Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Menschenliebe des Erlösers. den; da ist nicht die Frage: kann ich das und jenes, ge-setzt, daß es auch an sich keine Sünde wäre, kann ich es als Christ, der alles im Namen Jesu Christi, das heißt, mit beständiger dankbarer Erinnerung an ihn, und mit dem Fleiß, seinem Bilde nahe zu kommen, thun soll, (Coloss. 3, 17.) kann ich, ich, so weit ich jezt bin im Guten, nach jenem mir bewußten Rückfall, bey der unläugbaren Schwäche meines Herzens, bey der un- mündigen Jugend im Christenthum, unter allen den be- gleitenden Umständen und Folgen, in der großen, gemisch- ten, leichtsinnigen Gesellschaft, wo es unmöglich wird, den Reizungen und Versuchungen auszuweichen, kann ich es jezt ohne Gefahr für mich, und für alle meine Ver- hältnisse thun? Ist es mir rathsam, diese Ergötzung mit zu genießen? Oder wär es nicht nöthiges, vortheilhaftes Uebungs- und Stärkungsmittel meiner kaum anfangen- den Tugend, wenn ich, weil ich mich noch zu schwach fühle, weil ich so leicht überwunden werden kann, weit davon bliebe? Das alles ist der Kummer dieser flüchti- gen Menschen nicht. Der herrschende Ton, das Bey- spiel der Meisten, die Empfehlungen, die Lobsprüche an- drer, die Begierde, wenigstens den Schein anzunehmen, daß man es den Vornehmsten gleich thun könne, daß man alles im Ueberfluß habe, daß man sich von allen niedrigen Vorurtheilen, vom Zwang losgemacht habe, und in der Welt eine Figur zu machen wisse, und die Furcht, von andern darüber angesehen, und verachtet zu werden, wenn man sich nicht blindlings mit ihnen verei- nigt, und ihren Geschmack für souverain haltet -- soll alle Thorheiten entschuldigen. Unerschöpflich müßte man seyn, wenn man diese unbeständige Menschen, die nie
Menſchenliebe des Erlöſers. den; da iſt nicht die Frage: kann ich das und jenes, ge-ſetzt, daß es auch an ſich keine Sünde wäre, kann ich es als Chriſt, der alles im Namen Jeſu Chriſti, das heißt, mit beſtändiger dankbarer Erinnerung an ihn, und mit dem Fleiß, ſeinem Bilde nahe zu kommen, thun ſoll, (Coloſſ. 3, 17.) kann ich, ich, ſo weit ich jezt bin im Guten, nach jenem mir bewußten Rückfall, bey der unläugbaren Schwäche meines Herzens, bey der un- mündigen Jugend im Chriſtenthum, unter allen den be- gleitenden Umſtänden und Folgen, in der großen, gemiſch- ten, leichtſinnigen Geſellſchaft, wo es unmöglich wird, den Reizungen und Verſuchungen auszuweichen, kann ich es jezt ohne Gefahr für mich, und für alle meine Ver- hältniſſe thun? Iſt es mir rathſam, dieſe Ergötzung mit zu genießen? Oder wär es nicht nöthiges, vortheilhaftes Uebungs- und Stärkungsmittel meiner kaum anfangen- den Tugend, wenn ich, weil ich mich noch zu ſchwach fühle, weil ich ſo leicht überwunden werden kann, weit davon bliebe? Das alles iſt der Kummer dieſer flüchti- gen Menſchen nicht. Der herrſchende Ton, das Bey- ſpiel der Meiſten, die Empfehlungen, die Lobſprüche an- drer, die Begierde, wenigſtens den Schein anzunehmen, daß man es den Vornehmſten gleich thun könne, daß man alles im Ueberfluß habe, daß man ſich von allen niedrigen Vorurtheilen, vom Zwang losgemacht habe, und in der Welt eine Figur zu machen wiſſe, und die Furcht, von andern darüber angeſehen, und verachtet zu werden, wenn man ſich nicht blindlings mit ihnen verei- nigt, und ihren Geſchmack für ſouverain haltet — ſoll alle Thorheiten entſchuldigen. Unerſchöpflich müßte man ſeyn, wenn man dieſe unbeſtändige Menſchen, die nie
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Menſchenliebe des Erlöſers.
den; da iſt nicht die Frage: kann ich das und jenes, ge-
ſetzt, daß es auch an ſich keine Sünde wäre, kann ich es
als Chriſt, der alles im Namen Jeſu Chriſti, das
heißt, mit beſtändiger dankbarer Erinnerung an ihn, und
mit dem Fleiß, ſeinem Bilde nahe zu kommen, thun
ſoll, (Coloſſ. 3, 17.) kann ich, ich, ſo weit ich jezt
bin im Guten, nach jenem mir bewußten Rückfall, bey
der unläugbaren Schwäche meines Herzens, bey der un-
mündigen Jugend im Chriſtenthum, unter allen den be-
gleitenden Umſtänden und Folgen, in der großen, gemiſch-
ten, leichtſinnigen Geſellſchaft, wo es unmöglich wird,
den Reizungen und Verſuchungen auszuweichen, kann ich
es jezt ohne Gefahr für mich, und für alle meine Ver-
hältniſſe thun? Iſt es mir rathſam, dieſe Ergötzung mit
zu genießen? Oder wär es nicht nöthiges, vortheilhaftes
Uebungs- und Stärkungsmittel meiner kaum anfangen-
den Tugend, wenn ich, weil ich mich noch zu ſchwach
fühle, weil ich ſo leicht überwunden werden kann, weit
davon bliebe? Das alles iſt der Kummer dieſer flüchti-
gen Menſchen nicht. Der herrſchende Ton, das Bey-
ſpiel der Meiſten, die Empfehlungen, die Lobſprüche an-
drer, die Begierde, wenigſtens den Schein anzunehmen,
daß man es den Vornehmſten gleich thun könne, daß
man alles im Ueberfluß habe, daß man ſich von allen
niedrigen Vorurtheilen, vom Zwang losgemacht habe,
und in der Welt eine Figur zu machen wiſſe, und die
Furcht, von andern darüber angeſehen, und verachtet zu
werden, wenn man ſich nicht blindlings mit ihnen verei-
nigt, und ihren Geſchmack für ſouverain haltet — ſoll
alle Thorheiten entſchuldigen. Unerſchöpflich müßte
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