und man riecht ihn nicht. Die Strassen lernt der Fremde bald kennen, sie gehen zum Theil parallel neben einander. Der Klingenberg ist eine kleine, aber nicht unangeneh- me Höhe. Das Trinkwasser bekommt die Stadt aus einer Wasserkunst vor dem Thore, die aus Pump- und Saugwerken besteht, von der Wackenitz getrieben wird, das Wasser auf einen hohen Thurm hinaufpreßt, oben in ein grosses Bassin zusammenschüttet, von da es her- abfällt, und in 240. Häuser der Stadt gegen theure Be- zahlung geleitet und vertheilt wird. Die Wälle sind an einigen Gegenden, z. B. bei Bellevue, sehr hoch und angenehm. Man sieht von da an der einen Seite die Schiffe in der Trave liegen. Die Gartenhäuser sind nahe bei der Stadt. Vor einem Thore ist über die Trave eine steinerne Brücke, lang und breit aus Fel- senstücken und unten liegenden Pfählen erbaut worden, die noch mit Bildsäulen soll geschmückt werden. Sie decken hier häufig mit Schiefer, die über Holland aus der Pfalz kommen. Die Wirthe haben hier einen seltsamen Stolz in den Schilden die vornehmsten Per- sonen zu haben, z. B. der König von Engelland, der König von Dännemark. Einige Kaufleute sammeln Naturalien, z. B. Tesdorf. Eine Frei- mäurerloge ist auch hier. Der Superintendent ist der erste Geistliche, hat aber nicht einmahl Inspectionem. Das kam Carpzoven sehr sonderbar vor, er wollte wie in Sachsen visitiren, der Magistrat litt es aber nicht. Nach Cramers Abzug will man nur einen Senior ha- ben. Den Englischen Stapel, den Hamburg hat, hätte Lübeck, wenn nicht der Magistrat damals, als es die Engelländer anboten, den Geistlichen, die schrien, es würden viele Religionsveränderungen zu befürchten
seyn,
und man riecht ihn nicht. Die Straſſen lernt der Fremde bald kennen, ſie gehen zum Theil parallel neben einander. Der Klingenberg iſt eine kleine, aber nicht unangeneh- me Hoͤhe. Das Trinkwaſſer bekommt die Stadt aus einer Waſſerkunſt vor dem Thore, die aus Pump- und Saugwerken beſteht, von der Wackenitz getrieben wird, das Waſſer auf einen hohen Thurm hinaufpreßt, oben in ein groſſes Baſſin zuſammenſchuͤttet, von da es her- abfaͤllt, und in 240. Haͤuſer der Stadt gegen theure Be- zahlung geleitet und vertheilt wird. Die Waͤlle ſind an einigen Gegenden, z. B. bei Bellevue, ſehr hoch und angenehm. Man ſieht von da an der einen Seite die Schiffe in der Trave liegen. Die Gartenhaͤuſer ſind nahe bei der Stadt. Vor einem Thore iſt uͤber die Trave eine ſteinerne Bruͤcke, lang und breit aus Fel- ſenſtuͤcken und unten liegenden Pfaͤhlen erbaut worden, die noch mit Bildſaͤulen ſoll geſchmuͤckt werden. Sie decken hier haͤufig mit Schiefer, die uͤber Holland aus der Pfalz kommen. Die Wirthe haben hier einen ſeltſamen Stolz in den Schilden die vornehmſten Per- ſonen zu haben, z. B. der Koͤnig von Engelland, der Koͤnig von Daͤnnemark. Einige Kaufleute ſammeln Naturalien, z. B. Tesdorf. Eine Frei- maͤurerloge iſt auch hier. Der Superintendent iſt der erſte Geiſtliche, hat aber nicht einmahl Inſpectionem. Das kam Carpzoven ſehr ſonderbar vor, er wollte wie in Sachſen viſitiren, der Magiſtrat litt es aber nicht. Nach Cramers Abzug will man nur einen Senior ha- ben. Den Engliſchen Stapel, den Hamburg hat, haͤtte Luͤbeck, wenn nicht der Magiſtrat damals, als es die Engellaͤnder anboten, den Geiſtlichen, die ſchrien, es wuͤrden viele Religionsveraͤnderungen zu befuͤrchten
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und man riecht ihn nicht. Die Straſſen lernt der Fremde
bald kennen, ſie gehen zum Theil parallel neben einander.
Der Klingenberg iſt eine kleine, aber nicht unangeneh-
me Hoͤhe. Das Trinkwaſſer bekommt die Stadt aus
einer Waſſerkunſt vor dem Thore, die aus Pump- und
Saugwerken beſteht, von der Wackenitz getrieben wird,
das Waſſer auf einen hohen Thurm hinaufpreßt, oben
in ein groſſes Baſſin zuſammenſchuͤttet, von da es her-
abfaͤllt, und in 240. Haͤuſer der Stadt gegen theure Be-
zahlung geleitet und vertheilt wird. Die Waͤlle ſind an
einigen Gegenden, z. B. bei Bellevue, ſehr hoch und
angenehm. Man ſieht von da an der einen Seite die
Schiffe in der Trave liegen. Die Gartenhaͤuſer ſind
nahe bei der Stadt. Vor einem Thore iſt uͤber die
Trave eine ſteinerne Bruͤcke, lang und breit aus Fel-
ſenſtuͤcken und unten liegenden Pfaͤhlen erbaut worden,
die noch mit Bildſaͤulen ſoll geſchmuͤckt werden. Sie
decken hier haͤufig mit Schiefer, die uͤber Holland aus
der Pfalz kommen. Die Wirthe haben hier einen
ſeltſamen Stolz in den Schilden die vornehmſten Per-
ſonen zu haben, z. B. der Koͤnig von Engelland,
der Koͤnig von Daͤnnemark. Einige Kaufleute
ſammeln Naturalien, z. B. Tesdorf. Eine Frei-
maͤurerloge iſt auch hier. Der Superintendent iſt der
erſte Geiſtliche, hat aber nicht einmahl Inſpectionem.
Das kam Carpzoven ſehr ſonderbar vor, er wollte wie
in Sachſen viſitiren, der Magiſtrat litt es aber nicht.
Nach Cramers Abzug will man nur einen Senior ha-
ben. Den Engliſchen Stapel, den Hamburg hat,
haͤtte Luͤbeck, wenn nicht der Magiſtrat damals, als es
die Engellaͤnder anboten, den Geiſtlichen, die ſchrien,
es wuͤrden viele Religionsveraͤnderungen zu befuͤrchten
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 682. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/720>, abgerufen am 24.11.2024.
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