nicht so gut. Butter im Spätjahr einzusteden ist gar nicht üblich. Man hat hier lauter eingesalzene Butter, und hebt sie in Tonnen den ganzen Winter durch auf. Die gemeinsten Leute sind so an die Butter gewöhnt, daß sie, wenn sie in Häusern arbeiten, lieber Butter als Fleisch fordern.
So arbeitsam, wie die Preussen, sind die Leute hier nicht. In Städten ist der Kleiderstaat, der Kaffee, und ein gutes Leben Schuld daran, daß so viele Bürger immer mietelmässig bleiben.
Brantewein saufen die Leute erschrecklich. Tobak rauchen Männer, Weiber und Kinder. Besatzung liegt fast in allen Städtchen. Gezwungen wird niemand zum Soldatendienste; wie der Krieg war, ward eine Repar- tition auf die Aemter angelegt.
Hier zu Lande kan man etwas schon, was sonst im Morgenlande nur üblich ist: nemlich, den Leinsaamen, der so leicht aus den Aehren fällt, dreschen die Bauern auf dem Felde. Am Wege begegnet man einigen Klo- sterämtern, die aber keine Jurisdiktion haben.
Nörden ist ein langgebaueter schmaler Flecken, von einem Thor, die Häuser stehen fast alle aneinander ge- baut, sind elend, hölzern, und nach einem Bauer-Ge- schmack angestrichen. Die Hausthüre ist auch zugleich bei manchem das Hosthor. Inwendig hängen die Leute Tobaksblätter hin; doch soll dieser kleine Ort eine artige Apotheke haben.
Nordheim hat viele gute Häuser, ein wohlgemach- tes neues Pflaster, starke Passage, wohlfeile Taxen, ei- nige adeliche Familien, und eine ziemliche Garnison.
Salz-
S s 3
nicht ſo gut. Butter im Spaͤtjahr einzuſteden iſt gar nicht uͤblich. Man hat hier lauter eingeſalzene Butter, und hebt ſie in Tonnen den ganzen Winter durch auf. Die gemeinſten Leute ſind ſo an die Butter gewoͤhnt, daß ſie, wenn ſie in Haͤuſern arbeiten, lieber Butter als Fleiſch fordern.
So arbeitſam, wie die Preuſſen, ſind die Leute hier nicht. In Staͤdten iſt der Kleiderſtaat, der Kaffee, und ein gutes Leben Schuld daran, daß ſo viele Buͤrger immer mietelmaͤſſig bleiben.
Brantewein ſaufen die Leute erſchrecklich. Tobak rauchen Maͤnner, Weiber und Kinder. Beſatzung liegt faſt in allen Staͤdtchen. Gezwungen wird niemand zum Soldatendienſte; wie der Krieg war, ward eine Repar- tition auf die Aemter angelegt.
Hier zu Lande kan man etwas ſchon, was ſonſt im Morgenlande nur uͤblich iſt: nemlich, den Leinſaamen, der ſo leicht aus den Aehren faͤllt, dreſchen die Bauern auf dem Felde. Am Wege begegnet man einigen Klo- ſteraͤmtern, die aber keine Jurisdiktion haben.
Noͤrden iſt ein langgebaueter ſchmaler Flecken, von einem Thor, die Haͤuſer ſtehen faſt alle aneinander ge- baut, ſind elend, hoͤlzern, und nach einem Bauer-Ge- ſchmack angeſtrichen. Die Hausthuͤre iſt auch zugleich bei manchem das Hoſthor. Inwendig haͤngen die Leute Tobaksblaͤtter hin; doch ſoll dieſer kleine Ort eine artige Apotheke haben.
Nordheim hat viele gute Haͤuſer, ein wohlgemach- tes neues Pflaſter, ſtarke Paſſage, wohlfeile Taxen, ei- nige adeliche Familien, und eine ziemliche Garniſon.
Salz-
S s 3
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nicht ſo gut. Butter im Spaͤtjahr einzuſteden iſt gar
nicht uͤblich. Man hat hier lauter eingeſalzene Butter,
und hebt ſie in Tonnen den ganzen Winter durch auf.
Die gemeinſten Leute ſind ſo an die Butter gewoͤhnt, daß
ſie, wenn ſie in Haͤuſern arbeiten, lieber Butter als
Fleiſch fordern.
So arbeitſam, wie die Preuſſen, ſind die Leute hier
nicht. In Staͤdten iſt der Kleiderſtaat, der Kaffee,
und ein gutes Leben Schuld daran, daß ſo viele Buͤrger
immer mietelmaͤſſig bleiben.
Brantewein ſaufen die Leute erſchrecklich. Tobak
rauchen Maͤnner, Weiber und Kinder. Beſatzung liegt
faſt in allen Staͤdtchen. Gezwungen wird niemand zum
Soldatendienſte; wie der Krieg war, ward eine Repar-
tition auf die Aemter angelegt.
Hier zu Lande kan man etwas ſchon, was ſonſt im
Morgenlande nur uͤblich iſt: nemlich, den Leinſaamen,
der ſo leicht aus den Aehren faͤllt, dreſchen die Bauern
auf dem Felde. Am Wege begegnet man einigen Klo-
ſteraͤmtern, die aber keine Jurisdiktion haben.
Noͤrden iſt ein langgebaueter ſchmaler Flecken, von
einem Thor, die Haͤuſer ſtehen faſt alle aneinander ge-
baut, ſind elend, hoͤlzern, und nach einem Bauer-Ge-
ſchmack angeſtrichen. Die Hausthuͤre iſt auch zugleich
bei manchem das Hoſthor. Inwendig haͤngen die Leute
Tobaksblaͤtter hin; doch ſoll dieſer kleine Ort eine artige
Apotheke haben.
Nordheim hat viele gute Haͤuſer, ein wohlgemach-
tes neues Pflaſter, ſtarke Paſſage, wohlfeile Taxen, ei-
nige adeliche Familien, und eine ziemliche Garniſon.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/683>, abgerufen am 26.11.2024.
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