Drauf machte ich beim Senatore Sgr. Angelo Querini einen Besuch. Ein Mann, der die Fremden sehr liebt, und ein Freund von Malereien, Kupfersti- chen etc. ist. Man schickte sich eben in seinem Hause an, in villeggiatura zu gehen. Er sprach Französisch, aber es kostete ihm Mühe. Als ich ihn verlassen hatte, besah ich den
Palazzo di S. Marco. Das Gebäude ist, wie alle in Venedig, alt, gothisch, aber erstaunend hoch und weitläuftig. Man geht die Scala degli Gi- ganti hinauf, die so heißt, weil oben 2. Bildsäulen von Riesen stehen aus karratischem Marmor. Man zeigte mir einen Theil von den Wohnzimmern des Doge und anderer Rathsherren. Den Saal, wo der Doge die Nobili empfängt, wenn sie ihn in den Senat abholen, sah ich auch. Sein Stuhl ist roth und vergoldet, wie die andern, steht aber allemahl etwas höher. Die Sala dei Banchetti -- wo Gesandte, Rathsherren etc. tra- ktirt werden. Alles ist gros, lang und weit. Ueberall sieht man steinerne Fußböden von den schönsten Steinen.
Hr. Wagner schickte mir Abends seinen Instruktor, Hr. Algeyer. Ein Mann schon von 40. Jahren. Er ist von Augspurg gebürtig, hat Theologie studirt, gibt hier in vielen Häusern Unterricht, und studirt doch immer noch fleissig für sich. Wir stiegen zuerst miteinander auf den
Markusthurm, um das Vergnügen der herrlichen Aussicht zu geniessen. Man geht sehr leicht hinauf und herab, weil keine Stufen und Treppen sind, sondern der Weg zieht sich unvermerkt wie eine Wendeltreppe im Thurme herum, und so kommt man hinauf. Es ist einmahl einer mit einem Bergrößchen hinauf geritten,
und
Drauf machte ich beim Senatore Sgr. Angelo Querini einen Beſuch. Ein Mann, der die Fremden ſehr liebt, und ein Freund von Malereien, Kupferſti- chen ꝛc. iſt. Man ſchickte ſich eben in ſeinem Hauſe an, in villeggiatura zu gehen. Er ſprach Franzoͤſiſch, aber es koſtete ihm Muͤhe. Als ich ihn verlaſſen hatte, beſah ich den
Palazzo di S. Marco. Das Gebaͤude iſt, wie alle in Venedig, alt, gothiſch, aber erſtaunend hoch und weitlaͤuftig. Man geht die Scala degli Gi- ganti hinauf, die ſo heißt, weil oben 2. Bildſaͤulen von Rieſen ſtehen aus karratiſchem Marmor. Man zeigte mir einen Theil von den Wohnzimmern des Doge und anderer Rathsherren. Den Saal, wo der Doge die Nobili empfaͤngt, wenn ſie ihn in den Senat abholen, ſah ich auch. Sein Stuhl iſt roth und vergoldet, wie die andern, ſteht aber allemahl etwas hoͤher. Die Sala dei Banchetti — wo Geſandte, Rathsherren ꝛc. tra- ktirt werden. Alles iſt gros, lang und weit. Ueberall ſieht man ſteinerne Fußboͤden von den ſchoͤnſten Steinen.
Hr. Wagner ſchickte mir Abends ſeinen Inſtruktor, Hr. Algeyer. Ein Mann ſchon von 40. Jahren. Er iſt von Augſpurg gebuͤrtig, hat Theologie ſtudirt, gibt hier in vielen Haͤuſern Unterricht, und ſtudirt doch immer noch fleiſſig fuͤr ſich. Wir ſtiegen zuerſt miteinander auf den
Markusthurm, um das Vergnuͤgen der herrlichen Ausſicht zu genieſſen. Man geht ſehr leicht hinauf und herab, weil keine Stufen und Treppen ſind, ſondern der Weg zieht ſich unvermerkt wie eine Wendeltreppe im Thurme herum, und ſo kommt man hinauf. Es iſt einmahl einer mit einem Bergroͤßchen hinauf geritten,
und
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Drauf machte ich beim Senatore Sgr. Angelo
Querini einen Beſuch. Ein Mann, der die Fremden
ſehr liebt, und ein Freund von Malereien, Kupferſti-
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in villeggiatura zu gehen. Er ſprach Franzoͤſiſch, aber
es koſtete ihm Muͤhe. Als ich ihn verlaſſen hatte, beſah
ich den
Palazzo di S. Marco. Das Gebaͤude iſt,
wie alle in Venedig, alt, gothiſch, aber erſtaunend
hoch und weitlaͤuftig. Man geht die Scala degli Gi-
ganti hinauf, die ſo heißt, weil oben 2. Bildſaͤulen von
Rieſen ſtehen aus karratiſchem Marmor. Man zeigte
mir einen Theil von den Wohnzimmern des Doge und
anderer Rathsherren. Den Saal, wo der Doge die
Nobili empfaͤngt, wenn ſie ihn in den Senat abholen,
ſah ich auch. Sein Stuhl iſt roth und vergoldet, wie
die andern, ſteht aber allemahl etwas hoͤher. Die Sala
dei Banchetti — wo Geſandte, Rathsherren ꝛc. tra-
ktirt werden. Alles iſt gros, lang und weit. Ueberall
ſieht man ſteinerne Fußboͤden von den ſchoͤnſten Steinen.
Hr. Wagner ſchickte mir Abends ſeinen Inſtruktor,
Hr. Algeyer. Ein Mann ſchon von 40. Jahren. Er
iſt von Augſpurg gebuͤrtig, hat Theologie ſtudirt, gibt
hier in vielen Haͤuſern Unterricht, und ſtudirt doch immer
noch fleiſſig fuͤr ſich. Wir ſtiegen zuerſt miteinander auf
den
Markusthurm, um das Vergnuͤgen der herrlichen
Ausſicht zu genieſſen. Man geht ſehr leicht hinauf und
herab, weil keine Stufen und Treppen ſind, ſondern der
Weg zieht ſich unvermerkt wie eine Wendeltreppe im
Thurme herum, und ſo kommt man hinauf. Es iſt
einmahl einer mit einem Bergroͤßchen hinauf geritten,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/662>, abgerufen am 28.11.2024.
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