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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Anwendung auf uns.
gen, Wünsche, und Seufzer, so oft wir erwachen, aus
unserm Herzen aufsteigen! Daß wir die Leidenschaften,
deren Marter wir bisher ausgestanden haben, nicht fer-
ner toben lassen! Daß wir nicht die Gottseligkeit für
eine Last, und die Liebe des Erlösers für eine beschwer-
liche Sache halten! Daß wir nicht ferner Güter der
Erde der Ruhe des Gewissens, und irrdische Ehre dem
Beyfall Gottes vorziehen! Daß wir, wenn wir so ein
glänzendes Muster vor Augen haben, nicht immer noch
Menschen sehen müssen, an welchen das Bild Gottes zur
Schande geworden ist, Menschen, von welchen man, so
oft man sie sieht, denken muß, daß sie Gott nur deswe-
gen stehen lasse, damit wir daran den Reichthum der gött-
lichen Güte und Langmuth gegen die Undankbaren und
Fühllosen kennen lernen sollen! Ja unser Erlöser hatte
immer ein heitres muntres Aussehen. In seiner Seele
lag der Kreis der Erde, die ganze Menschenwelt, und
doch behielt er immer so viel Ruhe, daß er zu allen Ar-
beiten, und zum frölichen Umgang mit andern geschickt
war. Besonders war er überaus gesellig, und gesprä-
chig, wenn er, gleich einem fleißigen Lehrer, mit seinen
Schülern allein war. Aber wie viele Christen, denen
der Unmuth, und der Verdruß beständig auf der Stirne
sitzt! Die einander selber das Leben, das so kurz währt,
und noch kürzer blüht, schwer und traurig machen! Die
nicht leiden können, wenn ein andrer neben ihnen heiter,
ruhig und vergnügt ist, die an den natürlichsten Freuden
vorbey gehen! Ach, wie beklag ich die, die in ihrem
Hause keine Ruhe, keine Freude finden, und sich von ih-
rer Familie losreissen, um an andern oft gefährlichen
Plätzen unter rauschenden Vergnügungen ihren häusli-

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Anwendung auf uns.
gen, Wünſche, und Seufzer, ſo oft wir erwachen, aus
unſerm Herzen aufſteigen! Daß wir die Leidenſchaften,
deren Marter wir bisher ausgeſtanden haben, nicht fer-
ner toben laſſen! Daß wir nicht die Gottſeligkeit für
eine Laſt, und die Liebe des Erlöſers für eine beſchwer-
liche Sache halten! Daß wir nicht ferner Güter der
Erde der Ruhe des Gewiſſens, und irrdiſche Ehre dem
Beyfall Gottes vorziehen! Daß wir, wenn wir ſo ein
glänzendes Muſter vor Augen haben, nicht immer noch
Menſchen ſehen müſſen, an welchen das Bild Gottes zur
Schande geworden iſt, Menſchen, von welchen man, ſo
oft man ſie ſieht, denken muß, daß ſie Gott nur deswe-
gen ſtehen laſſe, damit wir daran den Reichthum der gött-
lichen Güte und Langmuth gegen die Undankbaren und
Fühlloſen kennen lernen ſollen! Ja unſer Erlöſer hatte
immer ein heitres muntres Ausſehen. In ſeiner Seele
lag der Kreis der Erde, die ganze Menſchenwelt, und
doch behielt er immer ſo viel Ruhe, daß er zu allen Ar-
beiten, und zum frölichen Umgang mit andern geſchickt
war. Beſonders war er überaus geſellig, und geſprä-
chig, wenn er, gleich einem fleißigen Lehrer, mit ſeinen
Schülern allein war. Aber wie viele Chriſten, denen
der Unmuth, und der Verdruß beſtändig auf der Stirne
ſitzt! Die einander ſelber das Leben, das ſo kurz währt,
und noch kürzer blüht, ſchwer und traurig machen! Die
nicht leiden können, wenn ein andrer neben ihnen heiter,
ruhig und vergnügt iſt, die an den natürlichſten Freuden
vorbey gehen! Ach, wie beklag ich die, die in ihrem
Hauſe keine Ruhe, keine Freude finden, und ſich von ih-
rer Familie losreiſſen, um an andern oft gefährlichen
Plätzen unter rauſchenden Vergnügungen ihren häusli-

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[257/0263] Anwendung auf uns. gen, Wünſche, und Seufzer, ſo oft wir erwachen, aus unſerm Herzen aufſteigen! Daß wir die Leidenſchaften, deren Marter wir bisher ausgeſtanden haben, nicht fer- ner toben laſſen! Daß wir nicht die Gottſeligkeit für eine Laſt, und die Liebe des Erlöſers für eine beſchwer- liche Sache halten! Daß wir nicht ferner Güter der Erde der Ruhe des Gewiſſens, und irrdiſche Ehre dem Beyfall Gottes vorziehen! Daß wir, wenn wir ſo ein glänzendes Muſter vor Augen haben, nicht immer noch Menſchen ſehen müſſen, an welchen das Bild Gottes zur Schande geworden iſt, Menſchen, von welchen man, ſo oft man ſie ſieht, denken muß, daß ſie Gott nur deswe- gen ſtehen laſſe, damit wir daran den Reichthum der gött- lichen Güte und Langmuth gegen die Undankbaren und Fühlloſen kennen lernen ſollen! Ja unſer Erlöſer hatte immer ein heitres muntres Ausſehen. In ſeiner Seele lag der Kreis der Erde, die ganze Menſchenwelt, und doch behielt er immer ſo viel Ruhe, daß er zu allen Ar- beiten, und zum frölichen Umgang mit andern geſchickt war. Beſonders war er überaus geſellig, und geſprä- chig, wenn er, gleich einem fleißigen Lehrer, mit ſeinen Schülern allein war. Aber wie viele Chriſten, denen der Unmuth, und der Verdruß beſtändig auf der Stirne ſitzt! Die einander ſelber das Leben, das ſo kurz währt, und noch kürzer blüht, ſchwer und traurig machen! Die nicht leiden können, wenn ein andrer neben ihnen heiter, ruhig und vergnügt iſt, die an den natürlichſten Freuden vorbey gehen! Ach, wie beklag ich die, die in ihrem Hauſe keine Ruhe, keine Freude finden, und ſich von ih- rer Familie losreiſſen, um an andern oft gefährlichen Plätzen unter rauſchenden Vergnügungen ihren häusli- chen R

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/263>, abgerufen am 24.11.2024.