eigene Bauart. Er schenkte mir auch einen wohlgetrof- fenen Abdruck vom Pabst.
Hr. Dr. Rebsaamen besuchte mich drauf. Ein sehr aufgeklärter Katholik, und Mitglied von der Gesell- schaft, welche die wöchentliche Wahrheiten für die Prediger etc. etc. schreibt. Er hat auf den Pabst aller- lei Sinngedichte gemacht, die vielleicht einmahl werden gedruckt werden.
Ich machte auch heute dem Hrn. Reichshofrath und Grafen von der Lippe meine Aufwartung. Ein über- aus gnädiger und gefälliger Herr. Er ist reformirt, geht aber immer in die Lutherische Kirche, und kollektirt nun zu einem reformirten Bethause. Seine Gemahlin ist auf dem Lande erzogen, liebt die grossen Städte nicht, hat einen sanften Karakter, kränkelt aber an der Em- pfindsamkeit, beklagte noch sehr den Tod ihrer Tochter, weinte fast, als sie von Rousseau sprach, verehrt sehr seine Schriften etc.
Heute ward ein grosser Staatsrath bei Hofe gehalten, ob die wöchentlichen Wahrheiten für die Prediger etc. fortgehen sollten oder nicht, weil der hiesige Kardinal Migazzi gewaltige Vorstellungen dagegen machte, und seine Geistliche dagegen predigen lies. Er lief aber so ab, daß der Kaiser deklarirte, das Gutachten seiner ver- nünftigsten Theologen gehe dahin, daß durch dies Blatt mehr Gutes gestiftet werde, als wenn man noch 6. Pro- fessores Theologiae aufstellte. Also gehen sie fort, und bei dem reissenden Abgang hier erhöhte der Verleger den Preis von 4. auf 10. Kreuzer fürs Stück. Im heu- tigen 3ten Stück ward meine Predigt rezensirt, gut,
aber
eigene Bauart. Er ſchenkte mir auch einen wohlgetrof- fenen Abdruck vom Pabſt.
Hr. Dr. Rebſaamen beſuchte mich drauf. Ein ſehr aufgeklaͤrter Katholik, und Mitglied von der Geſell- ſchaft, welche die woͤchentliche Wahrheiten fuͤr die Prediger ꝛc. ꝛc. ſchreibt. Er hat auf den Pabſt aller- lei Sinngedichte gemacht, die vielleicht einmahl werden gedruckt werden.
Ich machte auch heute dem Hrn. Reichshofrath und Grafen von der Lippe meine Aufwartung. Ein uͤber- aus gnaͤdiger und gefaͤlliger Herr. Er iſt reformirt, geht aber immer in die Lutheriſche Kirche, und kollektirt nun zu einem reformirten Bethauſe. Seine Gemahlin iſt auf dem Lande erzogen, liebt die groſſen Staͤdte nicht, hat einen ſanften Karakter, kraͤnkelt aber an der Em- pfindſamkeit, beklagte noch ſehr den Tod ihrer Tochter, weinte faſt, als ſie von Rouſſeau ſprach, verehrt ſehr ſeine Schriften ꝛc.
Heute ward ein groſſer Staatsrath bei Hofe gehalten, ob die woͤchentlichen Wahrheiten fuͤr die Prediger ꝛc. fortgehen ſollten oder nicht, weil der hieſige Kardinal Migazzi gewaltige Vorſtellungen dagegen machte, und ſeine Geiſtliche dagegen predigen lies. Er lief aber ſo ab, daß der Kaiſer deklarirte, das Gutachten ſeiner ver- nuͤnftigſten Theologen gehe dahin, daß durch dies Blatt mehr Gutes geſtiftet werde, als wenn man noch 6. Pro- feſſores Theologiae aufſtellte. Alſo gehen ſie fort, und bei dem reiſſenden Abgang hier erhoͤhte der Verleger den Preis von 4. auf 10. Kreuzer fuͤrs Stuͤck. Im heu- tigen 3ten Stuͤck ward meine Predigt rezenſirt, gut,
aber
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eigene Bauart. Er ſchenkte mir auch einen wohlgetrof-
fenen Abdruck vom Pabſt.
Hr. Dr. Rebſaamen beſuchte mich drauf. Ein
ſehr aufgeklaͤrter Katholik, und Mitglied von der Geſell-
ſchaft, welche die woͤchentliche Wahrheiten fuͤr die
Prediger ꝛc. ꝛc. ſchreibt. Er hat auf den Pabſt aller-
lei Sinngedichte gemacht, die vielleicht einmahl werden
gedruckt werden.
Ich machte auch heute dem Hrn. Reichshofrath und
Grafen von der Lippe meine Aufwartung. Ein uͤber-
aus gnaͤdiger und gefaͤlliger Herr. Er iſt reformirt, geht
aber immer in die Lutheriſche Kirche, und kollektirt nun
zu einem reformirten Bethauſe. Seine Gemahlin iſt
auf dem Lande erzogen, liebt die groſſen Staͤdte nicht,
hat einen ſanften Karakter, kraͤnkelt aber an der Em-
pfindſamkeit, beklagte noch ſehr den Tod ihrer Tochter,
weinte faſt, als ſie von Rouſſeau ſprach, verehrt ſehr
ſeine Schriften ꝛc.
Heute ward ein groſſer Staatsrath bei Hofe gehalten,
ob die woͤchentlichen Wahrheiten fuͤr die Prediger ꝛc.
fortgehen ſollten oder nicht, weil der hieſige Kardinal
Migazzi gewaltige Vorſtellungen dagegen machte, und
ſeine Geiſtliche dagegen predigen lies. Er lief aber ſo
ab, daß der Kaiſer deklarirte, das Gutachten ſeiner ver-
nuͤnftigſten Theologen gehe dahin, daß durch dies Blatt
mehr Gutes geſtiftet werde, als wenn man noch 6. Pro-
feſſores Theologiae aufſtellte. Alſo gehen ſie fort,
und bei dem reiſſenden Abgang hier erhoͤhte der Verleger
den Preis von 4. auf 10. Kreuzer fuͤrs Stuͤck. Im heu-
tigen 3ten Stuͤck ward meine Predigt rezenſirt, gut,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/630>, abgerufen am 05.12.2024.
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