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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Menschenliebe des Erldsers.
wir selber nicht bestimmen können, gebaut, und so voll Un-
dank gegen den Gott ist, der uns dargtebt allerley
reichlich zu genießen,
(1 Timoth. 6, 17.) auf Vergnü-
gungen rechnen, die auch ausser unsrer erhitzten Einbil-
dung bestehen, und der Seele wirklich auch noch in der
Erinnerung angenehm sind? Stellt euch diesen Zustand
vor, wie er ist, und erschrecket vor seinem Anblick. Im-
mer wie ein wallendes Meer, dessen Wellen schlagen, und
nicht aufhören, das immer Koth und Unflath aus-
wirft.
(Es. 57, 20.) Ein Geschöpf von seinem Herrn
und Vater losgerissen, und voll Unwillen und Feindschaft,
gegen ihn. Ein schuldiges Herz, und doch kein Funken
von Reue. Eine verarmte Seele, für welche Einsam-
keit die beste Arzney wäre, und doch ein ewiges Verlan-
gen nach brausenden Gesellschaften. Ein beständiges
Streben nach dem Stand der Ruhe und Zufriedenheit,
und doch ein Herz voll Stolz und Mißvergnügen, das
sich gar nicht dämpfen läßt. Ein Mensch geschaffen
nach Gottes Bild, geschaffen zur Ewigkeit und Unsterb-
lichkeit, und doch ein innrer Widerwille gegen die Gesetze
der Ordnung, der Tugend und der Religion. Ein Herz
voll Neid, voll Bitterkeit und Mißgunst, die Seele im-
mer das Spiel unglücklicher Begierden, die ihr nicht
nur die Lust zum Guten, die ihr endlich auch den Muth
dazu rauben. Ach Vater aller Frommen! laß den Hau-
fen dieser Gesunkenen klein seyn, und öffne jedem, der
sich bisher selber geschadet hat, die Augen! Lehre ihn,
sich dem Erlöser zu Füßen zu werfen, der ihm den Ver-
stand erleuchten, und ihm ein neues Herz geben wird!
Wie verächtlich würde uns jeder Lasterhafte vorkommen,
wenn wir nur nachdenken, und die Thorheiten, die er

liebt

Menſchenliebe des Erldſers.
wir ſelber nicht beſtimmen können, gebaut, und ſo voll Un-
dank gegen den Gott iſt, der uns dargtebt allerley
reichlich zu genießen,
(1 Timoth. 6, 17.) auf Vergnü-
gungen rechnen, die auch auſſer unſrer erhitzten Einbil-
dung beſtehen, und der Seele wirklich auch noch in der
Erinnerung angenehm ſind? Stellt euch dieſen Zuſtand
vor, wie er iſt, und erſchrecket vor ſeinem Anblick. Im-
mer wie ein wallendes Meer, deſſen Wellen ſchlagen, und
nicht aufhören, das immer Koth und Unflath aus-
wirft.
(Eſ. 57, 20.) Ein Geſchöpf von ſeinem Herrn
und Vater losgeriſſen, und voll Unwillen und Feindſchaft,
gegen ihn. Ein ſchuldiges Herz, und doch kein Funken
von Reue. Eine verarmte Seele, für welche Einſam-
keit die beſte Arzney wäre, und doch ein ewiges Verlan-
gen nach brauſenden Geſellſchaften. Ein beſtändiges
Streben nach dem Stand der Ruhe und Zufriedenheit,
und doch ein Herz voll Stolz und Mißvergnügen, das
ſich gar nicht dämpfen läßt. Ein Menſch geſchaffen
nach Gottes Bild, geſchaffen zur Ewigkeit und Unſterb-
lichkeit, und doch ein innrer Widerwille gegen die Geſetze
der Ordnung, der Tugend und der Religion. Ein Herz
voll Neid, voll Bitterkeit und Mißgunſt, die Seele im-
mer das Spiel unglücklicher Begierden, die ihr nicht
nur die Luſt zum Guten, die ihr endlich auch den Muth
dazu rauben. Ach Vater aller Frommen! laß den Hau-
fen dieſer Geſunkenen klein ſeyn, und öffne jedem, der
ſich bisher ſelber geſchadet hat, die Augen! Lehre ihn,
ſich dem Erlöſer zu Füßen zu werfen, der ihm den Ver-
ſtand erleuchten, und ihm ein neues Herz geben wird!
Wie verächtlich würde uns jeder Laſterhafte vorkommen,
wenn wir nur nachdenken, und die Thorheiten, die er

liebt
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[176/0182] Menſchenliebe des Erldſers. wir ſelber nicht beſtimmen können, gebaut, und ſo voll Un- dank gegen den Gott iſt, der uns dargtebt allerley reichlich zu genießen, (1 Timoth. 6, 17.) auf Vergnü- gungen rechnen, die auch auſſer unſrer erhitzten Einbil- dung beſtehen, und der Seele wirklich auch noch in der Erinnerung angenehm ſind? Stellt euch dieſen Zuſtand vor, wie er iſt, und erſchrecket vor ſeinem Anblick. Im- mer wie ein wallendes Meer, deſſen Wellen ſchlagen, und nicht aufhören, das immer Koth und Unflath aus- wirft. (Eſ. 57, 20.) Ein Geſchöpf von ſeinem Herrn und Vater losgeriſſen, und voll Unwillen und Feindſchaft, gegen ihn. Ein ſchuldiges Herz, und doch kein Funken von Reue. Eine verarmte Seele, für welche Einſam- keit die beſte Arzney wäre, und doch ein ewiges Verlan- gen nach brauſenden Geſellſchaften. Ein beſtändiges Streben nach dem Stand der Ruhe und Zufriedenheit, und doch ein Herz voll Stolz und Mißvergnügen, das ſich gar nicht dämpfen läßt. Ein Menſch geſchaffen nach Gottes Bild, geſchaffen zur Ewigkeit und Unſterb- lichkeit, und doch ein innrer Widerwille gegen die Geſetze der Ordnung, der Tugend und der Religion. Ein Herz voll Neid, voll Bitterkeit und Mißgunſt, die Seele im- mer das Spiel unglücklicher Begierden, die ihr nicht nur die Luſt zum Guten, die ihr endlich auch den Muth dazu rauben. Ach Vater aller Frommen! laß den Hau- fen dieſer Geſunkenen klein ſeyn, und öffne jedem, der ſich bisher ſelber geſchadet hat, die Augen! Lehre ihn, ſich dem Erlöſer zu Füßen zu werfen, der ihm den Ver- ſtand erleuchten, und ihm ein neues Herz geben wird! Wie verächtlich würde uns jeder Laſterhafte vorkommen, wenn wir nur nachdenken, und die Thorheiten, die er liebt

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/182>, abgerufen am 24.11.2024.