Der Prater, wo ich heute auch war, ist bei Wien das, was der Thiergarten bei Berlin ist; ein mit ge- raden Haupt- und Queralleen durchschnittener weiter Platz im Walde zu Spaziergängen und Ergötzungen etc. eingerichtet, zwischen 2. Armen der Donau, die unter ihm sich wieder vereinigen, eine Stunde lang und wohl eine Stunde breit. Man trift darin eine Menge Bou- tiquen und Wirthshäuser, und alle mögliche Gelegenheiten zu allen Arten von Spielen an, und alle Jahre werden neue Lust- und Wirthshäuserchen gebaut. Hier und da sind in dickem Gebüsche dunkle und einsame Gänge, und dann kommen wieder breite Wege zum ewigen Fahren und Reiten, und wo man die grosse Welt beisammen se- hen kan. Hier geht an schönen Abenden ganz Wien hin, und alle Tische und Bänke werden besetzt. Oft machen die Soldaten an einem eigenen Platz Janitscharenmusik dazu. Ehemals war der Prater weit von der Stadt, nun aber läßt der Kaiser wirklich eine neue Strasse anlegen, und eine neue Brücke über einen Arm der Donau bauen, wodurch der Weg nicht nur sehr abgekürzt, sondern auch sehr verschönert wird. Er hat viele da gestandene Häu- ser bezahlt, und wegreissen lassen: er läßt Höhen abtra- gen, Tiefen erhöhen, Thäler und Sümpfe ausfüllen, faßt grosse Stücke mit Staketen ein, und legt inwendig junge Holzschläge an. Er hat eine Verbindung zwischen dem Augarten und dem Prater machen lassen, so daß er in einer schnurgraden Allee aus seinem Lusthause im Augarten weit hinabsehen kan, und in der Mitte des Eingangsplatzes laufen 5-6. Alleen zusammen, so daß man zugleich in alle sehen kan.
Eine der schönsten Vergnügungen im Prater sind die Feuerwerke, die von Zeit zu Zeit gegeben werden.
Darzu
Der Prater, wo ich heute auch war, iſt bei Wien das, was der Thiergarten bei Berlin iſt; ein mit ge- raden Haupt- und Queralleen durchſchnittener weiter Platz im Walde zu Spaziergaͤngen und Ergoͤtzungen ꝛc. eingerichtet, zwiſchen 2. Armen der Donau, die unter ihm ſich wieder vereinigen, eine Stunde lang und wohl eine Stunde breit. Man trift darin eine Menge Bou- tiquen und Wirthshaͤuſer, und alle moͤgliche Gelegenheiten zu allen Arten von Spielen an, und alle Jahre werden neue Luſt- und Wirthshaͤuſerchen gebaut. Hier und da ſind in dickem Gebuͤſche dunkle und einſame Gaͤnge, und dann kommen wieder breite Wege zum ewigen Fahren und Reiten, und wo man die groſſe Welt beiſammen ſe- hen kan. Hier geht an ſchoͤnen Abenden ganz Wien hin, und alle Tiſche und Baͤnke werden beſetzt. Oft machen die Soldaten an einem eigenen Platz Janitſcharenmuſik dazu. Ehemals war der Prater weit von der Stadt, nun aber laͤßt der Kaiſer wirklich eine neue Straſſe anlegen, und eine neue Bruͤcke uͤber einen Arm der Donau bauen, wodurch der Weg nicht nur ſehr abgekuͤrzt, ſondern auch ſehr verſchoͤnert wird. Er hat viele da geſtandene Haͤu- ſer bezahlt, und wegreiſſen laſſen: er laͤßt Hoͤhen abtra- gen, Tiefen erhoͤhen, Thaͤler und Suͤmpfe ausfuͤllen, faßt groſſe Stuͤcke mit Staketen ein, und legt inwendig junge Holzſchlaͤge an. Er hat eine Verbindung zwiſchen dem Augarten und dem Prater machen laſſen, ſo daß er in einer ſchnurgraden Allee aus ſeinem Luſthauſe im Augarten weit hinabſehen kan, und in der Mitte des Eingangsplatzes laufen 5-6. Alleen zuſammen, ſo daß man zugleich in alle ſehen kan.
Eine der ſchoͤnſten Vergnuͤgungen im Prater ſind die Feuerwerke, die von Zeit zu Zeit gegeben werden.
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Der Prater, wo ich heute auch war, iſt bei Wien
das, was der Thiergarten bei Berlin iſt; ein mit ge-
raden Haupt- und Queralleen durchſchnittener weiter
Platz im Walde zu Spaziergaͤngen und Ergoͤtzungen ꝛc.
eingerichtet, zwiſchen 2. Armen der Donau, die unter
ihm ſich wieder vereinigen, eine Stunde lang und wohl
eine Stunde breit. Man trift darin eine Menge Bou-
tiquen und Wirthshaͤuſer, und alle moͤgliche Gelegenheiten
zu allen Arten von Spielen an, und alle Jahre werden neue
Luſt- und Wirthshaͤuſerchen gebaut. Hier und da ſind
in dickem Gebuͤſche dunkle und einſame Gaͤnge, und
dann kommen wieder breite Wege zum ewigen Fahren
und Reiten, und wo man die groſſe Welt beiſammen ſe-
hen kan. Hier geht an ſchoͤnen Abenden ganz Wien hin,
und alle Tiſche und Baͤnke werden beſetzt. Oft machen
die Soldaten an einem eigenen Platz Janitſcharenmuſik
dazu. Ehemals war der Prater weit von der Stadt,
nun aber laͤßt der Kaiſer wirklich eine neue Straſſe anlegen,
und eine neue Bruͤcke uͤber einen Arm der Donau bauen,
wodurch der Weg nicht nur ſehr abgekuͤrzt, ſondern auch
ſehr verſchoͤnert wird. Er hat viele da geſtandene Haͤu-
ſer bezahlt, und wegreiſſen laſſen: er laͤßt Hoͤhen abtra-
gen, Tiefen erhoͤhen, Thaͤler und Suͤmpfe ausfuͤllen,
faßt groſſe Stuͤcke mit Staketen ein, und legt inwendig
junge Holzſchlaͤge an. Er hat eine Verbindung zwiſchen
dem Augarten und dem Prater machen laſſen, ſo daß
er in einer ſchnurgraden Allee aus ſeinem Luſthauſe im
Augarten weit hinabſehen kan, und in der Mitte des
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/510>, abgerufen am 24.11.2024.
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