den Fremden hin, sie zu sehen. Sie kostet 40000. Gulden. Das Geld mußte vorher ganz beisammen seyn, ehe man den Bau anfing, nach den Kaiserlichen Befeh- len, damit die Unterthanen nicht zu sehr gedrückt wur- den. Sie ist aber gros, wohleingerichtet, helle und faßt eine Menge Menschen. Das Altarblatt ist von Oeser aus Leipzig, der aus Presburg gebürtig ist, und es für die Kirche zum Geschenk mahlte. Es stellt die Jünger von Emaus vor. Die Geistlichen haben keine andre als eine geschriebene Agende. Im Lande ist ihnen vermuthlich noch keine erlaubt worden zu drucken, und Auswärtige darf man nicht einbringen. Im Pulte oder Stuhl hat jede Person in der Kirche einen verschlos- senen Kasten, worin ihr Gesangbuch beständig bleibt. Diese Schlösser mußten sie bei Erbauung der Kirche be- sonders bezahlen, und jeder Sitz kostete damals 1. Du- katen. An diesem Kasten ist auch der Name mit ange- schlagen.
Auch ist noch eine Ungarische Kirche hier, die auch den Protestanten gehört, klein und niedlich ist, und worinnen abwechselnd zwischen den Sonntagen Ungarisch und Böhmisch gepredigt wird. Dazu ist ein eigener Prediger da, und in Presburg kommen diese Natio- nen immer zusammen.
Eins der schönsten Gebäude ist der Palast des Kar- dinals und Primas RegniBathiani. Ferner die ehemaligen Jesuiter-Kollegien, die Königl. Kammer, das Rathhaus etc. Im Jesuiter-Kollegium ist jetzt ein Kaffeehaus, und andre Leute wohnen darin.
Auch wohnt hier der Prinz von Koburg, wie man hier sagt: er ist in Kaiserlichen Diensten, hat aber
seinen
den Fremden hin, ſie zu ſehen. Sie koſtet 40000. Gulden. Das Geld mußte vorher ganz beiſammen ſeyn, ehe man den Bau anfing, nach den Kaiſerlichen Befeh- len, damit die Unterthanen nicht zu ſehr gedruͤckt wur- den. Sie iſt aber gros, wohleingerichtet, helle und faßt eine Menge Menſchen. Das Altarblatt iſt von Oeſer aus Leipzig, der aus Presburg gebuͤrtig iſt, und es fuͤr die Kirche zum Geſchenk mahlte. Es ſtellt die Juͤnger von Emaus vor. Die Geiſtlichen haben keine andre als eine geſchriebene Agende. Im Lande iſt ihnen vermuthlich noch keine erlaubt worden zu drucken, und Auswaͤrtige darf man nicht einbringen. Im Pulte oder Stuhl hat jede Perſon in der Kirche einen verſchloſ- ſenen Kaſten, worin ihr Geſangbuch beſtaͤndig bleibt. Dieſe Schloͤſſer mußten ſie bei Erbauung der Kirche be- ſonders bezahlen, und jeder Sitz koſtete damals 1. Du- katen. An dieſem Kaſten iſt auch der Name mit ange- ſchlagen.
Auch iſt noch eine Ungariſche Kirche hier, die auch den Proteſtanten gehoͤrt, klein und niedlich iſt, und worinnen abwechſelnd zwiſchen den Sonntagen Ungariſch und Boͤhmiſch gepredigt wird. Dazu iſt ein eigener Prediger da, und in Presburg kommen dieſe Natio- nen immer zuſammen.
Eins der ſchoͤnſten Gebaͤude iſt der Palaſt des Kar- dinals und Primas RegniBathiani. Ferner die ehemaligen Jeſuiter-Kollegien, die Koͤnigl. Kammer, das Rathhaus ꝛc. Im Jeſuiter-Kollegium iſt jetzt ein Kaffeehaus, und andre Leute wohnen darin.
Auch wohnt hier der Prinz von Koburg, wie man hier ſagt: er iſt in Kaiſerlichen Dienſten, hat aber
ſeinen
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den Fremden hin, ſie zu ſehen. Sie koſtet 40000.
Gulden. Das Geld mußte vorher ganz beiſammen ſeyn,
ehe man den Bau anfing, nach den Kaiſerlichen Befeh-
len, damit die Unterthanen nicht zu ſehr gedruͤckt wur-
den. Sie iſt aber gros, wohleingerichtet, helle und faßt
eine Menge Menſchen. Das Altarblatt iſt von Oeſer
aus Leipzig, der aus Presburg gebuͤrtig iſt, und es
fuͤr die Kirche zum Geſchenk mahlte. Es ſtellt die
Juͤnger von Emaus vor. Die Geiſtlichen haben keine
andre als eine geſchriebene Agende. Im Lande iſt
ihnen vermuthlich noch keine erlaubt worden zu drucken,
und Auswaͤrtige darf man nicht einbringen. Im Pulte
oder Stuhl hat jede Perſon in der Kirche einen verſchloſ-
ſenen Kaſten, worin ihr Geſangbuch beſtaͤndig bleibt.
Dieſe Schloͤſſer mußten ſie bei Erbauung der Kirche be-
ſonders bezahlen, und jeder Sitz koſtete damals 1. Du-
katen. An dieſem Kaſten iſt auch der Name mit ange-
ſchlagen.
Auch iſt noch eine Ungariſche Kirche hier, die
auch den Proteſtanten gehoͤrt, klein und niedlich iſt, und
worinnen abwechſelnd zwiſchen den Sonntagen Ungariſch
und Boͤhmiſch gepredigt wird. Dazu iſt ein eigener
Prediger da, und in Presburg kommen dieſe Natio-
nen immer zuſammen.
Eins der ſchoͤnſten Gebaͤude iſt der Palaſt des Kar-
dinals und Primas Regni Bathiani. Ferner die
ehemaligen Jeſuiter-Kollegien, die Koͤnigl. Kammer,
das Rathhaus ꝛc. Im Jeſuiter-Kollegium iſt jetzt
ein Kaffeehaus, und andre Leute wohnen darin.
Auch wohnt hier der Prinz von Koburg, wie
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/595>, abgerufen am 28.11.2024.
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