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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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am Ende seines Lebens.
wie lehrreich muß für uns sein Betragen kurz vor dem
Abschied aus der Welt seyn! Man lese die Geschichte sei-
ner letzten Tage. Welch ein erhabener, welch ein gött-
licher Charakter! Welche feurige, wahre, alles umfas-
sende Menschenliebe! Welche Unterwerfung unter Gott!
Welche Demuth! Welche Standhaftigkeit selbst unter
den sürchterlichsten Leiden! Er hatte seine Jahre mit Leh-
ren, mit Wundern, und Wohlthun zugebracht. Er war
mehrmalen in Jerusalem gewesen, aber der Stolz der
Pharisäer trieb ihn immer wieder weg, und er, der nur
die Menschen schätzte, an denen er ein edles Herz fand,
verwechselte gerne die im Ueberfluß und in der Wollü-
stigkeit schwimmende Stadt mit dem Lande, wo er Got-
tes schöne Erde ungehindert beschauen, und Menschen
größtentheils ohne Stolz, ohne verfeinerte Gottesverach-
tung, ohne selbstgemachte Bedürfnisse um sich hatte, und
sie mit leichterer Mühe bessern konnte. In dieser glück-
lichen Entfernung vom Sitz der Cerimonien und Gebräu-
che hatte er bisher wahre ungeheuchelte Gottesverehrung,
und reine und unverdorbene Sittenlehre gepredigt. Nun
kam die Zeit, die Gott zu seiner Hinrichtung bestimmt
hatte. Er sollte, als das Lamm Gottes, die Sün-
den der Welt auf sich nehmen,
(Joh. 1, 29.) seine
Lehre durch den standhaften Tod noch einmal als gött-
lich bestätigen, zum Beweis seiner Liebe für das Vaterland
sich das Leben nehmen lassen, jedem seiner redlichen Vereh-
rer ein Muster der Liebe Gottes, des zärtlich-Gegen Gott.
sten Gehorsams, und der willigsten Unter-
werfung hinterlassen, und mit diesem großen Gedanken,
dem ganzen Menschengeschlecht Gnade und Vaterliebe
Gottes zu erwerben, und allen seinen Reden das Siegel

der
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am Ende ſeines Lebens.
wie lehrreich muß für uns ſein Betragen kurz vor dem
Abſchied aus der Welt ſeyn! Man leſe die Geſchichte ſei-
ner letzten Tage. Welch ein erhabener, welch ein gött-
licher Charakter! Welche feurige, wahre, alles umfaſ-
ſende Menſchenliebe! Welche Unterwerfung unter Gott!
Welche Demuth! Welche Standhaftigkeit ſelbſt unter
den ſürchterlichſten Leiden! Er hatte ſeine Jahre mit Leh-
ren, mit Wundern, und Wohlthun zugebracht. Er war
mehrmalen in Jeruſalem geweſen, aber der Stolz der
Phariſäer trieb ihn immer wieder weg, und er, der nur
die Menſchen ſchätzte, an denen er ein edles Herz fand,
verwechſelte gerne die im Ueberfluß und in der Wollü-
ſtigkeit ſchwimmende Stadt mit dem Lande, wo er Got-
tes ſchöne Erde ungehindert beſchauen, und Menſchen
größtentheils ohne Stolz, ohne verfeinerte Gottesverach-
tung, ohne ſelbſtgemachte Bedürfniſſe um ſich hatte, und
ſie mit leichterer Mühe beſſern konnte. In dieſer glück-
lichen Entfernung vom Sitz der Cerimonien und Gebräu-
che hatte er bisher wahre ungeheuchelte Gottesverehrung,
und reine und unverdorbene Sittenlehre gepredigt. Nun
kam die Zeit, die Gott zu ſeiner Hinrichtung beſtimmt
hatte. Er ſollte, als das Lamm Gottes, die Sün-
den der Welt auf ſich nehmen,
(Joh. 1, 29.) ſeine
Lehre durch den ſtandhaften Tod noch einmal als gött-
lich beſtätigen, zum Beweis ſeiner Liebe für das Vaterland
ſich das Leben nehmen laſſen, jedem ſeiner redlichen Vereh-
rer ein Muſter der Liebe Gottes, des zärtlich-Gegen Gott.
ſten Gehorſams, und der willigſten Unter-
werfung hinterlaſſen, und mit dieſem großen Gedanken,
dem ganzen Menſchengeſchlecht Gnade und Vaterliebe
Gottes zu erwerben, und allen ſeinen Reden das Siegel

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[281/0287] am Ende ſeines Lebens. wie lehrreich muß für uns ſein Betragen kurz vor dem Abſchied aus der Welt ſeyn! Man leſe die Geſchichte ſei- ner letzten Tage. Welch ein erhabener, welch ein gött- licher Charakter! Welche feurige, wahre, alles umfaſ- ſende Menſchenliebe! Welche Unterwerfung unter Gott! Welche Demuth! Welche Standhaftigkeit ſelbſt unter den ſürchterlichſten Leiden! Er hatte ſeine Jahre mit Leh- ren, mit Wundern, und Wohlthun zugebracht. Er war mehrmalen in Jeruſalem geweſen, aber der Stolz der Phariſäer trieb ihn immer wieder weg, und er, der nur die Menſchen ſchätzte, an denen er ein edles Herz fand, verwechſelte gerne die im Ueberfluß und in der Wollü- ſtigkeit ſchwimmende Stadt mit dem Lande, wo er Got- tes ſchöne Erde ungehindert beſchauen, und Menſchen größtentheils ohne Stolz, ohne verfeinerte Gottesverach- tung, ohne ſelbſtgemachte Bedürfniſſe um ſich hatte, und ſie mit leichterer Mühe beſſern konnte. In dieſer glück- lichen Entfernung vom Sitz der Cerimonien und Gebräu- che hatte er bisher wahre ungeheuchelte Gottesverehrung, und reine und unverdorbene Sittenlehre gepredigt. Nun kam die Zeit, die Gott zu ſeiner Hinrichtung beſtimmt hatte. Er ſollte, als das Lamm Gottes, die Sün- den der Welt auf ſich nehmen, (Joh. 1, 29.) ſeine Lehre durch den ſtandhaften Tod noch einmal als gött- lich beſtätigen, zum Beweis ſeiner Liebe für das Vaterland ſich das Leben nehmen laſſen, jedem ſeiner redlichen Vereh- rer ein Muſter der Liebe Gottes, des zärtlich- ſten Gehorſams, und der willigſten Unter- werfung hinterlaſſen, und mit dieſem großen Gedanken, dem ganzen Menſchengeſchlecht Gnade und Vaterliebe Gottes zu erwerben, und allen ſeinen Reden das Siegel der Gegen Gott. S 5

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/287>, abgerufen am 24.11.2024.