Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Gleichmüthigkeit des Erlösers.
Ach, du Gott im Himmel! was müßten wir dann für
herabgesunkene Menschen seyn, wenn uns das nicht ge-
fallen sollte! O wie wird oft unsre Seele verwundet,
wenn wir Menschen sehen, die an Gottes gutem heiligen
und unverbesserlichen Willen keinen Gefallen haben!
Menschen, die so unglücklich sind, daß sie den Gehor-
sam gegen Gott für eine Last, für eine Folter ansehen!
Menschen, die, mit ihrem Schicksal unzufrieden, überall
herumirren, bald diese, bald jene Leidenschaften ergreifen,
bald die Verläumdung, bald die Unthätigkeit, bald die
Härte und Lieblosigkeit, bald den Eigennutz der Men-
schen anklagen, bald den Himmel stürmen, bald das
menschliche Geschlecht mit den schwärzesten Farben ab-
malen, Ruhe und Glück immer ausser sich suchen, und
doch durch ihr Betragen die Ursachen ihrer Unglückselig-
keit immer mehr vergrößern: Wir trauren oft, als wenn
wir keine Hoffnung hätten, sobald wir uns auch harte
Schickungen Gottes sollen gefallen lassen; weinen sollten
wir über unsre Brüder, denen die Decke vor dem Herzen
hängt, daß sie sich gegen Gott empören, und sich von
seinen Gesetzen losreißen wollen! Wie viele bedauerns-
würdige Folgen entspringen aus dem üppigen, zerstreu-
ten, regellosen Leben, dem sie sich überlassen! Wie sträu-
ben sie sich gegen die Züchtigungen Gottes! Wie arm-
selig urtheilen sie über die Strafen ihrer Ausschweifun-
gen! Wie fliehen sie vor sich selber! Wie ist das Bild
Gottes so unkenntlich worden in ihnen! Wie ungern
sterben sie, wenn die Natur schon den Einsturz droht!

Laßt uns umkehren und werden wie die Kin-
der,
die nichts anders gewohnt sind zu thun, als was

der

Gleichmüthigkeit des Erlöſers.
Ach, du Gott im Himmel! was müßten wir dann für
herabgeſunkene Menſchen ſeyn, wenn uns das nicht ge-
fallen ſollte! O wie wird oft unſre Seele verwundet,
wenn wir Menſchen ſehen, die an Gottes gutem heiligen
und unverbeſſerlichen Willen keinen Gefallen haben!
Menſchen, die ſo unglücklich ſind, daß ſie den Gehor-
ſam gegen Gott für eine Laſt, für eine Folter anſehen!
Menſchen, die, mit ihrem Schickſal unzufrieden, überall
herumirren, bald dieſe, bald jene Leidenſchaften ergreifen,
bald die Verläumdung, bald die Unthätigkeit, bald die
Härte und Liebloſigkeit, bald den Eigennutz der Men-
ſchen anklagen, bald den Himmel ſtürmen, bald das
menſchliche Geſchlecht mit den ſchwärzeſten Farben ab-
malen, Ruhe und Glück immer auſſer ſich ſuchen, und
doch durch ihr Betragen die Urſachen ihrer Unglückſelig-
keit immer mehr vergrößern: Wir trauren oft, als wenn
wir keine Hoffnung hätten, ſobald wir uns auch harte
Schickungen Gottes ſollen gefallen laſſen; weinen ſollten
wir über unſre Brüder, denen die Decke vor dem Herzen
hängt, daß ſie ſich gegen Gott empören, und ſich von
ſeinen Geſetzen losreißen wollen! Wie viele bedauerns-
würdige Folgen entſpringen aus dem üppigen, zerſtreu-
ten, regelloſen Leben, dem ſie ſich überlaſſen! Wie ſträu-
ben ſie ſich gegen die Züchtigungen Gottes! Wie arm-
ſelig urtheilen ſie über die Strafen ihrer Ausſchweifun-
gen! Wie fliehen ſie vor ſich ſelber! Wie iſt das Bild
Gottes ſo unkenntlich worden in ihnen! Wie ungern
ſterben ſie, wenn die Natur ſchon den Einſturz droht!

Laßt uns umkehren und werden wie die Kin-
der,
die nichts anders gewohnt ſind zu thun, als was

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0284" n="278"/><fw place="top" type="header">Gleichmüthigkeit des Erlö&#x017F;ers.</fw><lb/>
Ach, du Gott im Himmel! was müßten wir dann für<lb/>
herabge&#x017F;unkene Men&#x017F;chen &#x017F;eyn, wenn uns das nicht ge-<lb/>
fallen &#x017F;ollte! O wie wird oft un&#x017F;re Seele verwundet,<lb/>
wenn wir Men&#x017F;chen &#x017F;ehen, die an Gottes gutem heiligen<lb/>
und unverbe&#x017F;&#x017F;erlichen Willen keinen Gefallen haben!<lb/>
Men&#x017F;chen, die &#x017F;o unglücklich &#x017F;ind, daß &#x017F;ie den Gehor-<lb/>
&#x017F;am gegen Gott für eine La&#x017F;t, für eine Folter an&#x017F;ehen!<lb/>
Men&#x017F;chen, die, mit ihrem Schick&#x017F;al unzufrieden, überall<lb/>
herumirren, bald die&#x017F;e, bald jene Leiden&#x017F;chaften ergreifen,<lb/>
bald die Verläumdung, bald die Unthätigkeit, bald die<lb/>
Härte und Lieblo&#x017F;igkeit, bald den Eigennutz der Men-<lb/>
&#x017F;chen anklagen, bald den Himmel &#x017F;türmen, bald das<lb/>
men&#x017F;chliche Ge&#x017F;chlecht mit den &#x017F;chwärze&#x017F;ten Farben ab-<lb/>
malen, Ruhe und Glück immer au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich &#x017F;uchen, und<lb/>
doch durch ihr Betragen die Ur&#x017F;achen ihrer Unglück&#x017F;elig-<lb/>
keit immer mehr vergrößern: Wir trauren oft, als wenn<lb/>
wir keine Hoffnung hätten, &#x017F;obald wir uns auch harte<lb/>
Schickungen Gottes &#x017F;ollen gefallen la&#x017F;&#x017F;en; weinen &#x017F;ollten<lb/>
wir über un&#x017F;re Brüder, denen die Decke vor dem Herzen<lb/>
hängt, daß &#x017F;ie &#x017F;ich gegen Gott empören, und &#x017F;ich von<lb/>
&#x017F;einen Ge&#x017F;etzen losreißen wollen! Wie viele bedauerns-<lb/>
würdige Folgen ent&#x017F;pringen aus dem üppigen, zer&#x017F;treu-<lb/>
ten, regello&#x017F;en Leben, dem &#x017F;ie &#x017F;ich überla&#x017F;&#x017F;en! Wie &#x017F;träu-<lb/>
ben &#x017F;ie &#x017F;ich gegen die Züchtigungen Gottes! Wie arm-<lb/>
&#x017F;elig urtheilen &#x017F;ie über die Strafen ihrer Aus&#x017F;chweifun-<lb/>
gen! Wie fliehen &#x017F;ie vor &#x017F;ich &#x017F;elber! Wie i&#x017F;t das Bild<lb/>
Gottes &#x017F;o unkenntlich worden in ihnen! Wie ungern<lb/>
&#x017F;terben &#x017F;ie, wenn die Natur &#x017F;chon den Ein&#x017F;turz droht!</p><lb/>
        <p>Laßt uns <hi rendition="#fr">umkehren und werden wie die Kin-<lb/>
der,</hi> die nichts anders gewohnt &#x017F;ind zu thun, als was<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0284] Gleichmüthigkeit des Erlöſers. Ach, du Gott im Himmel! was müßten wir dann für herabgeſunkene Menſchen ſeyn, wenn uns das nicht ge- fallen ſollte! O wie wird oft unſre Seele verwundet, wenn wir Menſchen ſehen, die an Gottes gutem heiligen und unverbeſſerlichen Willen keinen Gefallen haben! Menſchen, die ſo unglücklich ſind, daß ſie den Gehor- ſam gegen Gott für eine Laſt, für eine Folter anſehen! Menſchen, die, mit ihrem Schickſal unzufrieden, überall herumirren, bald dieſe, bald jene Leidenſchaften ergreifen, bald die Verläumdung, bald die Unthätigkeit, bald die Härte und Liebloſigkeit, bald den Eigennutz der Men- ſchen anklagen, bald den Himmel ſtürmen, bald das menſchliche Geſchlecht mit den ſchwärzeſten Farben ab- malen, Ruhe und Glück immer auſſer ſich ſuchen, und doch durch ihr Betragen die Urſachen ihrer Unglückſelig- keit immer mehr vergrößern: Wir trauren oft, als wenn wir keine Hoffnung hätten, ſobald wir uns auch harte Schickungen Gottes ſollen gefallen laſſen; weinen ſollten wir über unſre Brüder, denen die Decke vor dem Herzen hängt, daß ſie ſich gegen Gott empören, und ſich von ſeinen Geſetzen losreißen wollen! Wie viele bedauerns- würdige Folgen entſpringen aus dem üppigen, zerſtreu- ten, regelloſen Leben, dem ſie ſich überlaſſen! Wie ſträu- ben ſie ſich gegen die Züchtigungen Gottes! Wie arm- ſelig urtheilen ſie über die Strafen ihrer Ausſchweifun- gen! Wie fliehen ſie vor ſich ſelber! Wie iſt das Bild Gottes ſo unkenntlich worden in ihnen! Wie ungern ſterben ſie, wenn die Natur ſchon den Einſturz droht! Laßt uns umkehren und werden wie die Kin- der, die nichts anders gewohnt ſind zu thun, als was der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/284
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/284>, abgerufen am 24.11.2024.