In Ansehung der jetzigen öffentlichen Landesangele- genheiten meinte er, des Kaisers Einrichtungen könnten in diesem Lande leicht noch Revolten verursachen, und vielleicht würden dann selbst die Soldaten nicht Dien- ste thun wollen. -- Die Nonnenklöster bedauerte er sehr, weil wir ja selbst gestünden, daß uns solche Insti- tute fehlten, und weil's gewis nicht wahr sei, daß sie alle in Zank und Streit leben.
Den 16ten April. Reise nach Wien.
Das Land unter der Ens ist noch schöner und herr- licher, als das ob der Ens.
Zwischen der ersten und zweiten Station von Linz nach Wien sieht man mit einmahl auf einem Berge das Gewässer der Donau, wie es sich majestätisch durch die schönsten Felder hinzieht, und man verliert sie hernach lange wieder aus dem Gesicht.
In Mölk steht hoch oben auf einem Berge ein prächtiges Benediktinerkloster, vielleicht noch grösser, als St. Blasien. Man sollte es von weitem für eine Kaiserl. Burg halten *).
Wenn hier und da die Postmeister und ihre Leute recht sehr grob sind, so sind auch wieder einige artig und gefäl- lig, z. B. der in Ens sagte mir die Route sehr höflich. Die Frau des Postmeisters in Kämmelb. gab mir, als
ich
*) Den neusten Zeitungsberichten zufolge ist dieses Klo- ster vor Kurzem ebenfals aufgehoben worden. Herausgeber.
In Anſehung der jetzigen oͤffentlichen Landesangele- genheiten meinte er, des Kaiſers Einrichtungen koͤnnten in dieſem Lande leicht noch Revolten verurſachen, und vielleicht wuͤrden dann ſelbſt die Soldaten nicht Dien- ſte thun wollen. — Die Nonnenkloͤſter bedauerte er ſehr, weil wir ja ſelbſt geſtuͤnden, daß uns ſolche Inſti- tute fehlten, und weil’s gewis nicht wahr ſei, daß ſie alle in Zank und Streit leben.
Den 16ten April. Reiſe nach Wien.
Das Land unter der Ens iſt noch ſchoͤner und herr- licher, als das ob der Ens.
Zwiſchen der erſten und zweiten Station von Linz nach Wien ſieht man mit einmahl auf einem Berge das Gewaͤſſer der Donau, wie es ſich majeſtaͤtiſch durch die ſchoͤnſten Felder hinzieht, und man verliert ſie hernach lange wieder aus dem Geſicht.
In Moͤlk ſteht hoch oben auf einem Berge ein praͤchtiges Benediktinerkloſter, vielleicht noch groͤſſer, als St. Blaſien. Man ſollte es von weitem fuͤr eine Kaiſerl. Burg halten *).
Wenn hier und da die Poſtmeiſter und ihre Leute recht ſehr grob ſind, ſo ſind auch wieder einige artig und gefaͤl- lig, z. B. der in Ens ſagte mir die Route ſehr hoͤflich. Die Frau des Poſtmeiſters in Kaͤmmelb. gab mir, als
ich
*) Den neuſten Zeitungsberichten zufolge iſt dieſes Klo- ſter vor Kurzem ebenfals aufgehoben worden. Herausgeber.
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In Anſehung der jetzigen oͤffentlichen Landesangele-
genheiten meinte er, des Kaiſers Einrichtungen koͤnnten
in dieſem Lande leicht noch Revolten verurſachen, und
vielleicht wuͤrden dann ſelbſt die Soldaten nicht Dien-
ſte thun wollen. — Die Nonnenkloͤſter bedauerte er
ſehr, weil wir ja ſelbſt geſtuͤnden, daß uns ſolche Inſti-
tute fehlten, und weil’s gewis nicht wahr ſei, daß ſie
alle in Zank und Streit leben.
Den 16ten April.
Reiſe nach Wien.
Das Land unter der Ens iſt noch ſchoͤner und herr-
licher, als das ob der Ens.
Zwiſchen der erſten und zweiten Station von Linz
nach Wien ſieht man mit einmahl auf einem Berge das
Gewaͤſſer der Donau, wie es ſich majeſtaͤtiſch durch die
ſchoͤnſten Felder hinzieht, und man verliert ſie hernach
lange wieder aus dem Geſicht.
In Moͤlk ſteht hoch oben auf einem Berge ein
praͤchtiges Benediktinerkloſter, vielleicht noch groͤſſer,
als St. Blaſien. Man ſollte es von weitem fuͤr eine
Kaiſerl. Burg halten *).
Wenn hier und da die Poſtmeiſter und ihre Leute recht
ſehr grob ſind, ſo ſind auch wieder einige artig und gefaͤl-
lig, z. B. der in Ens ſagte mir die Route ſehr hoͤflich.
Die Frau des Poſtmeiſters in Kaͤmmelb. gab mir, als
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*) Den neuſten Zeitungsberichten zufolge iſt dieſes Klo-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/502>, abgerufen am 22.11.2024.
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