peln der Israelitischen Könige spiegeln, die sich an den Schätzen der Kirche vergriffen.
Im vorigen Sommer stand im Augarten angeschla- gen: Ioseph premier, aimable et charmant; Ioseph second, scorpion et tyran. An des Kaisers eigenes Schlafkabinet schlug man folgendes Pasquill an: Wittwenmark und Waisen-Gut, Ist für Kaisers Augen gut. -- So bös ist das Volk hier!
Ein andres gab man ihm im Kontrolleurgang, als ein Memorial, wovon der Schluß war: "Ein rechter "Kahlmäuser, ist unser Kaiser."
Als die Hofdamen und andre Hofoffizianten, die sonst bei Hofe gewohnt hatten, im vorigen Jahre aus- ziehen mußten, und ein gewisses Geld dafür nehmen, ward folgendes Pasquill in der Burg angeschlagen: Allhier sind im ersten und zweiten Stock Zimmer zu ver- lassen (Wienerisch anstatt vermiethen). Wer solche bestehen (miethen) will, hat sich beim Hausherrn im er- sten Stock zu melden.
Bei eben der Gelegenheit kam ein häßliches Bild heraus: Die Hofdamen gehen jede mit ihrem Bündel fort. Der Oberhofmeister kehrt mit dem Besen hinten- nach, und der Kaiser steht mit einer Hetzpeitsche in der Ecke.
Als das Toleranzedikt in Kroatien publizirt wurde, zogen alle auf dem Rathhause den Säbel, und schrien: Moriamur omnes pro religione nostra! Nach und nach dringt der Kaiser doch durch, aber so schnell nicht.
In Oedenburg bekamen 2. Protestanten Dienste, die Eide erforderten. Sie schworen den Protestanteneid,
und
peln der Iſraelitiſchen Koͤnige ſpiegeln, die ſich an den Schaͤtzen der Kirche vergriffen.
Im vorigen Sommer ſtand im Augarten angeſchla- gen: Ioſeph premier, aimable et charmant; Ioſeph ſecond, ſcorpion et tyran. An des Kaiſers eigenes Schlafkabinet ſchlug man folgendes Pasquill an: Wittwenmark und Waiſen-Gut, Iſt fuͤr Kaiſers Augen gut. — So boͤs iſt das Volk hier!
Ein andres gab man ihm im Kontrolleurgang, als ein Memorial, wovon der Schluß war: „Ein rechter „Kahlmaͤuſer, iſt unſer Kaiſer.“
Als die Hofdamen und andre Hofoffizianten, die ſonſt bei Hofe gewohnt hatten, im vorigen Jahre aus- ziehen mußten, und ein gewiſſes Geld dafuͤr nehmen, ward folgendes Pasquill in der Burg angeſchlagen: Allhier ſind im erſten und zweiten Stock Zimmer zu ver- laſſen (Wieneriſch anſtatt vermiethen). Wer ſolche beſtehen (miethen) will, hat ſich beim Hausherrn im er- ſten Stock zu melden.
Bei eben der Gelegenheit kam ein haͤßliches Bild heraus: Die Hofdamen gehen jede mit ihrem Buͤndel fort. Der Oberhofmeiſter kehrt mit dem Beſen hinten- nach, und der Kaiſer ſteht mit einer Hetzpeitſche in der Ecke.
Als das Toleranzedikt in Kroatien publizirt wurde, zogen alle auf dem Rathhauſe den Saͤbel, und ſchrien: Moriamur omnes pro religione noſtra! Nach und nach dringt der Kaiſer doch durch, aber ſo ſchnell nicht.
In Oedenburg bekamen 2. Proteſtanten Dienſte, die Eide erforderten. Sie ſchworen den Proteſtanteneid,
und
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peln der Iſraelitiſchen Koͤnige ſpiegeln, die ſich an den
Schaͤtzen der Kirche vergriffen.
Im vorigen Sommer ſtand im Augarten angeſchla-
gen: Ioſeph premier, aimable et charmant;
Ioſeph ſecond, ſcorpion et tyran. An des Kaiſers
eigenes Schlafkabinet ſchlug man folgendes Pasquill
an: Wittwenmark und Waiſen-Gut, Iſt fuͤr Kaiſers
Augen gut. — So boͤs iſt das Volk hier!
Ein andres gab man ihm im Kontrolleurgang,
als ein Memorial, wovon der Schluß war: „Ein rechter
„Kahlmaͤuſer, iſt unſer Kaiſer.“
Als die Hofdamen und andre Hofoffizianten, die
ſonſt bei Hofe gewohnt hatten, im vorigen Jahre aus-
ziehen mußten, und ein gewiſſes Geld dafuͤr nehmen,
ward folgendes Pasquill in der Burg angeſchlagen:
Allhier ſind im erſten und zweiten Stock Zimmer zu ver-
laſſen (Wieneriſch anſtatt vermiethen). Wer ſolche
beſtehen (miethen) will, hat ſich beim Hausherrn im er-
ſten Stock zu melden.
Bei eben der Gelegenheit kam ein haͤßliches Bild
heraus: Die Hofdamen gehen jede mit ihrem Buͤndel
fort. Der Oberhofmeiſter kehrt mit dem Beſen hinten-
nach, und der Kaiſer ſteht mit einer Hetzpeitſche in der
Ecke.
Als das Toleranzedikt in Kroatien publizirt
wurde, zogen alle auf dem Rathhauſe den Saͤbel, und
ſchrien: Moriamur omnes pro religione noſtra!
Nach und nach dringt der Kaiſer doch durch, aber ſo
ſchnell nicht.
In Oedenburg bekamen 2. Proteſtanten Dienſte,
die Eide erforderten. Sie ſchworen den Proteſtanteneid,
und
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/528>, abgerufen am 24.11.2024.
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