von Würzburg und Bamberg geistlicher Rath gewe- sen, und schon die verstorb. Kaiserin Mar. Ther. habe ihn hierher gebracht; so wußte der Pabst von keinem Bi- schoff von Bamberg und Würzburg in seiner Kirche. Er wiederholte den Namen etlichemal, und endlich sagte er nach langem Besinnen: "das müßte ein Bischoff in partibus infidelium seyn"!! --
Die Schwäche des Pabsts zeigte sich auch gar deut- lich dadurch, daß er immer eine Menge Kreuze und Ro- senkränze weihte, die man ihm brachte. Ich sah selber einen ganzen Sack voll Kreuze hineintragen. Mehr als 150,000. soll er hier geweiht haben. Sie kamen von ganzen Landschaften zusammen, und waren alle für jeden Besitzer gezeichnet. Man warf oft 6000, 20,000. zu- sammen in eine Kiste, und stellte sie vor ihn hin. Er er- klärte, daß wer so ein Kreuz hat, Ablaß habe in der Stunde des Todes, so lange das Kreuz nicht auf den Boden fällt. Sobald aber das geschieht, so ist Segen, Kraft und Ablaß fort. Man bezahlte die Bedienten, die es hinein trugen. Als der Pabst in der Porzellan- fabrik war, segnete er die Tassen und alles Geschirr ein, daher ein witziger Kopf ein Sinngedicht an die Mädchen in Wien machte; nun sei es erst recht gut, Kaffee zu trinken. Unter den Geschenken des Pabsts waren auch Reliquien, kostbar eingefaßte Stücke vom Schleier der heil. Jungfrau, vom Kleide Pabsts PiusI. -- Das letztere bekam schon erwähnter Hr. von Hayfeld, bei dem ichs selbst gesehen habe.
In der hiesigen Michaeliskirche wurde um diese Zeit ein neuer Hochaltar gebaut. Die Geistlichkeit ver- anstaltete, daß er geschwind geweiht wurde. Denn, wenn
ihn
von Wuͤrzburg und Bamberg geiſtlicher Rath gewe- ſen, und ſchon die verſtorb. Kaiſerin Mar. Ther. habe ihn hierher gebracht; ſo wußte der Pabſt von keinem Bi- ſchoff von Bamberg und Wuͤrzburg in ſeiner Kirche. Er wiederholte den Namen etlichemal, und endlich ſagte er nach langem Beſinnen: „das muͤßte ein Biſchoff in partibus infidelium ſeyn“!! —
Die Schwaͤche des Pabſts zeigte ſich auch gar deut- lich dadurch, daß er immer eine Menge Kreuze und Ro- ſenkraͤnze weihte, die man ihm brachte. Ich ſah ſelber einen ganzen Sack voll Kreuze hineintragen. Mehr als 150,000. ſoll er hier geweiht haben. Sie kamen von ganzen Landſchaften zuſammen, und waren alle fuͤr jeden Beſitzer gezeichnet. Man warf oft 6000, 20,000. zu- ſammen in eine Kiſte, und ſtellte ſie vor ihn hin. Er er- klaͤrte, daß wer ſo ein Kreuz hat, Ablaß habe in der Stunde des Todes, ſo lange das Kreuz nicht auf den Boden faͤllt. Sobald aber das geſchieht, ſo iſt Segen, Kraft und Ablaß fort. Man bezahlte die Bedienten, die es hinein trugen. Als der Pabſt in der Porzellan- fabrik war, ſegnete er die Taſſen und alles Geſchirr ein, daher ein witziger Kopf ein Sinngedicht an die Maͤdchen in Wien machte; nun ſei es erſt recht gut, Kaffee zu trinken. Unter den Geſchenken des Pabſts waren auch Reliquien, koſtbar eingefaßte Stuͤcke vom Schleier der heil. Jungfrau, vom Kleide Pabſts PiusI. — Das letztere bekam ſchon erwaͤhnter Hr. von Hayfeld, bei dem ichs ſelbſt geſehen habe.
In der hieſigen Michaeliskirche wurde um dieſe Zeit ein neuer Hochaltar gebaut. Die Geiſtlichkeit ver- anſtaltete, daß er geſchwind geweiht wurde. Denn, wenn
ihn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0526"n="488"/>
von <hirendition="#fr">Wuͤrzburg</hi> und <hirendition="#fr">Bamberg</hi> geiſtlicher Rath gewe-<lb/>ſen, und ſchon die verſtorb. Kaiſerin <hirendition="#fr">Mar. Ther.</hi> habe<lb/>
ihn hierher gebracht; ſo wußte der Pabſt von keinem Bi-<lb/>ſchoff von <hirendition="#fr">Bamberg</hi> und <hirendition="#fr">Wuͤrzburg</hi> in ſeiner Kirche.<lb/>
Er wiederholte den Namen etlichemal, und endlich ſagte<lb/>
er nach langem Beſinnen: „das muͤßte ein Biſchoff <hirendition="#aq">in<lb/>
partibus infidelium</hi>ſeyn“!! —</p><lb/><p>Die Schwaͤche des <hirendition="#fr">Pabſts</hi> zeigte ſich auch gar deut-<lb/>
lich dadurch, daß er immer eine Menge Kreuze und Ro-<lb/>ſenkraͤnze weihte, die man ihm brachte. Ich ſah ſelber<lb/>
einen ganzen Sack voll Kreuze hineintragen. Mehr als<lb/>
150,000. ſoll er hier geweiht haben. Sie kamen von<lb/>
ganzen Landſchaften zuſammen, und waren alle fuͤr jeden<lb/>
Beſitzer gezeichnet. Man warf oft 6000, 20,000. zu-<lb/>ſammen in eine Kiſte, und ſtellte ſie vor ihn hin. Er er-<lb/>
klaͤrte, daß wer ſo ein Kreuz hat, Ablaß habe in der<lb/>
Stunde des Todes, ſo lange das Kreuz nicht auf den<lb/>
Boden faͤllt. Sobald aber das geſchieht, ſo iſt Segen,<lb/>
Kraft und Ablaß fort. Man bezahlte die Bedienten,<lb/>
die es hinein trugen. Als der <hirendition="#fr">Pabſt</hi> in der <hirendition="#fr">Porzellan-<lb/>
fabrik</hi> war, ſegnete er die Taſſen und alles Geſchirr ein,<lb/>
daher ein witziger Kopf ein Sinngedicht an die Maͤdchen<lb/>
in <hirendition="#fr">Wien</hi> machte; nun ſei es erſt recht gut, Kaffee zu<lb/>
trinken. Unter den <hirendition="#fr">Geſchenken des Pabſts</hi> waren<lb/>
auch Reliquien, koſtbar eingefaßte Stuͤcke vom Schleier<lb/>
der heil. Jungfrau, vom Kleide Pabſts <hirendition="#fr">Pius</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">I.</hi></hi>—<lb/>
Das letztere bekam ſchon erwaͤhnter Hr. <hirendition="#fr">von Hayfeld,</hi><lb/>
bei dem ichs ſelbſt geſehen habe.</p><lb/><p>In der hieſigen <hirendition="#fr">Michaelis</hi>kirche wurde um dieſe<lb/>
Zeit ein neuer Hochaltar gebaut. Die Geiſtlichkeit ver-<lb/>
anſtaltete, daß er geſchwind geweiht wurde. Denn, wenn<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ihn</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[488/0526]
von Wuͤrzburg und Bamberg geiſtlicher Rath gewe-
ſen, und ſchon die verſtorb. Kaiſerin Mar. Ther. habe
ihn hierher gebracht; ſo wußte der Pabſt von keinem Bi-
ſchoff von Bamberg und Wuͤrzburg in ſeiner Kirche.
Er wiederholte den Namen etlichemal, und endlich ſagte
er nach langem Beſinnen: „das muͤßte ein Biſchoff in
partibus infidelium ſeyn“!! —
Die Schwaͤche des Pabſts zeigte ſich auch gar deut-
lich dadurch, daß er immer eine Menge Kreuze und Ro-
ſenkraͤnze weihte, die man ihm brachte. Ich ſah ſelber
einen ganzen Sack voll Kreuze hineintragen. Mehr als
150,000. ſoll er hier geweiht haben. Sie kamen von
ganzen Landſchaften zuſammen, und waren alle fuͤr jeden
Beſitzer gezeichnet. Man warf oft 6000, 20,000. zu-
ſammen in eine Kiſte, und ſtellte ſie vor ihn hin. Er er-
klaͤrte, daß wer ſo ein Kreuz hat, Ablaß habe in der
Stunde des Todes, ſo lange das Kreuz nicht auf den
Boden faͤllt. Sobald aber das geſchieht, ſo iſt Segen,
Kraft und Ablaß fort. Man bezahlte die Bedienten,
die es hinein trugen. Als der Pabſt in der Porzellan-
fabrik war, ſegnete er die Taſſen und alles Geſchirr ein,
daher ein witziger Kopf ein Sinngedicht an die Maͤdchen
in Wien machte; nun ſei es erſt recht gut, Kaffee zu
trinken. Unter den Geſchenken des Pabſts waren
auch Reliquien, koſtbar eingefaßte Stuͤcke vom Schleier
der heil. Jungfrau, vom Kleide Pabſts Pius I. —
Das letztere bekam ſchon erwaͤhnter Hr. von Hayfeld,
bei dem ichs ſelbſt geſehen habe.
In der hieſigen Michaeliskirche wurde um dieſe
Zeit ein neuer Hochaltar gebaut. Die Geiſtlichkeit ver-
anſtaltete, daß er geſchwind geweiht wurde. Denn, wenn
ihn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/526>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.