zu besorgen? In manchen Staaten denkt man gar nicht auf solche Dinge, die wahrhaftig Patriotismus und Nach- eiferung in jungen Köpfen erwecken könnten.
Vielleicht warten Sie schon lange auf die Kattun- und Zizfabrik des Herrn von Schüle in Augspurg, und ich bin so glücklich gewesen, diese schönen und vor- treflichen Arbeiten zu sehen. Ein königliches Haus, auf- serhalb der Stadt an der Strasse nach München gele- gen, worinnen wohl 1000. Menschen ihr Brot finden. In allen Einrichtungen herrscht Ordnung, Regelmässig- keit und viel Geschmack. Der Besitzer ist nicht nur ein reicher, sondern auch ein sehr belebter, feiner und gefälli- ger Mann. Das Drucken der gewöhnlichen Kattune geschiehet durch Weiber. Sie tunken die Form in die Farben, setzen sie auf die Leinwand, die vor ihnen auf dem Tische liegt, und schlagen mit einem hölzernen Ham- mer darauf. So oft die Frau Farbe genommen hat, trägt ein Junge darneben neue Farbe auf, und wischt sie sorgfältig auseinander. Bei einigen Stücken muß mit dem Pinsel den Farben nachgeholfen werden. In einigen Zimmern sitzen beständig Formschneider, auch andre, welche die alten und abgenutzten Formen wieder ausstechen und verbessern. Die schönsten Desseins wer- den auf Kupferplatten gestochen und so abgedruckt. Ich sah zu, wie eine Kupferplatte von einer beträchtlichen Grösse abgedruckt ward, und bewunderte die Akkuratesse, die dazu nöthig ist. Das Glätten der gedruckten Zeuge geschieht mit grossen Kieseln, die zum Theil theuer bezahlt werden, und in hölzernen Stangen eingesetzt sind, die von Mannspersonen in Bewegung gesetzt werden. Die Kieselsteine werden so glatt, und so heis, daß man sie kaum anrühren kan.
Bei
zu beſorgen? In manchen Staaten denkt man gar nicht auf ſolche Dinge, die wahrhaftig Patriotismus und Nach- eiferung in jungen Koͤpfen erwecken koͤnnten.
Vielleicht warten Sie ſchon lange auf die Kattun- und Zizfabrik des Herrn von Schuͤle in Augſpurg, und ich bin ſo gluͤcklich geweſen, dieſe ſchoͤnen und vor- treflichen Arbeiten zu ſehen. Ein koͤnigliches Haus, auf- ſerhalb der Stadt an der Straſſe nach Muͤnchen gele- gen, worinnen wohl 1000. Menſchen ihr Brot finden. In allen Einrichtungen herrſcht Ordnung, Regelmaͤſſig- keit und viel Geſchmack. Der Beſitzer iſt nicht nur ein reicher, ſondern auch ein ſehr belebter, feiner und gefaͤlli- ger Mann. Das Drucken der gewoͤhnlichen Kattune geſchiehet durch Weiber. Sie tunken die Form in die Farben, ſetzen ſie auf die Leinwand, die vor ihnen auf dem Tiſche liegt, und ſchlagen mit einem hoͤlzernen Ham- mer darauf. So oft die Frau Farbe genommen hat, traͤgt ein Junge darneben neue Farbe auf, und wiſcht ſie ſorgfaͤltig auseinander. Bei einigen Stuͤcken muß mit dem Pinſel den Farben nachgeholfen werden. In einigen Zimmern ſitzen beſtaͤndig Formſchneider, auch andre, welche die alten und abgenutzten Formen wieder ausſtechen und verbeſſern. Die ſchoͤnſten Deſſeins wer- den auf Kupferplatten geſtochen und ſo abgedruckt. Ich ſah zu, wie eine Kupferplatte von einer betraͤchtlichen Groͤſſe abgedruckt ward, und bewunderte die Akkurateſſe, die dazu noͤthig iſt. Das Glaͤtten der gedruckten Zeuge geſchieht mit groſſen Kieſeln, die zum Theil theuer bezahlt werden, und in hoͤlzernen Stangen eingeſetzt ſind, die von Mannsperſonen in Bewegung geſetzt werden. Die Kieſelſteine werden ſo glatt, und ſo heis, daß man ſie kaum anruͤhren kan.
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zu beſorgen? In manchen Staaten denkt man gar nicht
auf ſolche Dinge, die wahrhaftig Patriotismus und Nach-
eiferung in jungen Koͤpfen erwecken koͤnnten.
Vielleicht warten Sie ſchon lange auf die Kattun-
und Zizfabrik des Herrn von Schuͤle in Augſpurg,
und ich bin ſo gluͤcklich geweſen, dieſe ſchoͤnen und vor-
treflichen Arbeiten zu ſehen. Ein koͤnigliches Haus, auf-
ſerhalb der Stadt an der Straſſe nach Muͤnchen gele-
gen, worinnen wohl 1000. Menſchen ihr Brot finden.
In allen Einrichtungen herrſcht Ordnung, Regelmaͤſſig-
keit und viel Geſchmack. Der Beſitzer iſt nicht nur ein
reicher, ſondern auch ein ſehr belebter, feiner und gefaͤlli-
ger Mann. Das Drucken der gewoͤhnlichen Kattune
geſchiehet durch Weiber. Sie tunken die Form in die
Farben, ſetzen ſie auf die Leinwand, die vor ihnen auf
dem Tiſche liegt, und ſchlagen mit einem hoͤlzernen Ham-
mer darauf. So oft die Frau Farbe genommen hat,
traͤgt ein Junge darneben neue Farbe auf, und wiſcht
ſie ſorgfaͤltig auseinander. Bei einigen Stuͤcken muß
mit dem Pinſel den Farben nachgeholfen werden. In
einigen Zimmern ſitzen beſtaͤndig Formſchneider, auch
andre, welche die alten und abgenutzten Formen wieder
ausſtechen und verbeſſern. Die ſchoͤnſten Deſſeins wer-
den auf Kupferplatten geſtochen und ſo abgedruckt. Ich
ſah zu, wie eine Kupferplatte von einer betraͤchtlichen
Groͤſſe abgedruckt ward, und bewunderte die Akkurateſſe,
die dazu noͤthig iſt. Das Glaͤtten der gedruckten Zeuge
geſchieht mit groſſen Kieſeln, die zum Theil theuer bezahlt
werden, und in hoͤlzernen Stangen eingeſetzt ſind, die
von Mannsperſonen in Bewegung geſetzt werden. Die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/69>, abgerufen am 21.11.2024.
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