/ daß das zuviele und kleine Abmessen mehr schädlich als nutzlich seye: weil oftmals eines Glied absonderlich in dem zureichenden oder hergebenden über die maß zu verlängern oder zu schreiten/ Ursach gibet. Man soll und mus dißfalls/ auch in vorstellung der fürnemsten Bilder einer Historie/ zuweilen vergrößern/ auch im ausdrucken/ ausdehnen/ strecken/ biegen/ umkehren/ einziehen/ verkürzen und einbucken/ viel Veränderung machen/ und zu besserer Erzeigung der Affecten/ mehren und mindern.
Im messen Maß zu halten/
und in gebogenen Gliedern nachzugeben. Zu bässerer und klärerer Unterweisung/ ist allhier in beygefügtem Abdruck ein Mann/ welcher mit aller Eilfärtigkeit und Gewalt/ einen Strumpf an seinen naßen Fuß zu ziehen ihm eiferigst angelegen seyn lässet/ zu ersehen: da dann erscheinet/ wie durch dessen starken Affect von vornen her sein Leib um den sechsten Theil kürzer worden/ also daß/ wann diese Verkürzung wäre unterlassen worden/ ein so höchstnötiger Affect nicht hätte deutlich genug können ausgedruckt und vorgestellet werden. Im gegentheil wird sich jederzeit befinden/ daß ein gebogner Arm eines achten Theils länger wird/ als wann er gerad ausgestrecket: welches einig und allein daher entstehet/ weil/ im biegen des Armes/ der Knopf des Elnbogens sich heraus begiebt/ wie auch auf gleiche Weise im Biegen des Fußes die Fersen sich mehr heraus begeben/ und gleiche Vergrößerungen verursachen.
Figur hiervon.
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,1. Nürnberg, 1675, S. [I, Buch 3 (Malerei), S. 68]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0101_1675/247>, abgerufen am 16.02.2025. |