Wer hier zu Lande ein schönes junges Pferd liefert, das bei der Kavallerie gebraucht werden kan, der bekommt 50. Thaler Geschenk vom König, und die Königl. Hengste werden noch dazu den Bauern geliehen, damit sie ihre Stuten bespringen lassen können.
Kloster Loccum. Etliche Meilen von Hanno- ver. Eine sehr alte Kirche ist da. Es war ein Cister- cienserkloster, jetzt hat es 4. Conventual. 4. Hospi- tes und einen Abt. Der Abt hat den Titel: Hochwür- digen Gnaden. Er trägt gemeiniglich ein goldenes Fin- gerslanges Kreuz, das am Knopfloche hängt. Als Abt muß er bei Feierlichkeiten einen seidenen Mantel umhängen. Er hat wohl 5000. Thaler jährlich, und wohnt in Han- nover im Loener Hof. Das Kloster hält ihm Wagen und Pferde, und Bediente, versieht ihm auch die Küche und den Keller. Er muß die Aufsicht über die dortigen jungen Geistlichen haben, die sich im Predigen und Ka- techisiren üben, muß auch alle Tage in die Kirche gehen. Es dependirt ganz von ihm, wen er hinein nehmen will. Sie gehen heraus, wenn sie Pfarreien bekommen. Sie haben herrliches Essen, 13. Gerichte und alles ganz frei. Jeder hat seinen eignen Bedienten. Ordinär bekommen sie keinen Wein, aber Bier, und wenn sie das nicht wollen, täglich 2. Groschen Biergeld dafür. Sie gehen immer schwarz, aber Mantel und Kragen nur dann, wenn sie in die Kirche gehen. Jeder kan einen Fremden mit an Tisch bringen, und alsdann bekommen sie gleich Wein, daher ist 4. Tage in der Woche immer ein Frem- der da, und sollte es auch ein kleiner Junge seyn. Die Kandidaten werden faul bei dem guten Leben. Eine ho- miletifche praktische Bibliothek hat erst Abt Chappuz
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Wer hier zu Lande ein ſchoͤnes junges Pferd liefert, das bei der Kavallerie gebraucht werden kan, der bekommt 50. Thaler Geſchenk vom Koͤnig, und die Koͤnigl. Hengſte werden noch dazu den Bauern geliehen, damit ſie ihre Stuten beſpringen laſſen koͤnnen.
Kloſter Loccum. Etliche Meilen von Hanno- ver. Eine ſehr alte Kirche iſt da. Es war ein Ciſter- cienſerkloſter, jetzt hat es 4. Conventual. 4. Hoſpi- tes und einen Abt. Der Abt hat den Titel: Hochwuͤr- digen Gnaden. Er traͤgt gemeiniglich ein goldenes Fin- gerslanges Kreuz, das am Knopfloche haͤngt. Als Abt muß er bei Feierlichkeiten einen ſeidenen Mantel umhaͤngen. Er hat wohl 5000. Thaler jaͤhrlich, und wohnt in Han- nover im Loener Hof. Das Kloſter haͤlt ihm Wagen und Pferde, und Bediente, verſieht ihm auch die Kuͤche und den Keller. Er muß die Aufſicht uͤber die dortigen jungen Geiſtlichen haben, die ſich im Predigen und Ka- techiſiren uͤben, muß auch alle Tage in die Kirche gehen. Es dependirt ganz von ihm, wen er hinein nehmen will. Sie gehen heraus, wenn ſie Pfarreien bekommen. Sie haben herrliches Eſſen, 13. Gerichte und alles ganz frei. Jeder hat ſeinen eignen Bedienten. Ordinaͤr bekommen ſie keinen Wein, aber Bier, und wenn ſie das nicht wollen, taͤglich 2. Groſchen Biergeld dafuͤr. Sie gehen immer ſchwarz, aber Mantel und Kragen nur dann, wenn ſie in die Kirche gehen. Jeder kan einen Fremden mit an Tiſch bringen, und alsdann bekommen ſie gleich Wein, daher iſt 4. Tage in der Woche immer ein Frem- der da, und ſollte es auch ein kleiner Junge ſeyn. Die Kandidaten werden faul bei dem guten Leben. Eine ho- miletifche praktiſche Bibliothek hat erſt Abt Chappuz
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Wer hier zu Lande ein ſchoͤnes junges Pferd liefert,
das bei der Kavallerie gebraucht werden kan, der bekommt
50. Thaler Geſchenk vom Koͤnig, und die Koͤnigl. Hengſte
werden noch dazu den Bauern geliehen, damit ſie ihre
Stuten beſpringen laſſen koͤnnen.
Kloſter Loccum. Etliche Meilen von Hanno-
ver. Eine ſehr alte Kirche iſt da. Es war ein Ciſter-
cienſerkloſter, jetzt hat es 4. Conventual. 4. Hoſpi-
tes und einen Abt. Der Abt hat den Titel: Hochwuͤr-
digen Gnaden. Er traͤgt gemeiniglich ein goldenes Fin-
gerslanges Kreuz, das am Knopfloche haͤngt. Als Abt
muß er bei Feierlichkeiten einen ſeidenen Mantel umhaͤngen.
Er hat wohl 5000. Thaler jaͤhrlich, und wohnt in Han-
nover im Loener Hof. Das Kloſter haͤlt ihm Wagen
und Pferde, und Bediente, verſieht ihm auch die Kuͤche
und den Keller. Er muß die Aufſicht uͤber die dortigen
jungen Geiſtlichen haben, die ſich im Predigen und Ka-
techiſiren uͤben, muß auch alle Tage in die Kirche gehen.
Es dependirt ganz von ihm, wen er hinein nehmen will.
Sie gehen heraus, wenn ſie Pfarreien bekommen. Sie
haben herrliches Eſſen, 13. Gerichte und alles ganz frei.
Jeder hat ſeinen eignen Bedienten. Ordinaͤr bekommen
ſie keinen Wein, aber Bier, und wenn ſie das nicht
wollen, taͤglich 2. Groſchen Biergeld dafuͤr. Sie gehen
immer ſchwarz, aber Mantel und Kragen nur dann,
wenn ſie in die Kirche gehen. Jeder kan einen Fremden
mit an Tiſch bringen, und alsdann bekommen ſie gleich
Wein, daher iſt 4. Tage in der Woche immer ein Frem-
der da, und ſollte es auch ein kleiner Junge ſeyn. Die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 651. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/689>, abgerufen am 25.11.2024.
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