Das Gesangbuch ist, wie alle bisherige, und eine grosse Parthei hindert immer die Verbesserung. Die Prediger haben für jede Danksagung 1. Thaler, auch wohl einen Dukaten. Für die Bestellenden aber ist dies eine kost- bare Sache. Sie müssen oft 2, 3, 4. Predigern zu- gleich geben, wegen der Familienkonnexionen.
Zur Zeit des letztern siebenjährigen Kriegs waren die Häuser hier sehr theuer. Es zogen viele Leute hie- her, um sicher zu seyn, fingen einen Handel an, und kauften Häuser a tout prix. Da ward die Stadt erweitert. Man führte noch einen Kanal durch die Stadt, und baute Häuser *). Nun sind die Häuser wohlfeil, und wer eins verkaufen muß, leidet Schaden.
Man
*) Der Kalk, womit man hier die Häuser mauert, ver- dient Aufmerksamkeit. Er ist Muschelkalk, oder Steinkalk. Die Muschelschalen werden an der Nord- see gesammelt, dort von den Leuten gebrannt, und als Kalk hieher gebracht. Der Steinkalk kommt aus Lüneburg und Seeberg, und heist der Steinber- ger Kalk. Er wird in grauen Steinen gegraben, bringt man die ins Feuer, so werden sie weis, zer- fallen aber nicht in ein Pulver. Löscht man sie, so werden sie auch kein Pulver, sondern bleiben Stein. Ja, mit Wasser übergossen, werden sie vielmehr här- ter und fester. Man sieht dies sogar an denen Stei- nen, die auf einem grossen Haufen liegen, und dem Regen ausgesetzt sind. Die wenigen Tropfen ver- mehren die Dichtigkeit des Steins. Wie brau- chen sie ihn denn? Sie lassen ihn zwischen 2. grossen Steinen zerreiben, und vermischen ihn dann mit Mu- schelkalk. Der Steinkalk füllt aus, der Muschelkalk bindet.
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Das Geſangbuch iſt, wie alle bisherige, und eine groſſe Parthei hindert immer die Verbeſſerung. Die Prediger haben fuͤr jede Dankſagung 1. Thaler, auch wohl einen Dukaten. Fuͤr die Beſtellenden aber iſt dies eine koſt- bare Sache. Sie muͤſſen oft 2, 3, 4. Predigern zu- gleich geben, wegen der Familienkonnexionen.
Zur Zeit des letztern ſiebenjaͤhrigen Kriegs waren die Haͤuſer hier ſehr theuer. Es zogen viele Leute hie- her, um ſicher zu ſeyn, fingen einen Handel an, und kauften Haͤuſer à tout prix. Da ward die Stadt erweitert. Man fuͤhrte noch einen Kanal durch die Stadt, und baute Haͤuſer *). Nun ſind die Haͤuſer wohlfeil, und wer eins verkaufen muß, leidet Schaden.
Man
*) Der Kalk, womit man hier die Haͤuſer mauert, ver- dient Aufmerkſamkeit. Er iſt Muſchelkalk, oder Steinkalk. Die Muſchelſchalen werden an der Nord- ſee geſammelt, dort von den Leuten gebrannt, und als Kalk hieher gebracht. Der Steinkalk kommt aus Luͤneburg und Seeberg, und heiſt der Steinber- ger Kalk. Er wird in grauen Steinen gegraben, bringt man die ins Feuer, ſo werden ſie weis, zer- fallen aber nicht in ein Pulver. Loͤſcht man ſie, ſo werden ſie auch kein Pulver, ſondern bleiben Stein. Ja, mit Waſſer uͤbergoſſen, werden ſie vielmehr haͤr- ter und feſter. Man ſieht dies ſogar an denen Stei- nen, die auf einem groſſen Haufen liegen, und dem Regen ausgeſetzt ſind. Die wenigen Tropfen ver- mehren die Dichtigkeit des Steins. Wie brau- chen ſie ihn denn? Sie laſſen ihn zwiſchen 2. groſſen Steinen zerreiben, und vermiſchen ihn dann mit Mu- ſchelkalk. Der Steinkalk fuͤllt aus, der Muſchelkalk bindet.
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Das Geſangbuch iſt, wie alle bisherige, und eine groſſe
Parthei hindert immer die Verbeſſerung. Die Prediger
haben fuͤr jede Dankſagung 1. Thaler, auch wohl einen
Dukaten. Fuͤr die Beſtellenden aber iſt dies eine koſt-
bare Sache. Sie muͤſſen oft 2, 3, 4. Predigern zu-
gleich geben, wegen der Familienkonnexionen.
Zur Zeit des letztern ſiebenjaͤhrigen Kriegs waren
die Haͤuſer hier ſehr theuer. Es zogen viele Leute hie-
her, um ſicher zu ſeyn, fingen einen Handel an, und
kauften Haͤuſer à tout prix. Da ward die Stadt
erweitert. Man fuͤhrte noch einen Kanal durch die
Stadt, und baute Haͤuſer *). Nun ſind die Haͤuſer
wohlfeil, und wer eins verkaufen muß, leidet Schaden.
Man
*) Der Kalk, womit man hier die Haͤuſer mauert, ver-
dient Aufmerkſamkeit. Er iſt Muſchelkalk, oder
Steinkalk. Die Muſchelſchalen werden an der Nord-
ſee geſammelt, dort von den Leuten gebrannt, und
als Kalk hieher gebracht. Der Steinkalk kommt
aus Luͤneburg und Seeberg, und heiſt der Steinber-
ger Kalk. Er wird in grauen Steinen gegraben,
bringt man die ins Feuer, ſo werden ſie weis, zer-
fallen aber nicht in ein Pulver. Loͤſcht man ſie, ſo
werden ſie auch kein Pulver, ſondern bleiben Stein.
Ja, mit Waſſer uͤbergoſſen, werden ſie vielmehr haͤr-
ter und feſter. Man ſieht dies ſogar an denen Stei-
nen, die auf einem groſſen Haufen liegen, und dem
Regen ausgeſetzt ſind. Die wenigen Tropfen ver-
mehren die Dichtigkeit des Steins. Wie brau-
chen ſie ihn denn? Sie laſſen ihn zwiſchen 2. groſſen
Steinen zerreiben, und vermiſchen ihn dann mit Mu-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 665. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/703>, abgerufen am 16.02.2025.
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