Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.
am Ende seines Lebens. er ihnen vorher, um sie zu überzeugen, daß diesesschmerzvolle Ende kein Zufall, kein Unglück, keine Ge- waltthätigkeit sey, die er wider seinen Willen dulden müßte; er wüßte gar wohl, sagt er, daß der hohe Rath ihm den Tod geschworen, und in der ganzen Gegend die Netze ausgespannt habe, allein er sähe diese gehäßige Leute als Werkzeuge an, durch die Gott seine Absichten ausführen wollte. Er sagte es ihnen voraus, daß die Hohenpriester durch nichts anders, als durch seinen Tod würden befriedigt werden, aber er wußte auch, daß seine Erniedrigung nach wenigen Tagen ein herrliches Ende nehmen würde. Und durch diese Erwägungen gestärkt, gieng er die rauhe dornichte Bahn fort, bewies am Ende feines Lebens den willigen standhaften Gehorsam, der bisher seine Zierde gewesen war, tröstete sich bloß mit dem Willen Gottes, und erwartete auch ausser Gott keine Belohnung. Wer hätte je gerechtere Ursache gehabt, am Ziel der Laufbahn über die zu klagen, die die besten Absichten zu vereiteln pflegen, als Er? Aber er vergißt alle unartige Begegnungen, sein gutes Herz schweigt zu allen Mißhandlungen still, er arbeitet fort bis in die letzte Stunde seines Lebens. Unbesorgt, ob ihm das Lob der Menschen immer nachfolgen werde, oder nicht, blieb er beständig seiner großen Bestimmung treu, wankte nie, wenn ihn auch die größte Gefahr umringte, und, als er zuletzt mehr leiden mußte, als irgend ein Sterb- licher ausgestanden, so blieb er doch immer der fromme, ganz von Gott abhängige menschenfreundliche Erlöser. Aber indem wir hier mit ehrerbietigemAnwendung dern,
am Ende ſeines Lebens. er ihnen vorher, um ſie zu überzeugen, daß dieſesſchmerzvolle Ende kein Zufall, kein Unglück, keine Ge- waltthätigkeit ſey, die er wider ſeinen Willen dulden müßte; er wüßte gar wohl, ſagt er, daß der hohe Rath ihm den Tod geſchworen, und in der ganzen Gegend die Netze ausgeſpannt habe, allein er ſähe dieſe gehäßige Leute als Werkzeuge an, durch die Gott ſeine Abſichten ausführen wollte. Er ſagte es ihnen voraus, daß die Hohenprieſter durch nichts anders, als durch ſeinen Tod würden befriedigt werden, aber er wußte auch, daß ſeine Erniedrigung nach wenigen Tagen ein herrliches Ende nehmen würde. Und durch dieſe Erwägungen geſtärkt, gieng er die rauhe dornichte Bahn fort, bewies am Ende feines Lebens den willigen ſtandhaften Gehorſam, der bisher ſeine Zierde geweſen war, tröſtete ſich bloß mit dem Willen Gottes, und erwartete auch auſſer Gott keine Belohnung. Wer hätte je gerechtere Urſache gehabt, am Ziel der Laufbahn über die zu klagen, die die beſten Abſichten zu vereiteln pflegen, als Er? Aber er vergißt alle unartige Begegnungen, ſein gutes Herz ſchweigt zu allen Mißhandlungen ſtill, er arbeitet fort bis in die letzte Stunde ſeines Lebens. Unbeſorgt, ob ihm das Lob der Menſchen immer nachfolgen werde, oder nicht, blieb er beſtändig ſeiner großen Beſtimmung treu, wankte nie, wenn ihn auch die größte Gefahr umringte, und, als er zuletzt mehr leiden mußte, als irgend ein Sterb- licher ausgeſtanden, ſo blieb er doch immer der fromme, ganz von Gott abhängige menſchenfreundliche Erlöſer. Aber indem wir hier mit ehrerbietigemAnwendung dern,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0289" n="283"/><fw place="top" type="header">am Ende ſeines Lebens.</fw><lb/> er ihnen vorher, um ſie zu überzeugen, daß dieſes<lb/> ſchmerzvolle Ende kein Zufall, kein Unglück, keine Ge-<lb/> waltthätigkeit ſey, die er wider ſeinen Willen dulden<lb/> müßte; er wüßte gar wohl, ſagt er, daß der hohe Rath<lb/> ihm den Tod geſchworen, und in der ganzen Gegend die<lb/> Netze ausgeſpannt habe, allein er ſähe dieſe gehäßige<lb/> Leute als Werkzeuge an, durch die Gott ſeine Abſichten<lb/> ausführen wollte. Er ſagte es ihnen voraus, daß die<lb/> Hohenprieſter durch nichts anders, als durch ſeinen Tod<lb/> würden befriedigt werden, aber er wußte auch, daß ſeine<lb/> Erniedrigung nach wenigen Tagen ein herrliches Ende<lb/> nehmen würde. Und durch dieſe Erwägungen geſtärkt,<lb/> gieng er die rauhe dornichte Bahn fort, bewies am Ende<lb/> feines Lebens den willigen ſtandhaften Gehorſam, der<lb/> bisher ſeine Zierde geweſen war, tröſtete ſich bloß mit<lb/> dem Willen Gottes, und erwartete auch auſſer Gott keine<lb/> Belohnung. Wer hätte je gerechtere Urſache gehabt,<lb/> am Ziel der Laufbahn über die zu klagen, die die beſten<lb/> Abſichten zu vereiteln pflegen, als Er? Aber er vergißt<lb/> alle unartige Begegnungen, ſein gutes Herz ſchweigt zu<lb/> allen Mißhandlungen ſtill, er arbeitet fort bis in die<lb/> letzte Stunde ſeines Lebens. Unbeſorgt, ob ihm das Lob<lb/> der Menſchen immer nachfolgen werde, oder nicht, blieb<lb/> er beſtändig ſeiner großen Beſtimmung treu, wankte<lb/> nie, wenn ihn auch die größte Gefahr umringte, und,<lb/> als er zuletzt mehr leiden mußte, als irgend ein Sterb-<lb/> licher ausgeſtanden, ſo blieb er doch immer der fromme,<lb/> ganz von Gott abhängige menſchenfreundliche Erlöſer.</p><lb/> <p>Aber indem wir hier mit ehrerbietigem<note place="right">Anwendung<lb/> auf uns.</note><lb/> Erſtaunen die Tugend Jeſu Chriſti bewun-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">dern,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [283/0289]
am Ende ſeines Lebens.
er ihnen vorher, um ſie zu überzeugen, daß dieſes
ſchmerzvolle Ende kein Zufall, kein Unglück, keine Ge-
waltthätigkeit ſey, die er wider ſeinen Willen dulden
müßte; er wüßte gar wohl, ſagt er, daß der hohe Rath
ihm den Tod geſchworen, und in der ganzen Gegend die
Netze ausgeſpannt habe, allein er ſähe dieſe gehäßige
Leute als Werkzeuge an, durch die Gott ſeine Abſichten
ausführen wollte. Er ſagte es ihnen voraus, daß die
Hohenprieſter durch nichts anders, als durch ſeinen Tod
würden befriedigt werden, aber er wußte auch, daß ſeine
Erniedrigung nach wenigen Tagen ein herrliches Ende
nehmen würde. Und durch dieſe Erwägungen geſtärkt,
gieng er die rauhe dornichte Bahn fort, bewies am Ende
feines Lebens den willigen ſtandhaften Gehorſam, der
bisher ſeine Zierde geweſen war, tröſtete ſich bloß mit
dem Willen Gottes, und erwartete auch auſſer Gott keine
Belohnung. Wer hätte je gerechtere Urſache gehabt,
am Ziel der Laufbahn über die zu klagen, die die beſten
Abſichten zu vereiteln pflegen, als Er? Aber er vergißt
alle unartige Begegnungen, ſein gutes Herz ſchweigt zu
allen Mißhandlungen ſtill, er arbeitet fort bis in die
letzte Stunde ſeines Lebens. Unbeſorgt, ob ihm das Lob
der Menſchen immer nachfolgen werde, oder nicht, blieb
er beſtändig ſeiner großen Beſtimmung treu, wankte
nie, wenn ihn auch die größte Gefahr umringte, und,
als er zuletzt mehr leiden mußte, als irgend ein Sterb-
licher ausgeſtanden, ſo blieb er doch immer der fromme,
ganz von Gott abhängige menſchenfreundliche Erlöſer.
Aber indem wir hier mit ehrerbietigem
Erſtaunen die Tugend Jeſu Chriſti bewun-
dern,
Anwendung
auf uns.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/289 |
| Zitationshilfe: | Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/289>, abgerufen am 24.11.2024. |
