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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Menschenliebe des Erlösers.
schichte manches finden, das ihn niederschlagen und de-
müthigen muß. Dem Christen rinnen oft die Thränen
in das Gebet, wir arbeiten oft, und gewinnen nichts,
wir können oft selbst, indem wir zum Altar hingehen, wo
uns Gott seine Liebe im Leiden und Sterben Jesu Christi
vor die Augen malt, nicht zufrieden, nicht munter und
freudig werden. Wir können die Ursachen nicht erden-
ken, warum uns das entwischt, und jenes mißlingt.
Wir sehen tausend andre Menschen neben uns, und mey-
nen oft, wenn wir ihr Loos hätten, so wären sie ruhiger.
Aber, wie das auch ist, Christen! Bleiben wir nur im-
mer bey der Lehre Jesu Christi, und ahmen seinen Sinn
nach. Das ist doch immer feste und süße Wahrheit,
daß Er um unsrer Sünden willen dahin gegeben,
aber auch um unsrer Gerechtigkeit willen wieder
aufgeweckt worden ist.
(Röm. 4, 25.) Der künftigen
Seligkeit gewiß, können wir dann da nicht gegen die
Welt gleichgültig seyn? Nehmt von der Lieblosigkeit an-
drer Menschen Gelegenheit, euch desto mehr Ueberzeu-
gung, und zugleich desto mehr Erfahrungen von der Güte
Gottes zu verschaffen, und befestigt euch in dem Gedan-
ken, daß die fromme und weisheitsvolle Lehre Jesu
Christi immer unser kostbarster Schatz, und noch im Him-
mel unsre Seligkeit seyn wird.

Jesus Christus war groß, weil erMenschenliebt
des Erlösers.

von einer unbeschreiblichen Menschen-
liebe bey allen Reden und Handlungen beseelt war.

Das hören wir oft, aber wer erschöpfts? Wer nennt uns
alle schöne und gute Werke, die er bis in die letzte Mi-
nute verrichtete? Das Volk erfuhr dies alle Tage, seine

künf-
J

Menſchenliebe des Erlöſers.
ſchichte manches finden, das ihn niederſchlagen und de-
müthigen muß. Dem Chriſten rinnen oft die Thränen
in das Gebet, wir arbeiten oft, und gewinnen nichts,
wir können oft ſelbſt, indem wir zum Altar hingehen, wo
uns Gott ſeine Liebe im Leiden und Sterben Jeſu Chriſti
vor die Augen malt, nicht zufrieden, nicht munter und
freudig werden. Wir können die Urſachen nicht erden-
ken, warum uns das entwiſcht, und jenes mißlingt.
Wir ſehen tauſend andre Menſchen neben uns, und mey-
nen oft, wenn wir ihr Loos hätten, ſo wären ſie ruhiger.
Aber, wie das auch iſt, Chriſten! Bleiben wir nur im-
mer bey der Lehre Jeſu Chriſti, und ahmen ſeinen Sinn
nach. Das iſt doch immer feſte und ſüße Wahrheit,
daß Er um unſrer Sünden willen dahin gegeben,
aber auch um unſrer Gerechtigkeit willen wieder
aufgeweckt worden iſt.
(Röm. 4, 25.) Der künftigen
Seligkeit gewiß, können wir dann da nicht gegen die
Welt gleichgültig ſeyn? Nehmt von der Liebloſigkeit an-
drer Menſchen Gelegenheit, euch deſto mehr Ueberzeu-
gung, und zugleich deſto mehr Erfahrungen von der Güte
Gottes zu verſchaffen, und befeſtigt euch in dem Gedan-
ken, daß die fromme und weisheitsvolle Lehre Jeſu
Chriſti immer unſer koſtbarſter Schatz, und noch im Him-
mel unſre Seligkeit ſeyn wird.

Jeſus Chriſtus war groß, weil erMenſchenliebt
des Erlöſers.

von einer unbeſchreiblichen Menſchen-
liebe bey allen Reden und Handlungen beſeelt war.

Das hören wir oft, aber wer erſchöpfts? Wer nennt uns
alle ſchöne und gute Werke, die er bis in die letzte Mi-
nute verrichtete? Das Volk erfuhr dies alle Tage, ſeine

künf-
J
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[129/0135] Menſchenliebe des Erlöſers. ſchichte manches finden, das ihn niederſchlagen und de- müthigen muß. Dem Chriſten rinnen oft die Thränen in das Gebet, wir arbeiten oft, und gewinnen nichts, wir können oft ſelbſt, indem wir zum Altar hingehen, wo uns Gott ſeine Liebe im Leiden und Sterben Jeſu Chriſti vor die Augen malt, nicht zufrieden, nicht munter und freudig werden. Wir können die Urſachen nicht erden- ken, warum uns das entwiſcht, und jenes mißlingt. Wir ſehen tauſend andre Menſchen neben uns, und mey- nen oft, wenn wir ihr Loos hätten, ſo wären ſie ruhiger. Aber, wie das auch iſt, Chriſten! Bleiben wir nur im- mer bey der Lehre Jeſu Chriſti, und ahmen ſeinen Sinn nach. Das iſt doch immer feſte und ſüße Wahrheit, daß Er um unſrer Sünden willen dahin gegeben, aber auch um unſrer Gerechtigkeit willen wieder aufgeweckt worden iſt. (Röm. 4, 25.) Der künftigen Seligkeit gewiß, können wir dann da nicht gegen die Welt gleichgültig ſeyn? Nehmt von der Liebloſigkeit an- drer Menſchen Gelegenheit, euch deſto mehr Ueberzeu- gung, und zugleich deſto mehr Erfahrungen von der Güte Gottes zu verſchaffen, und befeſtigt euch in dem Gedan- ken, daß die fromme und weisheitsvolle Lehre Jeſu Chriſti immer unſer koſtbarſter Schatz, und noch im Him- mel unſre Seligkeit ſeyn wird. Jeſus Chriſtus war groß, weil er von einer unbeſchreiblichen Menſchen- liebe bey allen Reden und Handlungen beſeelt war. Das hören wir oft, aber wer erſchöpfts? Wer nennt uns alle ſchöne und gute Werke, die er bis in die letzte Mi- nute verrichtete? Das Volk erfuhr dies alle Tage, ſeine künf- Menſchenliebt des Erlöſers. J

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/135>, abgerufen am 22.11.2024.