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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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hinein, wo ich alles beisammen und recht sehen konnte.
Die andächtigen Frauen blieben oft lange auf den Knien
liegen, und baten gar sehnlich um Segen. Zuweilen
sprach der Pabst einige Worte, aber die Leute wechselten
einander schnell ab, jeder Katholick kniete ganz vor ihn
hin, und küßte dann erst die Hand *). Ich trat zuletzt
beinahe mit einem ganzen Zirkel von Italiänischen Bi-
schöffen und andern vom Gefolge Sr. Heiligkeit hinzu **),
küßte die Hand ohne nieder zu knien, nachdem ich mich
nur sehr tief verbeugt hatte. Benedictio Dei maneat
super Vos
-- sagte er zuletzt zu uns allen, in nomi-
ne Dei Patris &c.
Und nun ging er durchs Schloß
die Treppen hinauf in seine Zimmer. Ueberall fiel alles

vor
*) Beim Empfang des Pabsts wollte Erzherzog Maxi-
milian,
als Geistlicher, ihm die Hand küssen, der
Pabst aber lies es nicht zu, sondern umarmte ihn.
Der Fürst von Kaunitz machte dem Pabst keinen Be-
such, der Pabst wohl aber ihm, und als dieser ihm
die hohle Hand zum Küssen, wie gewöhnlich, darbot,
ergrif der Fürst die Hand des Pabsts, ohne sie zu
küssen, und drückte sie recht freundschaftlich, und als
ihm der Pabst auch in seinem Garten eine Visite mach-
te, setzte er im 3ten Zimmer seinen Hut auf, der Pabst
seinen rothen Hut auch, und so gingen sie beide durch
die italiänische Geistlichkeit, die immer auf die Knie
niederfiel, so oft sie kamen, mitten durch.
**) Ich machte ihm dabei ein lateinisches Kompliment,
worauf er sich umsah, als wenn er noch einmahl fra-
gen wollte, wer ich sei, worauf einer von den italiäni-
schen Prälaten ihm laut sagte: Questo e un eretico.
Demungeachtet segnete er mich recht ernstlich ein. Als
der Pabst noch einmahl fragte: wer ich sei, war sein
Latein sehr im italiänischen Accent.

hinein, wo ich alles beiſammen und recht ſehen konnte.
Die andaͤchtigen Frauen blieben oft lange auf den Knien
liegen, und baten gar ſehnlich um Segen. Zuweilen
ſprach der Pabſt einige Worte, aber die Leute wechſelten
einander ſchnell ab, jeder Katholick kniete ganz vor ihn
hin, und kuͤßte dann erſt die Hand *). Ich trat zuletzt
beinahe mit einem ganzen Zirkel von Italiaͤniſchen Bi-
ſchoͤffen und andern vom Gefolge Sr. Heiligkeit hinzu **),
kuͤßte die Hand ohne nieder zu knien, nachdem ich mich
nur ſehr tief verbeugt hatte. Benedictio Dei maneat
ſuper Vos
— ſagte er zuletzt zu uns allen, in nomi-
ne Dei Patris &c.
Und nun ging er durchs Schloß
die Treppen hinauf in ſeine Zimmer. Ueberall fiel alles

vor
*) Beim Empfang des Pabſts wollte Erzherzog Maxi-
milian,
als Geiſtlicher, ihm die Hand kuͤſſen, der
Pabſt aber lies es nicht zu, ſondern umarmte ihn.
Der Fuͤrſt von Kaunitz machte dem Pabſt keinen Be-
ſuch, der Pabſt wohl aber ihm, und als dieſer ihm
die hohle Hand zum Kuͤſſen, wie gewoͤhnlich, darbot,
ergrif der Fuͤrſt die Hand des Pabſts, ohne ſie zu
kuͤſſen, und druͤckte ſie recht freundſchaftlich, und als
ihm der Pabſt auch in ſeinem Garten eine Viſite mach-
te, ſetzte er im 3ten Zimmer ſeinen Hut auf, der Pabſt
ſeinen rothen Hut auch, und ſo gingen ſie beide durch
die italiaͤniſche Geiſtlichkeit, die immer auf die Knie
niederfiel, ſo oft ſie kamen, mitten durch.
**) Ich machte ihm dabei ein lateiniſches Kompliment,
worauf er ſich umſah, als wenn er noch einmahl fra-
gen wollte, wer ich ſei, worauf einer von den italiaͤni-
ſchen Praͤlaten ihm laut ſagte: Queſto è un eretico.
Demungeachtet ſegnete er mich recht ernſtlich ein. Als
der Pabſt noch einmahl fragte: wer ich ſei, war ſein
Latein ſehr im italiaͤniſchen Accent.
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[479/0517] hinein, wo ich alles beiſammen und recht ſehen konnte. Die andaͤchtigen Frauen blieben oft lange auf den Knien liegen, und baten gar ſehnlich um Segen. Zuweilen ſprach der Pabſt einige Worte, aber die Leute wechſelten einander ſchnell ab, jeder Katholick kniete ganz vor ihn hin, und kuͤßte dann erſt die Hand *). Ich trat zuletzt beinahe mit einem ganzen Zirkel von Italiaͤniſchen Bi- ſchoͤffen und andern vom Gefolge Sr. Heiligkeit hinzu **), kuͤßte die Hand ohne nieder zu knien, nachdem ich mich nur ſehr tief verbeugt hatte. Benedictio Dei maneat ſuper Vos — ſagte er zuletzt zu uns allen, in nomi- ne Dei Patris &c. Und nun ging er durchs Schloß die Treppen hinauf in ſeine Zimmer. Ueberall fiel alles vor *) Beim Empfang des Pabſts wollte Erzherzog Maxi- milian, als Geiſtlicher, ihm die Hand kuͤſſen, der Pabſt aber lies es nicht zu, ſondern umarmte ihn. Der Fuͤrſt von Kaunitz machte dem Pabſt keinen Be- ſuch, der Pabſt wohl aber ihm, und als dieſer ihm die hohle Hand zum Kuͤſſen, wie gewoͤhnlich, darbot, ergrif der Fuͤrſt die Hand des Pabſts, ohne ſie zu kuͤſſen, und druͤckte ſie recht freundſchaftlich, und als ihm der Pabſt auch in ſeinem Garten eine Viſite mach- te, ſetzte er im 3ten Zimmer ſeinen Hut auf, der Pabſt ſeinen rothen Hut auch, und ſo gingen ſie beide durch die italiaͤniſche Geiſtlichkeit, die immer auf die Knie niederfiel, ſo oft ſie kamen, mitten durch. **) Ich machte ihm dabei ein lateiniſches Kompliment, worauf er ſich umſah, als wenn er noch einmahl fra- gen wollte, wer ich ſei, worauf einer von den italiaͤni- ſchen Praͤlaten ihm laut ſagte: Queſto è un eretico. Demungeachtet ſegnete er mich recht ernſtlich ein. Als der Pabſt noch einmahl fragte: wer ich ſei, war ſein Latein ſehr im italiaͤniſchen Accent.

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/517>, abgerufen am 24.11.2024.