dern mit dem Titel: "Für die hiesige Dänische Gesand- "schaftskirche", angebunden. Fast jedem geben die Meßner ein Liederbuch, das man hernach auf dem Stuh- le liegen läßt; daher sind alle numerirt und signirt. Die Orgel ist ein kleines Positivchen, die Kanzel aber doch mehr Kanzel als in der Schwedischen Gesandschaftska- pelle. Man singt auch genug in dieser Kirche; erst ein allgemeines Loblied, hernach folgt ein Gebet, darauf ein ganzes andres Lied, und ununterbrochen nach diesem: Herr Jesu Christ dich zu uns wend etc. Darauf ward das Evangelium verlesen, das Vater Unser laut gebetet, aber ziemlich schnappelnd, und darauf von Hrn. Eckhof über die Epistel Jak. I, 17. gepredigt. Der Text ward gar nicht erklärt, auch manches falsch angenommen. z. B. Schnell zu hören, langsam zu reden. Kurz, es ward eine allgemeine moralische Rede: Ueber die Pflicht der Christen gegen ihren Wohlthäter -- gehalten. Daß Gott an der Sünde nicht Schuld habe, ward weit- läuftig behauptet, doch von der Reparat. damni per J. Ch. wenig, und nur mit allgemeinen Worten erin- nert. Der Redner hatte viel Anstand, war aber doch steif, fast ohne alle Gestus, und im Vortrage langsam, langweilig, wortschweifig. Er preßte oft einen Gedan- ken und zerrte ihn so lange herum, bis fast kein Saft mehr darin war. Auch ging er nicht genug ad specia- lia, als gezeigt werden sollte, daß auch Ehre, irrdi- sches Glück und Ansehn von Gott komme. Im zwei- ten Theile wurden die Pflichten gegen diesen Wohlthä- ter kaum genannt; wegen der verstrichenen Zeit war die- ser gar kurz, und ward ohne alle Ordnung mit Versen angefangen und beschlossen. Nachher sang man wieder ein ganzes Lied. Unschicklich ist es, daß viele, sonder-
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dern mit dem Titel: „Fuͤr die hieſige Daͤniſche Geſand- „ſchaftskirche“, angebunden. Faſt jedem geben die Meßner ein Liederbuch, das man hernach auf dem Stuh- le liegen laͤßt; daher ſind alle numerirt und ſignirt. Die Orgel iſt ein kleines Poſitivchen, die Kanzel aber doch mehr Kanzel als in der Schwediſchen Geſandſchaftska- pelle. Man ſingt auch genug in dieſer Kirche; erſt ein allgemeines Loblied, hernach folgt ein Gebet, darauf ein ganzes andres Lied, und ununterbrochen nach dieſem: Herr Jeſu Chriſt dich zu uns wend ꝛc. Darauf ward das Evangelium verleſen, das Vater Unſer laut gebetet, aber ziemlich ſchnappelnd, und darauf von Hrn. Eckhof uͤber die Epiſtel Jak. I, 17. gepredigt. Der Text ward gar nicht erklaͤrt, auch manches falſch angenommen. z. B. Schnell zu hoͤren, langſam zu reden. Kurz, es ward eine allgemeine moraliſche Rede: Ueber die Pflicht der Chriſten gegen ihren Wohlthaͤter — gehalten. Daß Gott an der Suͤnde nicht Schuld habe, ward weit- laͤuftig behauptet, doch von der Reparat. damni per J. Ch. wenig, und nur mit allgemeinen Worten erin- nert. Der Redner hatte viel Anſtand, war aber doch ſteif, faſt ohne alle Geſtus, und im Vortrage langſam, langweilig, wortſchweifig. Er preßte oft einen Gedan- ken und zerrte ihn ſo lange herum, bis faſt kein Saft mehr darin war. Auch ging er nicht genug ad ſpecia- lia, als gezeigt werden ſollte, daß auch Ehre, irrdi- ſches Gluͤck und Anſehn von Gott komme. Im zwei- ten Theile wurden die Pflichten gegen dieſen Wohlthaͤ- ter kaum genannt; wegen der verſtrichenen Zeit war die- ſer gar kurz, und ward ohne alle Ordnung mit Verſen angefangen und beſchloſſen. Nachher ſang man wieder ein ganzes Lied. Unſchicklich iſt es, daß viele, ſonder-
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dern mit dem Titel: „Fuͤr die hieſige Daͤniſche Geſand-
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Meßner ein Liederbuch, das man hernach auf dem Stuh-
le liegen laͤßt; daher ſind alle numerirt und ſignirt. Die
Orgel iſt ein kleines Poſitivchen, die Kanzel aber doch
mehr Kanzel als in der Schwediſchen Geſandſchaftska-
pelle. Man ſingt auch genug in dieſer Kirche; erſt ein
allgemeines Loblied, hernach folgt ein Gebet, darauf ein
ganzes andres Lied, und ununterbrochen nach dieſem:
Herr Jeſu Chriſt dich zu uns wend ꝛc. Darauf ward
das Evangelium verleſen, das Vater Unſer laut gebetet,
aber ziemlich ſchnappelnd, und darauf von Hrn. Eckhof
uͤber die Epiſtel Jak. I, 17. gepredigt. Der Text ward
gar nicht erklaͤrt, auch manches falſch angenommen.
z. B. Schnell zu hoͤren, langſam zu reden. Kurz, es
ward eine allgemeine moraliſche Rede: Ueber die Pflicht
der Chriſten gegen ihren Wohlthaͤter — gehalten.
Daß Gott an der Suͤnde nicht Schuld habe, ward weit-
laͤuftig behauptet, doch von der Reparat. damni per
J. Ch. wenig, und nur mit allgemeinen Worten erin-
nert. Der Redner hatte viel Anſtand, war aber doch
ſteif, faſt ohne alle Geſtus, und im Vortrage langſam,
langweilig, wortſchweifig. Er preßte oft einen Gedan-
ken und zerrte ihn ſo lange herum, bis faſt kein Saft
mehr darin war. Auch ging er nicht genug ad ſpecia-
lia, als gezeigt werden ſollte, daß auch Ehre, irrdi-
ſches Gluͤck und Anſehn von Gott komme. Im zwei-
ten Theile wurden die Pflichten gegen dieſen Wohlthaͤ-
ter kaum genannt; wegen der verſtrichenen Zeit war die-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/559>, abgerufen am 25.11.2024.
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