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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Menschenliebe des Erlösers.
das Glück genössen, das er genoß, Gottes zufriedene,
selige Geschöpfe zu seyn. Wie sich an der Sonne jedes
Blümchen wärmt, so fand jeder, der zu ihm gieng, bey
ihm Nahrung, Unterricht, Ruhe, Trost und Ermunte-
rung. Er zog so gar die Rohen und Unempfindlichen an
sich, und das Laster schämte sich, wenn es neben ihm
stand. Sein beseelter Ausdruck drang jedem, der der
Tugend nicht hold war, ins Herz, und belebete da den
letzten Rest von menschlichen und guten Empfindungen
wieder. Ueber ihn konnte mit Recht niemand klagen.
Alle Stunden seines Lebens waren andern geweiht, seine
ganze Seele sorgte für die Veredelung der Geschöpfe, de-
ren Natur er angenommen hatte, unter Wohlthaten floß
ihm jeder Tag hin. So rinnt ein silberheller Strom
über Feld und Wiesen, tränkt mit Segen Millionen Pflan-
zen und läßt überall Spuren seiner herrlichen Wirkun-
gen zurück. An Jesu Christo war keine alberne Sitte,
wenig Brauch und Mode, aber viel Offenheit, lauter
unverstellte Güte, reines Wohlwollen, liebreiches Wir-
ken. Bey seinen schönsten Handlungen wartete er nicht
auf Lobredner, er liebte das Gute um sein selbst willen,
die Krone nahm er nicht an, weil sein Beruf der ge-
meinste, der Mittelstand war, Stolz und Eigendünkel
kannte er nicht, jeder fand ihn willig, bereitwillig, theil-
nehmend, im Feld der Natur sammlete er viele schöne
Empfindungen; er war immer mitten unter den Men-
schen in der Stadt und auf dem Land, und doch gieng
er täglich mit Gott um, er sprach aber ungezwungen von
ihm ohne Gleißnerey, und ohne gesuchte Frömmigkeit.
Und die Traurigen froh machen -- o wenn Jesus Chri-
stus das konnte, dann klopfte ihm das Herz, dann hob

sich
J 4

Menſchenliebe des Erlöſers.
das Glück genöſſen, das er genoß, Gottes zufriedene,
ſelige Geſchöpfe zu ſeyn. Wie ſich an der Sonne jedes
Blümchen wärmt, ſo fand jeder, der zu ihm gieng, bey
ihm Nahrung, Unterricht, Ruhe, Troſt und Ermunte-
rung. Er zog ſo gar die Rohen und Unempfindlichen an
ſich, und das Laſter ſchämte ſich, wenn es neben ihm
ſtand. Sein beſeelter Ausdruck drang jedem, der der
Tugend nicht hold war, ins Herz, und belebete da den
letzten Reſt von menſchlichen und guten Empfindungen
wieder. Ueber ihn konnte mit Recht niemand klagen.
Alle Stunden ſeines Lebens waren andern geweiht, ſeine
ganze Seele ſorgte für die Veredelung der Geſchöpfe, de-
ren Natur er angenommen hatte, unter Wohlthaten floß
ihm jeder Tag hin. So rinnt ein ſilberheller Strom
über Feld und Wieſen, tränkt mit Segen Millionen Pflan-
zen und läßt überall Spuren ſeiner herrlichen Wirkun-
gen zurück. An Jeſu Chriſto war keine alberne Sitte,
wenig Brauch und Mode, aber viel Offenheit, lauter
unverſtellte Güte, reines Wohlwollen, liebreiches Wir-
ken. Bey ſeinen ſchönſten Handlungen wartete er nicht
auf Lobredner, er liebte das Gute um ſein ſelbſt willen,
die Krone nahm er nicht an, weil ſein Beruf der ge-
meinſte, der Mittelſtand war, Stolz und Eigendünkel
kannte er nicht, jeder fand ihn willig, bereitwillig, theil-
nehmend, im Feld der Natur ſammlete er viele ſchöne
Empfindungen; er war immer mitten unter den Men-
ſchen in der Stadt und auf dem Land, und doch gieng
er täglich mit Gott um, er ſprach aber ungezwungen von
ihm ohne Gleißnerey, und ohne geſuchte Frömmigkeit.
Und die Traurigen froh machen — o wenn Jeſus Chri-
ſtus das konnte, dann klopfte ihm das Herz, dann hob

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[135/0141] Menſchenliebe des Erlöſers. das Glück genöſſen, das er genoß, Gottes zufriedene, ſelige Geſchöpfe zu ſeyn. Wie ſich an der Sonne jedes Blümchen wärmt, ſo fand jeder, der zu ihm gieng, bey ihm Nahrung, Unterricht, Ruhe, Troſt und Ermunte- rung. Er zog ſo gar die Rohen und Unempfindlichen an ſich, und das Laſter ſchämte ſich, wenn es neben ihm ſtand. Sein beſeelter Ausdruck drang jedem, der der Tugend nicht hold war, ins Herz, und belebete da den letzten Reſt von menſchlichen und guten Empfindungen wieder. Ueber ihn konnte mit Recht niemand klagen. Alle Stunden ſeines Lebens waren andern geweiht, ſeine ganze Seele ſorgte für die Veredelung der Geſchöpfe, de- ren Natur er angenommen hatte, unter Wohlthaten floß ihm jeder Tag hin. So rinnt ein ſilberheller Strom über Feld und Wieſen, tränkt mit Segen Millionen Pflan- zen und läßt überall Spuren ſeiner herrlichen Wirkun- gen zurück. An Jeſu Chriſto war keine alberne Sitte, wenig Brauch und Mode, aber viel Offenheit, lauter unverſtellte Güte, reines Wohlwollen, liebreiches Wir- ken. Bey ſeinen ſchönſten Handlungen wartete er nicht auf Lobredner, er liebte das Gute um ſein ſelbſt willen, die Krone nahm er nicht an, weil ſein Beruf der ge- meinſte, der Mittelſtand war, Stolz und Eigendünkel kannte er nicht, jeder fand ihn willig, bereitwillig, theil- nehmend, im Feld der Natur ſammlete er viele ſchöne Empfindungen; er war immer mitten unter den Men- ſchen in der Stadt und auf dem Land, und doch gieng er täglich mit Gott um, er ſprach aber ungezwungen von ihm ohne Gleißnerey, und ohne geſuchte Frömmigkeit. Und die Traurigen froh machen — o wenn Jeſus Chri- ſtus das konnte, dann klopfte ihm das Herz, dann hob ſich J 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/141>, abgerufen am 28.11.2024.