"denn," sagte er, "bis ich ihm die Gründe, die mich "darzu bewogen, hätte beibringen können, hätte er erst "müssen Mann seyn, Theologie und Philosophie studi- "ren" -- "Und hernach falsche Schlüsse daraus zie- "hen," antwortete ich, und brach die Unterredung ab. Er hätte, sagte er, auch immer Hofnung gehabt, mich zu sehen, denn Jemand, der mich in Berlin gesprochen, hätte ihm von mir gesagt. Caeterum secum con- tentus senescere videtur.
Heute wars wieder so kalt und unfreundlich, daß man bald anfing, wieder einzuheizen. Auf den Ber- gen lag Schnee.
Heute begegnete mir auch Hr. Dr. Ingenhouß auf der Strasse. Er war in einem schwarzen Kleide, und trug einen silbernen Degen und einen Stock, den er horizontal hielt, gegen dessen Länge Goliaths Spies klein war. Ein singulärer Holländer! Als er ins Stock- maiersche Haus zog, wollte er gleich einen Gewitterab- leiter im Hause anbringen. Hr. v. Mühlen, der Han- növerische Agent, urtheite von seinem Buche über die Pflanzen, "er mache einen so furchtsam, daß man zuletzt "nicht wisse, wo man den Fuß in der Natur hinsetzen "solle."
Den Abend brachte ich gröstentheils beim guten und kranken Hrn. Prediger Suck und seinen 2. Töchtern zu.
Bemerkungen.
Man verkaust hier den Pabst erbärmlich in Kupfer gestochen für 1. Kreuzer. Alte Trödelweiber rufen ihn in der Stadt aus, und die Marktbauern kaufen ihn, wie warme Semmeln.
Wenn
„denn,“ ſagte er, „bis ich ihm die Gruͤnde, die mich „darzu bewogen, haͤtte beibringen koͤnnen, haͤtte er erſt „muͤſſen Mann ſeyn, Theologie und Philoſophie ſtudi- „ren“ — „Und hernach falſche Schluͤſſe daraus zie- „hen,“ antwortete ich, und brach die Unterredung ab. Er haͤtte, ſagte er, auch immer Hofnung gehabt, mich zu ſehen, denn Jemand, der mich in Berlin geſprochen, haͤtte ihm von mir geſagt. Caeterum ſecum con- tentus ſeneſcere videtur.
Heute wars wieder ſo kalt und unfreundlich, daß man bald anfing, wieder einzuheizen. Auf den Ber- gen lag Schnee.
Heute begegnete mir auch Hr. Dr. Ingenhouß auf der Straſſe. Er war in einem ſchwarzen Kleide, und trug einen ſilbernen Degen und einen Stock, den er horizontal hielt, gegen deſſen Laͤnge Goliaths Spies klein war. Ein ſingulaͤrer Hollaͤnder! Als er ins Stock- maierſche Haus zog, wollte er gleich einen Gewitterab- leiter im Hauſe anbringen. Hr. v. Muͤhlen, der Han- noͤveriſche Agent, urtheite von ſeinem Buche uͤber die Pflanzen, „er mache einen ſo furchtſam, daß man zuletzt „nicht wiſſe, wo man den Fuß in der Natur hinſetzen „ſolle.“
Den Abend brachte ich groͤſtentheils beim guten und kranken Hrn. Prediger Suck und ſeinen 2. Toͤchtern zu.
Bemerkungen.
Man verkauſt hier den Pabſt erbaͤrmlich in Kupfer geſtochen fuͤr 1. Kreuzer. Alte Troͤdelweiber rufen ihn in der Stadt aus, und die Marktbauern kaufen ihn, wie warme Semmeln.
Wenn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0565"n="527"/>„denn,“ſagte er, „bis ich ihm die Gruͤnde, die mich<lb/>„darzu bewogen, haͤtte beibringen koͤnnen, haͤtte er erſt<lb/>„muͤſſen Mann ſeyn, Theologie und Philoſophie ſtudi-<lb/>„ren“—„Und hernach falſche Schluͤſſe daraus zie-<lb/>„hen,“ antwortete ich, und brach die Unterredung ab.<lb/>
Er haͤtte, ſagte er, auch immer Hofnung gehabt, mich<lb/>
zu ſehen, denn Jemand, der mich in <hirendition="#fr">Berlin</hi> geſprochen,<lb/>
haͤtte ihm von mir geſagt. <hirendition="#aq">Caeterum ſecum con-<lb/>
tentus ſeneſcere videtur.</hi></p><lb/><p>Heute wars wieder ſo kalt und unfreundlich, daß<lb/>
man bald anfing, wieder einzuheizen. Auf den Ber-<lb/>
gen lag Schnee.</p><lb/><p>Heute begegnete mir auch Hr. Dr. <hirendition="#fr">Ingenhouß</hi><lb/>
auf der Straſſe. Er war in einem ſchwarzen Kleide,<lb/>
und trug einen ſilbernen Degen und einen Stock, den er<lb/>
horizontal hielt, gegen deſſen Laͤnge <hirendition="#fr">Goliaths</hi> Spies klein<lb/>
war. Ein ſingulaͤrer <hirendition="#fr">Hollaͤnder!</hi> Als er ins <hirendition="#fr">Stock-<lb/>
maier</hi>ſche Haus zog, wollte er gleich einen Gewitterab-<lb/>
leiter im Hauſe anbringen. Hr. v. <hirendition="#fr">Muͤhlen,</hi> der <hirendition="#fr">Han-<lb/>
noͤveri</hi>ſche Agent, urtheite von ſeinem Buche uͤber die<lb/>
Pflanzen, „er mache einen ſo furchtſam, daß man zuletzt<lb/>„nicht wiſſe, wo man den Fuß in der Natur hinſetzen<lb/>„ſolle.“</p><lb/><p>Den Abend brachte ich groͤſtentheils beim guten und<lb/>
kranken Hrn. Prediger <hirendition="#fr">Suck</hi> und ſeinen 2. Toͤchtern zu.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#fr">Bemerkungen.</hi></head><lb/><p>Man verkauſt hier den <hirendition="#fr">Pabſt</hi> erbaͤrmlich in Kupfer<lb/>
geſtochen fuͤr 1. Kreuzer. Alte Troͤdelweiber rufen ihn<lb/>
in der Stadt aus, und die Marktbauern kaufen ihn, wie<lb/>
warme Semmeln.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wenn</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[527/0565]
„denn,“ ſagte er, „bis ich ihm die Gruͤnde, die mich
„darzu bewogen, haͤtte beibringen koͤnnen, haͤtte er erſt
„muͤſſen Mann ſeyn, Theologie und Philoſophie ſtudi-
„ren“ — „Und hernach falſche Schluͤſſe daraus zie-
„hen,“ antwortete ich, und brach die Unterredung ab.
Er haͤtte, ſagte er, auch immer Hofnung gehabt, mich
zu ſehen, denn Jemand, der mich in Berlin geſprochen,
haͤtte ihm von mir geſagt. Caeterum ſecum con-
tentus ſeneſcere videtur.
Heute wars wieder ſo kalt und unfreundlich, daß
man bald anfing, wieder einzuheizen. Auf den Ber-
gen lag Schnee.
Heute begegnete mir auch Hr. Dr. Ingenhouß
auf der Straſſe. Er war in einem ſchwarzen Kleide,
und trug einen ſilbernen Degen und einen Stock, den er
horizontal hielt, gegen deſſen Laͤnge Goliaths Spies klein
war. Ein ſingulaͤrer Hollaͤnder! Als er ins Stock-
maierſche Haus zog, wollte er gleich einen Gewitterab-
leiter im Hauſe anbringen. Hr. v. Muͤhlen, der Han-
noͤveriſche Agent, urtheite von ſeinem Buche uͤber die
Pflanzen, „er mache einen ſo furchtſam, daß man zuletzt
„nicht wiſſe, wo man den Fuß in der Natur hinſetzen
„ſolle.“
Den Abend brachte ich groͤſtentheils beim guten und
kranken Hrn. Prediger Suck und ſeinen 2. Toͤchtern zu.
Bemerkungen.
Man verkauſt hier den Pabſt erbaͤrmlich in Kupfer
geſtochen fuͤr 1. Kreuzer. Alte Troͤdelweiber rufen ihn
in der Stadt aus, und die Marktbauern kaufen ihn, wie
warme Semmeln.
Wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/565>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.