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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Von der wahren Größe Jesu Christi.
Weisheit lehrte. Die Edeln und Gutgesinnten wurden
freylich aufmerksam auf ihn, und überhäuften ihn mit
ihren Lobsprüchen, mit ihren Wohlthaten. Er nahm
diese Merkmale ihrer Hochachtung und Dankbarkeit an,
aber auch gegen seine Feinde, gegen die Tadler seiner
Lehre, gegen die Lästerer seines heiligen und unbefleckten
Wandels handelte er großmüthig. Er predigte die er-
habenste Lehre, die gesundesten Wahrheiten, die besten
Anweisungen zum Leben, wenn unter seinen Füßen viele
tausend Zuhörer sich auf Wiesen gelagert hatten, und die
Natur, so bald er fertig war, von ihren Lobpreisungen,
von ihrem Staunen ertönte. Aber er war eben so eifrig,
eben so thätig und herablassend; seine Seele, die gleich zu
jedem Unglücklichen hinflog, erfand gleich die kraftvoll-
sten Tröstungen, wenn nur einer zu ihm kam, und Unter-
richt begehrte, und er zürnte nicht, wenn er auch in sei-
ner Nachtruhe gestört wurde. Sein ganzer Wandel
war eine bewundernswürdige Mischung von Hoheit und
Demuth. Er hatte eine Majestät, wie sie sich für den
Sohn Gottes schickte. Wir sahen seine Herrlichkeit,
sagt Johannes, (K. 1, 14.) als die Herrlichkeit des
eingebohrnen Sohnes vom Vater, voll Gnade
und Wahrheit.
Die allerbeste, allerwürdigste, aller-
zuverläßigste Religion bracht er in die Welt, und grün-
dete sie fest durch seinen Tod. Wenn er Wohlthaten
austheilte, so war er groß; und wenn er Knechtsgestalt
annahm, wenn er zum Besten der Welt seine Macht nicht
allemal brauchte, so war er niedrig. Macht hätte er ge-
habt, Jerusalem vor ihren Augen untergehen zu lassen,
oder die Sonne aus ihrem Kreis herabzustürzen: aber
wie wäre dann das erfüllt worden, was man von ihm

erwar-
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Von der wahren Größe Jeſu Chriſti.
Weisheit lehrte. Die Edeln und Gutgeſinnten wurden
freylich aufmerkſam auf ihn, und überhäuften ihn mit
ihren Lobſprüchen, mit ihren Wohlthaten. Er nahm
dieſe Merkmale ihrer Hochachtung und Dankbarkeit an,
aber auch gegen ſeine Feinde, gegen die Tadler ſeiner
Lehre, gegen die Läſterer ſeines heiligen und unbefleckten
Wandels handelte er großmüthig. Er predigte die er-
habenſte Lehre, die geſundeſten Wahrheiten, die beſten
Anweiſungen zum Leben, wenn unter ſeinen Füßen viele
tauſend Zuhörer ſich auf Wieſen gelagert hatten, und die
Natur, ſo bald er fertig war, von ihren Lobpreiſungen,
von ihrem Staunen ertönte. Aber er war eben ſo eifrig,
eben ſo thätig und herablaſſend; ſeine Seele, die gleich zu
jedem Unglücklichen hinflog, erfand gleich die kraftvoll-
ſten Tröſtungen, wenn nur einer zu ihm kam, und Unter-
richt begehrte, und er zürnte nicht, wenn er auch in ſei-
ner Nachtruhe geſtört wurde. Sein ganzer Wandel
war eine bewundernswürdige Miſchung von Hoheit und
Demuth. Er hatte eine Majeſtät, wie ſie ſich für den
Sohn Gottes ſchickte. Wir ſahen ſeine Herrlichkeit,
ſagt Johannes, (K. 1, 14.) als die Herrlichkeit des
eingebohrnen Sohnes vom Vater, voll Gnade
und Wahrheit.
Die allerbeſte, allerwürdigſte, aller-
zuverläßigſte Religion bracht er in die Welt, und grün-
dete ſie feſt durch ſeinen Tod. Wenn er Wohlthaten
austheilte, ſo war er groß; und wenn er Knechtsgeſtalt
annahm, wenn er zum Beſten der Welt ſeine Macht nicht
allemal brauchte, ſo war er niedrig. Macht hätte er ge-
habt, Jeruſalem vor ihren Augen untergehen zu laſſen,
oder die Sonne aus ihrem Kreis herabzuſtürzen: aber
wie wäre dann das erfüllt worden, was man von ihm

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D 5
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[57/0063] Von der wahren Größe Jeſu Chriſti. Weisheit lehrte. Die Edeln und Gutgeſinnten wurden freylich aufmerkſam auf ihn, und überhäuften ihn mit ihren Lobſprüchen, mit ihren Wohlthaten. Er nahm dieſe Merkmale ihrer Hochachtung und Dankbarkeit an, aber auch gegen ſeine Feinde, gegen die Tadler ſeiner Lehre, gegen die Läſterer ſeines heiligen und unbefleckten Wandels handelte er großmüthig. Er predigte die er- habenſte Lehre, die geſundeſten Wahrheiten, die beſten Anweiſungen zum Leben, wenn unter ſeinen Füßen viele tauſend Zuhörer ſich auf Wieſen gelagert hatten, und die Natur, ſo bald er fertig war, von ihren Lobpreiſungen, von ihrem Staunen ertönte. Aber er war eben ſo eifrig, eben ſo thätig und herablaſſend; ſeine Seele, die gleich zu jedem Unglücklichen hinflog, erfand gleich die kraftvoll- ſten Tröſtungen, wenn nur einer zu ihm kam, und Unter- richt begehrte, und er zürnte nicht, wenn er auch in ſei- ner Nachtruhe geſtört wurde. Sein ganzer Wandel war eine bewundernswürdige Miſchung von Hoheit und Demuth. Er hatte eine Majeſtät, wie ſie ſich für den Sohn Gottes ſchickte. Wir ſahen ſeine Herrlichkeit, ſagt Johannes, (K. 1, 14.) als die Herrlichkeit des eingebohrnen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. Die allerbeſte, allerwürdigſte, aller- zuverläßigſte Religion bracht er in die Welt, und grün- dete ſie feſt durch ſeinen Tod. Wenn er Wohlthaten austheilte, ſo war er groß; und wenn er Knechtsgeſtalt annahm, wenn er zum Beſten der Welt ſeine Macht nicht allemal brauchte, ſo war er niedrig. Macht hätte er ge- habt, Jeruſalem vor ihren Augen untergehen zu laſſen, oder die Sonne aus ihrem Kreis herabzuſtürzen: aber wie wäre dann das erfüllt worden, was man von ihm erwar- D 5

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/63>, abgerufen am 24.11.2024.