dem Baumhause, einem prächtigen Gasthofe, ab. Die von Magdeburg etc. oben auf der Elbe herabkommen, steigen beim obern Baumhause aus *). Die Matrosen gehen meist in schwarzen leinenen, oder auch blauen Kit- teln. Sie sind so grob, daß sie gleich Hure rufen, wenn ein Frauenzimmer auf einem Schiffe dadurch fährt.
Hamburg. -- Eine Welt im Kleinen -- vielleicht noch grösser als Strasburg. Man kan die Menge der Bürger nicht bestimmen. Einige rechnen 300,000. See- len auf die Stadt. Alle Tage kan man bekommen, was man will. Ordentliche Messen wie in Frankfurt, Braunschweig oder Leipzig hat man nicht. Um Mar- tini ist im Dohm ein Markt von Kleinigkeiten und Ga- lanteriewaaren. Der größte Theil der Einwohner sind Kaufleute, die mit allen möglichen Dingen handeln. Der Kornhandel ist aber einer von den einträglichsten, weil diese Waare nie aus der Mode kömmt. Mit einer Sache handeln wohl 100, 150, 200 etc. Man kan alle Tage En- gelländer, Holländer, Portugiesen, Franzosen etc. sehen. Die Stadt ist weit grösser und volkreicher als Lübeck. Die Lust scheint gesund zu seyn, man findet keine stinkende Gassen, einzelne Plätze nur riechen übel, doch sind die meisten Strassen zu eng und zu finster. Ein gutes Pflaster kan man nicht erwarten, weil beständig so stark gefahren wird. Doch wird das meiste zu Wasser herein gebracht.
Der Rath besteht aus 24. Rathsherren und 4. Syn- dicis, 13. davon sind unstudirte Kaufleute, alle müssen schlechterdings lutherisch seyn. Bürgermeister sind allemal 4. ihr Titel ist Magnifizenz, 2. davon führen allemal
das
*) Die Aussicht auf dem Baumhause ist ganz zum Ent- zücken.
dem Baumhauſe, einem praͤchtigen Gaſthofe, ab. Die von Magdeburg ꝛc. oben auf der Elbe herabkommen, ſteigen beim obern Baumhauſe aus *). Die Matroſen gehen meiſt in ſchwarzen leinenen, oder auch blauen Kit- teln. Sie ſind ſo grob, daß ſie gleich Hure rufen, wenn ein Frauenzimmer auf einem Schiffe dadurch faͤhrt.
Hamburg. — Eine Welt im Kleinen — vielleicht noch groͤſſer als Strasburg. Man kan die Menge der Buͤrger nicht beſtimmen. Einige rechnen 300,000. See- len auf die Stadt. Alle Tage kan man bekommen, was man will. Ordentliche Meſſen wie in Frankfurt, Braunſchweig oder Leipzig hat man nicht. Um Mar- tini iſt im Dohm ein Markt von Kleinigkeiten und Ga- lanteriewaaren. Der groͤßte Theil der Einwohner ſind Kaufleute, die mit allen moͤglichen Dingen handeln. Der Kornhandel iſt aber einer von den eintraͤglichſten, weil dieſe Waare nie aus der Mode koͤmmt. Mit einer Sache handeln wohl 100, 150, 200 ꝛc. Man kan alle Tage En- gellaͤnder, Hollaͤnder, Portugieſen, Franzoſen ꝛc. ſehen. Die Stadt iſt weit groͤſſer und volkreicher als Luͤbeck. Die Luſt ſcheint geſund zu ſeyn, man findet keine ſtinkende Gaſſen, einzelne Plaͤtze nur riechen uͤbel, doch ſind die meiſten Straſſen zu eng und zu finſter. Ein gutes Pflaſter kan man nicht erwarten, weil beſtaͤndig ſo ſtark gefahren wird. Doch wird das meiſte zu Waſſer herein gebracht.
Der Rath beſteht aus 24. Rathsherren und 4. Syn- dicis, 13. davon ſind unſtudirte Kaufleute, alle muͤſſen ſchlechterdings lutheriſch ſeyn. Buͤrgermeiſter ſind allemal 4. ihr Titel iſt Magnifizenz, 2. davon fuͤhren allemal
das
*) Die Ausſicht auf dem Baumhauſe iſt ganz zum Ent- zuͤcken.
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dem Baumhauſe, einem praͤchtigen Gaſthofe, ab. Die
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gehen meiſt in ſchwarzen leinenen, oder auch blauen Kit-
teln. Sie ſind ſo grob, daß ſie gleich Hure rufen, wenn
ein Frauenzimmer auf einem Schiffe dadurch faͤhrt.
Hamburg. — Eine Welt im Kleinen — vielleicht
noch groͤſſer als Strasburg. Man kan die Menge der
Buͤrger nicht beſtimmen. Einige rechnen 300,000. See-
len auf die Stadt. Alle Tage kan man bekommen, was
man will. Ordentliche Meſſen wie in Frankfurt,
Braunſchweig oder Leipzig hat man nicht. Um Mar-
tini iſt im Dohm ein Markt von Kleinigkeiten und Ga-
lanteriewaaren. Der groͤßte Theil der Einwohner ſind
Kaufleute, die mit allen moͤglichen Dingen handeln. Der
Kornhandel iſt aber einer von den eintraͤglichſten, weil
dieſe Waare nie aus der Mode koͤmmt. Mit einer Sache
handeln wohl 100, 150, 200 ꝛc. Man kan alle Tage En-
gellaͤnder, Hollaͤnder, Portugieſen, Franzoſen ꝛc.
ſehen. Die Stadt iſt weit groͤſſer und volkreicher als
Luͤbeck. Die Luſt ſcheint geſund zu ſeyn, man findet
keine ſtinkende Gaſſen, einzelne Plaͤtze nur riechen uͤbel,
doch ſind die meiſten Straſſen zu eng und zu finſter. Ein
gutes Pflaſter kan man nicht erwarten, weil beſtaͤndig ſo
ſtark gefahren wird. Doch wird das meiſte zu Waſſer
herein gebracht.
Der Rath beſteht aus 24. Rathsherren und 4. Syn-
dicis, 13. davon ſind unſtudirte Kaufleute, alle muͤſſen
ſchlechterdings lutheriſch ſeyn. Buͤrgermeiſter ſind allemal
4. ihr Titel iſt Magnifizenz, 2. davon fuͤhren allemal
das
*) Die Ausſicht auf dem Baumhauſe iſt ganz zum Ent-
zuͤcken.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/694>, abgerufen am 25.11.2024.
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