geniessen sollte, und so haben viele Leute Pensionen. Die Bibliothek hat einen seltenen Codex, das meiste in der Civilhistorie, und Spezialgeschichte der deutschen Häuser, Leibnitzens Papiere, und eins von den 3. Exemplaren der unter GeorgeII. auf Pergament ge- druckten Englischen Bibel. In der Stadt sind viele Kaufleute und folgende beträchtliche Fabriken.
Die Zuckerfabrik des Hrn. Winkelmanns. Er bekömmt den rohen Zucker aus Frankreich und zwar über Bremen auf der Leine. Es gehen da bedeckte Schiffe, mit einem Mast, die schwer beladen sind, und vom Vieh am Ufer gezogen werden. Der Zucker wird in grossen Kesseln gesotten. Aus diesen wird er in eine andre Stube gebracht, wo die Kühlpfannen stehen. Aus diesen kömmt er in die Hutformen, die aus Holz und wie Fässer mit Reisen gebunden sind. Die Spitze der Form steckt in einem irdenen Kruge, in welchen der Sy- rop während des Trocknens wieder hineintropft. Indeß der Zucker in diesen Formen steht, kommt alles darauf an, daß und wie er gerührt wird, damit er an den Sei- ten glatt werde, und keine Gruben bekomme. Er wird zugleich mit angerührter Erde zugedeckt. Der Syrop wird allemahl wieder gekocht, und so der Zucker wohl 6mahl gesotten. Man setzt die Formen halbtausend weise auf viele über einander stehende Bühnen, es gehören 6-8. Wochen gute Witterung dazu, bis er recht austrocknet. So wie er hart wird, so wird er auch weis. Der Can- dis wird noch in besondern Dürr- oder Trockenstuben auf- behalten, wo es so heiß ist, daß man beinahe beim er- sten Eintritt erstickt. Das Feuer unter den Kesseln wird durch Steinkohlen unterhalten. Siedet der kochende
Zucker
genieſſen ſollte, und ſo haben viele Leute Penſionen. Die Bibliothek hat einen ſeltenen Codex, das meiſte in der Civilhiſtorie, und Spezialgeſchichte der deutſchen Haͤuſer, Leibnitzens Papiere, und eins von den 3. Exemplaren der unter GeorgeII. auf Pergament ge- druckten Engliſchen Bibel. In der Stadt ſind viele Kaufleute und folgende betraͤchtliche Fabriken.
Die Zuckerfabrik des Hrn. Winkelmanns. Er bekoͤmmt den rohen Zucker aus Frankreich und zwar uͤber Bremen auf der Leine. Es gehen da bedeckte Schiffe, mit einem Maſt, die ſchwer beladen ſind, und vom Vieh am Ufer gezogen werden. Der Zucker wird in groſſen Keſſeln geſotten. Aus dieſen wird er in eine andre Stube gebracht, wo die Kuͤhlpfannen ſtehen. Aus dieſen koͤmmt er in die Hutformen, die aus Holz und wie Faͤſſer mit Reiſen gebunden ſind. Die Spitze der Form ſteckt in einem irdenen Kruge, in welchen der Sy- rop waͤhrend des Trocknens wieder hineintropft. Indeß der Zucker in dieſen Formen ſteht, kommt alles darauf an, daß und wie er geruͤhrt wird, damit er an den Sei- ten glatt werde, und keine Gruben bekomme. Er wird zugleich mit angeruͤhrter Erde zugedeckt. Der Syrop wird allemahl wieder gekocht, und ſo der Zucker wohl 6mahl geſotten. Man ſetzt die Formen halbtauſend weiſe auf viele uͤber einander ſtehende Buͤhnen, es gehoͤren 6-8. Wochen gute Witterung dazu, bis er recht austrocknet. So wie er hart wird, ſo wird er auch weis. Der Can- dis wird noch in beſondern Duͤrr- oder Trockenſtuben auf- behalten, wo es ſo heiß iſt, daß man beinahe beim er- ſten Eintritt erſtickt. Das Feuer unter den Keſſeln wird durch Steinkohlen unterhalten. Siedet der kochende
Zucker
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genieſſen ſollte, und ſo haben viele Leute Penſionen. Die
Bibliothek hat einen ſeltenen Codex, das meiſte in
der Civilhiſtorie, und Spezialgeſchichte der deutſchen
Haͤuſer, Leibnitzens Papiere, und eins von den 3.
Exemplaren der unter George II. auf Pergament ge-
druckten Engliſchen Bibel. In der Stadt ſind viele
Kaufleute und folgende betraͤchtliche Fabriken.
Die Zuckerfabrik des Hrn. Winkelmanns. Er
bekoͤmmt den rohen Zucker aus Frankreich und zwar
uͤber Bremen auf der Leine. Es gehen da bedeckte
Schiffe, mit einem Maſt, die ſchwer beladen ſind, und
vom Vieh am Ufer gezogen werden. Der Zucker wird
in groſſen Keſſeln geſotten. Aus dieſen wird er in eine
andre Stube gebracht, wo die Kuͤhlpfannen ſtehen. Aus
dieſen koͤmmt er in die Hutformen, die aus Holz und
wie Faͤſſer mit Reiſen gebunden ſind. Die Spitze der
Form ſteckt in einem irdenen Kruge, in welchen der Sy-
rop waͤhrend des Trocknens wieder hineintropft. Indeß
der Zucker in dieſen Formen ſteht, kommt alles darauf
an, daß und wie er geruͤhrt wird, damit er an den Sei-
ten glatt werde, und keine Gruben bekomme. Er wird
zugleich mit angeruͤhrter Erde zugedeckt. Der Syrop
wird allemahl wieder gekocht, und ſo der Zucker wohl
6mahl geſotten. Man ſetzt die Formen halbtauſend weiſe
auf viele uͤber einander ſtehende Buͤhnen, es gehoͤren 6-8.
Wochen gute Witterung dazu, bis er recht austrocknet.
So wie er hart wird, ſo wird er auch weis. Der Can-
dis wird noch in beſondern Duͤrr- oder Trockenſtuben auf-
behalten, wo es ſo heiß iſt, daß man beinahe beim er-
ſten Eintritt erſtickt. Das Feuer unter den Keſſeln wird
durch Steinkohlen unterhalten. Siedet der kochende
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/686>, abgerufen am 25.11.2024.
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