ich mußte bei ihm Quartier nehmen, und in Hr. Löwens Gesellschaft gleich Mittags bei ihm essen.
Hr. Löwe und ich wollten die 2. Evangelischen Geist- lichen, Rippini und Dovai besuchen; aber jener war nicht in der Stadt, und dieser war im Examen des Gym- nasiums, oder der 6. Klassen. Wir gingen also auch in das
Lateinische Examen der protestantischen Schule. Das Gebäude ist alt, eng, schlecht. Hr. Subkonrektor Wendler examinirte grade aus dem Cornelius, über den Datames, lies die grammatischen Regeln anwen- den, und diktirte hernach eine Imitation. Nachher ward aus der Geographie die europäische Türkei vor- genommen. Das Examen wird auch hier, wie in der Wiener Normalschule, vorher genau verabredet oder anbefohlen. Die Vorsteher und anwesenden Väter hat- ten Bogen in der Hand, worin für jede Stunde die Ma- terie des Examens aufgeschrieben ist. Alle Wissenschaf- ten, alles Repetiren, alles Fragen, Antworten, Exa- miren etc. geschieht Lateinisch. Das kan nach der Aus- sage des Hr. Rektors Rethsko, der in Göttingen Mosheims Töchter unterrichtete, nicht anders seyn, weil in der Schule ein Mischmasch von allen Nationen ist, Illyrier, Slawaken, Rätzen, Ungarn, Kroa- ten, Deutsche, Griechen etc.
Hierauf besah ich die neue Evangelische Kirche. Die Protestanten freuen sich ihrer noch immer. Sie konnten sie vor etlichen Jahren endlich bauen. Im Lan- de, wo vorher Druck und Gewissenszwang war, erregt ein Glück von der Art in allen Gemüthern eine unaus- löschliche Freude. Man rühmt das gleich, und führt
den
ich mußte bei ihm Quartier nehmen, und in Hr. Loͤwens Geſellſchaft gleich Mittags bei ihm eſſen.
Hr. Loͤwe und ich wollten die 2. Evangeliſchen Geiſt- lichen, Rippini und Dovai beſuchen; aber jener war nicht in der Stadt, und dieſer war im Examen des Gym- naſiums, oder der 6. Klaſſen. Wir gingen alſo auch in das
Lateiniſche Examen der proteſtantiſchen Schule. Das Gebaͤude iſt alt, eng, ſchlecht. Hr. Subkonrektor Wendler examinirte grade aus dem Cornelius, uͤber den Datames, lies die grammatiſchen Regeln anwen- den, und diktirte hernach eine Imitation. Nachher ward aus der Geographie die europaͤiſche Tuͤrkei vor- genommen. Das Examen wird auch hier, wie in der Wiener Normalſchule, vorher genau verabredet oder anbefohlen. Die Vorſteher und anweſenden Vaͤter hat- ten Bogen in der Hand, worin fuͤr jede Stunde die Ma- terie des Examens aufgeſchrieben iſt. Alle Wiſſenſchaf- ten, alles Repetiren, alles Fragen, Antworten, Exa- miren ꝛc. geſchieht Lateiniſch. Das kan nach der Aus- ſage des Hr. Rektors Rethſko, der in Goͤttingen Mosheims Toͤchter unterrichtete, nicht anders ſeyn, weil in der Schule ein Miſchmaſch von allen Nationen iſt, Illyrier, Slawaken, Raͤtzen, Ungarn, Kroa- ten, Deutſche, Griechen ꝛc.
Hierauf beſah ich die neue Evangeliſche Kirche. Die Proteſtanten freuen ſich ihrer noch immer. Sie konnten ſie vor etlichen Jahren endlich bauen. Im Lan- de, wo vorher Druck und Gewiſſenszwang war, erregt ein Gluͤck von der Art in allen Gemuͤthern eine unaus- loͤſchliche Freude. Man ruͤhmt das gleich, und fuͤhrt
den
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ich mußte bei ihm Quartier nehmen, und in Hr. Loͤwens
Geſellſchaft gleich Mittags bei ihm eſſen.
Hr. Loͤwe und ich wollten die 2. Evangeliſchen Geiſt-
lichen, Rippini und Dovai beſuchen; aber jener war
nicht in der Stadt, und dieſer war im Examen des Gym-
naſiums, oder der 6. Klaſſen. Wir gingen alſo auch
in das
Lateiniſche Examen der proteſtantiſchen Schule.
Das Gebaͤude iſt alt, eng, ſchlecht. Hr. Subkonrektor
Wendler examinirte grade aus dem Cornelius, uͤber
den Datames, lies die grammatiſchen Regeln anwen-
den, und diktirte hernach eine Imitation. Nachher
ward aus der Geographie die europaͤiſche Tuͤrkei vor-
genommen. Das Examen wird auch hier, wie in der
Wiener Normalſchule, vorher genau verabredet oder
anbefohlen. Die Vorſteher und anweſenden Vaͤter hat-
ten Bogen in der Hand, worin fuͤr jede Stunde die Ma-
terie des Examens aufgeſchrieben iſt. Alle Wiſſenſchaf-
ten, alles Repetiren, alles Fragen, Antworten, Exa-
miren ꝛc. geſchieht Lateiniſch. Das kan nach der Aus-
ſage des Hr. Rektors Rethſko, der in Goͤttingen
Mosheims Toͤchter unterrichtete, nicht anders ſeyn,
weil in der Schule ein Miſchmaſch von allen Nationen
iſt, Illyrier, Slawaken, Raͤtzen, Ungarn, Kroa-
ten, Deutſche, Griechen ꝛc.
Hierauf beſah ich die neue Evangeliſche Kirche.
Die Proteſtanten freuen ſich ihrer noch immer. Sie
konnten ſie vor etlichen Jahren endlich bauen. Im Lan-
de, wo vorher Druck und Gewiſſenszwang war, erregt
ein Gluͤck von der Art in allen Gemuͤthern eine unaus-
loͤſchliche Freude. Man ruͤhmt das gleich, und fuͤhrt
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/594>, abgerufen am 28.11.2024.
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