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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Unterredungen mit Gott.
Gängen des Todes das Auge herumirrt, und dich sucht.
Wenn dann zehntausend goldne Harfen beständig zu dei-
ner Ehre uns unaussprechliche Lieder ausströmen, so ver-
giß deine wallende Brüder im Staub nicht, und ruf uns
einst alle an dein Herz.

Das menschliche Elend ist immer groß. Aus mehr
als einem Welttheil steigt das Jammergeschrey der Lei-
denden gen Himmel, und tönt erschrecklich durch die weite
Natur. Mächtige Monarchien suchen einander auf dem
Meer auf, und begraben ihre Unterthanen in den salzich-
ten Wellen. Dort zieht ein andrer Krieg seine blutige
Furchen durch ein ganzes Königreich, und hier verwüstet
die Gewalt des Wassers dem Bauern das Land, auf
das schon lange seine und seiner Väter Schweißtropfen
gefallen sind. Dort stirbt ein würdiger Mann, der der
Welt Lehrer und Muster war, mit ihm verlöscht ein
Licht, das seine Strahlen weit aussendete; und am an-
dern Ort sitzt die Wollust, die Ueppigkeit auf dem Thron,
geisselt die Rechtschaffenheit, und spottet der Tugend.
Hier fliegt die stille Hütte einer armen Familie im Rauch
auf. Dort schreibt ein Unsinniger gegen die Religion
des Erlösers, und tastet Jesum Christum, und seine war-
tende Unterthanen an. Jmmer ist der größte Theil des
Menschengeschlechts unwissend, seinen thierischen Nei-
gungen preis gegeben, und erhält in der Dürftigkeit mit
saurer Mühe das Leben. Die Besten, die Edelsten seuf-
zen unter den ewigen Gebrechen des Körpers. Wer un-
ter uns weiß, ob ihm nicht in dem Augenblick die Pest
auf dem Fuße nachschleicht, die unsre Wohnungen zum
Bild des tiefsten Elends in kurzer Zeit machen kann? --
Ach du Gott der Liebe! sieh herab auf die Erde, und rede

Gnade
C 4

Unterredungen mit Gott.
Gängen des Todes das Auge herumirrt, und dich ſucht.
Wenn dann zehntauſend goldne Harfen beſtändig zu dei-
ner Ehre uns unausſprechliche Lieder ausſtrömen, ſo ver-
giß deine wallende Brüder im Staub nicht, und ruf uns
einſt alle an dein Herz.

Das menſchliche Elend iſt immer groß. Aus mehr
als einem Welttheil ſteigt das Jammergeſchrey der Lei-
denden gen Himmel, und tönt erſchrecklich durch die weite
Natur. Mächtige Monarchien ſuchen einander auf dem
Meer auf, und begraben ihre Unterthanen in den ſalzich-
ten Wellen. Dort zieht ein andrer Krieg ſeine blutige
Furchen durch ein ganzes Königreich, und hier verwüſtet
die Gewalt des Waſſers dem Bauern das Land, auf
das ſchon lange ſeine und ſeiner Väter Schweißtropfen
gefallen ſind. Dort ſtirbt ein würdiger Mann, der der
Welt Lehrer und Muſter war, mit ihm verlöſcht ein
Licht, das ſeine Strahlen weit ausſendete; und am an-
dern Ort ſitzt die Wolluſt, die Ueppigkeit auf dem Thron,
geiſſelt die Rechtſchaffenheit, und ſpottet der Tugend.
Hier fliegt die ſtille Hütte einer armen Familie im Rauch
auf. Dort ſchreibt ein Unſinniger gegen die Religion
des Erlöſers, und taſtet Jeſum Chriſtum, und ſeine war-
tende Unterthanen an. Jmmer iſt der größte Theil des
Menſchengeſchlechts unwiſſend, ſeinen thieriſchen Nei-
gungen preis gegeben, und erhält in der Dürftigkeit mit
ſaurer Mühe das Leben. Die Beſten, die Edelſten ſeuf-
zen unter den ewigen Gebrechen des Körpers. Wer un-
ter uns weiß, ob ihm nicht in dem Augenblick die Peſt
auf dem Fuße nachſchleicht, die unſre Wohnungen zum
Bild des tiefſten Elends in kurzer Zeit machen kann? —
Ach du Gott der Liebe! ſieh herab auf die Erde, und rede

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[39/0045] Unterredungen mit Gott. Gängen des Todes das Auge herumirrt, und dich ſucht. Wenn dann zehntauſend goldne Harfen beſtändig zu dei- ner Ehre uns unausſprechliche Lieder ausſtrömen, ſo ver- giß deine wallende Brüder im Staub nicht, und ruf uns einſt alle an dein Herz. Das menſchliche Elend iſt immer groß. Aus mehr als einem Welttheil ſteigt das Jammergeſchrey der Lei- denden gen Himmel, und tönt erſchrecklich durch die weite Natur. Mächtige Monarchien ſuchen einander auf dem Meer auf, und begraben ihre Unterthanen in den ſalzich- ten Wellen. Dort zieht ein andrer Krieg ſeine blutige Furchen durch ein ganzes Königreich, und hier verwüſtet die Gewalt des Waſſers dem Bauern das Land, auf das ſchon lange ſeine und ſeiner Väter Schweißtropfen gefallen ſind. Dort ſtirbt ein würdiger Mann, der der Welt Lehrer und Muſter war, mit ihm verlöſcht ein Licht, das ſeine Strahlen weit ausſendete; und am an- dern Ort ſitzt die Wolluſt, die Ueppigkeit auf dem Thron, geiſſelt die Rechtſchaffenheit, und ſpottet der Tugend. Hier fliegt die ſtille Hütte einer armen Familie im Rauch auf. Dort ſchreibt ein Unſinniger gegen die Religion des Erlöſers, und taſtet Jeſum Chriſtum, und ſeine war- tende Unterthanen an. Jmmer iſt der größte Theil des Menſchengeſchlechts unwiſſend, ſeinen thieriſchen Nei- gungen preis gegeben, und erhält in der Dürftigkeit mit ſaurer Mühe das Leben. Die Beſten, die Edelſten ſeuf- zen unter den ewigen Gebrechen des Körpers. Wer un- ter uns weiß, ob ihm nicht in dem Augenblick die Peſt auf dem Fuße nachſchleicht, die unſre Wohnungen zum Bild des tiefſten Elends in kurzer Zeit machen kann? — Ach du Gott der Liebe! ſieh herab auf die Erde, und rede Gnade C 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/45>, abgerufen am 24.11.2024.