Viele Kuckucke hört man überall im Lande rufen. Dieser Vogel ist in Deutschland so häufig, und doch ist seine Nat. Gesch. noch dunkel.
Man trift überall auf dem Felde grosse hölzerne Gerüste an, auf welchen die Bauern Erbsen, Linsen etc. trocknen sollen.
In einem schlechten Wendischen Wirthshause muste ich den Koch machen und eine Milchsuppe kochen, die Milch war aber köstlich.
Wir hatten etlichemahl wegen der schrecklichen Ber- ge Vorspann von Ochsen, sie zogen aber gar sicher.
Laybach scheint unter den vielen Landstädten eine der unansehnlichsten zu seyn.
Das weibliche Geschlecht ist hier recht sehr heßlich und kleidet sich noch heßlicher. Die Mannspersonen tra- gen alle schlechtes braunes Tuch.
Wir sollten einmahl Thee, den wir uns gekocht hat- ten, von flachen Tellern trinken, da nahmen wir doch lie- ber Schoppengläser dazu. Glückseliges Land, wo Kaf- feetassen noch unbekannt sind!
Ein gar prächtiger Anblick ists, wenn man vom Berge herab das stille blaue Meer zum erstenmahle er- blickt! An der Grenze Deutschlands, nicht weit vom Ufer Italiens! --
Trieste. Ich logirte im sogenannten grossen Wirthshause, in eben dem, worin Abt Winkel- mann ermordet ward. Meine Fenster gingen aufs Meer hin, und ich konnte den herrlichen Anblick, den ich bald nicht mehr haben werde, nicht genug geniessen. Auf dem Ruhebette sah ich das Meer, und die untergehende Sonne vor mir.
Ich
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Viele Kuckucke hoͤrt man uͤberall im Lande rufen. Dieſer Vogel iſt in Deutſchland ſo haͤufig, und doch iſt ſeine Nat. Geſch. noch dunkel.
Man trift uͤberall auf dem Felde groſſe hoͤlzerne Geruͤſte an, auf welchen die Bauern Erbſen, Linſen ꝛc. trocknen ſollen.
In einem ſchlechten Wendiſchen Wirthshauſe muſte ich den Koch machen und eine Milchſuppe kochen, die Milch war aber koͤſtlich.
Wir hatten etlichemahl wegen der ſchrecklichen Ber- ge Vorſpann von Ochſen, ſie zogen aber gar ſicher.
Laybach ſcheint unter den vielen Landſtaͤdten eine der unanſehnlichſten zu ſeyn.
Das weibliche Geſchlecht iſt hier recht ſehr heßlich und kleidet ſich noch heßlicher. Die Mannsperſonen tra- gen alle ſchlechtes braunes Tuch.
Wir ſollten einmahl Thee, den wir uns gekocht hat- ten, von flachen Tellern trinken, da nahmen wir doch lie- ber Schoppenglaͤſer dazu. Gluͤckſeliges Land, wo Kaf- feetaſſen noch unbekannt ſind!
Ein gar praͤchtiger Anblick iſts, wenn man vom Berge herab das ſtille blaue Meer zum erſtenmahle er- blickt! An der Grenze Deutſchlands, nicht weit vom Ufer Italiens! —
Trieſte. Ich logirte im ſogenannten groſſen Wirthshauſe, in eben dem, worin Abt Winkel- mann ermordet ward. Meine Fenſter gingen aufs Meer hin, und ich konnte den herrlichen Anblick, den ich bald nicht mehr haben werde, nicht genug genieſſen. Auf dem Ruhebette ſah ich das Meer, und die untergehende Sonne vor mir.
Ich
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Viele Kuckucke hoͤrt man uͤberall im Lande rufen.
Dieſer Vogel iſt in Deutſchland ſo haͤufig, und
doch iſt ſeine Nat. Geſch. noch dunkel.
Man trift uͤberall auf dem Felde groſſe hoͤlzerne
Geruͤſte an, auf welchen die Bauern Erbſen, Linſen ꝛc.
trocknen ſollen.
In einem ſchlechten Wendiſchen Wirthshauſe muſte
ich den Koch machen und eine Milchſuppe kochen, die
Milch war aber koͤſtlich.
Wir hatten etlichemahl wegen der ſchrecklichen Ber-
ge Vorſpann von Ochſen, ſie zogen aber gar ſicher.
Laybach ſcheint unter den vielen Landſtaͤdten eine
der unanſehnlichſten zu ſeyn.
Das weibliche Geſchlecht iſt hier recht ſehr heßlich
und kleidet ſich noch heßlicher. Die Mannsperſonen tra-
gen alle ſchlechtes braunes Tuch.
Wir ſollten einmahl Thee, den wir uns gekocht hat-
ten, von flachen Tellern trinken, da nahmen wir doch lie-
ber Schoppenglaͤſer dazu. Gluͤckſeliges Land, wo Kaf-
feetaſſen noch unbekannt ſind!
Ein gar praͤchtiger Anblick iſts, wenn man vom
Berge herab das ſtille blaue Meer zum erſtenmahle er-
blickt! An der Grenze Deutſchlands, nicht weit vom
Ufer Italiens! —
Trieſte. Ich logirte im ſogenannten groſſen
Wirthshauſe, in eben dem, worin Abt Winkel-
mann ermordet ward. Meine Fenſter gingen aufs
Meer hin, und ich konnte den herrlichen Anblick, den ich
bald nicht mehr haben werde, nicht genug genieſſen. Auf
dem Ruhebette ſah ich das Meer, und die untergehende
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 613. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/651>, abgerufen am 29.11.2024.
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