und das ist sehr wohl möglich. Man erstaunt über die Dicke der Mauern, und über das Solide der Alten im Bauen. Der Thurm soll im 9ten Jahrh. erbaut wor- den seyn, und steht ganz frei. Oben ist man zu hoch, als daß man die Kanäle der Stadt sehen könnte. Man sieht nur die Grösse der Stadt und die Menge der Ge- bäude mitten im Meere. Die hin und wieder auf den kleinen Inseln im Wasser einzeln zerstreuete Gebäude ma- chen auch einen schönen Prospekt.
In der Markuskirche wäre mir der Fußboden das Liebste. Er ist ganz in Mosaik. So ist er in allen Ka- pellen, und hat alle mögliche Desseins. Dieses Pfla- ster ist uneben, bald erhaben, bald vertieft: daher strei- tet man, ob das mit Fleis so gemacht worden sei, oder ob es sich etwa bei der letzten Ueberschwemmung des Meers, da man auf dem Markusplatze mit Gondeln fuhr, gesenkt habe. Mir dünkt, es ist mit Fleis so gemacht worden. Denn Erhöhungen und Vertiefungen sind unmerklich, egal, und erschweren das Gehen nicht.
In der Markuskirche ist auch die Kapelle des Doge. Diese Kirche ist nicht immer offen, sondern wider die Gewohnheit anderer katholischen Kirchen zuwei- len geschlossen.
Dann fuhren wir wohl eine Stunde lang auf dem Canale grande, der durch die ganze Stadt geht, und zu beiden Seiten mit Häusern eingefaßt ist. Er ist auch sehr breit, und wohl mehr, als 2. Mannshöhen tief, da sonst die andern meistens nur eine Mannstiefe haben. Hier wohnen die meisten Nobili, vor ihren Häusern stehn einige Stöcke im Meer. Hier sieht man viele Pal- läste, aber alle sind alt, rauchicht, die Italiäner putzen
nicht
Zweiter Theil. R r
und das iſt ſehr wohl moͤglich. Man erſtaunt uͤber die Dicke der Mauern, und uͤber das Solide der Alten im Bauen. Der Thurm ſoll im 9ten Jahrh. erbaut wor- den ſeyn, und ſteht ganz frei. Oben iſt man zu hoch, als daß man die Kanaͤle der Stadt ſehen koͤnnte. Man ſieht nur die Groͤſſe der Stadt und die Menge der Ge- baͤude mitten im Meere. Die hin und wieder auf den kleinen Inſeln im Waſſer einzeln zerſtreuete Gebaͤude ma- chen auch einen ſchoͤnen Proſpekt.
In der Markuskirche waͤre mir der Fußboden das Liebſte. Er iſt ganz in Moſaik. So iſt er in allen Ka- pellen, und hat alle moͤgliche Deſſeins. Dieſes Pfla- ſter iſt uneben, bald erhaben, bald vertieft: daher ſtrei- tet man, ob das mit Fleis ſo gemacht worden ſei, oder ob es ſich etwa bei der letzten Ueberſchwemmung des Meers, da man auf dem Markusplatze mit Gondeln fuhr, geſenkt habe. Mir duͤnkt, es iſt mit Fleis ſo gemacht worden. Denn Erhoͤhungen und Vertiefungen ſind unmerklich, egal, und erſchweren das Gehen nicht.
In der Markuskirche iſt auch die Kapelle des Doge. Dieſe Kirche iſt nicht immer offen, ſondern wider die Gewohnheit anderer katholiſchen Kirchen zuwei- len geſchloſſen.
Dann fuhren wir wohl eine Stunde lang auf dem Canale grande, der durch die ganze Stadt geht, und zu beiden Seiten mit Haͤuſern eingefaßt iſt. Er iſt auch ſehr breit, und wohl mehr, als 2. Mannshoͤhen tief, da ſonſt die andern meiſtens nur eine Mannstiefe haben. Hier wohnen die meiſten Nobili, vor ihren Haͤuſern ſtehn einige Stoͤcke im Meer. Hier ſieht man viele Pal- laͤſte, aber alle ſind alt, rauchicht, die Italiaͤner putzen
nicht
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und das iſt ſehr wohl moͤglich. Man erſtaunt uͤber die
Dicke der Mauern, und uͤber das Solide der Alten im
Bauen. Der Thurm ſoll im 9ten Jahrh. erbaut wor-
den ſeyn, und ſteht ganz frei. Oben iſt man zu hoch,
als daß man die Kanaͤle der Stadt ſehen koͤnnte. Man
ſieht nur die Groͤſſe der Stadt und die Menge der Ge-
baͤude mitten im Meere. Die hin und wieder auf den
kleinen Inſeln im Waſſer einzeln zerſtreuete Gebaͤude ma-
chen auch einen ſchoͤnen Proſpekt.
In der Markuskirche waͤre mir der Fußboden das
Liebſte. Er iſt ganz in Moſaik. So iſt er in allen Ka-
pellen, und hat alle moͤgliche Deſſeins. Dieſes Pfla-
ſter iſt uneben, bald erhaben, bald vertieft: daher ſtrei-
tet man, ob das mit Fleis ſo gemacht worden ſei, oder
ob es ſich etwa bei der letzten Ueberſchwemmung des
Meers, da man auf dem Markusplatze mit Gondeln
fuhr, geſenkt habe. Mir duͤnkt, es iſt mit Fleis ſo
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Doge. Dieſe Kirche iſt nicht immer offen, ſondern
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zu beiden Seiten mit Haͤuſern eingefaßt iſt. Er iſt auch
ſehr breit, und wohl mehr, als 2. Mannshoͤhen tief,
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Hier wohnen die meiſten Nobili, vor ihren Haͤuſern
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/663>, abgerufen am 25.11.2024.
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